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Prozeß gegen Frau von Brioude von dem Punkte fortseßen, worauf er vor jener Verzichtleistung stand. Ein umständlich motivirtes Urtheil vom 26. Juni 1833, erklärte ihr Begehr als unzulässig.

Sie reichte nun, was sie gleich anfänglich hätte thun sollen, ihr Gesuch um Aufhebung des früher gefällten richterlichen Spruches ein. Aber es war zu spät. Der Artikel 480 des Gesetzbuches der Zivilprozedur schien für sie zu sprechen, weil die Art und Weise, auf welche man die Agathe Garde zu durchaus lügenhaften schriftlichen Angaben vermocht, einen eben so himmelschreienden als strafbaren Betrug konstituirte. Allein derselbe Artikel bestimmte zugleich, daß die Klage binnen den ersten drei Monateu, nach Entdeckung des Betrugs, eingereicht werden müsse, was nicht geschehen war, indem die Entdeckung schon von 1830 sich herschrieb. Die verspätete Eingabe wurde mithin durch ein Urtheil vom 18. Dezember 1835 zurückgewiesen, und das königliche Gericht, an das die Klägerin appellirte, sah sich genöthigt, das Urtheil zu bestätigen.

Aller diefer Niederlagen ungeachtet war Laurette auf dem Wege der Wahrheit und beschloß ihn mit Beharrlichkeit zu verfolgen. Daran that fie sehr wohl; denn nach langen emügen Nachforschungen entdeckte sie endlich das Findelkind Therese Magdalena selbst, für das man sie bisher gehalten, oder als welches man sie darzustellen sich bemühet.

Den 27. Dezember 1836 stellte der Buchhalter des Findelhauses zu le Puy ein Zertifikat aus, des Inhalts: es ergebe sich aus den von ihm angestellten Nachforschungen 2c., daß das am 4. Früctidor des

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Jahres V unter dem Namen Therese Magdalena eingeschriebene zehn Monat alte Kind weiblichen Geschlechts, bei einer Frau Katharina Perranel in Kost gegeben und im Jahre XI wieder zurückgezogen worden. *)“ Auf demselben Zertifikat hatte der Direktor des Findelhauses noch bemerkt, daß die in Nede stehende Therese Magdalena als Dienstmädchen bei mehren Personen untergebracht worden und sich endlich vor neun Jahren mit einem Arbeitsmann von Buy, Namens Johann Andreas Grimonek, genannt Gravejcal, verheirathet habe."

Den 3. und 9. März 1838 wurden vom Friedensrichter Montellier in Puy 33 Zeugen vernommen. Alle erklärten übereinstimmend, „daß sie die unehelich erzeugte Tochter der Agathe Garde, Therese Magdalena, von ihrer Geburt bis auf den heutigen Tag · gekannt, und daß diese Therese Magdalena niemand anders sei, als die Frau des Johann Andreas Grimonet, genannt Gravejeal." Ebenfalls vor den Rich ter beschieden, bestätigte die lezte Punkt für Punkt die Aussagen der Zeugen, mit dem Hinzufügen: „daß sie nie eine Schwester gehabt und die einzige Lochter der Agathe Garde sei."

Eine Verwechslung zwischen der Therese Magdalena und dem Fräulein Laurette war also fortan unmöglich; beide waren ganz verschiedene Personen. Dadurch zerfiel denn auch der Roman, von dem aus dem Findelbause in die Familie Villechaise aufge

*) Es würde sich daraus ergeben, daß das Kind, welches die Wittie Vigourour bei sich gehabt und das oben bezeichnete, nicht ein und dasselbe gewesen.

nommenen Kinde in sich selbst, eben so wie die Angabe von dem in seinem sechsten Jahre gestorbenen und vom Gärtner beerdigten Mädchen, wovon niemand reden gehört, und dessen Gebeine nirgends aufzufinden waren.

Aller so schlagenden Beweismittel ungeachtet, wies das königliche Gericht zu Lyon die Klägerin Laurette mit ihrer Forderung, um Wiedereinseßung in ihre Rechte als wirkliches Mitglied der Familie Villechaise, ab, und zwar nicht nur wegen „mangelnder Beweise, “ sondern auch weil sich aus den Briefen des verstorbe nen Herrn von Villechaise ergebe, daß seine jüngste Tochter Klaudine Antonette, die man in der Familie Pauline genannt, wirklich an den Kinderblattern gestorben und auf seinen ausdrücklichen Befehl von seinem Gärtner in aller Stille beerdigt worden sei.

Demzufolge, besagt das Urtheil, „erklärt das Gericht, dem Artikel 503 des Prozedurkodeg gemäß, die Laurette nicht zulässig in ihrer Forderung und dieselbe in allen Punkten übel begründet, verbietet ihr wiederholt, sich den Namen Dubessey de Villechaise beizulegen, verurtheilt sie zu 300 Fr. (140 fl.) Strafe, zu 500 Fr. (233 ft. 20 kr.) Schadenersaß gegen die Familie Villechaise, wie zur Bezahlung aller Prozeßkosten."

Ein weiblicher Robert Macaire.

In einem unserer Anffäße unter der allgemeinen Ueberschrift: „Leben in Paris," haben wir der übeln Miethsleute gedacht, die, nachdem sie zwei oder drei Termine unbezahlt gelassen, nicht allein sich weigern

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ihre Schuld abzutragen, sondern die auch, wenn der Eigenthümer sie nöthigen will auszuziehen, von ihm eine Entschädigung“ verlangen und nicht eher von. der Stelle zu bringen sind, als bis der geplagte, in seinem Interesse tief verleßte Hausherr, ihrem unverschämten Begehr wirklich entsprochen.

Eine solche Verschlingung der Umstände, vorzüglich aber eine solche Lösung derselben, die man in. jeder andern Stadt für unmöglich und mährchenhaft halten würde, hat sich nichts desto weniger im Mittelpunkte der Hochgesittung des 19. Jahrhunderts be reits mehrmals ereignet. Leßthin ist sogar ein Problem dieser Art vor dem Friedensrichter gelöset worden, und merkwürdig genug war die verklagte Partei nicht etwa einer jener kecken Lagediebe, jener gesetzumgehenden Betrüger, deren Zahl in Paris Legion ist, die ihren Straffoder auswendig kennen und aufs genaueste wissen, wie weit sie ihre Spekulationen und Uebervortheilungen ausdehnen können, ohne mit den Gerichten in Kollisión zu kommen; sondern eine von ihrem Manne getrennt lebende Frau, Namen Royer, eine jener faibles femmes de 30 ans " wie Balzac sie so anziehend in seinen zur Hälfte unverständlichen Romanen schildert, und deren Stand oder Gewerbe sich nicht füglich spezifizieren läßt.

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Der Eigenthümer Bünot fagt: „Ich wünsche, daß die hier gegenwärtige Dame Royer genöthigt werde bei mir auszuziehen. Das Zimmer, welches sie in meinem Hause bewohnt, ist so wenig mit mö beln versehen, daß wenn ich dadurch für die fälligen Termine mich bezahlt machen wollte, ich wenig oder nichts herausbringen würde.

Verklagte. Mir gleich; ich ziehe nicht aus. Kläger. Ich habe die Ehre Ihnen zu bemerken, Hr. Friedensrichter, daß ich bereit bin von allem, was Madame Royer mir schuldig ist, abzustehen, unter der alleinigen Bedingung, daß sie unverweilt ausziche.

Friedensrichter, zu der Verklagten. Der von Hrn. Bünot gemachte Vorschlag ist so vortheilhaft für Sie, daß ich nicht zweifle, Sie werden sich beeilen ihn anzunehmen.

Verklagte. Ei sich doch, das wäre mir recht. Ich sage Ihnen Hr. Bünot, in Gegenwart des Hrn. Friedensrichters, daß ich nicht eher Ihr Haus verlassen werde, als bis Sie mir eine Entschädigung von 26 Fr. (12 fl. 8 kr.), für meine Umziehungskosten. und andere Ausgaben, zu zahlen versprechen. (ALLgemeines Gelächter.)

Kläger, höchst erstaunt. Was sagen Sie, Madame. Wie, ich soll Ihnen 25 Fr. geben als Entschädigung und wofür ? Etwa dafür, daß Sie länger als ein halbes Jahr bei mir gewohnt, ohne daß ich von Ihnen einen Heller gesehen? Sonderbare Zu muthung. Sie hören es selbst, Hr. Richter, meine Mietherin fordert von mir noch 25 Fr. um auszuziehen....

Verklagte, lebhaft. Nicht 25 Fr. verlange ich von Ihnen, sondern 26 Fr., hören Sie, Hr. Bünot, sechsundzwanzig Franken.

Eine Stimme unter den Zuhörern. Das ist einmal ihr Preis; sie will sich nichts abmarkten lassen. (Erschütterndes Gelächter.)

Kläger. Nein, da steht mir der Verstand still.

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