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folgungen das Märtyrerthum sehr hoch gestellt worden, und Menschen, welche für das Christenthum viel gelitten hatten, standen auch bei ihrem Leben schon in großem Ansehen und ihre Fürsprache bei den christlichen Gemeinden war von großem Gewicht. Wenn daher ein aus der Kirchengemeinschaft Ausgeschlossener von einem Märtyrer ein Zeugniss seiner Sinnesänderung und Besserung vorzeigen konnte; so nahm man ihn oft gleich wieder in die chriftliche Kirche auf, ohne daß er die Kirchenbuße überstanden hatte. Hieraus gingen viele Missbräuche hervor; denn die Märtyrer maßten sich das Recht an, Jemandem ein Büchlein (libellus pacis) zu geben, worin sie ihm die Strafen erließen, welche die Kirche ihm aufgelegt hatte, und diejenigen, welche so ihrer Verpflichtung gegen die Kirche überhoben waren, nannte man libellatici. Da man sich nicht überall diese Anmaßung gefallen ließ, so entstanden hierüber vielfache Streitigkeiten; im allgemeinen aber gab man es den Märtyrern zu. Späterhin maßten sich die Bischöfe dieses Recht an, und als der römische Bischof Oberhaupt der Kirche geworden war, fah er dies als sein ausschließliches Vorrecht an. Weil nun aber die Kirche hiervon auch einen Vortheil haben wollte; so wurde statt der zu erlassenden Kirchenbuße den Sündern etwas anderes auferlegt. Reichere und Vornehmere wollten nämlich gewöhnlich nicht gern vor der Gemeinde, zu der sie gehört hatten, diese einzelnen Stufen der Kirchenbuße durchgehen, und nahmen daher lieber andere BüBungen auf sich, z. B. Fasten, Kasteiungen, Wallfahrten nach einem Heiligenbilde oder nach Palästina. Man kam nun darauf, diese Scheu der Reichen vor der öffentlichen Kirchenbuße auch zu Kirchenbauten zu benußen, und sie mussten statt der Bußübungen Geld zu solchen Bauten geben. Hieraus, daß Geld die Stelle der Buße vertreten konnte, ging dann nach und nach das ganze Unwesen des Ablasses hervor. Doch war eigentlich diese Ertheilung des Ablasses nicht so gemeint, daß innere Reue und Buße fehlen sollten. Es waren nur äußere Büßungen, deren Erlassung durch Beiträge zu Kirchenbauten oder zu andern kirchlichen Zwecken erkauft wurde; die Sünden selbst aber sollten nur durch Reue des innern Menschen abgebüßt werden. Doch Inneres und Äußeres wurde hier, wie so oft, verwechselt, und nach und nach entstand die Meinung,

daß man auch Erlassung der Sündenftrafen bei Gott erlangt habe, wenn man von einem Bischof oder vom Papst Ablass für Geld erhalten hätte. Da diese verderbliche Meinung für die Geistlichkeit und den Papst sehr einträglich war, so gab man sich keine Mühe ernstlich und kräftig auf ihre Berichtigung hinzuwirken; man ging vielmehr noch weiter. Um nemlich auch die Sünden zu vergeben, ja um die Sünden selbst dann zu vergeben, wenn der Mensch nicht mehr auf Erden lebte, sondern in dem angenommenen Mittelzustande nach seinem Tode, im Fegefeuer, die Sünden abbüßen musste, für welche er in diesem Leben nicht genug gethan hatte: dazu bedurfte es noch einer andern Lehre. Diese Lehre, welche sich seit dem zwölften Jahrhundert in der römischen Kirche allgemein Bahn macht, war die von dem Schaß der überflüssigen guten Werke Christi und der Heiligen, welche besonders Alerander von Hales um das Jahr 1230 entwickelte, was Albert der Große und nachher Thomas von Aquino fortseßten. Der Heiland, so meinte man, habe durch sein Leiden und seinen Tod mehr gethan, als zur Erlösung der Menschen eigentlich nöthig gewesen: denn ein einziger Tropfen seines Bluts würde dazu hinreichend gewesen sein. Eben so hätten die Heiligen mehr gute Werke verrichtet, als zur Genugthuung für ihre eigenen Sünden erforderlich gewesen wären. Zu der Annahme aber, daß ein Mensch mehr Gutes thun könne, als nöthig sei, führte der falsche Glaube, daß der Mensch durch äußere Werke gerecht werden könne. Man sagte nämlich: wenn ein Mensch, der hier manches Gute gethan hat, als ein Gerechter angesehen wird; so ist ein anderer, der mehr Gutes gethan, auch nothwendig ein überflüssig Gerechter. Darum sagte die Kirche: Christus habe zunächst, indem er mehr gethan, als zur Erlösung der Menschen nöthig gewesen, seiner Kirche einen Schaß von seinen überflüssigen guten Werken angelegt, der in Ewigkeit nicht erschöpft werden könne. Zu diesem kämen nun aber auch noch die guten Werke der Heiligen vom Anfange der chriftlichen Kirche an hinzu und über diesen unerschöpflichen Gnadenschaß könne nun die Kirche zum Besten der Sünder verfügen. Diese Lehre wurde kirchlich festgestellt durch die berüchtigte Bulle: Unigenitus, welche Clemens VI im Jahre 1343 erließ, wonach dem Papst das Recht ertheilt wird, die Sünden zu vergeben und

aus jenem, dem Apostel Petrus und seinen Nachfolgern zur Verwaltung anvertrauten Schaße nach seinem Ermessen jedem auszuhelfen, dem es an eigenem Verdienste fehle. Freilich geschah dies zunächst immer nur mit dem Vorbehalt, daß der Sünder wahrhaft Buße thun solle; so daß eigentlich immer nur die Büßungen, welche von der Kirche ihm hätten auferlegt werden sollen, erlassen wurden. Man unterschied eigentlich in dieser Beziehung einen vollkommenen und einen einseitigen Ablass, und meinte, nur der leztere könne von der Kirche ertheilt werden, den ersteren aber müsse die aufrichtige Reue und Buße des Sünders von Gott erlangen. Als man aber noch die Lehre dazu nahm, daß die Gewalt der Nachfolger Petri sich auch über das Fegefeuer erstrecke, so daß sie auch die Gestorbenen aus diesem schneller erretten könnten, wenn ihre Verwandten oder Freunde für sie einen Ablass lösten: da dachte man nicht mehr an jenen Unterschied und dem päpstlichen Wucher war ein offenes Feld bereitet. Denn bei den Verstorbenen ließ sich der einseitige Ablass nicht mehr von dem vollkommenen unterscheiden, da man von ihnen nicht mehr Reue und Buße verlangen konnte: Überdies konnte man hier lügen wie man wollte und die geliebten Verwandten und Freunde eines Menschen, nachdem man es für nöthig fand, als noch im Fegfeuer befindlich oder aus demselben errettet darstellen. Wurde ein solcher Ausspruch der Befreiung in des Papstes Namen erklärt; so glaubten es die Menschen, und waren über das Schicksal ihrer geliebten Verstorbenen beruhigt. So gaben sie denn willig ihr Geld hin, um jenen das Gelangen zur Seligkeit früher zu verschaffen. Zwar befanden sich, nach der Lehre der Kirche, im Fegfeuer nur die Frommen, welche nach ihrem Tode gereinigt und dadurch zum völligen Genuss der Seligkeit fähig gemacht werden mussten; da aber jeder Mensch seine verstorbenen Angehörigen gern als fromm ansieht; so wurde zuleßt der Glaube bei den Menschen allgemein, daß ihre Verstorbenen im Fegfeuer seien, von wo sie dann früher oder später in die ewige Seligkeit gelangen sollten.

Bierter Vortrag.

Was nun die von Luther angeschlagenen 95 Theses selbst betrifft *), so sind in der Reihefolge, in der er sie gegeben, die gleichartigen nicht immer zufammengestellt, und wir würden sie daher strenger ordnen können, als Luther es gethan. Wir sehen aber aus dem Ganzen, wie er ergriffen ist von heiligem Eifer für die Lehre der Schrift, von Unwillen über den verderblichen Missbrauch, der so ungescheut mit dem Ablass getrieben wurde, und wie er dies mit aller Kraft gegen den frechen Ablasshändler aussprechen will. Zunächst redet er in diesen Säßen von dem Ablass für Lebendige und Todte überhaupt und sagt, was darunter eigentlich zu verstehen sei. Dann zeigt er das Irrthümliche und Verwerfliche in dem Verfahren der Ablassprediger und giebt genau an, wie dies zu beffern sei und in welcher Weise man von dem Ablass predigen müsse, damit der gemeine Mann nicht irre geführt werde. Die Hauptgedanken, die wir in den Säßen finden, sind: Es giebt keine Vergebung der Sünden durch Ablass und der Christ kann die Seligkeit weder durch Alassbriefe, noch durch gute Werke erlangen; sondern allein durch die Gnade Gottes in Jesu Christo, welcher will, daß das ganze Leben seiner Gläubigen auf Erden eine stete und unaufhörliche Buße sei. Diesem ihrem Haupte Christo sollen die Christen darum durch Kreuz, Tod und Hölle nachfolgen. In diesen Säßen ist also allerdings der innerste Kern des Evangeliums, die Lehre von der wahren Buße, von der Rechtfertigung allein durch den Glauben an Christum und vom frommen Wandel der Christen enthalten, und dieser bedurfte nur der weiteren Entwicklung, um daraus alle diejenigen christlichen Wahrheiten hervorgehen zu lassen, deren Luther sich damals selbst noch nicht klar bewusst war. Doch können wir jene Säße keinesweges als das Glaubensbuch der evangelischen Kirche betrachten; denn es findet sich in ihnen vieles, was nicht rein evangelisch, sondern noch ganz römisch ist. Luther streitet nur gegen den offenbaren Missbrauch des Ablasses, und läugnet seine Kraft, dem Sünder die Seligkeit zu erwerben, den Ablass selbst aber verwirft er nicht, er sagt vielmehr: *) S. die Säße selbst. Auhang I.

wer wider die Wahrheit des päpstlichen Ablaffes redet, der sei verflucht, und: des Papstes Ablass sei gut, sofern man nicht sein Vertrauen darauf seße. Nur will er nicht, daß er so gepredigt werde, wie dies von den unverschämten Ablasskrämern geschah, wodurch der gemeine Mann verleitet wurde, den Ablassbriefen zu vertrauen und zu vermeinen, durch sie seiner Seligkeit gewiss zu sein. Luther erkennt auch noch willig die Macht des Papstes an, den er für den Statthalter Christi und das Oberhaupt der Kirche hält. Er glaubt sogar, der Papst sei an dem ganzen ärgerlichen Treiben mit dem Ablasshandel unschuldig; er werde nur durch seine Umgebungemissbraucht, und er beklagt daher Leo, daß er zu Rom, wie er später in seiner trefflichen Schrift: „von der Freiheit eines Christenmenschen“ sagt, size wie ein Schaaf unter den Wölfen und gleich wie ein Daniel unter den Löwen und wie Ezechiel unter den Skorpionen. Wenn er nur alles erführe und nicht verhindert würde, das Rechte zu erkennen; so würde er sicherlich so schreiende Missbräuche nicht dulden. Auch sehen wir noch den Glauben an das Fegfeuer durch diese Säße gehen. Luther selbst also erkannte jezt noch das ganze kirchliche Lehrsystem an. Er war mit seinen Untersuchungen und Forschungen in der Schrift noch nicht so weit gekommen und feine jezige Stellung war also noch nicht von der Art, daß er schon als Reformator hätte gelten können. Auch unterwirft er seine in diesen Säßen aufgestellten Meinungen dem Ausspruche der Kirche, und ehe 1520 der Bann gegen ihn ausgesprochen wurde, fand feinerseits zwischen ihm und der Kirche kein offenbarer Bruch statt. Die von Luther anberaumte Disputation entschied zwar nichts, aber die 95 Theses waren in vierzehn Tagen in ganz Deutschland, in vier Wochen schon in Rom bekannt, machten überall das größste Aufsehen, und viele freuten sich über Luthers unerschrockenes Bekenntniss der Wahrheit. Das Erste, was Luther nun zu erwarten hatte, war, daß der Gegner, gegen den er gesprochen, gegen ihn auftreten werde, und dies war zunächst kein anderer, als Tezel. Luther hatte überdies die Ablasszettel mehrerer seiner Gemeindeglieder im Beichtstuhle zurückgewiesen, und diese waren dann klagend zu Tezel gegangen. Durch alles dies hatte er den Zorn des Dominicanermönchs gegen sich erregt.

Tezel wüthete, drohte mit dem Scheiterhaufen und zündete

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