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weiß, da ich doch von Jugend auf alle Legen- | und Heiligkeit, sammt der Erbschaft des ewigen den und Brigittengebetlein und sonderlich zu | Lebens ergriffen wird, war alles stille. ChriMünchen bei meinem Herrn, der eine sehr großestus wurde beschrieben als ein strenger Richdeutsche Liverei hatte, ein ganzes Jahr durch | ter, der alle, die sich nicht mit Fürbitte der lesen habe." Also stand es um die Jugend- | Heiligen und päpstlichem Ablaß versehen, verbildung. Das Forschen in der heil. Schrift | dammen werde. Deshalb seßten sie an Christi wurde ganz vernachlässigt, das Wort des Le Stelle Fürbitter und Heilande, als die Jungs bens auf die Seite geschoben, und dafür be- frau Maria, wie die Heiden ihre Göttin Diana, wegte man sich in den Grenzen einer starren hiernach andere Heiligen, deren die Päpste Philosophie, um aus ihr die Kunst der Erör- immer neue machten: lehrten doch dabei auch, terung spihfindiger, unfruchtbarer Fragen zu dieselben bitten für uns nicht, wo man sich lernen und zu üben. Weil als oberster Grund- | nicht um sie oder die von ihnen gestifteten satz auf Kathedern und im Leben die Behaup: Orden verdient gemacht. Dabei wird gezeigt, tung festgehalten wurde, daß der Papst über mit was für Werken solches zu erhalten sey. der Kirche und die Kirche mit ihren Entschei- Doch ward nichts von den rechten guten Werdungen über dem Worte der Schrift stehe, ken, welche Gott in seinen heiligen zehn Geließ sich von dem Gange der Untersuchungen boten befohlen und von allen Menschen erfor auf Universitäten für die Wahrheit kein er- dert, vorgetragen; die hielt man für zu schlecht, sprießliches Resultat erwarten. Die Haupts erdachte dafür täglich neue Werke, welche lehre der christlichen Kirche, wir meinen die Pfaffen und Mönchen viel Geld eintrugen; Lehre von der Rechtfertigung des Sünders denn wer diese in Menge that oder von Anvor Gott, mußte nach jenem angedeuteten dern erkaufte, von dem hieß es, er habe recht Grundfahe eine ganz verkehrte Richtung neh gebüßet und das ewige Leben verdienet. Wer men. Albert Pighius, ein großer Gegner der sie aber nicht achtete und also starb, der mußte Reformation, kann nicht umhin, in seiner im zur Hölle gefahren oder ja ins Fegfeuer ge= Jahre 1541 zu Cöln herausgegebenen Schrift kommen seyn, und darinnen so lange brennen über die Streitigkeiten in der christlichen Kirche und braten, bis er selbst oder Andere an seioffen zu gestehen, daß die Katholiken jene ner Statt gebüßet. Darum hielt man diese Lehre mehr verdunkelt als aufgehellt haben, Werke ungemein hoch und höher, als das Leiindem von denselben allerlei ungehörige und den und die Unschuld Christi selbst; nämlic) unauflösbare Untersuchungen und Bestimmun❘ das Fasten und die vielfache Wiederholung gen herbeigezogen worden seyen. Die übrigen des Vaterunsers und Ave Maria, die Rosen, Hauptlehren hatten sich aber auch keiner gekränze, den Mantel Mariä, die Gebete Ursulä, wissenhafteren Behandlung zu erfreuen, und hieraus läßt sich von selbst schließen, welche Bewandtniß es mit der öffentlichen Predigt und dem Gottesdienst überhaupt gehabt haben möge. Wir wollen hierüber einen in der er sten Zeit der Reformation lebenden Zeugen, der selbst Mönch gewesen war und aus eigener | Anschauung berichtete, reden lassen. Derselbe ist der berühmte Myconius, eigentlich Friederich Mekum, der vom Jahre 1524-41 evan: gelischer Superintendent in Gotha war und für seine Pfarrkinder eine Geschichte der Re-erkaufen und Andern zueignen. Und so bes formation vom Jahre 1517-1542 schrieb. Hier nun entwirft er von dem Stande der Dinge in der katholischen Kirche ein eben so lebendiges, als abschreckendes Gemälde. „Das Papsthum, heißt es im Eingang, ist ein solch abscheulich und scheußlich Thier gewesen, daß es von Paulo und Johanne kaum hat genug können beschrieben werden. Mit dem Leiden und Verdienst Jesu Christi ging man wie mit leeren Geschichten oder Homeri Fabeln um.. Bom Glauben, womit Christi Gerechtigkeit |

Brigittä, des Pfalters und Horaslesen. Tag und Nacht mußte man ohne Unterlaß singen, plerren, schreien, mummeln, ohne daran zu denken, daß Christus gesaget: wenn ihr betet, sollt ihr nicht viele Worte machen, wie die Heiden. Da sahe man mancherlei Arten Pfaffen und Mönche, die durch ihre unterschiedliche Habit, Ceremonien, Gebräuche, Lebensarten und Fasten sich unterschieden; die solche Dinge hielten, mußten selig gepriesen werden; dieser Verdienst konnte man, nach ihrem Vorgeben,

kamen die Ordensleute über die Hälfte aller Güter; Alle wurden vom Papst bestätigt und in Schuh genommen. Man verbot, Fleisch, Butter und Käse zu essen, und es wurde für eine große Sünde ausgegeben, wo man solchem Verbot zuwider lebe, doch konnte man diese Sünden mit Geld abtragen. Daher entstand auch die Menge von Feiertagen und Wallfahrten nach Rom, Jerusalem, Compostell, zur heil. Catharina auf den Berg Sinai, zum H. Michael nach Aachen, Fulda, zum h. Wolfe

gang, daß der Wallfahrten fast so viet waren, | hiesige Stadt Gotha (welche damals zum höchs als Berge, Thäler, Wälder und Bäume sind; sten siebenhundert Häuser gehabt) vierzehn doch konnte man auch diese Beschwerde mit Domherren, vierzig Pfaffen, dreißig AugustiGeld abkaufen. Man trug den Klöstern und nermönche, zwei Terminirer und dreißig NonVaffen zu Geld und Geideswerth, Hühner, nen zu ernähren gehabt. Die hielt man für Ginie, Enten, Eier, Flachs, Hanf, Butter, heilige Leute, so uns den Himmel verdienen, Käse; darauf tönete und rauschete Alles mit und lebeten doch so schändlich und unflätig, Gesang, Läuten, Räuchern, Opfern; die Kü-| daß mans in der Welt nicht ärger antreffen chen wurden wohl versehen und an tapferm wird. Der Ehestand war ihnen verboten; Trinken ließ mans nicht fehlen; darauf kamen weil sie aber keine Keuschheit hatten, erfülle die Meffen, die alles wieder gut machen müssen. ten sie die Stadt mit Hurerei, Ehebrechen Auch enthielt man sich nicht von der Unzucht | und sodomitischen Sünden, daß es abscheulich and Hurerei; Schwester Hürlein und Bruder war, und konnten doch nicht gebändigt und Büblein blieben nicht aus. Doch waren dieß gestraft werden, weil sie allein unter päpstliEleine Sünden, die leicht durch päftlichen | cher Gerichtsbarkeit standen. Diese hielten Ablaß konnten gehoben werden. Sie hatten dafür, der Papst, als an Gottes Statt ge auch keine Sacramente. Die Bischöfe pre-sett, könne nicht irren und dürfe ihm Niedigten nicht, sondern weiheten Pfaffen, Mön mand widersprechen, wie sie auch keinen Wiche, Glocken, Kirchen, Kapellen, Bilder, Büderspruch litten u. s. w.“ ')

cher, Kirchhöfe und desgleichen; alle diese Dinge machten der Elerisei große Einkünfte. Die Heiligthümer hielt man in hohem Werth; Knochen, Aerme, Füße wurden in silbernen und güldenen Schachteln verwahrt, unter der Messe aber zum Küssen dargeboten, und auch dieses nicht umsonst. Anbei glaubten die Leute, daß ihnen durch Fürbitten der Heiligen, welcher Knochen, Glieder, Haare sie anrührten, merkliche Hülfe geschehe. Der Brüderschaften waren unzählig viel, da sich gewisse Leute zusammenschlugen, ihre besonderen Regeln aufsehten; diese hatten ihre Pfaffen, Altäre, Kapellen, Lichter, Rauchfässer, Feiertage, daran sle zusammenkamen, Messe zu hören und den Biffen zu opfern, wozu namhafte Einkünfte gefüftet wurden, und auch hiedurch konnte man seine Seligkeit schaffen und zu Wege brinzen. In die Klöster nahm man Kinder auch wider ihrer Eltern Willen auf, zuweilen auch Eheleute, die ihren Ehegatten verlassen. Die Kostergelübde hießen Gehorsam, freiwillige Armuth, Keuschheit. Dieß zog man dem ganzen Leiden Chrißi vor und predigte öffentlich, sie seyen besser, ais die Taufe. Die or dentlichen Pfarrer hielter selten Messe und heilige Abendmahl. Eine 8ße Menge Messen | wurden täglich in Städten, Föcken, Schlössern, Kirchen und Kapellen gehalten. dazu gewiffe Priester bestellet und zu ihrem Uterhalt Häu fer, Aecker und Einkünfte gestiftet aren. Die meisten Messen hielt man für die Tosen, auch für solche, die schon vor etlichen hundet Jahren gestorben, indessen waren doch die Lenden jugegen und legten brav Geld auf die Aire, welches den Pfaffen zu Nuze kam. Die Mere der Clerisei ist so groß gewesen, daß alle.

Niemand, der auch nur oberflächlich mit der Geschichte der damaligen Zeit bekannt ist, wird diesen Berichterstatter der Uebertreibung beschuldigen können, denn es wäre eine leichte Sache, ihn vom Gegentheil zu überweisen, da die Schriften von Katholiken selbst aus jenem Zeitraume voll sind von ähnlichen Schilderungen theils ernsten, theils komischen Inhalts. Ein nicht unbedeutender Gewährsmann ist auch der berühmte Bischof Bossuet, der in seinem Buchhe: Histoire des Variations des Eglises Protestantes. (Theil I. Buch 5. §. 1.) offen bekennt:,,Die meisten Prediger derselbi gen Zeit haben von nichts, als von Ablaß, Wallfahrten und Almosen für die Mönche geprediget und also statt der Grundlehren nur Nebendinge vorgebracht und nicht, soviel die Nothdurft erfordert, von der Gnade unsers Herrn Jesu Christi gelehrt.“ 2)

Der öffentliche Gottesdienst war weder auf Erleuchtung des Geistes, noch auf Veredlung des Herzens, noch überhaupt auf Erbauung im edlern Sinne, sondern auf bloße Unterhaltung und mitunter sogar auf Belustigung be rechnet. Viele Priester befaßten sich gar nicht mit der Predigt, Andere dagegen brachten die ungereimtesten und erbärmlichsten Dinge auf die Kanzel. Man denke nur an die Osterpredigten, bei welchen man sich's zur Aufgabe machte, die Zuhörer durch alle möglichen Schnurren und Wiheleien zum Lachen zu bringen; was man das Ostergelächter nannte.

1) S. Ausführliche Historie des Lutherthums xc. des Herrn von Seckendorff, deutsche Ausgabe von Elias Frick, Leipzig 1714. S. 21 f.

2) Seckendorff a. a. D. S. 25.

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Als eine Probe des verderbten Geschmacks | heil. Kirche und ihr Oberhaupt, den Papst, damaliger Zeit führen wir namentlich auch von der göttlichen Würde der Jungfrau Maria, eine in Gegenwart des Papsts Julius II. und von dem hohen Verdienste der Heiligen, von der Cardinäle zu Rom gehaltene Predigt an, der Kraft der Reliquien, von der Nothwendigwelcher der berühmte Erasmus zuhörte. Die keit der sogenannten guten Werke, namentlich selbe handelte von dem Leiden und Tod Christi. vom Fasten, Almosengeben, Wallfahrten, von Im Eingange wurde dem Papst Weihrauch dem Nuhen des Ablasses und der Wirksamkeit gestreut und derselbe namentlich ein zweiter der Messen zur Erlösung aus dem Fegfeuer und Jupiter genannt, der in seiner Hand den dergleichen. Ja, viele Bischöfe, denen der CarDonnerkeil halte und mit seinem Winke den dinal Bellarmin ins Gedächtniß rief, daß bei Erdkreis beherrsche. Als der Redner auf das | ihrer Weihe im Namen Christi der Befehl an Leiden Christi zu sprechen kam, erinnerte er sie ergehe: nimm das Evangelium, gehe hin seine Zuhörer an den Heldenmuth des Publius und predige dem Volke, das dir anvertraut Decius, der sich im Getümmel der Schlacht ist! schämten sich nicht, zu ihrer Entschuldidem Tod für's Vaterland geweiht, und an gung vorzubringen, sie haben sich nicht auf Markus Curtius, der sich), von gleicher Ba- | das Studium der heil. Schriften gelegt. Hiers terlandsliebe getrieben, in einen offenen aus läßt sich abnehmen, in welchem beklagens: Schlund gestürzt habe. Auch von Cecrops, werthen Zustande sich die große Masse Menäcius, Iphigenia und Anderen, denen ihr des Volks befunden habe müsse. War es Vaterland lieber gewesen sey, als ihr Leben, ein Wunder, wenn ein Theil der damals les machte er viele Worte. Um die Zuhörer zum benden Menschen, besonders unter den höheren Mitleid mit dem traurigen Schicksale Jesu zu und mittleren Ständen, mit der Achtung von stimmen, wies er auf die Dankbarkeit der den Dienern der Religion zugleich die Achtung Heiden hin, welche sie gegen das Andenken vor der Religion selbst und dem Kirchenthum ihrer Helden und Wohlthäter durch Errichtung | auszug und sich zu völligem Unglauben hinvon Denkmälern oder Erweisung göttlicher neigte, während der andere, bei weitem gröEhre an den Tag gelegt haben, während die Bere Theil, nämlich das gemeine Volk, in der Juden den Retter des Menschengeschlechts mit | finstersten Unwissenheit und dem krassesten Schmach überhäuft und ans Kreuz geschlagen | Aberglauben dahinlebte? Nur in Einem stimmhaben. Nun wurde zwischen dem Tode Jesu und dem Tode anderer ausgezeichneter Männer eine Vergleichung angestellt und der Reihe nach | Socrates und Phocion aufgeführt, welche, ohne irgend eines Vergehens schuldig zu seyn, den Giftbecher trinken mußten; ein Epami- | nondas, der nach vielen ruhmvollen Thaten sich gegen die öffentliche Anklage des Hochverraths zu verantworten hatte; ein Scipio, der zum Lohn seiner unzählbaren Verdienste ins Elend verwiesen, und ein Aristides, der, weil er den Beinamen des Gerechten erhalten hatte, aus seinem Vaterlande verbannt ward u. dgl. Bei einer solchen Entartung der Gemüther mußte das Gebäude des chriftlichen Glaubens in seinem tiefsten Grunde wankend gemacht werden, und wie weit es damit gekommen war, beweiset der Umstand, daß die laterani sche Kirchenversammlung für nöthig erachtete, festzusetzen, man solle an eine Unsterblichkeit der Seele glauben. Derjenigen dagegen, wels che ihren Beruf von der ernsteren Seite nah men, waren Wenige, und auch diese machten nicht sowohl die Grundwahrheiten des Evangeliums zum Gegenstand ihrer Vorträge, als vielmehr die Sazungen der katholischen Kirche von dem unverbrüchlichen Gehorsam gegen die

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ten fast Alle überein, nämlich in der Ungebundenheit und Zügellosigkeit der Sitten, und dieser allgemeinen Verderbniß sahen Viele un ter denjenigen, welche ihr zu steuern den heiligen Beruf hatten, nicht allein mit Gleidygültigkeit, sondern sogar mit geheimer Freude und Zufriedenheit zu, denn je weniger das Licht der Aufklärung den großen Haufen durchdrang, desto zugänglicher blieb er für alle schnöden Bearbeitungen des Ehrgeizes und des Eigennuhes. Der Jesuit Costerus behauptet geradezu, die meisten Katholiken hätten in jener Zeit wilde und viehische Sitten gehabt, und den Nichtkatholiken gesründeten Anlaß zu Lästerungen gegeben 3)

Dieselbe Klage führte auch der schon er wähnte Cardinal Fellarmin, indem er troh seiner eifrigen Vertheidigung des Papstthums äußert: eini Jahre vorher, ehe Lutheri Keherei entsand, war nach dem Zeugnisse gleichzeitige Schriftsteller fast keine Strenge in den sechengerichten, keine Zucht in den

3) E. Tenhel's historischer Bericht vom Anfang und ten Fortgang der Reformation Lutheri, mitges von D. E. S. Cyprian in der Vorrede; 2. Aus, e. Leipzig 1717.

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Sitten, teine Gelehrsamkeit in der heil. Schrift, teine Ehrfurcht vor göttlichen Dingen, ja fast feine Religion mehr 4)." Und an einer anderen Stelle ) bezeuget er: „Damals (als sich Luther wider den Papst erhob) waren die Sitten der Christen großentheils äußerst verderbt, die Sacramente, die religiösen Gebräuche, die Kirchenzucht wurden verachtet, mit Füßen getreten und lagen darnieder, hingegen herrsch

da der Papst an keine Verbesserung gedächte? | Man entschied, der Papst sey verbunden, alle zehn Jahre eine Kirchenversammlung auszuschreiben, besonders in den jezigen Seiten, da die Kirche an Haupt und Gliedern verderbt und dieses alles hinlänglich bekannt sey. Er, füllete er diese Erwartung nicht, so hätten die geistlichen und weltlichen Fürsten, auch die übrigen angesehenen Glieder der Kirche die

ten alle Arten von Lastern." Man glaube | Macht, sich zu versammeln und die Nothdurft

nicht, dieser Stand der Dinge sey den Päpsten verborgen geblieben; nein, er war allgemein bekannt und vielfache Klagen nicht allein von einzelnen gutdenkenden Privatleuten, sondern auch von Fürsten und Körperschaften (Reichs ständen, Kirchenversammlungen,Städten) drangen bis zu ihnen hindurch. Die auf der schon erwähnten Kirchenversammlung zu Pisa ver sammelten Cardinäle und Bischöfe richtetention und des heil. römischen Reichs wider den am 11. November 1511 folgendes Schreiben an| Geiz und die Tyrannei des Papstes, Nichterden römischen Kaiser Marimilian:,,erhebe füllung der Verträge und vielfachen Gelder bidh, löblicher Kaiser, tritt herzu und sey rü pressungen durch den Ablaßhandel dienen, ig! Die Kirche fällt dahin, die Frommen welche später, nämlich im Jahre 1523 auf dem werden unterdrückt, die Bösen gewinnen die Reichstage zu Nürnberg, mit neunzig neuen Oberhand; die Gerechtigkeit sinkt dahin, die vermehrt wurden. Die Ersteren mögen hier Gottlosigkeit wird geehrt, der Unglaube kommt eine Stelle finden. empor und wird gepflegt. Lege die Hand an, großer Kaiser! Die römische und allgemeine Kirche ruft dir's als ihrem Vertreter und Beschüßer mit starker, aber kläglicher Stimme ju." Schon früher, nämlich in der am 16. Januar desselben Jahrs den Gesandten ertheilten Instruktion, gebrauchte der Kaiser ähnliche Worte: Die allgemeine Christenheit, heißt es darin, und unsere liebe Mutter, die Kirche, leidet allenthalben Noth; die Rechtglaubigkeit tommt in Berfall, das Böse nimmt zu. Es gibt kein anderes Mittel dafür, als eine allgemeine Kirchenversammlung." Auch früher 3) daß wider die Wahl der Propsteien, so als dieser Kaiser, nämlich im Jahr 1460, ließ etlicher Kirchenkapitel durch groß Geld erlangt der König von Frankreich), Karl VII., in seiner und an sich erkauft, gehandelt wird, als näm, an den Papst Pius II. gerichteten Appellation lich Speier und Basel, welcher Bull von Freierklären, die Kirchenzucht sey in fast gänzlisheit, einen Propst zu wählen, noch bei Leb. den Berfall gerathen, die Verordnungen und zeiten deß, der sie gegeben, ist geschwächt Beschlüsse der heiligen Väter, Kirchenversamm worden; lungen und Päpste in Abgang gekommen und bei der Geistlichkeit wie bei dem Bolke habe Unordnung, Unrecht und Gesezlosigkeit eingeriffen. Desgleichen ließ sich Karl VIII., König in Frankreich, im Jahre 1497 von der Sorbonne ein Gutachten ausstellen, was bei den gegenwärtigen elenden Zeiten zu thun sey,

der Kirche in Betrachtung zu ziehen. Auch die übrigen Fürsten und Stände blieben mit ihren Borstellungen nicht zurück, sondern drangen mit großem Nachdruck auf Reformation der Kirche. Zum Beweise mögen die im Jahre 1510 dem Kaiser Marimilian von den Kurfür. sten, Fürsten und übrigen Reichsständen über gebenen zehen Beschwerden der Deutschen Na

1) Daß die Väpste zu Rom vermeinen und gänzlich dafür halten, sie seyen nicht schuldig zu halten ihrer Vorfahren, an welcher Statt sie getreten, Bullen, Pacten, Privilegien, Freiheiten und Briefe, von ihnen ohne alle Widerrede zu immerwährenden Zeiten gegeben, sondern handeln und thun dawider ohne Scheu auf einer jeglichen, wer da kommt (auch schlechten) Person Instanz und Begehren, durch allerlei Dispensation, Renovation u. dgl.

2) daß die Wahl der Prälaten oftmalen verworfen und umgestoßen worden;

4) daß die großen Kirchenpfründen und Dignitäten denen Cardinälen und Protonotariis vorbehalten werden;

5) daß exspectativae gratiae d. i. Gnadens verleihungsbriefe ohne alle Zahl gegeben werden und oftmals ihrer viele über Eine Colla. tur; daher denn täglich viel Streit, Bank und Rechtens sich erhoben und groß Geld und Gut verschwendet wird, da nicht allein große Un4) Bellarmini opp. Coloniae 1617. Tom. VI. col. 296. 3) Im Band VI, nachdem zuvor die Frage abgehan, kosten auflaufen, die Gnadenbullen, so doct belt worden ist: was für ein Thier ein Lutheraner fey? | ihren Effect niemals erreichen, zu erlangen,

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in Zeit eines Menschenlebens aus dem einigen Bisthum Mainz für die Confirmirung eines Erzbischofs 175,000 fl. nach Rom kommen. So sey auch Deutschland durch Krieg und Pes stilenz verwüstet, und wenn gleich der Ackerbau, Bergwerke und Zölle größer Einkommen bräch ten, so müßten doch der Kaiser und Fürsten einen Schahz haben zum Krieg wider den Tür: ken und andere Feinde, zu Handhabung der Gerechtigkeit, zur Erhaltung der Kirchen, Klös ster, Armen u. s. w. Derwegen wolle der

6) daß die Annaten ohne allen Aufschub und Barmherzigkeit (auch so die Bischöfe gar wenig Jahre regiert und mit Tod abgegangen) streng gefordert werden. Zu Seiten wird auch | Papst als ein frommer Vater, der seine Kinder mehr, als man zu geben schuldig, abgenom- | men, von wegen etlich neuangestellter Aemter oder neu angenommener Hofleute zu Rom: deß haben wir ein augenscheinlich Erempel an der Kirche zu Mainz und Straßburg;

7) daß die Regierungen unserer Kirchen Ungeschickten und Unwürdigen zu Rom verliehen und übergeben werden, die besser Hirten gåben, Esel zu weiden, als Menschen zu regieren und zu versorgen;

8) daß die alten Ablaß widerrufen, suspendirt, hergegen neue Indulgenz (mit groß sem Murmeln und Unwillen der Laien wider die Clerisei), Geld zu sammeln und aufzubringen verliehen und gegeben werden;

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lieb hat, und als ein getreuer, vorsichtiger Hirte mit seinen Kindern, der deutschen Nation, milder und sanftmüthiger handeln, das mit nicht durch die Strenge in kurzer Zeit eine Verfolgung über alle christliche Priester und geistliche Personen entstehe, oder nach dem Erempel der Böhmen der meiste Theil von der römischen Kirche abfalle. Werden also die Unsrigen nicht allein übel geschunden, gleich. sam ausgedärmt und zur äußersten Armuth gebracht, sondern auch zu Aufruhr und Empörung bewegt, und Anlaß zu suchen, auf allerlei Weg sich ein wenig frei zu machen: denn wo sie können und mögen zusammenkommen, klagen je einer dem andern seine Noth und mur: meln über den Wütherich, Geiz und Tyrannei der Pfaffen. Ferner in den Avisen an die kaiserliche Majestät begehren die Stände, daß 10) daß die Sachen, so in Deutschland (in | im römischen Reiche die Concordate der Für welchem eben sowohl gelehrte und gerechtesten unverbrüchlich gehalten und in Frankreich Richter seyen) hätten können geurtheilt und geendet werden, sich für den Stuhl zu Rom ohne allen Unterschied ziehen; welches auch der heil. Abt St. Bernhard in seinem Sendbrief an Papst Eugenium als unrecht reprobiren und widersprechen thut."

9) daß der Zehende unter dem Schein, den Türken zu bekriegen, aufgehenkt wird und folgt doch kein Türkenzug nicht;

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durch Schreiben oder Gesandte erfahren werden möge, welcher Gestalt die Kirchengüter nach der pragmatischen Sanction allda verliehen werden und wie hoch des Papstes Gewalt in Verleihung derselben sich erstrecke, denn nach diesen könnte im römischen Reiche gemittelt Wider diese Beschwerden, welche nur zu und dem unersättlichen Geize der Curtisanen gegründet waren, wurden nun dreizehn Re- ein Biß in das Maul gelegt werden; doch media an die Hand gegeben, welche darauf solle sich die Kais. Majestät wohl versehen: ausgehen: wenn es Ihre kaiserliche Majestät daß 1) die Erzbischöfe, Kurfürsten aus Furcht für rathsam denke, solle sie dem Papst und der der apostolischen Censur und Bann in diesem Kirche zu Rom fürtragen, daß es der deutschen heiligen Fürnehmen nicht etwa von ihr stimNation schwerlich, ja unteidlich fallen solle, men; 2) die Mönche des Bettelordens nicht hinfüro so große Erpensen und Beschwerden wider sie predigen; denn die pflegen dem Papst mehr zu leiden und so große Annaten für die in allen Dingen gewonnen zu geben und ihm Confirmirung der Erzbischöfe und Bischöfe zu williglich zu gehorchen, besorgend, sie möchten erlegen, sonderlich die in etlichen Bisthümern verlieren ihre Privelegien, die sie von ihm haben, nach und nach je länger je höher gesteigert, wollte Gott nicht auf Menschen, son in etlichen gar dupliret werden; wie der Stuhl dern auf Christum und die Natur ge zu Mainz anfangs nur 10,000 fl., hernach bauet! 3) Daß der Papst denen Kurfürsten 20,000, und endlich 27,000 fl. geben müssen, nicht befehle, zu der Wahl eines neuen römis welche Erzbischof Jakob, und da dieser kaumschen Königs zu schreiten; 4) daß die Kirchennach vier Jahren gestorben, sein Nachfolger prälaten, und sonderlich die Pröpste vermöge Uriel gleichfalls nach Rom gezahlt, also daß | ihres Eides dem Papste nichts avisiren. 5) Daß

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