ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

diejenigen Fehler am Unerbittlichsten ist, zu denen man selbst am meisten inclinirt.

Die köstlichen Aeusserungen Lichtenberg's, in denen er einerseits seinen Unglauben an die unwiderstehliche Gewalt der Liebe, andrerseits seinen Ekel ausspricht über die Schwärmerei der Genies für einfaches, natürliches Leben, während die Genies ja doch gerade die natürlichsten Pflichten ausser Acht lassen, stimmen vielfach mit dem überein, was Sylli und besonders Luzie gegen die Allwille vorzubringen haben. Ich muss darauf verzichten, auf diese Ausfälle des geistreichen Mannes einzugehen und gebe blos einige Citate. Siehe Lichtenberg's Werke, Bd. I, S. 125, 130, 132, 236.

Was Sylli über die Allwille J. W. I, 97–101, dann 176–181 sagt, und der meisterhafte Brief Luziens an Eduard Allwill (S. 200-226) müssen ganz und genau beachtet werden, und es verlohnt sich nicht, einen blossen Auszug zu liefern.

Hier war das Gegengift gegeben, und vom Standpunkt der von Luzie vertretenen Ansichten aus gewinnt die Allwillgestalt ein ganz anderes und richtiges Ansehen. Wo die Allwille damit prahlen, dass sie der Natur folgen, wird ihnen Unnatur nachgewiesen; wo sie von Leben zu strotzen scheinen, constatirt der moralische Arzt eine schwere Krankheit; wo sie die Erhabenheit ihres Wesens erblicken, zeigt sich dem Einsichtigen niedrige Schwäche. Während das Urtheil des Weisen den Adel der menschlichen Natur in der Obermacht des Gedankens über sinnliche Triebe erblickt, ist es die Sinnlichkeit, welche die Allwille mit grossem Aufwande von Witz, Vernünftelei und dichterischem Schmuck auf den Thron erheben. Der Vernünftige ehrt als schwer zu erreichende, hohe Tugenden Ordnung, Mässigung und Beständigkeit; die Lebensweisheit der Allwille dagegen ist, genau besehen, Nichts als eine,,Theorie der Unmässigkeit," als „Grundsätze der ausgedehntesten Schwelgerei."

Indem so Jacobi, wie der ,,treue Naturforscher," die Allwille nach allen Seiten hin darstellt und in ihrer eigenen wahren Gestalt zu zeigen bemüht ist, erhebt er sich, wie er selbst betont, einerseits über den philosophischen oder moralischen Falschmünzer, der seine Leser um den wahren Werth der Dinge betrügt, andrerseits über den moralischen Alchemisten, der seine Leser, wenn ihr Enthusiasmus aushält, um ihr ganzes Vermögen bringt.

VI. Die übrigen Personen.

[ocr errors]
[ocr errors]

Wir sahen, wie unangenehm es Jacobi war, dass man in seinem Roman deutlich wirkliche Verhältnisse durchsah. Ein berühmter Maler um in dem Gleichnisse Jacobi's zu bleiben wird sehr ungern zugleich mit seinem idealen Gemälde die Photographieen der Modelle bekannt machen, aber es schadet weder ihm noch der Kunst, wenn später, nach seinem Tode und dem Tode derjenigen Menschen, die ihm als Modell gesessen haben, die Porträtbilder dieser Modelle bekannt gemacht, und wir somit unmittelbar in die Werkstatt des Künstlers eingeführt werden. Es scheint mir daher zur Freiheit der Forschung zu gehören, dass wir nicht blos kurz die Hauptzüge der Personen des Romans zu zeichnen suchen, sondern uns auch in dem Kreise Jacobi's selbst nach den Modellen umsehen. Es braucht nicht wiederholt zu werden, dass damit weder Jacobi's Kunst der Darstellung, noch dem Tiefblick des Geistes zu nahe getreten wird.

Die Sache bleibt immer dieselbe. Wer mit heutigen Schriftstellern und dem Kreise ihrer Erlebnisse und Beobachtungen bekannt ist, wird wissen, dass die Paar guten Romane, die sich vornehm aus dem Meere des Unbedeutenden hervorheben, eben gerade dadurch gut sind, dass der Schriftsteller in sich und anderen wirklichen Menschen, mit denen ihn sein Schicksal zusammenbrachte, die ächten Modelle fand, während die Romanscribenten aus Papiermenschen wieder Papiermenschen drehen.

1. Clerdon.

Clerdon ist der idealische Jacobi selbst; dass aber bei einer so trefflichen und bedeutenden Persönlichkeit, wie Jacobi war, viele Züge dem Ideale ungemein nahe kamen und daher ohne weitere Aenderung als solche der idealen Zeichnung eingefügt werden konnten, leuchtet ein. Nimmt man die Urtheile über Jacobi zusammen, die die Freunde seines langen Lebens über ihn abgegeben haben, so kommt die Clerdonfigur heraus: Jacobi schilderte sich, wie er gern hätte sein mögen; da er aber bei seinem ununterbrochenen Streben, sich zu bessern, wirklich oft so war, wie er zu sein wünschte, so konnte er dem Vorwurf nicht entgehen, er schildere sich selbst. Dadurch wurde er bestimmt, später an einer Reihe von Stellen, auf die wir hinweisen, der Clerdongestalt etwas von ihrer idealen Trefflichkeit zu nehmen.

Clerdon ist seiner äusseren Stellung, seinen häuslichen Verhältnissen, seinen Grundansichten und Grundstimmungen nach Jacobi selbst; Clerdon's Verhältniss zu Allwill, zu Sylli, Amalia und den Cousinen ist im Grossen und Ganzen das Verhältniss Jacobi's zu Goethe, Johanna Fahlmer, zu seiner Frau und zu seinen Halbschwestern Helene und Charlotte.

Clerdon ist Regierungsrath, Jacobi Hofkammerrath. Beide treten in ihrer amtlichen Thätigkeit für liberale Reformen ein und verfechten dieselben der Regierung gegenüber mit Freimuth und Unbestechlichkeit. Man lese den Brief, Lenore von Wallberg an Sylli (T. M. 76, 2, 58-65). Eine vornehme „Rotte" wollte Unehre und Dürftigkeit auf wackere Bürger verhängen. Der „einzige Clerdon" hielt bei den Unglücklichen Stand und verfocht die Sache derselben nicht ohne Gefahr und Verlust aus allen Kräften. Er siegt bei Hofe. Ebenso hat er ,,die Eingesessenen eines Amtes von einem fast unausstehlichen Druck, worunter sie seit siebzig Jahren sich gekrümmt, kürzlich losgekämpft und losgebettelt." Deputationen der Bürger bringen

ihm ihren Dank, den er in seiner schwermüthigen Stimmung abzuwehren sucht. ,,O des unbegreiflichen Zweiflers!" ruft Lenore über ihn aus.

So heisst es von Jacobi (J. a. B. I, V., S. XIII): „Seine bedeutendste Aufgabe wurde das Zollwesen; und es gelang ihm, jedoch erst nach langem Streit, den bergischen Reinzoll auf einen für die Staatskasse ergiebigeren und gleichwol für die Schifffahrt minder lästigen Fuss zu setzen." Vergl. Jacobi an Sophie la Roche, 14. Dez. 74 (J. a. B. I, 197). Zeitlich nicht hieher gehörend, aber diesen gemeinsamen Clerdon-Jacobi'schen Zug bezeichnend, ist Jacobi's freimüthiges Auftreten zu München im Jahre 1779, in Folge dessen er eine beträchtliche Einbusse an seinem Gehalt erlitt. Doch drang er in einem Punkte durch (J. a. B. I, V. XVII): „Die Verordnung über die Maierschaftsfristen, durch welche die Hintersassen der Kammer in Baiern die Befugniss erlangten, eine der drückendsten und in der That widersinnigsten Abgaben, das Handlohn, in eine beständige, jährliche Leistung umzuwandeln, ist eigentlich sein Werk.“ Der obige Brief, in welchem Clerdon's Verdienste um das gemeine Wohl in ein so helles Licht gestellt werden, steht nur im deutschen Merkur. Als man allgemein in Clerdon Jacobi selbst gezeichnet fand, liess Jacobi diesen Brief nicht mehr abdrucken, um sich nicht dem Verdachte der Eitelkeit auszusetzen. Vergl. J. a. B. I, 238, Anmerkg.

[ocr errors]

In Clerdon's Briefen finden sich Stellen aus Briefen Jacobi's an seine Freunde. Die Stelle „Clerdon an Sylli“ (J. W. I, 26): ,,Mit dem ersten Blick der Sonne grosse, offene Erde" steht fast wörtlich im Briefe Jacobi's an Goethe, 26. Aug. 74 (J. u. G., S. 32): „Am verwichenen Sonntag, sitzend am Fenster meines Wallzimmers, schauend bey hellem Sonnenglanz rund um mich her in die vor mir verbreitete herrliche Gegend, schoss mir auf einmal, wie ein Blitz, in die Seele der Gedanke, welch ein sündlich Wesen es doch sey, diese herrliche Pracht Gottes so, über Wäll und Gräben hin, nur zu beschielen; nur etwa am

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »