ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

ficherste Führerin. Deßhalb gebietet der so redlich nach Wahrheit forschende Seneka, indem er Natur, Vernunft, Gott identificirt, die Vernunft wie eine allmächtige Gottheit zu verehren und ihr zu gehorchen 1). Willst du Alles zu deinen Füßen legen, so unterwirf dich der Vernunft. Der Vernunft gehorchen, der Natur gemäß leben und tugendhaft sein sind für Seneka und für Alle Stoiker drei verschiedene Ausdrücke für denselben Begriff.

Die Sucht nach Selbstüberhebung, Vergötterung der eigenen Vernunft und Autonomie trübte wie bei den übrigen stoischen Philosophen so auch bei Epictet die erhabenften Gedanken. So hat er den schönen Grundsaß „Es ist Bestimmung, in Allem der Gottheit zu gehorchen 2),“ wie=' der aufgegeben, weil er ihn für unvereinbar hielt 3) mit der Unabhängigkeit und Autonomie, von welcher allein der Stoiker glaubte, daß sie den Menschen glücklich zu machen vermöge. Die absolute Willensfreiheit, welche einem ftoischen Sinne so sehr schmeichelte, wollte keine Unterordnung des eigenen Willens unter den göttlichen. Eine Willensfreiheit im Sinne Epictet's wäre in der That ein großes Gut, wenn des Menschen Wille nur schon im Guten firirt wäre. Aber bei der verkehrten, durch die Sünde verderb ten Zuständlichkeit der Natur und der geistigen Kräfte des Menschen wäre eine solche Freiheit ein sehr gefährliches Geschenk; sie wäre nichts anderes als zügellose Ungebundenheit und ganz geeignet, den Menschen so recht zum Sklaven der Sünde, zum Knechte der niedrigsten Leidenschaften zu machen. Wenn Epictet an einer andern Stelle gleichwohl wieder sagt: der Mensch ist Gott Gehorsam schuldig, wie der Soldat dem Cäsar, so ist dieß, aus stoi

1) Seneca ep. 37.
2) Epictet. I, 20.
9) Epictet. diss. I, 12.

scher Seele gesprochen, kein Widerspruch; denn diesen Gott erblickt Epictet in der Vernunft. Wenn 1) er Gott und das absolut Gute identificirt und dieses absolut Gute als das Ziel sittlicher Bestrebungen hinstellt, so verliert dieser an sich wahre Gedanke allen Werth, da unter diesem absolut Guten, unter diesem Gotte von Epictet ein pantheistisches Wesen verstanden wird 2). Sagt er ja selbst an einer andern Stelle: „Wenn du etwas Gutes willst, so such' es in dir selbst!"

Das sind die Grundsäße eines Mannes, den sein Zeitalter für eine Leuchte gehalten, und den selbst unser größter Kirchenlehrer, der heil. Augustin, für den edelsten der stoischen Philosophen erklärt hat 3).

Der schon tiefer im Christenthume stehende und gekrönte Stoiker, Kaiser Marc. Aurel. Antoninus, mit dem die Reihe der stoischen Philosophen sich abschloß, hat in seiner Moralphilosophie noch mehr Anklänge an die christliche Ethik als Epictet. Von frühester Jugend an der stoischen Philosophie ergeben, blieb er ihr auch noch auf dem Throne treu und glaubte in ihr ein Trostmittel gegen die Miß-. geschicke zu besigen. Sein Grundsay ist: Man solle dem befferen Ich gehorchen). Was er darunter verstanden wissen will, dazu gibt er an einer späteren Stelle den Commentar, wo er sagt: Das Höchste ist: Der Vernunft und Gott gehorchen 5). Recht diesen Saß verstanden, würde die christliche Moraltheologie ihn acceptiren können, nimmermehr aber im Sinne Antonins, wonach Gott und Vernunft identisch wären. Antonin erklärt sich näher dar

1) Epictet. diss. II, 8.

2) Epictet. diss. II, 2. cf. Diog. Laert. VII, 1 c. 64. 119. 3) August. de civit. Dei IX, 9.

4) Antonin. XI, 21.

5) Antonin. XII, 31.

über, daß er die Vernunft vergöttere, indem er fagt1): sie stillt die Triebe; hält die Begierlichkeit nieder und beherrscht die Einbildungskraft. Erwägt man, wie hoch der Stoiker die Apathie schäßte; wie er in der Gefühllosigkeit die Seelenruhe, das größte Glück des Menschen ersah; wie er in der Vernunft das einzige Mittel zur höchften Tugend, zur Apathie 2) erkannte; so läßt sich diese Vergötterung der Vernunft leicht erklären. Die Idee, von welcher Zeno, der Meister der stoischen Schule, ausgegangen ist: daß alle Menschen für einander geschaffen und neben der speziellen noch die Gesammt - Aufgabe zu lösen verpflichtet seien, zieht sich unverändert durch die lange Kette stoischer Philosophen hindurch und ist von Antonin, dem lezten 3) Philosophen dieser Schule ebenso warm vertheidigt worden, wie vom Stifter derselben.

§. 3. Ethisches Princip des Cicero und

1

Ambrosius.

Wenn Cicero 4), im Hinblicke auf Theophraft und die Schule Epicurs, sagt, daß es gewisse Disciplinen in der Philosopie gebe, in denen die Begriffe vom lezten Endzwecke die Ethik verkehren, so hat er, ohne es zu wollen und zu wissen, seiner Schule selbst ein böses Wort geredet. Gesteht er 5) doch selbst, daß die Neu-Akademiker und als solchen führt sich Cicero in seiner Pflichtenlehre ein — nur von Wahrscheinlichem, niemals von Gewissem reden. Vom Gesichtspunkte eines solchen verfeinerten Skepticismus aus wäre wohl die Annahme eines ethischen

1) Antonin. IX, 7.

2) Diog. Laert. VII, 1. 117.

3) Antonin. XI, 13.

4) Cicero de off. I, 2.

5) Cicero de off. II, 2.

Principes unmöglich. Indeß 1) hat er nach eigenem Geständnisse sich bei Abfassung seiner Pflichtenlehre auf stoischen Standpunkt gestellt, weil ihre Vorstellungsart ihm edler däuchte, als die der übrigen Schulen. Er konnte sich um so leichter an die ethischen Grundfäße der Stoa halten, als die Akademie ihrem Schüler erlaubte, jedweden Gedanken, der im Garten einer andern Schule gewachsen, als den feinigen zu acceptiren, wenn er ihm annehmbar und wahrscheinlich schien.

[ocr errors]

Die Natur steht auch in Ciceros 2) Pflichtenlehre, als allgemeines Gesetzbuch aller Völker, obenan.. Aengstlich sucht er nach einem ethischen Principe und da er dasselbe in dem Grundgeseße der Stoa naturgemäß leben", gefunden zu haben glaubt, so betont er wiederholt die Nothwendigkeit eines obersten Sittengefeßes und greift 3) alle jene philosophischen Systeme an, nach deren Anlage das Auffinden eines ethischen Principes unmöglich gemacht ist. Ein Grundsaß, sagt Cicero 4), muß als oberstes Gesetz Norm sein für alle Pflichten. Hat man den höchsten und lezten Grund, das Princip der Ethik gefunden, so ist da= mit auch der Lebensweg und eine Norm für alle Pflichten gefunden 5). Was er unter obersten Geseze versteht sagt er in seiner Schrift „de legibus": Geseß ist die höchste Vernunft, eingepflanzt in unserer Natur; sie gebietet, was wir thun und verbietet, was wir meiden sollen 6). Wie wenig Cicero ein Bewußtsein von einem über die Natur erhabenen, die Natur selbst beherrschenden Geseze hat, beweist er dadurch, daß er sich selbst bis zur Behauptung

1) Cicero de off. III, 4.
2) Cicero de off. III, 5.
3) Cicero de off. I, 2.
4) Cicero de off. III, 4.
5) Cicero de fin. V, 6.
6) Cicero de leg. I, 6.

hinreißen läßt 1): daß, wer der Natur als Führerin folge, nie vom Wege der Tugend abbirren werde. Was der Stoiker höchstes Gut nennt 2), nämlich „der Natur gemäß leben“, heißt, sagt Cicero, soviel als nach innerer Vollkommenheit unter allen Umständen streben; die äußeren unferer Natur angenehmen Sachen zu wählen oder zu verschmähen, je nachdem sie mit jener zurecht bestehen können oder nicht. Als Hauptpflicht stellt er voran: daß der Mensch der Natur treu bleibe 3). Für jede Handlung, wenn sie mit den Gefeßen der Natur übereinstimmen soll, müssen wir vernünftige Gründe anführen können 4). Im engsten Zusammenhange mit dem ethischen Principe bringt Cicero die Beurtheilung des Guten und Bösen. Er stellt sich hier auf den Standpunkt der Aesthetik und erklärt als Gut 5), was der Natur und Würde des Menschen entspricht. Unter den lebenden Wesen empfindet der Mensch allein was Ordnung ist; er allein hat einen Begriff von Anstand und Schicklichkeit. Diesen Begriff der Schönheit tragen Vernunft und moralische Empfindung, von Gegenständen des Gesichtes auf Eigenschaften der Seele über und lassen uns in unserem Benehmen und in unserer Gesinnung das Ordnungsmäßige, Harmonische, Regelmäßige als schön in höherem Sinne, das Unschickliche, Ausschweifende, Weibische dagegen als häßlich erscheinen.

Die zur Vollkommenheit gereifte Natur, wie sie Cicero in dem Ideale seines Weisen ahnt, wäre die vollendetste Harmonie, voll Schönheit und Anmuth. In ihm will Cicero die ganze Summe ) aller Vollkommenheiten aufge

1) Cicero de off. I, 28. Cicero de off. III, 3. 9) Cicero de off. I, 28. 4) Cicero de off. I, 29.

5) Cicero de off. I, 4.

6) Cicero de off. III, 3. u. I, 3.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »