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häuft wissen, so daß der Weise einen Standpunkt einnehmen müßte, auf dem ein Steigen und Fallen in der Tugend nimmermehr möglich wäre. In diesem Weisen hat sich Cicero nach dem Vorgange der Stoa ein Ideal -personificirt und in dieser gedachten Person, von der Cicero selbst gerne zugesteht, daß sie in der Wirklichkeit nicht existire, sollte sein ethisches Princip zur praktischen Darstellung kommen und Gestalt erhalten. Cicero war zu sehr von seinem vorliegenden griechischen Muster, dem „πæqì Tov xaðýzortos“ des Panätius bei Abfassung seiner PflichtenLehre beeinflußt und beherrscht, als daß er den Widerstreit in der Natur hätte recht würdigen können, um nach Art der Akademiker anzufangen zu zweifeln, ob eine solche mit sich selbst im Widerstreit liegende Natur ethisches Princip sein könne. Der wahren Natur wird das menschliche Leben nur dann entsprechen, wenn es mit dem Urheber der menschlichen Natur, der auch der leßte Grund der GesammtNatur ist, im Einklange steht. Befangen in pantheistische Anschauung konnte sich Cicero nicht erheben über die Natur, um nach dem Urheber der Natur zu sehen, und diesen wie als den Schöpfer der Natur und ihren lezten Grund, so auch als den lezten Grund aller Thätigkeit, als ethisches Princip anzuerkennen. Dem Naturkulte des Heidenthums gegenüber mußte das Christenthum mit seiner geistigen Richtung diametral gegenüberzustehen kommen.

Hier ward der Sündenfall Adams mit seinen schrecklichen Folgen in's Bewußtsein gerufen; man lernte in der Natur die Verheerungen kennen, welche die Sünde angerichtet hat und erkannte, wie die ganze Natur, vergiftet und verderbt, unfähig geworden, ihre Aufgabe zu erfüllen. Daß der Wille geschwächt und zum Bösen geneigt, daß die Vernunft verdunkelt, daß das Fleisch wider den Geist gelüste, dieß Alles erfuhr man nun durch Christi Lehre und sah ein, wie das auf eine sündhafte Natur fußende

Leitmeir.

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Princip der Stoa unmöglich das rechte Grundgeseß sein könne.

Ich lebe, sagt der Apostel 1), aber nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Damit hat Paulus ein ethisches Princip für den Christen aufgestellt, das alle Sittengeseße in sich begreift und auch praktisch durchführbar ist, wie das Leben so vieler Heiligen beweist. Der göttliche Wille *), wie er uns durch den Sohn Gottes geoffenbart worden, und wie er im Leben des göttlichen Meisters selbst wie zur Darstellung so auch zur Durchführung gekommen ist, muß die höchste Norm, das oberste Sittengeseß sein. Nur der wird vollkommen heißen, welcher mit dem Apostel in Wahrheit fagen kann, nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Wenn Christus in uns lebt und herrscht, kann und wird die Tugend sich zur Vollkommenheit entwickeln und die Sünde muß dann weichen, wie der heil. Ambrosius 3) so schön sagt: Wenn Gott in uns herrscht, dann ist in uns die Tugend, nicht die Sünde. Der Christ erkennt zwar bei Firirung seines *ethischen Principes keineswegs die von der Stoa so sehr betonte Idee, daß die Menschen als Glieder eines Ganzen zusammenwirken müssen zur Lösung der Gesammt-Aufgabe. Aber das Christenthum hat seinen Bekennern auch in's Bewußtsein gerufen, daß die durch die Sünde und ihre Folgen zerütteten natürlichen Kräfte in und außer dem Menschen die Fähigkeit, die ihnen ursprünglich gestellte Aufgabe „zur Realisirung der Harmonie im Individuum und in der ganzen Natur beizutragen," verloren haben. Durch die Erbsünde wurde das menschliche Erkenntnißvermögen getrübt, der Wille des Menschen entnervt; die Natur ward verderbt geworden und konnte nun nicht mehr ethisches Prinzip sein. Wenn

1) Galat. II, 20. 2) Matth. VII, 27. 3) Ambros. de sacram. VI, 5.

Ambrofius 1) wie Cicero als fittliche Forderung hinstellt, daß man der Natur gemäß leben soll, so ist er doch weit davon entfernt, auf diesen Grundsaß sein ethisches Lehrgebäude construiren zu wollen. Zudem betont er wiederholt *), daß er jene Natur, wie sie aus der Schöpferhand Gottes hervorgegangen, in welcher die schönste Harmonie der Theile mit dem Ganzen herrschte, eine Natur ), bei beren Anblick der Schöpfer sah, daß sie gut war, im Auge habe, wenn er sie als Maßstab des Dekorums, des Schicklichen, und Anständigen gebrauche. Nur von diesem idealen *) Standpunkte aus, den Cicero vielleicht ahnte, den er aber nicht kannte, hat Ambrofius das naturgemäße Leben fittlich gut genannt und hervorgehoben, daß Gott die Natur 5) so eingerichtet habe, daß allenthalben in ihr die Geseze der Sittlichkeit Grund gelegt find. Das oberste Gesetz der Natur erkennt Ambrosius 6) in dem göttlichen Liebe-Willen und dieser Wille ist ihm fittliches Grundgefeß. Mit diesem ersten Sittengefeße des Christenthums ist im engsten Bunde die christliche Grundtugend, die Liebe 7), in dem Gott aus Liebe seinen Willen geoffenbart hat und der Christ aus Liebe diesen Willen als Norm seines eigenen Willens anerkannt und in Allem sich ihm unterwirft. Wenn Gott in uns ift, ruft der heilige Ambrosius 8) mit dem Apostel aus, wer wird uns dann losreiffen von der Liebe Chrifti? Haltet feft am Guten, und der Gott der Liebe und des Friedens wird mit euch sein in Christo 9). Hinweisend auf das Wort 10) des Herrn bei Johannes: Meine Speise ift es, daß ich den Willen meines Vaters thue, sagt der heilige Ambrosius 11): Welch' beffere Speise gäbe es, als

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de off. III, 1. 9) cf. Rom. VIII, 35. 10) Ambros. de off.

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11) Joh. IV, 34. cf. Ambros. de off. I, 3.

den Willen des himmlischen Vaters thun! Nicht die Natur also, nicht die Vernunft anerkennt Ambrosius, wie Cicero und die Stoa, als höchste sittliche Norm, sondern den göttlichen Liebe - Willen 1), wie er uns durch Christus geoffenbart wurde.

Der göttliche Wille ist wie Urheber der ganzen Natur, so auch deren höchstes Gesetz 2). Das göttliche Wort „Es werde", dieser einzige Willensaft genügte, um all' die Welten hervorzurufen. Gott wird nicht gleichgiltig sein gegen seine Schöpfung, sie würde ja, sich selbst überlassen, in ein Chaos zurücksinken, hätte er ihr nicht ein Geseß ge= geben. Gott hat sich auch als höchsten Gesetzgeber manifestirt an die Menschheit; zuletzt hat er, zum Beweise, wie sehr der Wille seiner Geschöpfe an seinen allmächtigen Willen gebunden sei, und wie die Menschen nur geleitet vom göttlichen Willen ihre Aufgabe lösen und ihre Bestimmung erreichen können, seinen eingebornen Sohn gesandt, damit er, der Welt den mehr und mehr aus dem Bewußtsein entschwundenen Liebewillen Gottes unmittelbar in's Gedächtniß rufe. Das so geoffenbarte Gesez) Gottes widerstreitet nicht, wie Epictet glaubt, unserer Willensfreiheit. Der Wille Gottes ist ein heiliger Wille und deßhalb,nur auf das Gute gerichtet; er kann daher die wahre Freiheit, das Vermögen, Gutes 4) zu wollen und zu thun, nur fördern. Eine Schranke ist dieser heilige Wille Gottes nur für die Willkühr, dieser Ausgeburt der Sünde, die auch das Böse in das Bereich des Wollens zieht. Sobald einmal das Böse Objekt der Wahlfreiheit 5) wird, ist die Freiheit schon verlegt;

1) Ambros. de off. III, 2. cf. Ambros. II, 1. u. 2. Aug. civ. Dei XIX, 1. 1) Concil. Trident. sess. VI, c. 7. cf. Rom. V, 8. 1 Corinth. XIII, 1 8. cf. August. contra Faustum. XXII, 27. 5) August. contra Faustum. cf. Ephes. VI, 6.,-4) August. contra Faustum XXII, 27. lib. arb. I, 6. 5) August. de corrept. et gratia c. 11. cf. de perfecta justit. c. 9.

denn das Böse und die Sünde ist Unfreiheit, ist Knechtschaft. Die wahrhafte Natur und Vernunft gebietet dasselbe, was der göttliche Wille gebietet und nur die krankhafte Natur kann in dem göttlichen Willen eine Beschränkung ihrer Wahlfreiheit sehen. Nehmen wir den der stoischen Disciplin entlehnten Gedanken Ciceros „daß das naturgemäße Leben, naturae convenienter vivere, in dem Sinne, als habe er an der Natur seines Ideales, die sich bereits Losgerungen hat von den Unvollkommenheiten und Schwächen, welche als Erbtheil der Sünde der ganzen Natur in und außer dem Menschen anhaften, die ethischen Geseße`gemessen: so stimmt dieser Ausspruch in so fern mit dem ethischen Principe des heiligen Ambrosius und überhaupt des ganzen Christenthumes überein, als das Ideal des Cicero, frei von allen Mängeln und voll von allen Vollkommenheiten, ohne Steigerung und ohne Schmälerung die absolute Tugend selbst in einer Person verkörpert nur das höchste göttliche Wesen sein kann. Denn wo gebe es außer Gott ein Wesen mit absoluter Vollkommenheit! Cicero selbst gesteht, daß er keinen Menschen wisse, der diese Eigenschaften seines Ideals je besessen hätte oder zu seiner Zeit befize. Wenn aber Cicero 1) von der mit allen Mängeln und Gebrechen. behafteten Natur, wie sie that= sächlich vor uns und in uns ist, sagt, daß man ihr folgen müsse, wenn man gut leben wolle, so hat er dem Menschen wohl eine rathlose, nicht selten bösartige Führerin an die Hand gegeben. Der Einklang 2) in der ganzen Natur und die Harmonie der seelischen Kräfte im Menschen selbst wird zwar auch vom heiligen Ambrosius 3) als Erforderniß der habituellen Tugend des Menschen betont, aber nicht

1) Cicero de off. I, 4.
2) Cicero de off. I, 27.
3) Ambros, de off. I, 46.

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