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miteinander aufgewachsen; mit der Fortbildung der Einen war die Entwicklung der Andern Hand in Hand gegangen. Die Römer aber mußten einer fremden Philosophie ihre bereits vollständig ausgebildete Sprache anpassen. Schon dieser Umstand mußte nachtheilig auf Klarheit und Bündigkeit der Begriffe wirken. Außerdem hatte der Grieche einen angeborenen Hang und viel Anlage zur Spekulation, indeß dem Römer mehr ein praktischer Sinn eignete. Daher finden wir auch in Cicero's Schriften, daß die Principienlehre und die spekulative Erörterung schwieriger Fragen überhaupt jene Klarheit und Genauigkeit vermissen läßt, die seine Schriften sonst auszeichnet, wo es gilt einen praktischen Gedanken zu denken und niederzulegen. Ueberdieß war Cicero zu sehr mit den politischen Ereignissen seiner Zeit, die ihn so nahe berühren mußten, beschäftigt, als daß er jene Muße gefunden hätte, die ein tieferes Eingehen in die Fragen über das Größte und das Kleinste, um mit Plato zu reden, erheischte. Der Zweck seiner Studien war nicht die Philosophie; er wollte sich zum Staatsmanne heranbilden und hatte deßhalb den größten Fleiß auf die juridische Beredsamkeit verwendet, da diese und das Schwert allein in der römischen Republik einem Plebejer, und ein solcher war ja Cicero den Weg zu den höchsten Staatsämtern bahnen konnten. Cicero pflegte die Beredsamkeit des Berufes wegen, während er die Philosophie nur um der Beredsamkeit willen, oder aber als Trostmittel gegen Widerwärtigkeiten lieben lernte. Daß er gleichwohl die hohe Bedeutung der Philosophie für das Leben zu würdigen gewußt, erhellt sattsam aus seiner Lobrede auf dieselbe. Voll Begeisterung ruft er aus 1): Philosophie, du Leistern durch's Leben, Freundin der Tugend und Feindin der Lafter; was wäre ich; ja nicht

1) Cicero Tuscul. quaest. lib. V.

nur ich, was wäre das ganze menschliche Leben ohne dich! Du hast Städte gegründet, die zerstreuten Menschen zu einer Gesellschaft vereinigt, ... hast Gefeße erfunden, bist Lehrerin der Sitten gewesen; zu dir fliehen wir, bei dir erholen wir uns Hilfe u. s. w. Eine solch' warme Begeisterung für die Philosophie theilte das römische Volk nicht mit Cicero. Diese Nation betrachtete jede Frucht, die nicht auf ihrem Boden gewachsen war, mit_mißtrauischem Blicke. Der römische Nationalstolz konnte sich nicht vertraut machen mit dem Gedanken, daß ein Volk, welches fast den ganzen damals bekannten Erdkreis zu seinen Füßen gelegt, von einer besiegten Nation die Philosophie, welche es ohnehin für leicht entbehrlich erachtete, entlehnen sollte. Der Römer ehrte die Rechtswissenschaft und Beredsamkeit; am meisten aber die Kriegertugend und Kriegskunst, weil der Vortheil hiebei in die Augen sprang. Gerade der Kriegskunst hatte dieses stolze Volk seine große Macht und sein hohes Ansehen, seine ganze Größe zu danken. Deßhalb ward sie wie ein Schooßkind gepflegt. Cicero selbst preist sie als die erste Tugend, wenn er sagt: Die Kriegertugend übertrifft Alles; sie hat Rom ewigen Ruhm gebracht; sie macht den Erdkreis unserem Befehle gehorchen und die ganze Stadt deckt und schüßt die Kriegertugend unter ihrem Schilde.

Von der Philosophie aber wußte sich der praktische Sinn des Römers keinen Nußen abzusehen. Ein schwer in die Wagschale fallendes Motiv seiner Abneigung gegen Philosophie lag auch darin, daß er gewahrte, wie mit ihr der Weichlichkeit Thür und Thor geöffnet wurde und wie das Sittenverderbniß in der Schule der Epikureer, deren Doktrin Phädrus dem Cicero zugänglich gemacht, eine erschreckliche Breite gewonnen hatte 1).

1) Lactantius de falsa sapient. c. 17.

Der Nömer sah also in der Philosophie wie eine gefähr= liche Feindin der Jugendkraft und Kriegertugend, welcher der auf so viele Triumphe stolze Quirite die Herrschaft über den Erdkreis verdankte, so auch eine Gegnerin der guten Sitten, ja sogar den Staat, diese Central- Anstalt religiös-sittlicher und socialer Institutionen, glaubte man von ihr bedroht. Schon in den Schriften eines Lufretius hatte das römische Volk das Gift epikureischer Denk- und Sinnesweise eingesogen und die für die Moralität so verderblichen Grundsäße jener Schule wurden, sobald sie einmal in Rom bekannt waren, von der römischen Jugend gar bald praktisch durchgeführt. Die Satiren des Horaz, der die epikureische Denk- und Lebensart allenthalben verfolgt und geißelt, dabei aber selbst sich von den Grundfäßen Epikurs nicht ganz loszuringen und frei zu halten vermag, beweisen der Nachwelt zur Genüge, welchen Einfluß die Eiferer der stillen Sinneslust in Rom geübt haben. Unter solchen Verhältnissen mag es nicht mehr auffallend erscheinen, daß in Rom die Philosophie, da man sie von der schwärzesten Seite aus kennen gelernt hatte, mit scheelen Augen angesehen wurde, so daß Cicero es für nothwendig finden mußte, bei den Römern sich wegen seiner philosophischen Versuche zu entschuldigen. Tullius selbst hatte wohl erkannt, daß die Philosophie, wie sie von Epikurs Jüngern gepflegt wurde, ein Gift wäre, vor welchem er seine Römer schüßen müßte. Er war aber weit entfernt, deßhalb weil diese Wissenschaft in der epikureischen Schule ausgeartet war, die Philosophie überhaupt in Bausch und Bogen zu verwerfen; hatte er ja durch Diodot schon eine weit bessere Richtung in der stoischen Schule kennen gelernt. Den Grundfäßen dieser Schule glaubte Cicero besonders in der Ethit folgen zu sollen und sie den Römern wie eine Stüße in den nunmehr zerklüfteten und schwankenden Verhältnissen anempfehlen zu können.

Allein er wagte noch nicht offen das herrschende Vorurtheil der Römer und ihren Widerwillen gegen alles was Philosophie hieß, zu bekämpfen. Um den Nationalstolz seiner Landsleute nicht zu verlegen, gab Cicero dem fremden Kinde einheimische Namen und römische Färbung. So ausgestattet glaubte er diese Tochter der griechischen Halbinsel in die Kreise des römischen Adels einführen zu dürfen. Bereits hatte ein griechischer Autor in Rom Bahn gebrochen. Es war Panätius, dessen Schrift „æεqì τov nadýnovτog“ daselbst willige Aufnahme gefunden hatte. Diese Schrift des Panätius war es auch, welche Cicero als Mustervorlage zu seinem Werke „de officiis" gebrauchte. Nur wenige Ueberreste sind von Panätius Pflichtenlehre zerstreut auf uns gekommen; aber selbst diese wenigen Bruchstücke lassen unschwer erkennen, daß Cicero bei Abfassung seiner Schrift de officiis" auf den Schultern des Panätius gestanden habe. Die Disciplin der Stoiker, wie ihr Panätius in seiner Abhandlung „von den Pflichten“ das Wort redet, übte auf Cicero eine so große Anziehungskraft aus, daß er ohne Bedenken sich an dieses griechische Muster anlehnte. Diese Lehre schmeichelte seinem stolzen Selbstbewußtsein; hier sah er die Menschenwürde auf eine schwindelnde Höhe der Gottgleichheit erhoben und ein Ideal aufgestellt, das er längst gesucht hatte. Gleichwohl mochte er doch nicht in den engeren Verband dieser Schule aufgenommen sein, weil er sich von einem Systeme nicht die Grenzmarken seines Forschens sezen lassen wollte. Seinem ungebundenen Geiste sagten am meisten die sehr dehnbaren Geseze der neuen Akademie zu. Dieser Schule konnte er angehören, ohne Einbuße zu erleiden in seiner Forschfreiheit; konnte ihr Jünger sein und doch die ihm zusagenden ethischen Grundsäße der Stoa entlehnen. Der Akademiker durfte von jeder Schule die Gefeße, welche ihm plausibel erschienen, als Grundsäße seiner eigenen Schule acceptiren.

Die Skepsis der neueren Akademie ließ dem Wissenstriebe den weitesten Spielraum, wenn und so lange ihr starres Princip der Wahrscheinlichkeitstheorie gewahrt blieb. Cicero hat das Verdienst die irrlichternden Grundsäße der skeptischen Akademie gemildert zu haben.

Er brachte die Ideen in Zusammenhang mit der Wahrheit, ohne Idee und Wahrheit zu identifiziren. Seinen Probabilismus und verfeinerten Skepticismus suchte er durch Annahme angeborner Ideen, die sich mit der Ausbildung der physischen Kräfte zugleich entwickeln, eine feste Basis zu geben. Entschieden wies er den Vorwurf, daß seine Schule durch ihre Zweifelsucht das Auffinden jeglicher Wahrheit unmöglich mache, zurück mit dem Bemerken 1): Wir unterscheiden uns von anderen Philosophen nur da durch, daß wir von Wahrscheinlichkeit, diese von Gewißheit reden. Wenn die Philosophen, zu denen ich zähle, Alles zu bestreiten pflegen, so thun sie es nicht, um Alles zweifelhaft zu machen, sondern weil man nicht klar er= kennen kann, auf welcher Seite die Wahrscheinlichkeit liege, wenn man nicht die Gründe allseitig zusammenhält und durchforscht.

Von diesem Standpunkte eines skeptischen Eklektizismus aus nun beleuchtete Cicero die aus der stoischen Disciplin herübergenommenen Sittengeseße mit einer aus der täglichen Erfahrung entnommenen Casuistit. Statt seine Theorie durch Beispiele zu erhärten, leitete er aus den Beispielen seine Theorie ab, um nur so den Klippen spekulativer Untersuchung zu entgehen. Stieß er auf schwierige, metaphysische Probleme, so kam ihm die stoische Disciplin zu Hilfe, diese ließ ihn durch einen materialistischpantheistischen Sensualismus für die metaphysischen Wahrheiten in der äußern Natur eine leichte Erklärung finden.

1) Cicero de off. II, 2.

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