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eingeborene, weil später von ihr verwirklichte Gedanke, dass das Verbrechen vor einem höheren Gerichtshof als den der Blutrache gehöre, in Erscheinung trat der erste Sieg des grösseren Verbandes und des höheren Gedankens über die Sippe. So finden wir bei den verschiedensten Völkern, dass vor der Blutrache gesichert ist, wer das Haus des Häuptlings betritt; gerade wie in späteren Zeiten noch lange der Gedanke nachklingt, dass es verboten ist, im Hause des Königs das Schwert zu ziehen1). Und liegt hier einer der Ausgangspunkte für das Begnadigungsrecht der Krone. Andrerseits war das Asyl des Tempels zunächst wohl der Schutz, den die Stammesgottheit vor der Rache des Einzelnen gab. Einen allerletzten Nachklang dieser alten Asyle finden wir noch heut im Kinderspiel, wo das >>Freisein gewisser Ziele oder Plätze, die erreicht sein müssen, eine gar wichtige Bedeutung hat2).

Die alten Hebräer haben Asyle in dem soeben erörterten Sinne nicht gekannt. Denn auch der Tempel war als sichere Schutzstätte nicht anerkannt; so wurde Joab am Altar des Herrn erschlagen, und wird diese Tat nicht gemissbilligt3). Dafür hatten sie aber eine sehr verwandte und eigentümliche Einrichtung in ihren Schutzstädten, »3 diesseits des Jordans und 3 im Lande Kanaan < 4). Es war keine Schutzstätte für den Mörder und Totschläger, sondern nur für den, der fahrlässig (»unversehens «) getötet hatte. Hier musste er sich bis zum Tode des amtierenden Hohenpriesters aufhalten; entfernte er sich aus der Stadt, so war er dem Bluträcher preisgegeben.

1) Es sei hier daran erinnert, zu welch hochdramatischer Scene dies in SCHILLER'S Don Carlos benutzt ist.

2) Und da sage einer, dass die Menschheit nicht konservativ ist! Wer überhaupt sich die Mühe geben will, die Spiele der Kinder zu beobachten, kann die seltsamsten Erfahrungen machen. Hier stehen noch die ältesten Rechtsverhältnisse in Blüte; Brautraub u. s. w. sind noch gang und gäbe.

3) 1. Könige 2, 28 ff. vergl. auch ebenda 1, 53 und 2. MOSE 21, 14. 4) 4. MOSE 35, 14.

Die Einrichtung wird uns im alten Testament wiederholt anschaulich geschildert 1). So heisst es2): »Und das soll die Sache sein, dass dahin fliehe, der einen Totschlag getan hat, dass er lebendig bleibe. Wenn jemand seinen Nächsten schlägt, nicht vorsätzlich, und hat vorhin keinen Hass auf ihn gehabt; sondern als wenn jemand mit seinem Nächsten in den Wald ginge, Holz zu hauen, und holte mit der Hand die Axt aus, das Holz abzuhauen, und das Eisen führe vom Stiel und träfe seinen Nächsten, dass er stürbe, der soll in dieser Städte eine fliehen, dass er lebendig bleibe; auf dass nicht der Bluträcher dem Totschläger nachjage, weil sein Herz erhitzt ist, und ergreife ihn, weil der Weg so ferne ist, und schlage ihm seine Seele, so doch kein Urteil des Todes an ihm ist, weil er keinen Hass vorhin zu ihm getragen hat.<< Wir sehen also als Grund genau denselben wie bei den Asylen; es sollte den Verwandten des Getöteten der schmerzliche, zur Rache anreizende Anblick des Täters entzogen werden und Zeit über das Geschehnis dahingehen, bis eine Beruhigung der Gemüter erwartet werden konnte3).

Den Hellenen wie den Römern galten die Tempel als Asyl (Altäre der Rettung, ßwuol owτnpías, arae salutis); sie gewährten jedem Schutz, dem vorsätzlichen, wie dem fahrlässigen Täter, dem Mörder wie dem Staatsverbrecher. Pausanias flüchtete sich, als er merkte, dass es ihm an das Leben ging, in einen Tempel der Athene, und man wagte ihn nicht daraus hervorzuziehen, sondern vermauerte den Eingang und deckte das Dach ab, um ihn durch den Hunger und die Sonnenstrahlen

1) 2. MOSE 21, 13; 4. MOSE 35, 11, 12, 15, 22 ff., 5. MOSE 4, 42 und 19, 3-6; JOSUA 20, 1 ff.

2) 5. MOSE 19, 4-6.

3) KOHLER, Shakespeare vor dem Forum der Jurisprudenz, S. 143; SAALSCHÜTZ, Mosaisches Recht, Bd. 2, S. 524 ff. 532 ff., FULD in Zeitschrift, Bd. 7, S. 103 ff.

verderben zu lassen 1). Besonders berühmte Schutzstätten waren die Heiligtümer der Athene und des Erechtheus zu Athen, der Tempel des Neptun in Tanaros, der Aphrodyte in Paphos, des Zeus in Ithaka, des Herakles zu Kanopus, des Apollon in Delphi, auch des Osiris in Ägypten 2). Auch die Bildsäulen der Götter schützten, und galt das Asyl der Tempel nicht nur für den Freien, sondern auch für den Sklaven, der sich dorthin vor den Misshandlungen seines Herrn flüchtete 3). Für Fremde galt das Asylrecht aber nur, wenn es ihnen auf völkerrechtlichem Wege durch Staatsvertrag zugesichert war 4).

Und in den alten Zeiten war, wie jede der Gottheit geweihte Stätte, auch der Herd als Hausaltar, der heiligste Ort des Hauses, Asyl. So setzte sich Odysseus in dem Märchenpalast des Phäakerkönigs in die Asche des Herdes, bis ihm Alkinous seinen Schutz zugesichert hat").

Furchtbar aber war die Strafe des Asylverächters; ihm wurde das Grab in heimatlicher Erde versagt 6), und die Gottheit, die er verletzt hatte, brachte ihm schweres Unglück. So führt HERODOT das Unheil, das die Ägineten betraf, auf einen Asylfrevel zurück: ein zum Tode Verurteilter entrann in den Vorhof des Tempels der Demeter und es gelang ihm, den Ring an der Türe zu fassen und sich an ihm festzuhalten; da suchte man ihn loszureissen und, als man das mit dem Verzweifelten nicht konnte, hieb man ihm die Hände ab, sodass

1) NEPOS, Pausanias C. 5.

2) FULD in Zeitschrift, Bd. 7, S. 119 ff., vergl. auch PAUSANIAS, Attika I, 8, THUKYDIDES I, 126.

3) Inschrift von Gortyn I, 38 ff. LEOPOLD SCHMIDT, die Ethik der alten Griechen, Bd. 2, S. 218, 219; HERMANN, Staatsaltertümer 6. Aufl., S. 416.

4) HERMANN a. a. O., S. 73 Anm. 3.

5) Odyss. 7, 153.

6) THUKYDIDES I, 126; vergl. SCHMIDT, die Ethik der alten Griechen, Bd. 2, S. 103 ff.

sie am Türring hängen blieben, und führte ihn zum Tode. >> Das taten die Ägineten wider sich selber< 1).

»

Als Hellas sank und die alten heiligen Bräuche zu Missbrauch wurden, gestalteten sich die Asyle zu einer Landplage aus. >>Immer häufiger nämlich ward es in den griechischen Städten, frei und ungestraft Asyle zu errichten; es füllten sich die Tempel mit dem Auswurf der Sklaven; in denselben Schutz wurden Verschuldete gegen ihre Gläubiger und wegen todeswürdiger Verbrechen Verdächtige aufgenommen, und keine Gewalt war stark genug, die Aufstände des Volks zu dämpfen, wenn es der Menschen Unverschämtheit gleich heiligem Götterdienst in Schutz nahm «2). Es ist dies dasselbe Schauspiel, das wir beim Hetärismus sahen, wo aus dem Tempeldienst der geweihten Mädchen in arger Zeit des Sittenverfalls der schnödeste Missbrauch erwuchs. Der Tempel, der in alter Zeit vor dem Bluträcher schützte, wird in einer anderen Zeit, die nichts mehr von dem ursprünglichen Ausgangspunkt weiss, Schutzstätte für den Abschaum der Menschheit, der sich den ordentlichen Gerichten entzieht. So ist es seit urewigen Zeiten und wird es bleiben, dass von den Rechtseinrichtungen, die sich überlebt haben, die äussere Hülle noch lange inhaltsleer fortbesteht, und, was einst aus der Notwendigkeit der Dinge heraus vom Leben geschaffen war, in einer späten Zeit wie ein Gespenst der Vergangenheit umgeht. So kommt immer ein Zeitpunkt, in dem das, was Leben war, zur Schablone erstarrt, und nur noch eine leere Erinnerung und ein Missbrauch von unseren Taten und Bestrebungen übrig bleibt - so ist es den Generationen vor uns ergangen, so wird es uns auch ergehen.

1) HERODOT 6, 91, 92; über die Asyle bei den Hellenen vergl. noch THUKYDIDES I, 126, 128; 3, 81; XENOPHON, Hellenika 2, 3, 55; 4, 3, 20; HERMANN, Staatsaltertümer, § 10, No. 9; Dann in Zeitschrift, für deutsches Recht und Rechtswissenschaft (herausgegeben von REYSCHER und WILDA), Bd. 3, S. 332.

2) TACITUS, Annalen 3, 60.

Die Römer übertrugen den Schutz der Tempel und Altäre bezeichnend genug für dies Volk der Weltkriege auch auf die Fahnen und Adler der Legionen. So rettet sich bei TACITUS in einem Aufstand der Legionen der Abgesandte des Kaisers nur dadurch, dass er die Standarten umfasst und durch sie, wie an einem Altar der Götter, geschützt wird1). Und ebenso übertrug in der Kaiserzeit die Schmeichelei des knechtisch gewordenen Roms die Eigenschaft des Asyls auch auf die Statuen der Kaiser, weil diese göttlich verehrt wurden, und flohen insbesondere Sklaven vor den Misshandlungen ihrer Herren an diese Stätte2). Aber die Römer kannten auch persönliche Asyle. So schützte das Haus des Flamen Dialis und bekannt ist, dass die Begegnung der vestalischen Jungfrauen den zur Hinrichtung Geführten vor dem Tode rettete.

Den Germanen müssen Asyle von Alters her bekannt gewesen sein. Denn noch zu Karls des Grossen Zeiten galt das sächsische Volksheiligtum der Irmensul auf der Erisburg als Freistatt für alle Verbrecher 3). Sicher ist dies von Ein. fluss auf den späteren ausgedehnten Schutz gewesen, den die Kirchen des Mittelalters als Asyle gewährten. Andrerseits ist aber auch von unverkennbarer Bedeutung gewesen, dass das spätrömische und byzantinische Kaiserrecht die antike Auffassung des Tempels als Asyl auf die christliche Kirche in sehr weitgehendem Masse übertrugen 4). Todesstrafe wurde dem angedroht, der den flüchtigen Verbrecher aus der Kirche zog, und jeder Verletzter des Asylrechts als Majestätsverbrecher bestraft. Und dabei wurde das Asyl nicht auf den eigentlichen

1) TACITUS Annalen 1, 39.

2) § 2, J. 1, 8; 1. 2 D. 1, 6; 1. 17, § 12 D. 31, 1; l. 5 D. 47, 11; 1. 28, § 7 D. 48, 19; 1. 38 D. 47, 10; vergl. FULD in Zeitschrift, Bd. 7,

S. 134.

3) Dann in Zeitschrift, für deutsches Recht, Bd. 3, S. 334.

4) 1. 4 C. THEOD. 9, 45 de his qui ad ecclesiam; 1. 2, 3 und 6 C. 1, 12; Novella 17, C. 7.

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