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nur wenige Spuren von ihnen nachweisen1). Doch erbietet sich der Wächter in der Antigone 2), um seine Unschuld dem König Kreon darzutun, dass er glühendes Eisen heben und durch das Feuer schreiten wolle sodass der Brauch mindestens eine Erinnerung aus der Vorzeit war.

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In der Edda kommt die Kesselprobe bereits als zweiseitiges Ordal vor. Als Gudrun (Chriemhild), Atlis (Etzels) Gemahlin, des Ehebruchs mit Thiodhrekr fälschlich bezichtigt wird, reinigt sie sich dadurch, dass sie den jarknastein, vermutlich einen milchweissen Opal3), aus kochendem Wasser herausholt.

»Schaut nun, Fürsten!

Schuldlos bin ich,

Heil und heilig,

Wie der Hafen walle«.

Nach ihr muss die böse Anklägerin Herkja sich derselben Probe unterziehen und wird, da sie sich die Hand in dem heissen Wasser verbrennt, überführt1). Ebenso musste bei den alten Friesen der auf Diebstah! Klagende mit dem Beschuldigten schwören, und, wenn Beide geschworen hatten, wurde der Meineidige durch den Kesselfang, dem sich beide Teile unterwerfen mussten, ausgemittelt 5). Auch sonst wird sowohl diese Probe wie das barfüssige Gehen über glühende Pflugscharen und das in den Händen Tragen glühender Eisenmassen, vielfach in den Volksrechten des Mittelalters, insbesondere in denen des alten fränkischen Rechts, erwähnt"). Hier sei nur noch an den letzten fürchterlichsten Ausklang der

1) WILHELM ADOLF BECKER, Charikles oder Bilder altgriechischer Sitten, Bd. 2, S. 283 ff.

2) V. 264 ff.

3) GRIMM, Rechtsaltertümer, S. 923.

4) SIMROCK, Edda, Stuttgart 1851, S. 204.

5) Lex Fris. 3. 8.

€) GRIMM a, a, O., S. 919 ff.; BRUNNER, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 406 ff.

Gottesurteile, die Folter1) erinnert, deren Anwendung bis in die neueste Zeit hinein gereicht hat.

Bei den Böhmen wurde die Feuerprobe genau, wie soeben ausgeführt, mit Pflugscharen oder mit Halten oder Tragen von glühendem Eisen vorgenommen). In Georgien (Kaukasus) war es rotglühendes Eisen oder kochendes Wasser, mit welchem die Probe bestanden werden musste3).

Bei den Arabern haben sich die Ordale aus alter Zeit erhalten, obwohl der Islam sie nicht kennt1). Hier legt ein besonderer Feuerrichter, der durch das allgemeine Vertrauen bestellt wird, dem Beschuldigten ein glühendes Messer auf die Zunge). Und mit der Missbilligung durch den Koran mag es zusammenhängen, dass der Araber, abweichend von andern Völkern, das Wunder, aus dieser Feuerprobe unversehrt hervorzugehen, nicht dem allmächtigen Beschützer der Unschuld, sondern dem Teufel zuschreibt. Auch mag hier viel Gaukelspiel damit getrieben werden; denn BURCKHARDT6) versichert, es habe Personen gegeben, welche das rotglühende Eisen über 20 Mal ohne die geringste Beschädigung geleckt haben.

Ähnlich bekommt bei ostafrikanischen Stämmen der Angeklagte ein rotgeglühtes Beil in den Mund'). Und bei den Somali muss er über eine Speereslänge glühender Holzkohlen schreiten oder einen glühenden Amboss aus dem Feuer, oder Muscheln aus siedendem Wasser holen; und der Befund des

1) Über raffinierte Foltern bei den Negern, vergl. KOHLER in Zeitschrift, Bd. 11, S. 473.

2) JIRECEK, Recht in Böhmen und Mähren I 1 S. 63 ff.; I 2, S. 132 ff. 3) R. DARESTE, Études d'histoire de droit, 1889, S. 129, 130.

4) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 5, S. 370, Anm. 5.

5) MALTZAN, Reise nach Südarabien, S. 262, 263.

6) S. 98.

7) ANDREE, Forschungsreisen in Arabien und Ostafrika, Bd. 2, S. 370; vergl. auch HARTMANN, Abyssinien, S. 254.

Armes und der Hand nach 24 Stunden entscheidet über seine Schuld oder Unschuld1). Auch auf Madagaskar kennt man den Kesselfang, wobei aus siedendem Wasser Steine hervorgeholt werden müssen "). Bei den westafrikanischen Negern findet sich das Ölordal, bei welchem der Beschuldigte in heisses Öl greift3).

Und, wie das Feuer, so mit dem Wasser. Auch in diesem Element muss nach weitverbreitetem Brauch sich der Unschuldige als solcher durch Untertauchen erweisen. Auch hier ist das Ordal bald ein einseitiges, bei welchem nur der Beschuldigte sich der Probe unterzieht, bald zweiseitig, wo auch der Ankläger seinen Leib daran setzen muss. So kam es bei unsern Altvordern schon früh einseitig in der Weise vor, dass der Angeklagte, ein Seil um den Leib gebunden, auf das Wasser geworfen wurde; sank er unter, so war er unschuldig; nahm ihn aber die Flut nicht auf, so war seine Schuld bewiesen. Wir sehen hier also den Glauben, dass das Wasser, als reine Flut und geheiligtes Element, den Missetäter von sich weist *). Gerade so war die Vorstellung der alten Inder: »welchen das Wasser nicht emportauchen lässt, < wer also im reinen Element verblieb, bis er herausgeholt wurde, der galt als gerechtfertigt). Umgekehrt bestand die Wasserprobe bei den alten Babyloniern

1) ANDREE a. a. O., Bd. 1, S. 265.

2) SIBREE, Madagascar, S. 284.

3) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 11, S. 468. Wegen der Papuas auf Neu-Guinea, vergl. FRIEDMANN in Zeitschrift für allgemeine Erdkunde N. F., Bd. 13, S. 281.

4) GRIMM, Rechtsaltertümer, S. 923; BRUNNER, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 410; DAHN, Bausteine, Bd. 2, S. 48; SIEGEL, Geschichte des deutschen Gerichtsverfahrens, Bd. 1, S. 238; PFALZ, die germanischen Ordalien, S. 5 ff. Über die Wasserprobe der Böhmen, die sie für leichter als die Feuerprobe hielten, JIRECEK a. a. O.

5) Gesetzbuch des MANU 8, 115; STENZLER in Zeitschrift der morgenländischen Gesellschaft, Bd. 9, S. 663, 671 ff.

darin, dass der Schuldige vom Fluss, in den er springt, fortgerissen wird, der Unschuldige aber leben bleibt 1). In mannigfachen Anwendungen finden wir das Wasserordal bei den verschiedensten Völkern, in Hinterindien 2), bei den Malaien des ostindischen Archipels 3) - auf Madagaskar in der furchtbaren Form des Krokodilordals, von welchem SIBREE) meint, dass nur Wenige lebend aus ihm hervorgehen. Der Bezichtigte muss einen von Krokodilen bevölkerten Fluss durchschwimmen; vorher schlägt man das Wasser dreimal und redet die Krokodile mit der Bitte an, sie möchten zeigen, ob der Bezichtigte schuldig ist oder nicht.

Hier also wird die Entscheidung überall getroffen, je nachdem das Wasser den Verdächtigten bei sich behält oder ihn zurückgibt. Aber mitunter wird dies Element auch in anderer Weise zum Gottesurteil benutzt. So muss nach Negerrecht Wasser in voller Schüssel getragen werden; und, wer schuldig ist, verschüttet 5). Bei den Sandwichinsulanern hält

1) Gesetzbuch des HAMMURABI § 2: » Wenn jemand eine Verdächtigung gegen einen andern ausbringt und derjenige, gegen welchen die Verdächtigung ausgebracht ist, zum Flusse geht, in den Fluss springt: wenn der Fluss ihn ergreift, so soll der, der ihn umstrickt hat, sein Haus in Besitz nehmen. Wenn aber der Fluss jenen für unschuldig erweist und er unversehrt bleibt, so soll der, welcher die Verdächtigung gegen ihn ausgebracht hat, getötet werden, derjenige, welcher in den Fluss gesprungen ist, das Haus seines Umstrickers in Besitz nehmen.<< Also im Effekt ein zweiseitiges Ordal! Anwendung auf die Bezichtigung des Ehebruchs in § 132.

S. 132.

HESSE-WARTEGG, Siam, S. 202, 203; KOHLER in Zeitschrift, Bd. 13,

3) KOHLER nach WILKEN ebenda, Bd. 5, S. 460.

♦) Madagascar, S. 284. Ähnlich gefahrvoll ist das Schlangenordal der Inder, bei welchem der Beschuldigte aus einem Gefäss mit eingeschlossener Schlange eine Münze herausholen muss (KOHLER in Zeitschrift, Bd. 8, S. 142).

5) HUTCHINSON, Impression of Western Africa, S. 158. WILUTZSKY, Vorgeschichte des Rechts III

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der Angeklagte die Hand über das Wasser, während der Priester Gebete hersagt; zittert das Wasser, so ist er schuldig 1).

So ist es mit Feuer und Wasser. In ihren schwersten Formen ist beiden Ordalen gemeinsam, dass ein Bestehen der Probe nur durch ein Wunder möglich erscheint: das Feuer muss nicht verbrennen, das Wasser nicht ertränken, das fürchterliche Raubzeug, das in ihm wohnt, muss sich unschädlich gehaben. Wir können daher, da die Menschheit den steten Misserfolg dieser Proben für den Verdächtigten vor Augen hatte und doch an ihnen festhielt, nur annehmen, dass ihre Anwendung regelmässig nur bei Fällen schwersten Verdachts stattfand, wo eben nur ein Wunder den Ausgang der Untersuchung günstig für den Angeklagten gestalten konnte 2). Und ebenso steht es mit dem Giftordal, bei welchem auch nur die Gottheit, der Fetisch, retten kann. Wir finden es in Indien, und zwar in alter Zeit3); auch aus dem alten Hellas ist uns eine Spur überliefert1); aber sein Hauptsitz scheint Afrika zu sein. Denn es kommt in den verschiedensten Gegenden dieses Kontinents vor, in Westafrika), wie bei den Ba-Ronga an der Delagoabai), wie bei den Bantuvölkern Ostafrikas"). Wer den Gifttrank ausbricht, gilt als unschuldig, andernfalls als der Schuld überführt; man glaubt, dass der Fetisch mit dem Trank eingeht, und, wenn er das Herz schuldig findet, den Schuldigen

1) Zeitschrift, Bd. 5, S. 370.

2) GRIMM, Rechtsaltertümer, S. 911.

3) STENZLER a. a. O., S. 674; SCHLAGINTWEIT a. a. O., S. 29. Man denke auch an die heutige, bei uns so oft vorkommende Redewendung, die zu denken gibt: »Darauf kann ich, oder kannst du Gift nehmen..

4) Die Priesterin eines Tempels in Achaja musste zur Erprobung ihrer Sittenreinheit Ochsenblut trinken, das im Altertum als tötendes Gift galt: Die Unkeusche trank sich den Tod (PAUSANIAS VII, 25, 8; BECKER, Charikles, Bd. 2, S. 284).

5) Zeitschrift, Bd. 11, S. 465 ff. ELLIS, Tshi-speaking peoples, S. 196 ff. 6) Zeitschrift, Bd. 14, S. 472.

7) Zeitschrift, Bd. 15, S. 77 ff.

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