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diesen Überwundenen und rechtlos Gemachten die tüchtigern Kräfte der Bevölkerung zuzuführen, und wird dies in alten Zeiten sicher ein sehr wirksames Mittel der Völkermischunggewesen sein. So kannten die nordamerikanischen Rothäute die Freilassung1), und ebenso die Stämme des alten Arabiens?). Und dasselbe wissen wir bereits von den uralten sumerischen Völkern, die vor den Semiten am Euphrat und Tigris sassen und deren Überlieferungen in eine sehr ferne Vergangenheit zurückreichen 3).

Ein besonders häufiger Grund der Freilassung bei Weibern war, dass der Herr sie zu seiner Konkubine oder Gattin emporhob ein Rechtssatz, den wir auch im islamitischen Recht finden und den im Altertum die Babylonier wie die Hebräer hatten 4).

Im alten Babylon war die Behandlung der Sklaven nicht glimpflich. Sie galten nicht als Menschen, sondern als Sachen, waren durch ein eingebranntes Mal gekennzeichnet und mussten häufig Ketten tragen). Doch kam es auch vor, dass Sklaven einen eigenen Erwerb und dadurch ein Sondervermögen hatten,

1) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 12, S. 390.

2) ROBERTSON SMITH, Kinship and marriage, S. 77.

3) OPPERT et MÉNANT, Documents juridiques, S. 14, S. 58 Z. 14 ff.; OPPERT im Göttinger Gelehrten Anzeiger 1879, S. 1610.

4) Gesetzbuch des HAMMURABI § 171; FRIEDRICHS in Zeitschrift, Bd. 7, S. 277; KOHLER ebenda, Bd. 8, S. 241; derselbe, Rechtsvergleichende Studien, S. 35; BASTIAN, die Völker des östlichen Asiens, Bd. 2, S. 199 (Birma); WAITZ, Anthropologie der Naturvölker, Bd. 2, S. 282; wegen der Suaheli NIESE in Zeitschrift, Bd. 16, S. 244, 246.

5) BRUNO MEISSNER, Beiträge zum altbabylonischen Privatrecht, S. 6. Flucht der Sklaven muss häufig vorgekommen sein, da das Gesetzbuch des HAMMURABI (§§ 17-20) besondere Bestimmungen darüber bringt; wegen Ungehörigkeiten gegen seinen Herrn soll dieser ihm das Ohr abschneiden (§ 282 ebenda).

wofür sie dann dem Herrn eine jährliche Abgabe entrichten mussten 1).

Das Recht der Hebräer hatte milde Bestimmungen für die Knechte, wenn sie aus eigenem Volksstamm waren 2); doch scheint das Wort des Gesetzes oft nicht zur Ausführung gekommen zu sein3).

In China soll man in alter Zeit überhaupt keine Sklaven gekannt haben, und sind sie mit Sicherheit erst im fünften Jahrhundert vor Chr. nachzuweisen. Auch später war hier die Sklaverei milder gestaltet, als bei andern Völkern1). Dies mag auf Korea von Einfluss gewesen sein, wo man Sklaverei kennt, aber die Sklaven gelinde behandelt werden 5).

Die Lehre des Islam verbietet Misshandlung der Sklaven. So sagt MOHAMMED: »Eure Sklaven sind eure Brüder. Der Herr (Gott) hat sie euch unterworfen; aber wer seinen Bruder unter sich hat, speise ihn mit seiner Speise und kleide ihn von seinen Kleidern und überlaste ihn nicht mit Arbeit; ist die Arbeit zu schwer, so helft ihm!« Und er empfiehlt die Freilassung mit den Wortern: »Gott wird nach der Zahl der befreiten Sklaven Teile eures Körpers vom höllischen Feuer befreien). Die freigelassenen Sklaven können in den Ländern. des Islam zu den höchsten Stellungen gelangen; so war der erste moslemische Herrscher in Delhi ein früherer türkischer

1) KOHLER-PEISER, Aus dem babylonischen Rechtsleben I, S. 1. Vergl. auch Gesetzbuch HAMMURABI's § 7, wo vorausgesetzt wird, dass man von einem Sklaven kaufen oder zur Aufbewahrung annehmen kann.

2) 2. MOSE 21, 2 ff. (Parallelstelle: Gesetzbuch des HAMMURABI § 117); 3. MOSE 25, 39 ff.; 5. MOSE 15, 12 ff. Wegen der Sklavinnen vergl. I. MOSE 16, 3; 30, 4. 9; 3. MOSE 19, 20, Vergl. aber auch 2. MOSE 21, 21, wo der Sklave als das Geld des Herrn bezeichnet ist, und ebenda, V. 4, wo die Kinder Sklaven bleiben, auch wenn der Vater freigelassen wird.

3) JEREMIAS 34, 14 ff.

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*) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 6, S. 361 ff.

5) KOHLER ebenda, Bd. 6, S. 402.

6) TORNAUW in Zeitschrift, Bd. 5, S. 153.

Sklave1). Die Sklaverei ist gegenwärtig in der Türkei nicht häufig, die Sklaven werden milde behandelt und können eigenes Vermögen erwerben, das auf ihre Erben übergeht').

Der Einfluss des Islam hat auch im Osten Afrikas die Sklaverei menschlicher gemacht. Nach altem harten Recht darf auch hier der Herr den Sklaven misshandeln, ja töten; in Wirklichkeit wird dies aber nicht so gehandhabt, häufig wird sogar der Sklave der Freund des Herrn und kann sein Erbe werden3). Bei den Negern Westafrikas kann der Herr den Sklaven weiter verkaufen, er kann ihn auch töten). Als eine Bestätigung des von uns so oft erwähnten Satzes, dass uralte Gepflogenheiten sich am längsten in der Aristokratie erhalten, finden wir bei den Tschivölkern der Goldküste die Rechtssitte, dass nur ein Mann von Rang seine Sklaven töten darf"). Verschieden sind die Bräuche, die diese Völker wegen

1) TORNAUW daselbst, S. 154.

2) JOVANOVIC in Zeitschrift, Bd. 15, S. 275.

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3) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 15, S. 43. Vor schlechter Behandlung wurde früher der Sklave auch dadurch wirksam geschützt, dass er es in der Hand hatte, seinen Herrn zu wechseln; er brauchte nur einen Bogen oder Speer oder ein sonstiges Eigentumsstück Jemandes zu zerstören es genügte auch, dass er einen Knoten in das Kleidungsstück machte um Sklave dieses Mannes zu werden, und der vormalige Eigentümer musste den Sklave, wenn er ihn wiedererhalten wollte, durch Zahlung seines vollen Wertes zurückkaufen und dazu noch versprechen, dass er ihn in Zukunft nicht mehr hart behandeln werde (HELLWIG, das Asylrecht der Naturvölker, S. 41 ff.). Wegen der Barea und Kunama vergl. die Zusammenstellung aus MUNZINGER bei HELLWIG a. a. O., S. 63. Ganz Ähnliches wird uns übrigens aus Ostindien von dem Stamm der Manipuris berichtet (DALTON, Descriptive Ethnology of Bengal, S. 51).

4) R. BUCHHOLZ, Land und Leute in Westafrika, Berlin 1876, S. 25; BEECHAM, Ashantee and the Gold Coast, S. 115. Ein gewisses Gegengewicht bietet das Sklavenasylrecht, welches dem misshandelten Sklaven die Möglichkeit gewährt, sich in eine Fetischhütte unter den Schutz der Priester zu flüchten (HELLWIG a. a. O., S. 87 ff., 92 ff.).

5) A. B. ELLIS, Tshi-speaking peoples, London 1887, S. 291.

der Kinder der Sklaven haben; bei manchen werden sie wieder Sklaven, bei andern frei oder wenigstens halbfrei1). Ganz rechtlos ist ferner z. B. die Stellung der Sklaven bei den Papuas auf Neu Guinea; hier sind sie völlig der Willkür ihres Herrn preisgegeben").

Weltverkehrs!

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Verknechtung also, wenn nicht Tod, war das Schicksal des Unglücklichen, der in ältester Zeit in die Gewalt eines fremden Stammes geriet. Heute, wo Eisenbahnen und Dampferlinien die fernsten Völker an einander rücken, wird es uns schwer, die Auffassung jener Zeiten uns in Gedanken wieder herzustellen. Und der Keim der spätern ungeheuren Fortschritte lag auf dem Wege, der zur Einheit, von dem isolierten Bestehen der einzelnen Völker zu ihrer Verbindung führte. Wir werden sofort sehen, dass der Tauschverkehr, als Vorläufer des Handels ehrwürdiger Ahn unseres gewaltigen hier als Pionier eingesetzt hat. Es mussten also Mittel und Wege ersonnen werden, auf denen dieser primitive Handelsverkehr von Volk zu Volk sich vollziehen konnte und, wie wir schon so oft in andren Dingen gesehen haben, überraschender Weise ist die Menschheit überall, auch wo von gegenseitigem Einfluss garnicht die Rede sein kann, auf dieselbe Hilfe verfallen. Der Fremde als solcher ist und bleibt ein Feind und daher schutz- und rechtlos; aber es wird ihm in Ausnahmefällen die Möglichkeit gegeben, Mitglied des Stammes selbst und zwar auf dem Wege zu werden, dass ein angesehener Stammesgenosse ihn in seine Sippe aufnimmt. Dies ist die Lösung der für die Entwickelung der Menschheit so überaus wichtigen Frage, wie wir sie bei den Völkern Afrikas3) und ebenso im alten Arabien finden. Wir sehen den Stammesfremden in die uralte Hausgenossenschaft aufgenommen, genau so wie wir dasselbe bei den ältesten

1) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 11, S. 426.
2) KOHLER ebenda, Bd. 7, S. 370.
3) KOHLER ebenda, Bd. 11, S. 202 ff.

Formen des Vertragsrechts wie bei der Blutsbusse sahen; die stärkste und sinnfälligste Form des Abschlusses, die den Fremden nicht nur zum Freunde, sondern zum eigenen Blutsverwandten macht, ist den ältesten Zeiten gerade Bekräftigung genug. Primitive Zeiten und reich ausgebildete Formen, hohe Kultur und Vereinfachung der äussern Gestaltung bis zur völligen Formlosigkeit entsprechen sich durchweg. Diese Aufnahme des Fremden hatte die Folge, dass sein Verhältnis zum Stamm sich völlig umkehrte; aus dem recht- und schutzlosen Mann, der vogelfrei war, wurde ein Mitglied des Stammes, den jeder wie seinen leiblichen Bruder zu beschützen hatte. Der Beurkundung dieser Verträge wandte man wegen ihrer wichtigen Wirkungen, sobald die Schrift aufkam, besondere Beachtung zu; so finden wir bereits in sehr alter Überlieferung, dass sie schriftlich auf Tontafeln verzeichnet wurden, entweder in doppelter Ausfertigung oder derart, dass die Tafel zerbrochen wurde und jeder Teil ein Stück in der Hand behielt1). Die Erfinder dieser Beurkundung scheinen die Phönizier gewesen zu sein, die hei ihrem ausgedehnten Handelsverkehr des Schutzes der Gastfreundschaft nicht entbehren konnten ").

Noch heute schützt bei den Ureinwohnern Niederbengalens das Gastrecht sogar vor der Blutrache. Gelingt es dem Mörder in das Haus des Rächers zu kommen, so ist er geschützt wie im Asyl; zuweilen hilft man sich dann in der Weise, dass der Rächer sein eigenes Haus verlässt und es belagert, der über die Schwelle tretende Mörder kann dann niedergemacht werden 3).

1) JHERING in Rodenberg's Deutscher Rundschau 1887, Heft 9, S. 387 ff.; derselbe, Vorgeschichte der Indoeuropäer, S. 275, 276.

2) Das dem Juristen geläufige Wort Proxenetikum für Mäklerlohn bedeutet ursprünglich nichts anderes als den Lohn desjenigen, des sich des Fremdlings (vos) annahm. In der Tat war sicherlich der Gastfreund der älteste Mäkler.

3) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 8, S. 268.

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