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allgemeinen Übereinstimmung der physischen und geistigen Eigenschaften hervorgeht.

Demnach ergeben sich vier Gebiete der Sitte, die folgendermassen gegeneinander abgegrenzt werden können:

1. Bei den individuellen Lebensformen ist der Einzelne gleichzeitig Subjekt und Objekt der Verpflichtungen, welche die Sitte auferlegt. Nahrung und Wohnung sucht der Mensch, um sich selbst zu erhalten, auch wenn er diese Lebensbedürfnisse in Gemeinschaft mit andern befriedigt; mit Kleidung und Schmuck will er sich selbst schützen und zieren, mag ihm auch noch so sehr die Rücksicht auf seine Nebenmenschen hierbei mitbestimmend sein.

2. Bei den Verkehrsformen ist der Einzelne das verpflichtete Subjekt, die Gesellschaft als Ganzes oder in einzelnen ihrer Glieder das Objekt der Verpflichtung. Im Arbeitsverkehr vollbringt der Einzelne eine Leistung für Andere, und der Lohn, den er empfängt, ist hinwiederum eine Pflicht, die jene gegen ihn erfüllen. Der Gruß, mit dem wir einem Bekannten begegnen, ist eine individuelle Handlung, aber wir vollbringen sie nicht für uns, sondern für den, dem wir damit unsere Achtung bezeigen wollen.

3. Bei den Gesellschaftsformen ist ein bestimmter sozialer Verband von Individuen das verpflichtete Subjekt; das Objekt der Pflicht ist ebenfalls die Gesellschaft, und zwar entweder die nämliche Gemeinschaft, welche die Pflicht zu leisten hat, oder ein weiterer Kreis, dem jene als untergeordnetes Glied angehört. Der Einzelne aber ist hierbei immer nur indirekt Subjekt und Objekt der durch die Sitte vorgeschriebenen Normen, insofern nämlich, als er selbst ein Glied des sozialen Verbandes ist, auf den sich die Sitte bezieht. So bleiben die letzten Einheiten, die aktiv wie passiv an der Sitte beteiligt sind, freilich immer die Einzelnen. Aber da die Leistungen und Wirkungen der Sitte stets über den eng begrenzten Kreis der individuellen Interessen hinausreichen, so kann doch in dieser Rückwirkung höchstens ein Teilzweck, niemals der volle Zweck der Sitte gesehen werden.

4. Bei den humanen Lebensformen sind Individuen oder Verbände die Subjekte der Verpflichtung; Objekt derselben ist die Menschheit, als deren Repräsentant jeder einzelne Mensch, ebenso aber auch jede soziale Gemeinschaft gelten kann. Handlungen der Wohltätigkeit z. B. üben wir als Einzelne, in der Gemeinde, im Staate oder in eigens zu diesem Zweck gestifteten humanen Vereinen; und wir können sie gegen Individuen, Familien,

Gemeinden u. s. w. ausüben, gleichgültig ob diese mit uns zur nämlichen Staats- und Volksgemeinschaft gehören oder nicht.

Jene selbstverständliche Tatsache, daß bei allen Formen der Sitte die Individuen deren letzte Träger bleiben, bringt es mit sich, daß keine der oben unterschiedenen Klassen von Lebensformen gegen die andern scharf abgegrenzt ist. Schon der Naturmensch baut seine Hütte nicht bloß um sich selbst, sondern um die Seinen zu schützen. Die Mahlzeit wird ihm nicht selten zu einer gemeinsamen Feier, die dem Kultus der Götter oder der festlichen Begehung gemeinsamer Lebensereignisse dient. Der Schmuck der Kleidung erhält seinen Hauptwert durch das Ansehen, das er in den Augen anderer seinem Träger verleiht. Anderseits gewinnt das Leben in Familie und Staat seine sichersten Stützen durch die Befriedigung, die es den Trieben und Bedürfnissen des Einzelnen bietet. Daß überhaupt der Zweck der Gesellschaftsformen nicht in diesen Rückwirkungen auf den Einzelnen sich erschöpft, ist eine Wahrheit, die dem Völkerbewußtsein in der Form klarer Erkenntnis kaum zugänglich ist, die sich aber um so entschiedener in ihm in der Form des Gefühls entwickelt. Denn dies kann nicht zweifelhaft sein, daß die Leistungen, deren schon in frühen Kulturzuständen der Einzelne für die Seinen und für die Gesamtheit, der er angehört, fähig ist, den Gesichtskreis individueller Interessen weit überschreiten, umsomehr, als von jener Voraussicht, die aus der Leistung für andere die beste Förderung des eigenen Daseins schließlich hervorgehen sieht, erst auf einer Stufe der Reflexion die Rede sein kann, von der das primitive Bewußtsein jedenfalls nichts weiß. So bewährt es sich gerade in diesen Wechselbeziehungen individueller und sozialer Lebensformen, daß das Sittliche weit früher sich in der Form der sittlichen Tatsachen entwickelt, als es in die Sphäre sittlicher Anschauungen erhoben wird. Die sittlichen Tatsachen aber sind, wie die folgende Betrachtung lehren wird, überall dem Gesetz unterstellt, daß jene individuellen Lebensformen, in denen sich rein persönliche Zwecke betätigen, immer schon die Keime der sozialen Sitte in sich enthalten, indem sie von frühe an in solchen Gestaltungen zur Erscheinung gelangen, die an und für sich einen sozialen Charakter besitzen. Indem so der individuelle Zweck in gemeinsamer Leistung erreicht wird, verbinden sich mit ihm ohne weiteres, und ohne daß es den Mitgliedern der Gemeinschaft selbst zum Bewußtsein gelangt, Zwecke, deren Objekt nicht mehr der Einzelne, sondern die Gemeinschaft ist. Die Kreise aber, die

dergestalt die einmal über das Individuum hinausgreifende Sitte zieht, werden weiter und weiter. Von Familie und Stammesgenossenschaft greifen sie zunächst auf ein größeres Volksganze, dann auf den Verkehr der Völker über, um schließlich erst da ein Ende zu finden, wo der Kreis der Beziehungen überhaupt die Grenze erreicht, über die sich menschliche Sitte erstrecken kann: nämlich bei jenem idealen Verband der Menschheit als solcher, den, obgleich er immer ein idealer bleibt, dennoch die humane Sitte fortwährend in einen realen überzuführen strebt.

2. Die individuellen Lebensformen.

a. Die Nahrung.

Der Trieb nach Nahrung und das Bedürfnis nach einem schützenden Obdach sind Merkmale, deren erstes der Mensch mit allen, und deren zweites er wenigstens mit vielen Tieren gemein hat. Dennoch sind die Lebensformen, in denen sich diese Triebe betätigen, besonders charakteristische Eigenschaften der menschlichen Gattung. Indem die ursprünglichen Zwecke der Lebensgewohnheiten augenscheinlich bei Tier und Mensch von völlig übereinstimmendem Inhalte sind, tritt die für die Abzweigung der Sitte vom Trieb so bezeichnende Vervielfältigung der Zwecke und Motive in diesem Falle um so anschaulicher uns entgegen. Es gibt kein Tier, bei dem die Aufsuchung der Nahrung und die Herstellung schützender Vorrichtungen für die Erwachsenen oder für die heranwachsende Brut über die Grenze des durch das Nahrungs- und Schutzbedürfnis Gebotenen hinausginge. Und anderseits gibt es keinen noch so zurückgebliebenen Menschenstamm, bei dem sich nicht mit den zur Erreichung jener Ziele dienenden Lebensformen andere Zwecke, zum Teil von weit abweichendem Inhalte verbunden hätten. Mögen auch, da selbst die höchste Kultur die Übereinstimmung in den letzten Lebensbedingungen nicht beseitigen kann, das Nahrungsund Schutzbedürfnis bei der gewöhnlichen Betätigung der Triebe immer die entscheidenden Motive bleiben, so entwickeln sich doch. nicht minder zahlreiche Lebensgewohnheiten, bei denen die sekundär entstandenen Zwecke die Herrschaft an sich reißen. Auf diese Weise werden gerade die an das Nahrungs- und Schutzbedürfnis sich anlehnenden Formen der Sitte zu den wertvollsten Zeugnissen für die Entwicklung ihrer vollkommeneren Gestaltungen. Denn sie

bilden fast den einzigen Fall, wo wir im stande sind, die ursprünglichen mit den später hinzugetretenen Beweggründen zu vergleichen. Dabei ist aber freilich zu bemerken, daß uns selbst hier fast niemals mehr die Gelegenheit geboten ist, die ausschließliche Herrschaft der primitiven Motive wirklich zu beobachten. Nur in seltenen Fällen nämlich, wenn zu dem primitiven Zustande der Kultur die Gunst äußerer Naturbedingungen hinzutritt, nimmt auch der Mensch, wie das Tier, Nahrung zu sich, wo und wie er sie findet, ohne sich an bestimmte Zeiten zu binden. Dennoch hat selbst da, wo ein tropisches Klima eine zureichende Fülle vegetabilischer Nahrung bietet, die keiner besonderen Zubereitung bedarf, wie auf den Südseeinseln, der Einfluß gemeinsamen Lebens offenbar vielfach schon dieser regellosen Willkür gesteuert; und wo vollends die spärlicher werdenden natürlichen Nahrungsquellen zu gemeinsamer Nahrungsbeschaffung durch Beackerung und Bepflanzung des Bodens, durch Jagd und Fischfang zwingen, da wird von selbst mit der Beschaffung auch die Aufnahme der Nahrung bestimmten Normen unterworfen, wie solche überall an die gemeinsame Arbeit geknüpft sind. So ist es allem Anscheine nach der mächtigste Regulator der Triebe, die Not, die auch den Nahrungstrieb zuerst der Sitte dienstbar gemacht hat. Das Gebiß des Menschen macht für ihn nur leicht zu zerkleinernde Nahrung, wie etwa die Banane, der Brotfruchtbaum und einige andere Pflanzen der Tropen sowie das Mark tierischer Knochen sie bieten, im rohen Zustand genießbar. Durch seine Verbreitung über die Erde wurde er aber genötigt, das Fleisch der Tiere und zahlreiche Erzeugnisse des Pflanzenwachstums, die erst im zermahlenen oder sonstwie künstlich zerkleinerten, im gekochten oder gebratenen Zustand für ihn genießbar werden, als Nahrung zu wählen. Hier hat ihn dann vor allem auch die Schwierigkeit, sich das wichtigste unter diesen Hilfsmitteln der Nahrungsbereitung, das Feuer, zu verschaffen, auf gemeinsame Arbeit angewiesen. Setzt doch die älteste Weise der Feuerbereitung, durch Reiben zweier Hölzer aneinander oder durch Drehung eines in eine Scheibe gesteckten Stabes, eine physische Kraftanstrengung voraus, bei der teils mehrere sich ablösen, teils mehrere zusammenwirken müssen, wie dies noch heute in den als Spiel oder Aberglaube vorkommenden Volksbräuchen geschieht, in denen sich die Entzündung des Notfeuers erhalten hat*). Die Mühseligkeit dieser ursprünglichen

*) Vgl. Rochholz, Deutscher Glaube und Brauch im Spiegel der heidnischen Vorzeit, Bd. II, S. 145 ff.

Weise der Feuererzeugung machte zugleich die Aufbewahrung und Behütung des Feuers zu einer der frühesten und wichtigsten Schutzmaßregeln, die nun ihrerseits wieder Gemeinsamkeit und selbst eine gewisse Teilung der Arbeit forderte. Indem sich so des wohltätigen und doch auch wieder verderblichen und zerstörenden Elementes frühe schon das mythologische Denken bemächtigte, sah man in der Erzeugung und Bewahrung des Feuers nicht bloß äußere Hilfsmittel, die der Not des Lebens dienten, sondern religiöse Pflichten, durch die der Mensch mit der Verkörperung göttlicher Mächte in Berührung trete. So vereinigte das Feuer die Eigenschaften einer Gottheit und eines notwendigen Lebensbedürfnisses. Die Entzündung desselben war gleichzeitig unentbehrliche Arbeit und religiöse Zeremonie, und der Feuerherd, der der Bereitung der Nahrung diente, wurde zur Stätte, wo man den Göttern opferte und zu ihnen betete.

Der Zwang gemeinsamer Zubereitung führte endlich von selbst zum gemeinsamen Genuß der Nahrung, und eine unausbleibliche Folge des letzteren war die Einführung fester Mahlzeiten zu bestimmten Tageszeiten. Das festliche Mahl bezeichneten die Römer als das convivium, das Zusammenleben". Unsere deutsche Mahlzeit betont, im Gegensatze zu der hier vorausgesetzten räumlichen Gemeinschaft, die zeitliche Regelmässigkeit. Da das Wort Mahl von dem altd. Mal, Zeitpunkt, herstammt, das in dieser Bedeutung noch in den Temporaladverbien einmal, zweimal u. s. w. fortbesteht, so enthält die Mahlzeit eigentlich eine Verdoppelung des Zeitbegriffs. Ein Geschlecht, das bei dem Wort Mahl nur noch an das Essen dachte, fühlte das Bedürfnis abermals, das schon die ursprüngliche Wortbildung beherrscht hatte, und so wurde dem Mahl der Hinweis auf die Zeit wiederum beigefügt. Gewiß ein sprechendes Zeugnis dafür, daß dieses Merkmal als ein vorzugsweise bedeutsames empfunden wurde. Das gemeinsame Mahl ist so der subjektive Ausgangspunkt regelmäßiger Zeiteinteilung geworden, ähnlich wie sich die regelmäßige Bewegung der Himmelskörper als deren objektives Hilfsmittel darbot. Vollzieht sich auch der Wechsel der menschlichen Lebensverrichtungen nicht ganz so regelmäßig wie der Umlauf der Sterne, so ist er doch regelmäßig genug, daß, wenn sich mehrere gleichzeitig gesättigt haben, sie auch annähernd wieder zu gleicher Zeit hungrig werden. Die Wiederkehr der für die Zubereitung der Nahrung erforderlichen Beschäftigungen gewöhnte so an jenen regelmäßigen

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