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Anfängen und, wie dies namentlich das Verhältnis der Gastfreundschaft zeigt, in vorübergehenden und rein individuellen Handlungen. Aber es hat der antiken Welt nicht bloß ursprünglich am Anlaß, sondern auch, als jener Anlaß in reichlichem Maße vorhanden war, an den subjektiven Bedingungen zur Entwicklung einer vollkommeneren Humanität gefehlt. In Rom begann erst in der Kaiserzeit, unter dem sichtlichen Einflusse des Gefühls persönlicher Verpflichtung für das Wohl aller, das die Alleinherrschaft in edleren Naturen erweckte, eine freilich immer notdürftig bleibende Fürsorge für Arme, Kranke und Hilflose. Die Besten unter den Kaisern, ein Nerva, Trajan und Marc Aurel, haben sich durch solche Handlungen hervorgetan. Auch hier bedurfte es aber der religiösen Motive, damit sich die Betätigung der Humanität nicht bloß in gelegentlichen Äußerungen des Mitleids erschöpfe, sondern damit die Hingabe für den Mitmenschen, ohne Rücksicht auf Stammes- und Standesunterschiede, zu einer sittlichen Lebenspflicht erhoben wurde, hinter der alle andern, außer der unmittelbaren religiösen Demütigung, zurücktraten. In diesem höchsten Sinne hat erst das Christentum die Humanität in die Welt gebracht. Obgleich es auch in dieser Beziehung Züge an sich trägt, die schon dem Judentum nicht fremd sind, so wird doch jener Ruhm der Barmherzigkeit, der bei dem Juden immer noch in die Fesseln des Stammesgefühls gebannt bleibt, durch das Christentum erst zu einem Gebot der Menschenliebe, das allen andern Pflichten, außer denen gegen Gott selbst, vorausgeht.

Die nächste Form, in der sich die christliche Wohltätigkeit äußert, ist die Krankenpflege. In den frühesten Christengemeinden noch in der individuellen Form der unmittelbaren Fürsorge für den leidenden Nächsten ausgeübt, nahm sie schon in den ersten Jahrhunderten, im Orient unter dem Einflusse weit verbreiteter Epidemien, umfassendere Gestalten an. Die Gründung von Leprosenhäusern und die Bildung geistlicher Körperschaften, die ihr Leben ausschließlich der Krankenpflege widmeten, bilden die beiden wichtigsten Momente dieser Entwicklung. In doppelter Beziehung verliert hier die Wohltätigkeit ihren individuellen Charakter: einmal durch die zur Gesamtverpflegung eingerichteten Anstalten, und sodann durch den Zusammenschluß der die Pflege Übernehmenden oder Leitenden zu Korporationen, die eigens für diesen Zweck organisiert sind. Dabei bildet es einen bedeutsamen Zug, daß jahrhundertelang die geistlichen Ritterorden, Brüderschaften, an denen die Abkömmlinge der vornehmsten Geschlechter teilnahmen, die

Träger dieser Bestrebungen sind. In dem Namen „Xenodochien", der den ersten so gegründeten Pflegeanstalten beigelegt wurde, war übrigens immer noch eine Spur des Ursprungs aus der alten Pflege der Gastfreundschaft erhalten geblieben.

Die zweite umfassendere Betätigung der christlichen Humanität bestand in der Bildung der Missionen. Die Heidenmission gehörte, seit die universellere christliche Glaubensauffassung gegen die engere jüdische zum Siege gelangt war, zu den wichtigsten Glaubensinteressen. Mochte gleich den eifrigen Missionaren die Bekehrung der Heiden zumeist mehr am Herzen liegen als die große Kulturaufgabe, die sie erfüllten, so mußte doch auch hier wieder der erreichte Zweck die Motive veredeln und durch das Beispiel selbstloser Hingabe an eine ideale Aufgabe die tiefste Wirkung äußern. Wenn wir es noch heute gelegentlich erfahren, daß begeisterte Missionare ihre Erfolge vor allem dem Eindruck verdanken, dessen selbstlose Pflichterfüllung auch auf rohe Gemüter sicher ist, so lassen sich daraus wohl die ungeheuren Wirkungen ermessen, die dieses Beispiel dereinst bei besser beanlagten, aber von der Kultur noch wenig berührten Völkern ausüben mußte.

In den Wohltätigkeitsorden des christlichen Mittelalters bereiten sich nun allmählich diejenigen Gestaltungen vor, die in der modernen Gesellschaft die humanen Bestrebungen anzunehmen beginnen, und die sie voraussichtlich mehr noch in der Zukunft annehmen werden. Denn das Bedürfnis und die Antriebe zu dessen Befriedigung halten hier noch keineswegs gleichen Schritt. Die verwickelteren Bedingungen der Kultur und die größeren Glücksfälle wie Gefahren, die sie für den Einzelnen mit sich führt, haben Armut und Elend heute vielleicht mehr als je zu einem weit verbreiteten Übel gemacht, während zugleich durch die Zunahme der intellektuellen Bildung dem Besitzlosen seine ungünstige Glückslage empfindlicher wird, als es ehedem der Fall war. Nun ist es eines der schönsten Vorrechte des Einzelbesitzes, daß er nach freier Wahl Werke der Wohltätigkeit gestattet und so eine gewisse Ausgleichung der durch die Lebensbedingungen entstandenen Unterschiede der Glücksumstände möglich macht. Doch unter dem zerstreuenden Einflusse namentlich des großstädtischen Lebens beginnt diese persönliche Ausübung der Humanität immer größeren Schwierigkeiten zu begegnen, und ihre planlose Tätigkeit führt unvermeidlich Erfolge herbei, die nicht selten zu den echten Wirkungen individueller Humanität im schneidenden Gegensatze stehen. Was die korporativen christlichen Wohltätig

keitsanstalten vorbereitet, das wird daher ohne Zweifel in größerem Maßstabe und in der Form eines strengeren Zwangs der Staat in Zukunft weiterzuführen berufen sein. Was der Einzelne verlieren mag, indem die Hauptleistungen der Humanität von ihm auf die Gemeinschaft übergehen, das wird umsomehr der Sache zu gute kommen. Unser heutiges Verwaltungssystem enthält bereits mannigfaltige Anfänge zu diesen karitativen Formen gesellschaftlicher Tätigkeit. Aber kein Einsichtiger kann zweifeln, daß es sich hier vor allem darum handelt, die materielle und moralische Leistungsfähigkeit des Staates zu steigern, wenn er jenen humanen Aufgaben in vollem Umfange gerecht werden soll.

Viertes Kapitel.

Die Natur- und Kulturbedingungen der sittlichen Entwicklung.

1. Der Mensch und die Natur.

Die Annahme, daß der geistige Charakter des Menschen durch die Einwirkungen bestimmt werde, welche die umgebende Natur auf ihn ausübt, ist eine so naheliegende, daß die philosophische wie die historische Betrachtung schon häufig die Naturbestimmtheit der Volkscharaktere sowie die geschichtlichen Wirkungen derselben nachzuweisen versucht hat. Daß nicht minder der sittliche Charakter solchen Wirkungen unterworfen sei, wird sich nun nicht bestreiten lassen, wenn man auch über deren Bedeutung möglicherweise verschiedener Meinung sein kann. Dabei spalten sich aber jene Wirkungen sichtlich wieder in zwei wesentlich verschiedene Einflüsse. Der erste ist ein objektiver: er besteht in den physischen Lebensbedingungen, in welche die Natur den Menschen bringt. Der zweite ist von subjektiver Art: er besteht in der Wirkung, welche die Anschauung der Natur auf das menschliche Gemüt äußert. Die natürlichen Lebensbedingungen herrschen auf den niedrigeren Stufen materieller und geistiger Kultur vor; ihr Einfluß schwindet allmählich, wenn die Hilfsmittel zunehmen, mit denen der menschliche Erfindungsgeist das Leben vor äußeren Gefahren sichert und es unabhängiger macht von der Gunst und Ungunst der Bodenbeschaffenheit und des Klimas. Dagegen wachsen

die geistigen Wirkungen, welche die Natur durch ihren unmittelbaren Eindruck auf das menschliche Gefühl hervorbringt, in dem Maße, als die geistige Bildung die Empfänglichkeit verstärkt. Hierdurch geschieht es, daß beiderlei Bedingungen in gewissem Grade einander ablösen: auf den Naturmenschen wirkt die Natur fast nur in der Form der natürlichen Lebenseinflüsse, auf den Kulturmenschen wirkt sie außerdem durch das Medium des ästhetischen Natursinns.

a. Die natürlichen Lebensbedingungen.

Ihre frühesten und fühlbarsten Einwirkungen übt die Natur durch die Anforderungen aus, die sie an die körperliche und geistige Leistung des Einzelnen stellt, indem sie ihn in die Notwendigkeit versetzt, durch Arbeit sein Leben zu fristen. Keinen Fluch gibt es, der zu so reichem Segen geworden wäre wie jener Fluch der biblischen Schöpfungssage: Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen." Wenn der Mensch ein sittliches Wesen geworden ist, so verdankt er dies nicht zum wenigsten der Tatsache, daß die Erde für ihn kein Paradies ist. Bedarf es eines äußeren Zeugnisses für diese Wahrheit, so liegt dasselbe vor allem in der Erfahrung, daß, wo der Mensch mühelos von den Erzeugnissen der Natur sein Leben fristet, wo gleichzeitig das Klima Bekleidung und Obdach nicht dringend erforderlich machen, wie auf vielen der Südseeinseln, unter allen Elementen der Kultur die sittlichen am meisten verkümmert geblieben sind. Nicht dort, wo die Natur jedem in Fülle gibt, was er bedarf, sondern wo die harte Not des Daseins jeden zum feindlichen Mitbewerber des anderen macht, haben die Tugenden des Mitleids und der tätigen Mithilfe sich entwickelt. Aber auch in den besonderen Richtungen, welche die sittliche Kultur genommen, verraten sich überall die Einflüsse, die die Naturumgebung auf die Lebensführung ausübt.

Die niederste Stufe innerhalb der primitiven Kultur des Naturmenschen nimmt das Leben des Jägers ein, wie es der Ureinwohner Nordamerikas neben primitivem Ackerbau überall führte und zum Teil heute noch führt. Zumeist ohne festere Wohnsitze erlegt der Jäger das Wild, das sein Leben fristet, wo er es finden kann. Für die Zukunft zu sorgen, verbietet die Natur dieses dem Augenblick dienenden Erwerbs. Die Felle der erlegten Tiere gewähren die notdürftigste Kleidung, das Holz der durchstreiften Wälder liefert die Hütte, die als Ohdach dient. Die Gefahren, die der stete Kampf

mit den Tieren und der leicht sich daraus entwickelnde Kampf mit fremden Stammesverbänden mit sich bringt, fördern das Gefühl der Treue gegen den Genossen und machen, im Verein mit der Abhärtung, der Gleichgültigkeit gegen Schmerz und Gefahr, Züge heroischer Aufopferung zu einer nicht ungewöhnlichen Erscheinung. Dabei stählt die Gewohnheit einsamen Auflauerns auf das zu erspähende Wild die Beharrlichkeit und macht zugleich abhold geräuschvollem Verkehr. Ausdauer, Festigkeit, Treue, Verschlossenheit, Gleichmut in den Wechselfällen des Schicksals sind daher die ethischen Charakterzüge, die unter solchen Bedingungen die Natur dem Menschen aufgeprägt hat.

Eine Stufe höher steht das Leben des Nomaden. Zwar zwingt ihn seine Lebensweise mehr noch als den Jäger zu einem Wandern ohne festes Obdach, da die Nahrung der Viehherden, die ihm seinen Unterhalt liefern, schneller erschöpft ist als das Wild des Jagdbezirks, der die Hütte des Jägers umgibt. Weit ausgedehnte Steppenlandschaften, wie sie die nomadisierenden Mongolenstämme Zentralasiens durchstreifen, erscheinen daher von der Natur vorausbestimmt zur Nomadenwirtschaft. Doch diese letztere bedingt zugleich ein dauernderes Zusammenleben und eine festere Verbindung der Genossen, während sich unter ihrem Einflusse ausgedehntere Handelsund Verkehrsverhältnisse entwickeln. Die sittlichen Vorzüge einer solchen Kultur bleiben nicht aus. Während die Treue gegen den Stamm und der Gehorsam gegen den Vorgesetzten die hauptsächlich gepflegten sozialen Tugenden sind, gegenüber denen die mehr individuellen sittlichen Eigenschaften der zuvor geschilderten Stufe, die Verschwiegenheit, der Heroismus im Unglück, zurücktreten, entwickeln sich gleichzeitig List, Verschlagenheit, Betrug und Lüge als die niemals ausbleibenden Nachteile eines friedlichen Verkehrs zwischen verschiedenen, zum Teil einander stammesfremden Völkern.

Die dritte und höchste Stufe innerhalb dieser durch die Einflüsse der Naturumgebung bestimmten primitiven Entwicklung wird erreicht durch die Kultur des Bodens. Hier erst wird die Arbeit zu einer strenger geregelten, anhaltenderen. Zugleich wird der Mensch an den Boden gefesselt, den er bebaut. Eine ausgebildetere und stabilere staatliche Organisation, ein geregelterer Verkehr verstärken die Motive zur Ausübung sozialer Pflichten; sie vergrößern freilich auch die Antriebe zu manchen verwerflichen Eigenschaften. Wo die Bebauung des Bodens, wie bei den Völkern Innerafrikas,

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