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das zu vermeidende Übel. Nicht die Apathie, sondern die Ataraxie, die Schmerzlosigkeit, preisen sie als den seligen Zustand. Während demnach der Stoa die Tugend, da sie in der Unterdrückung der Leidenschaften besteht, als ein um ihrer selbst willen zu erstrebendes Gut gilt, aus dessen Besitz erst die wahre Glückseligkeit entspringe, kehrt sich bei den Epikureern dieses Verhältnis um: Ziel alles Strebens ist die Glückseligkeit, und die Tugend ist nur das Mittel, dieses Ziel zu erreichen. Darum gilt ihnen die Einsicht (póvnois) als die Haupttugend, zugleich als die Quelle aller übrigen, unter denen noch der Mäßigkeit, als der zur Erhaltung der Schmerzlosigkeit des Körpers und der Seele unerläßlichen, ein hoher Wert eingeräumt wird. So nahe verwandt also auch die Ataraxie der Apathie scheint, so entfernen sich doch beide darin weit voneinander, daß bei dieser, da in ihr alle Leidenschaften schweigen, auf jedes positive Streben verzichtet ist, indes bei jener dem Gegensatz des Schmerzes, der Lust, ein positiver Wert zugestanden wird. Während die Schmerzlosigkeit befähigt, die Lust zu genießen, läßt nicht minder die Lust die Schmerzen vergessen. So tritt die Ataraxie ganz und gar in den Dienst der Eudämonie.

Hier eröffnet sich nun aber zugleich ein weiter Spielraum von Anschauungen, innerhalb dessen sich in der Tat, namentlich in späterer Zeit, die Anhänger Epikurs bewegten. Während Einzelne vornehmlich in der sinnlichen Lust die Quelle der Glückseligkeit erblicken, legen andere, ähnlich wie es Epikur selbst getan, einen größeren Wert auf die Pflege der Freundschaft und die geistigen Genüsse, die der Verkehr mit Gleichgesinnten mit sich bringt, und betonen endlich noch andere so stark das negative Moment der Schmerzlosigkeit, daß sich das Bild des epikureischen Weisen, das sie entwerfen, wenig mehr von dem stoischen Ideal unterscheidet.

Neben diesen übereinstimmenden Zügen, die aus den Bedingungen der Zeit entspringen, repräsentieren jedoch die Richtungen der Stoa und Epikurs zugleich den beginnenden Kampf zweier Weltanschauungen. In dem Epikureismus will sich noch einmal der dem freien Genuß des Daseins zugewandte Sinn hellenischer Geistesbildung Geltung verschaffen. In dem Stoizismus kommt eine ernstere Lebensauffassung zum Durchbruch, die das Streben nach äußeren Glücksgütern geringschätzt und in der Gleichgültigkeit gegen Lust wie Schmerz das Mittel erblickt, den Übeln der Welt zu entfliehen. Dem hellenischen Optimismus stellt sich der Pessimismus einer übersättigten Kultur entgegen. Aber auch der Optimismus der Epikureer

vermag sich den veränderten Zeiteinflüssen nicht zu entziehen. Auch ihm liegt jenes rege Interesse an dem gemeinsamen Leben, das der früheren Weltanschauung der Griechen seinen Halt gegeben hatte, ferne. Der Mensch als solcher, unabhängig von den Unterschieden der Natur und des Standes, ist der Zweck des Lebens. So endet die Ethik der Griechen in vollem Gegensatze zu ihren Anfängen. Hier hatte nur der Stammesgenosse, der freie Bürger einen sittlichen Wert; der Einzelne lebte für die Gemeinschaft, nicht diese um des Einzelnen willen. Jetzt beginnt der Barbar dem Griechen, der Sklave dem Freien in der sittlichen Beurteilung ebenbürtig an die Seite zu treten; der Staat aber ist eine zwar notwendige, doch für das sittliche Leben gleichgültige Einrichtung. So wird diese Ethik individualistisch und kosmopolitisch, und diese beiden Eigenschaften halten und fördern sich wechselweise.

Diese Veränderung der Lebensanschauungen verbindet sich nun zugleich mit einem Wandel der religiösen Bedürfnisse, in dem wiederum ähnliche Gegensätze wie in jener sich spiegeln. Stoizismus und Epikureismus stehen beide unter dem Eindruck, Ersatz schaffen zu sollen für eine untergehende Religion. Die Stoa sucht dieser Forderung durch eine Theologie zu genügen, die in der Gottheit nicht eine transzendente Idee oder einen dem inneren Getriebe der Welt selbst fernbleibenden ersten Beweger, sondern eine im Menschen selbst allgegenwärtig wirkende Kraft sieht. So entwickelt die Stoa die erste pantheistische Religionsphilosophie, die sie zur Religion umzuwandeln sucht, indem sie bereitwillig die alten Götternamen als Symbole verwendet. Ihr wirklicher Gott bleibt aber der Mensch, der Weise, der den Kampf von Lust und Schmerz überwunden, und in dem das in der Natur allgegenwärtige göttliche Leben seine höchste Verkörperung gefunden hat. Anders steht der Epikureismus der religiösen Frage gegenüber. Ihn läßt jener genießende Quietismus und Optimismus, in dem er Befriedigung sucht, unter den alten Systemen das bevorzugen, das den Weltlauf zu einem in seiner mechanischen Gesetzmäßigkeit unnahbaren und zugleich zu einem in seiner ewigen Unveränderlichkeit dem Beschauer Ruhe gewährenden Schauspiel macht. Das ist Demokrits Lehre. In diesem Getriebe der Atomwirbel ist für die alten Götter kein Platz mehr. So werden sie denn zu luftigen Wesen umgewandelt, die gerade deshalb, weil sie gänzlich außerhalb des Kampfes der Elemente stehen, ein seliges Leben genießen und darin die Vorbilder eines glücklichen menschlichen Lebens sind.

Doch mochte auch Epikur von den Seinen als der Weise gepriesen werden, der als der Erste die Welt von der Furcht vor den Göttern befreit habe, die Zahl derer, die nicht auf solche Weise befreit sein wollten, war groß genug. Ihnen kam eine dritte Richtung entgegen, die umgekehrt die Menschheit von der Last der Wissenschaft zu befreien und ihr damit den alten, naiven Götterglauben wiederzugeben suchte. Das waren jene Skeptiker, die nach dem Vorbild des Pyrrho von Elis aus der ganzen seitherigen Philosophie das Fazit zogen, daß der Mensch nichts Sicheres wissen, sondern daß er nur glauben könne, und daß für ihn der beste Glaube der sei, der seine praktischen Bedürfnisse am besten befriedige. Das war das Ende jenes Kampfes, den die alten Kosmologen gegen den populären Götterglauben begonnen hatten. Der Ertrag dieses Kampfes bestand in zwei Systemen der Religionsphilosophie, von denen das eine den Menschen selbst zum Gott machte, das andere die Götter zur Ruhe setzte, indes eine dritte Strömung und wahrscheinlich war sie es, die in der hellenistischen Welt die meisten Anhänger zählte die Götter, die sich jeder nach seinem eigenen Gutdünken wählte, für die besten erklärte. Dies war zugleich der Boden, auf dem zuerst eine neue religiöse und durch sie eine neue sittliche Lebensanschauung entstehen sollte. Auf ihre Entwicklung hatte jedoch neben dem Ertrag der griechischen Geistesbildung die Eigenart der römischen Welt, in die diese neue Bewegung eintrat, den entscheidenden Einfluß.

2. Die Kultur der römischen Welt.

a. Eigenart und Lebensanschauungen der Römer.

Der Charakter des römischen Volkes bietet von frühe an ein von dem der Griechen wesentlich abweichendes Bild. Am prägnantesten tritt uns diese Eigenart in der römischen Religion entgegen. Zwei Züge sind es besonders, die das religiöse Leben der Römer von Anfang an vor dem aller andern westlichen Kulturvölker auszeichnen. Der eine besteht in jener aus vorgeschichtlicher Zeit überkommenen Ahnenverehrung, die sich später in die Verehrung der Helden und der großen Vorbilder der Geschichte fortsetzt. Der zweite, für die römische Geistesart vielleicht nicht minder charakteristische ist die Mythologisierung abstrakter Begriffe, die man nicht einmal durch einen die begriffliche Bedeutung verhüllenden Namen der lebendigen Anschauung näher brachte. Mit ihren Kriegs- und

Friedensgöttern: Victoria, Bellona, Honos, Virtus, Pax; ihren Freiheits- und Glücksgöttern: Libertas, Spes, Felicitas, Bonus Eventus u. s. w.; endlich mit der Reihe ihrer Virtutes, wie Pietas, Pudicitia, Mens, Aequitas, Clementia, Providentia, haben die Römer bekanntlich das Allegorisierungsbedürfnis aller kommenden Zeiten gedeckt. In dieser Richtung ihrer Religionskulte prägt sich aber deutlich aus einerseits die starke Entwicklung des Familiensinns und aller der individuellen Eigenschaften, die zum Schutz des heimischen Herdes und zur Vermehrung der erworbenen Güter erforderlich sind, und anderseits die vorwiegende Übung des abstrakt logischen Denkens. Der Römer ist wenig empfänglich für Poesie und Kunst, dem Idealen abgeneigt, aber umsomehr dem Praktischen und Nützlichen zugewandt. Er ist verständig und nüchtern, im Denken und Handeln von unerbittlicher Konsequenz. Die Selbstsucht ist von frühe an sein hervorragendster Fehler. In der Verfolgung dessen, was ihm, seiner Familie und seinem Staate und dadurch eben wieder ihm selber nützt, scheut er keine Mittel. Wie der Selbstsüchtige immer, kann er gegen andere hart und grausam sein. In der Verfolgung seiner Zwecke ist er aber auch hart gegen sich selbst, scheut nicht Schmerz noch Gefahr, und bei allem Egoismus ist er einsichtig genug zu erkennen, daß, wer seinen eigenen Vorteil finden will, Anderer Rechte achten muß. Darum ist dieses Volk von Anfang an durch einen starken Rechtssinn ausgezeichnet; und seine mit eiserner Konsequenz durchgeführte Rechtsordnung ruht ebensowohl auf dem Gedanken der Rechtsgleichheit aller Bürger, wie auf dem der unbedingten Unterordnung des Einzelnen unter die ihm übergeordnete Gewalt. Dieser strenge Rechtssinn, aus der Sitte hervorgegangen, hat sein Korrektiv gegen Mißbrauch selbst wieder in der Sitte. Ihr bleibt im Verein mit den Anordnungen, welche die Not des Augenblicks gebietet, auch das ganze Gebiet des öffentlichen Lebens überlassen. In der einseitigen Ausbildung des Privatrechts spiegelt sich so der individualistische Charakter des römischen Geistes, der in dem hochausgebildeten Familiensinn seine feste Grundlage hat, und der in starkem Kontrast steht zu dem Kollektivismus des früh in das öffentliche Leben tretenden Griechen. In jener Milderung, die der starre Rechtsbegriff in der Sitte findet, haben dann aber auch zwei ergänzend und regulierend dem Recht gegenübertretende Begriffe ihre Quelle, die den Tugenden des Gemeinsinns, welche das Griechentum ausgebildet hatte, als die ethischen Werte, die der Eigenart des römischen Geistes entstammen, gegenübertreten. Das sind

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die Eigenschaften der Aequitas und der Utilitas. Die Aequitas ist es, die dem „strengen Recht", das unbeugsam und ausnahmslos, ohne Ansehen der besonderen Umstände sich durchsetzt, als die unerläßliche sittliche Ergänzung zur Seite tritt, und die zu dieser Hilfe eben deshalb berufen ist, weil jenes jus strictum" selbst doch eigentlich nur die Aequitas in ihrer allgemeingültigen Form ist, die, um mit der Gerechtigkeit gleichen Schritt zu halten, der vernünftigen Anpassung an den einzelnen Fall nicht entbehren kann. Ist die Aequitas eine Privattugend, die von jedem Einzelnen und darum auch von dem Richter und Beamten nur nach dem Maß seiner öffentlichen Pflichten gefordert wird, so ist dagegen die Utilitas eine öffentliche Tugend. Unser Wort „Nutzen“ übersetzt das lateinische Wort schlecht. Eher deckt sich dieses mit unserm Begriff der Wohlfahrt", der nur hinwiederum zu sehr das öffentliche vor dem privaten Interesse hervorhebt. Die römische Utilitas vereinigt eben beides, den Nutzen des Einzelnen und die Wohlfahrt Aller. Wo das strenge Recht mit beiden in Konflikt gerät, da ist dies ein sicheres Zeichen, daß ein billiger Ausgleich zu suchen sei. So bezeichnen diese beiden Begriffe ethische Werte, die in der spezifischen sittlichen Anlage des römischen Volksgeistes ihre Wurzeln haben. Dem Griechen galt, wo er Rechte geltend machen konnte oder im Besitz der Macht war, die Billigkeit wenig, und den eigenen Nutzen war er, wo es sich nicht um ruhmvolle Taten oder begeisterte Hingabe handelte, geneigt, der allgemeinen Wohlfahrt vorzuziehen. Wie die griechische Sprache für die Aequitas kein Wort besizt, das es vollgültig übersetzen könnte, so hat auch gerade das strengere Rechtsbewußtsein der Römer dieser milderen Schwester der Justitia ihre Herrschaft in Sitte und Recht gesichert. Nicht minder aber sind die Römer in dem Sinne die Begründer des ethischen Utilitarismus in seiner individuelles und allgemeines Interesse ausgleichenden Richtung geworden, in der sich dann dieser in der neueren Ethik, wesentlich unter der Mitwirkung der im römischen Recht überlieferten Anschauungen, entwickelt hat. Einen wichtigen Einfluß auf jene Milderung der strengen Rechtsbegriffe, die sich nach diesen beiden Seiten in der Entwicklung des sittlichen Bewußtseins der Römer vollzog, übte dann aber freilich auch die Berührung mit der nicht-römischen, vor allem mit der griechischen Welt, mit der nicht nur andere Anschauungen, sondern auch neue Bedürfnisse in das römische Leben eintraten. So entwickelte sich nun in Sitte und Recht ein allmählicher Ausgleichungsprozeß, der damit begann, daß

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