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den Versuchen, Antworten auf jene Fragen zu finden, und in den Kämpfen, in die sich solche Lösungsversuche miteinander verwickeln.

Drittes Kapitel.

Die Neuzeit.

1. Die Renaissance.

a. Der Mensch der Renaissance und seine Ideale.

Vom 13. Jahrhundert an beginnt ein neuer Geist über die Länder Europas sich auszubreiten, zuerst nur allmählich in einzelnen starken Persönlichkeiten den Bannkreis durchbrechend, den die Gebundenheit des mittelalterlichen Lebens und Denkens um die Menschen gezogen, dann aber immer weiter sich ausdehnend, Kirche und Staat, Kunst und Wissenschaft mit sich fortreißend. Aus dem Schlummer, in dem die Tradition, die Normen des gemeinsamen Glaubens und der gemeinsamen Sitte das Selbstbewußtsein des Einzelnen gefangen gehalten, erwacht ein neuer, ein wiedergeborener Mensch. Das Wort „Renaissance", in der Regel auf die Wiedererneuerung der antiken Kultur bezogen, es paßt im Grunde viel mehr auf den Menschen dieses Zeitalters. Ganz war ja die Kultur des Altertums niemals verloren gewesen, und ganz in ihrer ursprünglichen Gestalt wurde sie auch in diesen Jahrhunderten weder erneuert, noch in ihrem Wesen erkannt. Aber das neue Geschlecht sah das Altertum mit neuen Augen an. Es erkannte in den Menschen der klassischen Zeit ein Geschlecht, das ihm gleich war, frei in seinem Glauben und Wissen, in seinem Tun und Lassen. Dieser Trieb nach Befreiung der Persönlichkeit ergreift mehr und mehr alle Kreise und, von Italien ausgehend, alle Länder. Er ergreift den abenteuernden Ritter wie den Mönch in der Klosterzelle, den wegelagernden Bandenführer wie den hohen Kirchenfürsten. Dem mittelalterlichen Kosmopolitismus, der auf der Idee der universellen Kirche begründet war, trat ein neuer, weltlicher Kosmopolitismus gegenüber, der in der Idee des Wertes der menschlichen Persönlichkeit als solcher seine Wurzel hatte, und in dem Wandertrieb, der die Menschen in ihrem neuen Freiheitsgefühl ergriffen, seine Nahrung fand. Nun ziehen die Künstler und die Gelehrten von Land zu Wundt, Ethik. 3. Aufl. I. 24

Land, nicht um sich hinter Klostermauern zu verbergen, sondern als freie Weltbürger, die ihre Kunst und ihr Wissen leuchten lassen, wo es ihnen gutdünkt. Und wie diese Menschen räumlich in die Weite schweifen, so möchten sie alles umfassen, was menschlichen Interesses wert ist. Sie sind Gelehrte und Dichter zugleich, wie Dante und Petrarka, Künstler und exakte Forscher, wie Leonardo da Vinci, Kaufleute, die sich zu Fürsten emporschwingen und als solche Kunst und Wissenschaft pflegen, wie die Medici. Freilich, dem mittelalterlichen Aberglauben sind unter den Menschen dieser Zeit nur wenige entwachsen. Im Gegenteil, je mehr die kirchliche Autorität und die gemeinsame Glaubensnorm an Strenge einbüßt, umsomehr gibt man sich, auch hier der freien Wahl folgend, einem bunten, aus aller Welt zusammengetragenen Zauberglauben hin, so daß gerade in diesem Zeitalter, unmittelbar der Begründung der exakten Wissenschaften und der neuen Philosophie vorausgehend, mystische und magische Künste und Scheinwissenschaften aufs üppigste aufblühen. So hat denn auch, so sehr die Päpste und Bischöfe dieser Zeit zumeist ebensolche Gewaltmenschen oder bestenfalls prachtliebende Förderer der Künste sind, wie die weltlichen Tyrannen, doch die Kirche durch die Macht der religiösen Autorität und nötigenfalls durch das geistliche Schwert, das ihr zu Gebote steht, noch immer einen starken Einfluß nicht nur auf die Massen, sondern auch auf die gebildeten und gelehrten Kreise. Dem Konflikt mit der Kirche weicht daher meist auch derjenige vorsichtig aus, der ihr innerlich entfremdet ist. Je mehr weltliche Interessen vorherrschend werden, und je mehr in der ersten Zeit, bevor noch die Kirchenspaltung eine starke Reaktion erweckt hatte, die weltlich gewordene Kirche eine weitgehende Toleranz übte, umso leichter geschah es, daß man sich mit dem offiziellen Glauben durch die allmählich konventionell werdende Versicherung der Unterordnung unter ihre Autorität abfand. Freilich ist das nur ein vorübergehender Friede. Einzelne tiefer dringende Geister beginnen frühe schon auch auf religiösem Gebiet die eigene persönliche Überzeugung dem äußeren Glaubenszwang entgegenzuhalten, und so beginnt langsam ein Konflikt sich vorzubereiten, der von einer andern Seite her, als es in der reformatorischen Bewegung geschah, die von der katholischen Kirche getragene Weltanschauung bedroht. Doch unter den geistigen Bewegungen, die dieses Zeitalter zusammensetzen, ist die neue Philosophie die letzte. Die Erneuerung der Kunst geht voran, ihr folgen die neu erwachten philologischen

Studien, dann die exakten Wissenschaften lauter Gebiete, in denen mindestens der äußere Friede mit der mittelalterlichen Kirche zur Not gewahrt bleiben konnte. Aber die neue naturwissenschaftliche Weltanschauung führte auch schon die ersten kühnen Versuche einer neuen Philosophie mit sich, und so begann der Kampf des Neuen mit dem Alten gleichzeitig auf diesen zwei Seiten. Der Feuertod Giordano Brunos (1600) und der Prozeß Galileis (1632) bezeichnen die Epoche des beginnenden Kampfes. Die Nachwirkungen der Renaissance auf das geistige Leben, wie sie vornehmlich in der Philosophie und in der in sie eingreifenden sonstigen Literatur sich aussprechen, reichen aber noch weit über diese Zeit hinaus bis gegen das Ende des 17. Jahrhunderts.

Die Fülle der Ideen, die dieses Zeitalter über alle Gebiete des menschlichen Denkens ausgestreut hat, ist so groß, daß man wohl sagen darf, nicht nur diese Zeit selbst, sondern auch die folgende bis tief in das 18. Jahrhundert hinein habe von diesen Ideen gelebt, und in ihren letzten Ausstrahlungen wirkten sie noch bis in unsere Tage. Freilich aber sind es durchaus noch nicht wohlgeordnete Gedankensysteme, wie sie die spätere, besonders die unmittelbar folgende Zeit zu errichten versucht hat, die uns hier begegnen, sondern, wie der Einzelne frei seiner Laune folgt, so liebt es auch die Wissenschaft zuweilen, in bunt schillernden Einfällen zu schwelgen, in denen nicht selten heterogene Motive, Bausteine künftig weit auseinandergehender Weltanschauungen gemischt sind. Dennoch gibt es gewisse leitende Ideen, die über alle diese mehr zufälligen Elemente das Übergewicht gewinnen, und unter denen dann wieder einzelne für die Art, wie sich die sittlichen Lebensanschauungen der Zeit in dem denkenden Bewußtsein spiegeln, besonders bezeichnend sind. Namentlich sind es zwei Ideen, die vom Beginn der Renaissance an zunächst in einzelnen Denkern auftauchen, dann sich ausbreiten und schließlich auf die neu auftretenden Weltanschauungen teils direkt, teils indirekt, durch die weiteren Gedanken, die sie anregen, den herrschenden Einfluß gewinnen. eine dieser Ideen ist nach außen, die andere nach innen, in das eigene Seelenleben des Menschen gerichtet. In diesem Sinne stehen sich beide disparat und doch einander ergänzend gegenüber. Indem sich dem Blick des Menschen der Renaissance ungeahnte, ferne Welten erschließen, überfliegt sein Geist nach außen gerichtet alle Schranken. Er schwelgt in der Idee der Unendlichkeit. Diese Idee, in dieser Form ausgeprägt, ist neu. Das Ge

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fühl der Erhabenheit, das in dem unendlichen Universum ein unmittelbares Abbild Gottes erblickt, ist durchaus diesem Zeitalter eigen. Altertum und Mittelalter hatten sich das Weltall begrenzt gedacht. Die Idee des unendlichen Raums würde ihnen mehr Grauen als Bewunderung eingeflößt haben. In dem Abgeschlossenen und eben darum in allen Teilen Wohlgeordneten sahen schon die Pythagoreer die Schönheit des Kosmos. Den Denkern dieses neuen Zeitalters dagegen ist die Unendlichkeit der höchste und erhabenste Gedanke, und als ein Teil des Ewigen und Unendlichen erscheint ihnen auch das Einzelne und Begrenzte erhabener, göttlicher. Darum greift diese Idee schließlich auf alle Gebiete über, auf die Gedanken über die Stellung der Erde im Weltgebäude nicht nur, sondern auch auf die über Gott und Welt, über Religion und Staat. Überall verlangt der Mensch nach einem Letzten, Absoluten, Vollkommenen. Diese Idee ist aber nicht etwa erst durch das kopernikanische System in die Gedankenwelt dieser Zeit eingetreten. Über ein Jahrhundert zuvor hatte sie schon der deutsche Kardinal Nikolaus von Kues in ihrer bis an die äußersten Grenzen des Denkbaren reichenden Form gedacht, da ihm, in seinem Drang sie völlig zu Ende zu denken, nicht bloß die Erde als ein Stäubchen im Weltall, sondern die unendliche Welt selbst wiederum als eine verschwindende Größe gegenüber der Unendlichkeit Gottes erschien. Dagegen hat Kopernikus selbst, hierin noch der überlieferten Astronomie folgend, die Fixsternsphäre als die Grenze der Welt angesehen. Erst Giordano Bruno, der kühne Denker und Dichter des 15. Jahrhunderts, war es, der die Unendlichkeitsidee auf das neue Weltsystem anwandte und ihr so ihre festeren Grundlagen in der Naturbetrachtung zu geben suchte.

Dieser nach außen gerichteten steht nun von frühe an eine zweite, nach innen gewandte Idee gegenüber. Es ist die Idee, daß der menschliche Geist durch eine innere Erleuchtung mit den Dingen außer ihm, mit dem Universum und mit Gott in Beziehung stehe. Diese Idee der „Lux naturalis", wie sie gleichfalls bei Kues schon anklingt, dann ein Hauptstück der phantastischen Gedankenwelt des Paracelsus ausmacht, und endlich auf die Anfänge der neueren Philosophie, auf Descartes und seine Schule sich fortsetzt, ist eines der merkwürdigsten Gedankengebilde der Renaissance, das an allen den Wandlungen dieser Zeit teilnimmt, um schließlich unvermerkt in die verständige Reflexion des Aufklärungszeitalters überzugehen. Anfänglich, solange überhaupt die Gedanken der Renaissance noch kräftig genug nachwirken, ist der Begriff freilich weit von dieser

letzten Bedeutung entfernt. Er vereinigt eigentlich alle die Seiten in sich, die in der vielgestaltigen Gedankenwelt dieser Zeit vereinigt sind. Er hat etwas an sich von der alten neuplatonischen Gnosis, jener inneren Erleuchtung, die dem Menschen als eine Offenbarung zu teil wird und darin ihren Grund hat, daß er selbst ein Teil des das All durchströmenden göttlichen Geistes ist. Er besteht aber auf der andern Seite nicht minder in der vernünftigen, in den Formen des klaren logischen Denkens sich bewegenden Überlegung; und er ist endlich in vielen Fällen mit dem Instinkt des Naturforschers identisch, der, ehe er noch aller Glieder einer Schlußreihe vollkommen mächtig ist, schon das Richtige erkennt. So schillert der Begriff der „Lux naturalis“ im ganzen zwischen schwärmerischer Ekstase, nüchterner Verstandeserkenntnis und praktischem Takt. Er ist bald eines von ihnen, bald alles zugleich, ein Gemisch aus Mystik und Rationalismus, eben darum aber auch fähig, im Wandel der Zeiten allen Bedürfnissen sich anzupassen.

Zwei Gebiete des menschlichen Lebens sind es, an die der Mensch der Renaissance, von diesen Ideen geleitet, vor allem mit neuen Gedanken herantritt: die Religion und der Staat. Es sind die Lebensgebiete, auf denen die Gebundenheit der mittelalterlichen Welt am schwersten lastete, und in denen daher auch das Freiheitsgefühl der neuen Zeit vor allem in neuen Idealen sich Luft machte. Freilich ist auf religiösem Gebiet die Autorität der Kirche noch allzu gewaltig, um nicht dem Ausdruck dieser Ideale, besonders in den katholischen Ländern, gewisse Schranken zu setzen. Der Grundgedanke bleibt immerhin unverkennbar, und er ist überall ein übereinstimmender. Er geht dahin, daß schließlich in allen Religionen die gleiche göttliche Wahrheit, nur in jeder wieder in andern Verhüllungen, enthalten sei, weil eben diese Wahrheit aus zwei, allen Menschen zugänglichen Quellen stamme, aus der Offenbarung Gottes in der äußeren Natur, und aus jenem ,inneren Licht", in dem der Mensch einen Funken des göttlichen Geistes in sich selbst trage. Es ist immer derselbe Gedanke, ob nun Jean Bodin in seinem „Colloquium heptaplomeres" Vertreter der verschiedenen Religionen und religiösen Anschauungen miteinander streiten und schließlich zu dem Resultat kommen läßt, daß alle Religionen gleich gut seien, oder ob Herbert von Cherbury in den Glauben an Gott, an ein zukünftiges Leben und an den Wert der Tugend und Frömmigkeit das Wesen aller Religion verlegt. Der Wert, den man im Gegensatze zur äußeren Autorität der eigenen

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