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Beziehung sind bei Bacon die gegensätzlichen Richtungen, die sich später in der englischen Ethik entwickeln sollten, noch ungeschieden. Dagegen ist ihm die Beurteilung der verschiedenen Formen des Sittlichen ganz und gar eine Sache der Erfahrung, so daß er auch die maßgebenden Unterscheidungen aus den realen Verhältnissen des menschlichen Lebens zu entnehmen sucht. Hier ergibt sich ihm nun, daß das Gute unter allen Umständen mit dem Nützlichen zusammenfällt. Das Nützliche hat aber wieder einen doppelten Zweck: das Einzelwohl und das Gesamtwohl. Das Einzelwohl besteht in der Befriedigung der individuellen natürlichen Triebe, der Selbsterhaltung, der Selbstvervollkommnung und der Fortpflanzung. Das Gesamtwohl beruht auf der Befriedigung der Bedürfnisse, die durch die Verhältnisse der menschlichen Gattung bestimmt werden, und durch die jedem Einzelnen gewisse Pflichten gegen die Menschheit überhaupt sowie gegen die besonderen Gesellschaftskreise, in denen er sich befindet, auferlegt sind. Da aber der Einzelne zur Befriedigung seiner individuellen Bedürfnisse auf die Hilfe seiner Mitmenschen angewiesen ist, so folgt der Mensch in beiden Richtungen der Richtschnur des wohlverstandenen eigenen Interesses; und daraus beantwortet sich auch die Frage, ob das Einzelwohl oder das Gesamtwohl vorzuziehen sei. Die Natur selbst zeige hier den richtigen Weg, indem sie überall, und zum Teil auf Kosten des Einzelnen, die Erhaltung der Gattung und des Ganzen erstrebe. Die echte Tugend besteht ihm daher in dem gemeinnützigen Handeln, und er macht, offenbar nicht ganz mit Recht, der antiken Sittenlehre den Vorwurf, sie habe nur das individuelle Wohl im Auge gehabt. Nur dadurch sei sie zu der gänzlich verkehrten Ansicht gelangt, das beschauliche Leben jedem andern vorzuziehen, während doch das tätige Leben das allein wertvolle sei*).

In diesen mehr andeutend als ausführend gehaltenen Betrachtungen treten besonders drei Punkte bedeutsam hervor: die vollständige Lösung der Moral von der Religion, ihre Trennung von allen metaphysischen Voraussetzungen und das Streben, statt dessen psychologische Motive des Sittlichen aufzufinden, wobei freilich über der Natur dieser Motive eine gewisse Unbestimmtheit schwebt. Dazu kommt dann noch die Verlegung der Endzwecke des Sittlichen in die Verbindung des Einzelwohls mit dem Gesamtwohl.

*) De dignit. et augment. scient., lib. VII. Sermones fideles, besond. 16, 17, 56-59.

Nach diesen drei Richtungen wird dieser Versuch einer auf politische Motive zurückgehenden weltlichen Moral weitergebildet und folgerichtig durchgeführt von Thomas Hobbes. Er übertrifft Bacon weit an eindringender Schärfe des Verstandes, freilich auch an Einseitigkeit der Anschauungen. Das Gefühlsleben existiert für ihn nicht. Er möchte, darin dem scholastischen Nominalismus verwandt, in der Wissenschaft alles auf die Klarheit logisch-mathematischer Schlußfolgerungen zurückführen. Macht dieses Streben ihn zum entschiedenen Vertreter der Baconischen Nützlichkeitslehre, die er nur bestimmter als sein Vorgänger aus dem natürlichen Egoismus des Menschen zu deduzieren sucht, so verträgt sich dagegen damit nicht mehr die Gebietsteilung zwischen Religion und Sittlichkeit. Beide Gebiete haben sich vielmehr der Vernunft, der Rücksicht auf das Gemeinwohl, das schließlich das Wohl aller Einzelnen ist, unterzuordnen. Das natürliche Sittengesetz besteht daher lediglich in der richtigen Überlegung der nützlichen oder schädlichen Folgen einer Handlung. Eine Verletzung dieses Gesetzes ist ein Verstandesfehler: sie kann nur aus falschem Schließen hervorgehen, da niemand absichtlich gegen seinen eigenen Nutzen handelt; und es ist unmöglich, daß das göttliche Gesetz, das in den Sittenlehren der heiligen Schrift niedergelegt ist, einen andern Inhalt habe als dieses natürliche Sittengesetz. Beide sanktionieren sich daher wechselseitig. Ebenso wenig wie das religiöse kann endlich das bürgerliche Gesetz dem natürlichen Sittengesetz widerstreiten, denn es will nur feststellen, was für alle Einzelnen im Zusammenleben mit Andern nützlich ist. Die drei Gesetze verfolgen so einen und denselben Zweck: den Vorteil und Nutzen aller einzelnen Menschen. Wie aber ein scheinbarer Widerspruch zwischen ihnen, der nur auf einem Verstandesirrtum beruhen kann, seine Ausgleichung finden müsse, das kann für Hobbes nicht zweifelhaft sein. Dem individuellen Ermessen kann hier die Entscheidung unmöglich zustehen, wenn nicht der Friede der Gesellschaft, diese Bedingung für jedes nützliche Streben des Einzelnen, gestört werden soll; auch das religiöse Gebot kann nicht entscheiden, denn es unterliegt wieder der individuellen Auffassung und Deutung. Nur das bürgerliche Gesetz kann die maßgebende Instanz bilden. Es hat nicht nur den Konflikt individueller Interessen zu schlichten, sondern es vermag auch allein den wahren Inhalt der religiösen Gebote, wie er von jedem verstanden werden soll, endgültig festzustellen. Hobbes erklärt daher jede Religion für Aberglauben, die nicht vom Staat sanktioniert

sei. Natürlich hat der Scharfsinn des Philosophen nicht übersehen, daß in einem einzelnen Fall an sich der bürgerliche Gesetzgeber im Unrecht und das demselben widerstreitende individuelle Gewissen im Rechte sein könne. Aber er hält es für unzulässig, daß dieser logisch mögliche Fall jemals praktisch wirklich werde, und hierzu bestimmen ihn zwei Gründe. Einmal hat das bürgerliche Gesetz das Wohl aller Einzelnen, der Einzelne aber hat zunächst nur sein eigenes Wohl im Auge; darum kann der letztere leichter irren. Ferner ist der Einzelne gar nicht im stande, sein eigenes Interesse zu fördern, wenn ihm die hierzu erforderliche öffentliche Sicherheit mangelt. Ist die Herrschaft des bürgerlichen Gesetzes die Bedingung für die nutzbringende Tätigkeit auch des Einzelnen, so muß daher jenes formell Recht behalten, auch wenn es je einmal materiell im Unrechte sein sollte.

Diese Auffassung, welche die innerhalb gewisser Grenzen unerläßliche Suprematie der politischen Gesetzgebung über den Einzelwillen zu einer unbedingten macht, hängt mit der von Hobbes gegebenen psychologischen Herleitung der Moralgesetze sowohl wie der öffentlichen Rechtsordnung zusammen. Der Grundgedanke ist hier überall der, daß der Eigennutz die Handlungen der Menschen bestimme. Während Bacon das Streben nach dem Einzelwohl und dem Gesamtwohl noch bis zu einem gewissen Grade getrennt und auf verschiedene Triebe zurückgeführt hatte, ist nach Hobbes die Selbstliebe das offenkundige Motiv aller Handlungen; das Gemeinwohl strebt der Einzelne nur insoweit zu fördern, als er damit seinem eigenen Wohle dient. Diese pessimistische Auffassung der Menschennatur führt ihn zu der Ansicht, daß der Naturzustand ein Streit Aller gegen Alle gewesen sei. Zur Bekräftigung derselben beruft er sich darauf, daß auch im Kulturzustand das Mißtrauen überall die menschlichen Handlungen beherrsche, und daß jeder an diejenigen sich anschließe und diejenigen liebe, von denen er Schutz und Förderung seiner Interessen erwarte. Dieses egoistische Streben ist ihm daher auch die einzige Grundlage der Staatsordnung. Sie beruht auf der Einsicht, daß das Wohl aller Einzelnen am besten besteht, wenn die vielen Willen einem Willen sich unterwerfen. Aus diesem Grunde ist die Alleinherrschaft die zweckmäßigste Staatsform*).

*) De corpore politico, pars I. De cive, lib. I, cap. 2-4, lib. III, cap. 15. Leviathan, pars I. Human nature, chap. 7-13.

So kommt in der absolutistischen Krönung dieser Theorie von jenen beiden Motiven, die den politischen Gedanken der Renaissance von Anfang an ihre Richtung gaben, dem der Freiheit und dem der Sicherheit, hier das zweite zum entscheidenden Übergewicht. Es sind offenkundig persönliche Lebenserfahrungen, die hier bei der Gestaltung der Anschauungen des im Denken rücksichtslos kühnen, von Gemüt aber, wie er selbst sagt, furchtsamen Philosophen wirksam werden. In den Stürmen der Revolution, die er mit durchlebt, schien ihm ein fester königlicher Wille die einzige Rettung für das im Kampf der Parteien hin- und hergeworfene Staatsschiff zu sein. Doch nicht in dieser letzten, mehr zufälligen Konsequenz, sondern in den Grundgedanken seiner Staats- und Moraltheorie liegt die Bedeutung seiner Stellung, durch die er der vollkommenste Interpret seiner Zeit nach der einen Richtung der in ihr sich begegnenden geistigen Strömungen ist. Entscheidend ist hier vor allem sein. rein weltlicher Standpunkt, der in der unbedingten Überordnung des politischen Motivs über das religiöse, und sodann in der letzten Zurückführung der menschlichen Handlungen überhaupt auf den Egoismus sich ausspricht. Darum ist ihm der Staat eine willkürliche menschliche Schöpfung. Seine Entstehung beruht aber nicht bloß, wie die scholastische Theorie angenommen hatte, auf einem Unterwerfungsvertrag, bei dem die Gesellschaft bereits als bestehend vorausgesetzt wird, sondern zuerst muß die Gesellschaft selber sich bilden, ehe sie sich einem Willen unterordnen kann. Gesellschaftsvertrag und Unterwerfungsvertrag schließen sich daher als zwei Akte aneinander. So ist der Staat schließlich durchaus eine freie Schöpfung der Einzelnen. Diese Idee konnte ebensogut, und vielleicht mit größerem Rechte, zu den demokratischen Staatsidealen führen, wie sie bei Hobbes selbst zu einem absolutistischen geführt hat. Wie der Staat, so geht dann auch die Moral zurück auf den Willen des Einzelnen. Das natürliche Sittengesetz ist schließlich das Gesetz des Egoismus, das sich in dem bürgerlichen Gesetz nur eine Form schafft, in der die egoistischen Interessen der Einzelnen so weit als möglich nebeneinander ihre Befriedigung finden. einseitig und in ihrer Einseitigkeit willkürlich diese Theorie erscheint, so folgerichtig ist sie, wenigstens im Lichte ihrer Zeit, von den beiden sie beherrschenden Voraussetzungen aus, daß die Formen des menschlichen Zusammenlebens Schöpfungen des menschlichen Willens seien, und daß das Handeln des Menschen von seinen sinnlichen Bedürfnissen und Trieben, sodann aber, nachdem er in den Zustand

So

der Kultur eingetreten, von der vernünftigen Erwägung dessen, was ihm nützlich und schädlich sei, bestimmt werde. In beidem, in dem stark hervortretenden politischen und in dem egoistischen Motiv, ist dieses System der klassische Ausdruck der einen der geistigen Strömungen der Renaissance, der rein weltlichen. Einem psychologisch noch ungeübten, aber logisch bereits wohlgeschulten Denken, wie es dieser Zeit eigen, sind die politische Vertragstheorie und die egoistische Reflexionsmoral vollkommen adäquat. Darum beherrschten sie damals die weltliche Philosophie, wie noch heute weit verbreitet die populären Meinungen.

c. Das religiöse Motiv und die Moral der Affekte.

Hatte in England unter dem Einfluß der im 16. Jahrhundert errungenen kirchlichen Unabhängigkeit und der im 17. folgenden politischen Kämpfe der Gedanke einer rein weltlichen Moral frühe schon Wurzel gefaßt, so bewegen sich in der gleichen Zeit die herrschenden Strömungen der kontinentalen Philosophie durchaus auf andern Bahnen. Sie sind darin sichtlich der Ausdruck einer von jenen weltlichen Bestrebungen zum Teil weit abliegenden geistigen Richtung der Zeit. Gerade in den kontinentalen Ländern Europas hatte ja die Reformation eine energische Gegenbewegung wachgerufen, in der die Kirche ihre Kraft zu sammeln und unter dem wachsenden Einfluß des neu gegründeten Ordens der Jesuiten das geistige Leben wieder sich dienstbar zu machen strebte. Aber auch in den protestantischen Ländern fesselten, durch die konfessionellen Streitigkeiten erregt, vor allem die religiösen Interessen die Gemüter. Mochte darum immerhin die in der Renaissance begonnene geistige Bewegung nicht mehr zu hemmen sein und besonders in der Naturwissenschaft und in den humanistischen Studien immer weitere Kreise ziehen, so behielt im ganzen doch die Theologie eine dominierende Stellung, und sie übte ihren Einfluß selbst auf völlig unabhängige Denker, die sich nun einmal der geistigen Atmosphäre, in der sie lebten, nicht entziehen konnten. Der sprechende Ausdruck dieser zwischen weltlichen und religiösen Impulsen hin- und hergeworfenen Lebensanschauungen ist die cartesianische Philosophie. Weltlich ist sie in allem dem, was die äußere Welt angeht; religiös, wenn auch nicht unbedingt kirchlich in den Fragen, die sich auf die Innenwelt des Menschen beziehen. So sind vor allem die sittlichen Ideen durchaus religiös gerichtet, was mehr noch,

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