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Beweises seien sie unzugänglich; aber es genüge, sie sich gegenwärtig zu halten, um ihre Notwendigkeit einzusehen *). In diesem Vergleich mit den mathematischen Axiomen oder auch der Sittengesetze mit den Naturgesetzen macht sich deutlich der Einfluß der exakten Wissenschaften geltend, der sich in dieser durch den Puritanismus erregten Zeit, vor allem in England in ihren hervorragendsten Vertretern, wie das Beispiel Isaak Newtons zeigt, nicht selten mit einem Zug religiöser Mystik verbindet. In dieser eigentümlichen Mischung zieht sich der Intellektualismus bis in das 18. Jahrhundert hinein, wo er sich dann freilich zugleich den Einflüssen der mittlerweile aufgekommenen empirischen Moralphilosophie nicht ganz entziehen kann. Die Hauptvertreter dieses späteren Intellektualismus sind William Wollaston und Samuel Clarke, der Freund Newtons **).

Die sittlichen Normen besitzen nach ihnen eine objektive Realität, die, wie Clarke behauptet, derjenigen der mathematischen und physikalischen Gesetze ebenbürtig ist, so daß eine Rechtsverletzung auf sittlichem Gebiete das nämliche sei wie eine den Naturgesetzen widerstreitende Veränderung der Eigenschaften der Körper auf natürlichem. Wie das Wahre in der Übereinstimmung unserer Vorstellungen mit der Natur der Dinge bestehe, so das Gute in der Übereinstimmung unserer Handlungen mit den Dingen. Jedem Ding ist von Gott unabänderlich seine Bestimmung angewiesen; es nach dieser Bestimmung behandeln, ist nach Wollaston gleichzeitig sittlich und gehorsam gegen Gott handeln. Wie Gott der Natur ihre unabänderlichen Gesetze gegeben, die er niemals verletzt, so hat er nach Clarke auch allen Dingen eine bestimmte Angemessenheit zueinander gegeben, in welcher ihre sittliche Natur besteht. Der Begriff der „Lux naturalis" tritt so in engste Beziehung zu dem der Lex naturalis". In den Leges naturae" sieht man mit Newton die Gesetze, nach denen Gott die Welt regiert. Die „Lux natu

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*) The true intellectual system of the universe. London 1678. (Latein. Ausgabe von Mosheim, 2. Aufl. Lugd. Bat. 1773.) Vgl. bes. B. I, chap. IV, Nr. 8-14, und chap. V. Kürzer zusammengefaßt, freilich aber zugleich mit mancherlei Mystischem vermengt, sind die Lehren des Intellektualismus in Henry Mores Enchiridion ethicum, libri III, opp. omn. I. Londini 1679.

**) Wollaston, The religion of nature delineated, 6. edition. London 1738. Die Hauptstellen hieraus bei Erdmann, Geschichte der neueren Philosophie, Bd. II, 1. Abt., Beil. S. XLIII ff. Clarke, A discourse of the being and attributes of God etc. Deutsche Übersetzung, 1756, 2. Abhandlung, S. 187 ff.

ralis" aber ist die Vernunft, die diese Gesetze in ihrer Notwendigkeit erkennt.

In seiner absoluten Vorherrschaft des religiösen Motivs bildet dieser Intellektualismus den vollen Gegensatz zu der rein weltlichen Moral eines Thomas Hobbes; dennoch sind beide in doppelter Beziehung einander geistesverwandt: sie sind intellektualistisch und individualistisch. Freilich hat es schon in dieser Zeit auch in der englischen Moralphilosophie an Vermittlungsversuchen nicht gefehlt, die solche Einseitigkeit auszugleichen bemüht waren, während sie zugleich den weltlichen und den religiösen Motiven nebeneinander zu ihrem Rechte zu verhelfen suchen. Darin bereiten sich Bewegungen vor, die dem Zeitalter der Verstandes aufklärung seinen Charakter verleihen, in das ohnehin diese letzten Ausläufer der Renaissancephilosophie überall schon hineinreichen *).

2. Die Verstandesaufklärung.

a. Die Ideale der Verstandesaufklärung.

Das Zeitalter der Renaissance hatte der Gebundenheit des mittelalterlichen Denkens die Freiheit der Einzelpersönlichkeit, der Autorität der Kirche die eigene Überzeugung, der religiösen Hingebung und Kontemplation das weltliche Interesse und die Freude am tätigen Leben gegenübergestellt. Beim Abschluß desselben hatte sich nach manchem vergeblichen Ringen, vor allem unter dem Einfluß der neuen Naturwissenschaft und Philosophie, eine neue Weltanschauung zu bilden begonnen, die bei allem Streit der Philosophen über das einzelne in der Hauptsache festzustehen schien. Das neue Weltsystem, der Gedanke der Unendlichkeit des Universums, die Ewigkeit und Unveränderlichkeit der Naturgesetze ließen sich nicht mehr zurückweisen, und es lag nahe genug, die Idee dieser

*) Der hervorragendste Vertreter einer solchen eklektischen Moral, der in vielem nicht bloß die kommende Zeit vorausnimmt, sondern auch durch sein noch im 18. Jahrhundert in England viel gelesenes Werk auf dieselbe gewirkt hat, ist Richard Cumberland (De legibus naturae disquisitio philosophica, 1662, bes. cap. I, III und V). Hier muß es genügen, seiner als eines Mannes zu gedenken, in dem die spätere Moralphilosophie der englischen Aufklärung nach manchen Richtungen schon vorgebildet ist. Eine treffliche Übersicht von Cumberlands System sowie auch der späteren englischen Moralphilosophie gibt Fr. Jodl in seiner Geschichte der Ethik in der neueren Philosophie, Bd. 1, S. 136 ff.

Gesetzmäßigkeit auf den Menschen selbst, seine Stellung in Staat und Gesellschaft, auf sein Recht und seine Sitte zu übertragen. So kann es denn nicht Wunder nehmen, daß, als das Zeitalter der Renaissance zu Ende ging, der Mensch, der sich im Vollbesitz dieser neu errungenen Kulturgüter wußte, geneigt war, mit Verachtung auf vergangene, dunklere Zeiten zurückzublicken, und daß er allmählich sich der Meinung hingeben konnte, der Menschheit sei nun das Geheimnis ihrer eigenen Existenz, ebenso wie das der sie umgebenden Welt offenbar geworden, und es bedürfe nur noch der Überführung des klar Erkannten in die Wirklichkeit, um auch in Staat und Gesellschaft den Zustand einer nicht mehr zu überschreitenden Vollkommenheit herbeizuführen. In dem Maße, als sich diese neue Selbstgewißheit des Denkens auszubreiten beginnt, geht das Zeitalter der Renaissance in das der Aufklärung über. Natürlich geschieht auch dieser Übergang nicht plötzlich, sondern allmählich. Auf der einen Seite reichen die philosophischen Entwicklungen, die als letzter und vollendetster Ausdruck der Ideen der Renaissance uns entgegentraten, schon mitten in die Strömungen der Aufklärung hinein. Auf der andern Seite stehen inmitten der ihrer Grundtendenz nach durchaus der letzteren angehörenden Entwicklungen noch große, nach ihrer Bedeutung den genialen Schöpfungen der Renaissance sich würdig anreihende Leistungen. Im ganzen aber das läßt sich nicht verkennen beginnt in dem Augenblick, wo man sich auf der Höhe des Erreichbaren angelangt glaubt, die geistige Schaffenskraft abzunehmen, wenn auch das, was intensiv, an Tiefe und Macht der Ideen verloren geht, extensiv, durch die zunehmende Ausbreitung der Bildung, einigermaßen ausgeglichen wird. wird. Je mehr der unruhige Schaffensdrang des Menschen der Renaissance dem befriedigten Gefühl des erworbenen Besitzes Platz macht, umsomehr wird der Geist der Zeit nüchterner, verständiger. Die Phantasie tritt zurück, die Reflexion wird vorherrschend. Mit verständiger Reflexion meint man mehr und mehr alles, das Alltägliche wie das Ungewöhnliche, das Tiefste und das Höchste erfassen zu können. Der Verstand beherrscht die Philosophie, er vertreibt die Mystik auch aus der Religion, sei es, daß er die Dogmen als ein Gegebenes hinnimmt, sei es, daß er sich bemüht, sie mittels nüchterner Verstandesüberlegungen begreiflich zu finden. Vor allem aber wird mehr und mehr innerhalb der Verstandesaufklärung selbst der Gesichtspunkt des Nutzens maßgebend. So dunkel auch der Ursprung der religiösen Offenbarung sein mag, daran kann kein Zweifel sein, daß sie der Mensch

heit zum Heil gereicht. Darum setzt die Aufklärung den Triumph ihrer Weisheit darein, nachzuweisen, daß Offenbarung und natürliche Erkenntnis schließlich einen und denselben Inhalt haben. Damit sind dann jene verschiedenen Bedeutungen, zwischen denen dereinst der Begriff der „Lux naturalis“ geschillert hatte, glücklich zu einer einzigen verbunden. Und wie die Religion mindestens in ihrem letzten praktischen Zweck, so beruhen vollends Staat und Recht als menschliche Schöpfungen durchaus auf verständiger Überlegung. Nach den Zwecken, denen sie dienen sollen, hat sie der Mensch eingerichtet, und wo sie durch Mißbrauch der Gewalt oder andere ungünstige Einflüsse ihren Zwecken nicht mehr entsprechen, da können sie ebensogut willkürlich geändert werden, wie sie einst willkürlich entstanden sind. So ist denn diese Zeit überaus reich an Verfassungsprojekten, an Vorschlägen zu neuen Rechtsordnungen, zu Einrichtungen, die einen ewigen Frieden verbürgen sollen u. s. w.; und diese Vorschläge betrachten durchweg die menschliche Gesellschaft als eine Summe von Individuen, die nicht nur selbst nach verständigen Überlegungen handeln, sondern die sich auch mittelst solcher beliebig regieren lassen. Begreiflich daher, daß dieser Zeit jener Sinn für geschichtliche Entwicklung, wie er in einzelnen Denkern der Renaissance, freilich manchmal in phantastischen, an kosmogonische Mythen erinnernden Konzeptionen, aufleuchtet, verloren geht. Ein so lebhaftes Gefühl man für die Vervollkommnung des einzelnen Menschen hat, der Gedanke, daß die Menschheit als solche sich entwickle, und daß die Weltgeschichte die Gesetze dieser Entwicklung in sich schließe, tritt erst gegen das Ende dieser Periode hervor und weist bereits auf eine neue, von andern Anschauungen erfüllte Zeit hin. Der Verstandesaufklärung selbst liegt dieser Gedanke gerade in den Jahrzehnten, in denen sie sich auf dem Höhepunkt ihrer Macht fühlt, in dem Maße fern, als ihr von Hause aus die Tendenz der Uniformierung innewohnt. Wie jener

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gesunde Menschenverstand", an den man in allen Fragen mit Vorliebe appelliert, für alle Menschen von normaler geistiger Konstitution derselbe ist, so ist er, wie man meint, auch unwandelbar im Laufe der Zeiten. Nur freilich, daß Vorurteile und falsche Vorspiegelungen sowohl beim Einzelnen wie zuweilen in ganzen Zeiten das natürliche Licht des Verstandes verhüllen können. Umsomehr setzt die Aufklärungsphilosophie ihre höchste Kraft ein, nicht bloß selbst aufgeklärt zu sein, sondern auch aufzuklären, Wissen und philosophische Bildung zu verbreiten. Sie wird in der Zeit, wo sie

auf dem Gipfel ihrer Herrschaft und freilich zugleich im Tiefpunkt ihrer eigenen schöpferischen Leistungen steht, Popularphilosophie. Frühe schon kündet sich diese in vieler Beziehung verdienstliche, wenn auch der Verflachung des Denkens stark entgegenkommende Tendenz in einer populären Zeitschriften- und Flugschriftenliteratur an, die sich von England, dem frühesten Sitz der Verstandesaufklärung, aus über alle Länder Europas verbreitet, und die zuerst außerhalb einer strengeren wissenschaftlichen Literatur steht, dann aber allmählich auch diese in ihren Bannkreis zieht.

b. Die Reflexions moral der Aufklärung und das Freidenkertum.

In England, wo die politische Selbständigkeit des Bürgertums, die im Gefolge der staatlichen Umwälzungen eingetreten war, zu Ende des 17. Jahrhunderts das Freiheitsbewußtsein mächtig gestärkt hatte, wo nach dem Niedergang in den Schrecken des Bürgerkriegs neuer Wohlstand sich ausbreitete, und im Schutz dieses Wohlstands die Naturwissenschaft ihre erfolgreichsten Fortschritte machte, in England vor allem war der Boden vorbereitet für die neue Aufklärungsbewegung. Von hier breitete sie sich aus, um dann in jedem der an dieser Kulturbewegung teilnehmenden Länder Europas wieder neue und eigentümliche Formen anzunehmen. Der Mann, in dem diese ganze Richtung, wie sie in den beiden letzten Dezennien des 17. Jahrhunderts sich ausgebildet hatte, in ihren theoretischen Überzeugungen wie in ihren praktischen Tendenzen, in ihren Vorzügen wie in ihren Schwächen, auf das vollkommenste sich spiegelt, ist John Locke. Wenn es für ein Zeitalter und für die geistige Richtung eines solchen typische Persönlichkeiten gibt, so ist John Locke eine solche. Hierin, nicht in dem absoluten Wert seiner Schriften, der für uns heute im ganzen ein sehr geringer geworden ist, besteht seine Bedeutung. Auch in dieser Beziehung, seinem großen Wert für die eigene, seinem relativ geringen für die kommende Zeit, ist er der echte Repräsentant der Aufklärung. Selbst auf ethischem Gebiet, wo er noch am meisten unmittelbar aus den Anregungen schöpfte, die ihm das ihn umgebende neue politische Leben bot, ist es weniger die Neuheit der Ideen, die ihn auszeichnet, als Besonnenheit des Urteils und behutsame Abwehr extremer, dem gesunden Menschenverstand paradox erscheinender Ansichten. War das letztere besonders der Fehler von Hobbes, dieses originaleren und kühneren Denkers gewesen, so ist es dessen Einseitigkeit, die Locke

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