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richtung. Wenn sie einen dieser Bedeutung entsprechenden Erfolg nicht errungen hat, so mag dies zum Teil an der wenig günstigen literarischen Form liegen, in der sie in die Welt trat. Vielleicht aber auch, daß sie vor allem in dem, was ihre Hauptstärke ausmachte, in der Loslösung der Moral von der Religion und dieser wiederum von den Stützen, die ihr die Verstandestheologie und die kantische Religion der Moral zu geben gesucht hatten, ihrer Zeit allzusehr voraus war. So kam es, daß namentlich in der Theologie die äußere, mehr und mehr in ein formelhaftes Wesen übergehende Umdeutung der Glaubenslehren in subjektive religiöse Erlebnisse fortdauerte, daß aber jene Grundgedanken, die mit bewundernswertem Freimut die beiden Jugendwerke verkündeten, so gut wie völlig verloren gingen. Immerhin bleibt es ein Ruhm der deutschen Theologie, daß einer der Ihren den Mut gefunden hat, in dieser Weise die Moral von der Religion zu trennen, um jedem dieser Lebensgebiete seinen selbständigen Wert zu sichern. Auch muß man gerechterweise zugestehen, daß, was der Position Schleiermachers in jener Zeit des Kampfes der Romantik gegen die Aufklärung ihre siegreiche Stärke verlieh, für uns zum Teil hinfällig geworden ist, weil die Gegner, die er bekämpfte, 'und die seiner eigenen Weltanschauung durch den Gegensatz zu ihnen ihr Gepräge gaben, heute für uns nicht mehr oder doch höchstens noch in den Nachwirkungen vorhanden sind, die sie zurückgelassen haben.

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Als Schleiermacher der Religion ihre Stellung gegenüber der Metaphysik und der Moral anwies, da hatte er die Metaphysik der Verstandesaufklärung und die Moraltheologie Kants im Auge. Jene Metaphysik, die er aus der Theologie verbannen möchte, ist daher die naturalistische des 18. Jahrhunderts, die eine Welterkenntnis" sein will und dabei unter Welt ein auf der Naturbetrachtung aufgebautes Begriffssystem versteht. Diese Metaphysik, aus der die ,natürliche Theologie" hervorgegangen war, völlig vom religiösen wie vom moralischen Gebiet auszuscheiden, war er sicherlich im Rechte. Ebenso wird man den Scharfblick bewundern müssen, mit dem er, noch heute verbreiteten Zeitströmungen weit voraus, in der kantischen Moraltheologie die nachgeborene Schwester jener natürlichen Theologie der Aufklärung erkannte, und mit dem er in dem lebhaften Gefühl für die von allen moralischen Beweggründen weit abliegende Eigenart des religiösen Gefühls auch diese kantische Umkehrung der transzendenten theologischen Utilitätsmoral von sich abwies. Aber was der naturalistischen Metaphysik und der Moral

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theologie gegenüber berechtigt war, das ist damit doch noch nicht allgemeingültig. Darum, wenn wir heute die Welterkenntnis" so wenig als das Ziel der Metaphysik wie die „Gotteserkenntnis“ als das der Theologie ansehen, sondern die einzige Aufgabe einer philosophischen Weltbetrachtung darin erkennen, daß sie uns über die Gesamtheit unserer äußeren wie inneren Erlebnisse in einer befriedigenden, mit dem jeweiligen Zustand unserer Erkenntnis auf allen Gebieten übereinstimmenden Weise orientiere, so werden aus einer solchen Aufgabe die religiösen so wenig wie die moralischen Probleme auszuschließen sein. Und wenn das Problem der Ethik nicht dies ist, ein a priori in uns gelegtes Sittengesetz festzustellen, sondern in dem Sinne, in dem Schleichermacher selbst dies angedeutet, die Tatsachen des sittlichen Lebens in ihrer konkreten Mannigfaltigkeit zu betrachten und die in ihnen wirksamen Kräfte aufzusuchen, dann läßt sich auch unmöglich von den Wechselwirkungen zwischen Religion und Sittlichkeit absehen, die in der Geschichte ihre deutlichen Spuren zurückgelassen haben. So ist Schleiermachers Ethik und Religionsphilosophie gerade in dem größten, was sie geleistet hat, zeitlich bedingt. Wie die naturalistische Metaphysik der Aufklärung und die Moraltheologie Kants der Vergangenheit angehören, so ist auch sein dreifacher Standpunkt der Weltbetrachtung für uns unhaltbar geworden, weil Erkennen, Wollen und Fühlen nicht abgesonderte geistige Kräfte sind, sondern in jeder geistigen Schöpfung, und darum schließlich auch in den beiden gewaltigsten, in Religion und Moral, zusammenwirken müssen, In der Tat kommt dieser Gedanke bei Schleiermacher selbst mannigfach zum Durchbruch. Die Sonderung der Lebensgebiete wird von ihm nur für das sittliche Handeln festgehalten, während es ihm als selbstverständlich gilt, daß die sittliche Gesinnung stets auch mit der religiösen Gesinnung verbunden sei. Die Scheidung ist also durchgeführt für die Zwecke, sie ist es nicht für die Motive des Sittlichen. Indem aber Schleiermacher einerseits, der äußerlichen Auffassung des theologischen Utilitarismus gegenüber, an dem selbständigen Wert des Sittlichen, und anderseits im Gegensatze zur völligen Verweltlichung der Moral an der Einheit der sittlichen und religiösen Persönlichkeit festhält, wird seine eigene Stellung eine unsichere. Alles soll man tun mit Religion, nichts aus Religion": dieser Satz ist für solche Unsicherheit kennzeichnend. Die erste Hälfte fordert die religiöse Gesinnung als Vorbedingung der sittlichen Tat; die zweite weist religiöse Beweggründe zurück, und sie

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legt daher die Frage nahe, ob das Sittliche, wie es ein selbständiges Zweckgebiet ist, so nicht auch aus selbständigen Motiven entspringe. Schleiermacher hat diese Frage unbeantwortet gelassen, da ihn seine eigentümliche Gebietsteilung zwischen Metaphysik, Religion und Moral überhaupt zu einer klaren Formulierung des Motivproblems nicht gelangen ließ.

4. Ethische Richtungen der Gegenwart.

a. Allgemeiner Charakter der neueren Geistesrichtungen.

So wenig sich die Gegenwart irgendwie sicher gegen die Vergangenheit abgrenzen läßt, ebensowenig läßt sich natürlich in ähnlicher Weise ein Bild der Gegenwart entwerfen, wie man dies für vergangene Zeitperioden versuchen kann. Wissen wir doch immer nur von denjenigen Strömungen des Lebens der Gegenwart einigermaßen Rechenschaft zu geben, die selbst schon zu einem guten Teil der Vergangenheit angehören, und die wir bloß deshalb der Gegenwart zurechnen, weil sie mehr als andere vorangegangene Bewegungen noch heute nachwirken. Eine Geschichte der Gegenwart kann daher im besten Fall ein Versuch sein, aus der Geschichte der letzten Vergangenheit nachzuweisen, wie die Zustände geworden sind, die wir unter jenem im Flusse des geschichtlichen Werdens eigentlich sich immerfort selbst wieder aufhebenden Begriff zusammenfassen.

Im Anfang dieser noch heute in Persönlichkeiten und verbreiteten Strömungen nachwirkenden Zeit steht nun als eine der prägnantesten Erscheinungen die Reaktion gegen die Romantik, vor allem gegen ihre mystischen Tendenzen. Die Verstandesaufklärung scheint wieder auferstehen zu wollen, freilich nicht in der alten überlebten Form, sondern in neuer Gewandung, in der teils die politischen Ideen der Revolution, teils die Romantik selbst nachwirken. In der allgemeinen Literatur aller Länder Europas tritt diese romantisch-freigeistige Richtung hervor, halb aus Sturm und Drang, halb aus Aufklärung gemischt, nach den lokalen Bedingungen mannigfach abweichend, überall aber als ein neues Element politische und soziale Zukunftsideale hinzubringend: so in England und Frankreich in dem inmitten der Romantik erwachsenden Naturalismus und Realismus, so auf deutschem Boden vor allem in der verwandten Richtung des jungen Deutschland". In der Frage der Emanzipation

der Moral von der Theologie stimmen diese Richtungen zumeist mit dem größten Ethiker der Romantik überein, mit Schleiermacher, freilich aus ganz entgegengesetzten Motiven. Hatte Schleiermacher die Religion aus der Moral verwiesen, weil ihm die Religion zu hoch stand, um sie durch solche fremdartige Beimengung zu trüben, so verfocht das neue Freidenkertum den weltlichen, natürlichen Ursprung der Moral, weil es die Religion entweder überhaupt für ein überlebtes Vorurteil vergangener Zeiten hielt, oder weil es ihr mindestens gleichgültig gegenüberstand. Diese Anschauung von einer neuen, den Vorurteilen der Vergangenheit entwachsenen Moral, die teils in der Ausbildung der einzelnen Persönlichkeit, teils in den Bedingungen des Zusammenlebens der Menschen ihre ausschließliche Wurzel habe, ist in mannigfachen Abtönungen die herrschende innerhalb aller dieser Literaturströmungen. Die Hauptrichtungen, nach denen sie auseinandergehen, finden aber in der philosophischen Literatur in zwei nahe verwandten und zum Teil durch Übergänge verbundenen, nur in ihrem Gesamthabitus charakteristisch verschiedenen Erscheinungen ihren Ausdruck: in dem „Altruismus", einer dem Vorbild des christlichen Gebots der Nächstenliebe folgenden ethischen Lebensanschauung, die jedoch grundsätzlich jede religiöse Beziehung ausscheidet; und in der Wohlfahrtsmoral", die nicht sowohl in das unmittelbare Verhältnis des einzelnen Menschen zu seinem Nebenmenschen, als in die allgemeine Gesellschaftsordnung den Schwerpunkt des Sittlichen verlegt. Wiederholen sich in diesen beiden Richtungen deutlich genug gewisse Hauptströmungen der Aufklärung, in dem Altruismus die individualistische Gefühlsmoral, in der Wohlfahrtstheorie die politische Reflexionsmoral des 18. Jahrhunderts, so empfangen jedoch beide wieder ihr eigenartiges Gepräge durch den sozialpolitischen und geschichtsphilosophischen Hintergrund ein Zug, durch den sie teils mit den im Gefolge der Revolution aufgetretenen sozialistischen Strömungen, teils mit der allgemeinen Geltendmachung der Entwicklungsidee in Beziehung stehen. Von diesen beiden Richtungen ragt namentlich die zweite bis in die Gegenwart herab. Sie darf vielleicht als die in den weitesten Kreisen der Gebildeten herrschende Richtung betrachtet werden, die auch in der Philosophie in verschiedenen Schattierungen vertreten ist.

Einen Wendepunkt in der allgemeinen Lage bildet sodann die Mitte des 19. Jahrhunderts. Hatte sich in der Bewegung des Jahres 1848 in kleinerem Maßstab das Verhältnis wiederholt, in

dem im 18. Jahrhundert die große Revolution zu der ihr vorangehenden Literaturbewegung stand, so machte sich diesmal zunächst die eintretende Gegenströmung teils in einer verbreiteten pessimistischen Stimmung, teils in mancherlei Versuchen einer Restauration älterer Doktrinen geltend. Daneben treten aber mehr und mehr zwei ethische Bewegungen in den Vordergrund, die in dem schroffen Gegensatz, der zwischen ihnen besteht, und der trotzdem ihre gelegentliche Verbindung nicht hindert, das Ende des 19. Jahrhunderts hauptsächlich charakterisieren. Die eine dieser Bewegungen hat eine neue Organisation der Gesellschaft zu ihrem Ziele. Die andere sucht ein neues Ideal der menschlichen Persönlichkeit zu gestalten. Dadurch, daß diese Richtungen, die kollektivistische wie die egoistische, beide von dem seit der geschichtsphilosophischen Periode noch fortwirkenden Entwicklungsgedanken erfüllt sind, unterscheiden sie sich wesentlich von sonst übereinstimmenden Anschauungen früherer Zeiten, während sie gleichzeitig durch den gänzlichen Mangel an philosophischer und psychologischer Vertiefung deutlich als Übergangsrichtungen zu erkennen sind.

b. Der deutsche Positivismus und Altruismus.

Unter dem von Auguste Comte seiner Philosophie zuerst beigelegten Namen des Positivismus" lassen sich füglich verschiedene Richtungen zusammenfassen, die in Deutschland, England und Frankreich ziemlich gleichzeitig hervortreten und vor allem auch auf ethischem Gebiet in der Abneigung gegen jede Art hochfliegender Spekulation, in der Beschränkung auf das positiv Gegebene ihren Vereinigungspunkt finden, wobei dann freilich die Wege, die sie einschlagen, wieder sehr verschiedene sind. Was sie einigt, das ist eben zunächst die Negation, der Widerspruch gegen die spekulative Konstruktion. Das Positive, was sie selbst an die Stelle dieser idealistischen, die Welt aus dem Absoluten heraus entwickelnden Systeme setzen wollen, richtet sich dann aber nach den besonderen Bedingungen des nationalen Mediums, in dem diese Versuche einer positiven Lebensanschauung entstehen, sowie der philosophischen Traditionen, die auf sie einwirken.

Eine eigenartige Stellung nimmt hier vor allem der deutsche Positivismus in der ersten, von auswärtigen Einflüssen im wesentlichen unabhängigen Gestalt ein, die er in Herbarts praktischer Philosophie gefunden. Herbart selbst ist durch und durch Meta

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