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diese Frage bereit haben. Die Erklärung der autonomen Theorie ist aber hier zu unbestimmt. Indem sie das Religiöse in die unmittelbare Gotteserkenntnis oder in das schlechthinige Abhängigkeitsgefühl verlegt, bleibt das Objekt dieser Erkenntnis und dieses Gefühls völlig dahingestellt. Die Antwort der ethischen Theorie ist zu enge. Selbst wer geneigt sein möchte, den Hauptwert der Religion in ihrer ethischen Wirkung zu finden, kann sich doch nicht der Überzeugung verschließen, daß Ethos und Religion, wie sie nun einmal existieren, tatsächlich im menschlichen Bewußtsein nicht identisch sind, und daß darum auch das Religiöse nicht bloß als ein eigentümlicher Standpunkt ethischer Auffassung betrachtet werden darf. Der Fehler der metaphysischen Theorie endlich in ihren beiden Gestaltungen besteht darin, daß sie die religiösen Vorstellungen mit den intellektuellen Problemen zusammenwirft. Den Parteigängern der Metaphysik wird daher die Religion zu einer Form der Welterkenntnis; den Gegnern ist sie ein Gewebe illusorischer Vorstellungen, das zur Erklärung aller oder einzelner Naturerscheinungen, wie des Todes, des Traumes oder der geistigen Vorgänge überhaupt, dienen soll.

Stellen wir uns nun, von allen diesen Theorien absehend, auf den Standpunkt psychologischer Betrachtung, so läßt sich nicht leugnen, daß jene innige Verbindung der religiösen Elemente mit anderen Bewußtseinstatsachen, die uns auf der mythischen Stufe überall entgegentritt, in latenterer Weise immer bestehen bleibt. Besitzen doch, neben den greifbareren Einflüssen überkommener Vorstellungen, namentlich die ästhetischen Gefühle, die an die Wirkungen vollendeter Kunstschöpfungen geknüpft sind, oft unverkennbar eine religiöse Färbung, und dies selbst dann, wenn der Gegenstand zu den gewohnten Religionsvorstellungen außerhalb aller Beziehungen steht. Man kann natürlich gegen diese Bemerkung nicht bloß einwenden, daß sie nicht jeder an sich bestätigt finde, worüber sich nicht streiten läßt, sondern auch, daß jene religiöse Färbung der ästhetischen Gefühle möglicherweise doch auf Assoziationen mit bestimmten Religionsanschauungen beruhe. Obgleich freilich kaum zu begreifen ist, wie z. B. ein moderner Mensch von ästhetischem Sinn, dem aber kunstmythologische Studien ferne liegen, gleichwohl beim Anblick des Zeus von Otricoli oder allenfalls sogar der Niobidengruppe an die ihm geläufigen religiösen Vorstellungen erinnert werden soll, so bliebe, selbst wenn dies als möglich zugestanden würde, immer die Tatsache bestehen, daß sich das religiöse Wundt, Ethik 3. Aufl. I.

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Element hier mit einem mannigfachen und ihm fremdartigen Inhalt des Bewußtseins verbindet. Die Frage entsteht daher, welche Bedingungen zu dem sonst religiös indifferenten Eindruck hinzutreten müssen, damit er diese Färbung gewinne. In ähnlicher Weise wird aber die gleiche Frage auch solchen Vorstellungen gegenüber erhoben werden können, denen von vornherein ein spezifisch religiöser Charakter zukommt. Denn auch bei ihnen ist schließlich das religiöse Element niemals das einzige, sondern, wenn es noch so sehr im Vordergrund stehen mag, eines neben anderen.

Welches ist nun der Begriff des Religiösen, der für alle diese bald verborgeneren bald offenkundigeren Erscheinungsweisen desselben zutrifft? Religiös sind so kann, glaube ich, vom Standpunkte psychologischer Betrachtung aus geantwortet werden alle die Vorstellungen und Gefühle, die sich auf ein ideales, den Wünschen und Forderungen des menschlichen Gemütes vollkommen entsprechendes Dasein beziehen. Dieser Begriffsbestimmung mag, um zugleich das Verhältnis der Religion zum Mythus in Kürze zu kennzeichnen, die weitere an die Seite gestellt werden: Der Mythus umfaßt die unmittelbare, durch die Objektivierung der eigenen Gemütsbewegungen entstehende Weltanschauung des Menschen samt ihren dichterischen Umgestaltungen und ihren einzelnen Überlebnissen. Das Wort „Gemütsbewegungen“ ist dabei in jenem weiteren Sinne der heutigen Psychologie gebraucht, in welchem es alle aus Gefühlen zusammengesetzten psychischen Gebilde', also neben den Gefühlen insbesondere auch die Affekte und Willensregungen in sich schließt*).

Daß der Begriff der Religion, den der erste dieser Sätze zu umgrenzen sucht, der Entwicklung einen weiten Spielraum läßt, und daß man deshalb bei dem Wort „Ideal" nicht sofort an Ideale in unserem Sinne denken darf, bedarf wohl kaum der Bemerkung. Das menschliche Ideal ändert sich mit dem Menschen selber. Es ist ur

*) Ich enthalte mich einer eingehenderen Begründung dieser Begriffsbestimmungen von Religion und Mythus, da die Diskussion dieser in der neueren Religionswissenschaft und Mythologie viel erörterten Fragen der gegenwärtigen Aufgabe allzu fern liegt. Für diese handelt es sich nur darum, die Grenzlinien der Gebiete, in die das Sittliche hinübergreift, mit zureichender Sicherheit zu bestimmen, um eine Untersuchung der wechselseitigen Beziehungen möglich zu machen.

sprünglich allem Anscheine nach ein so rohes und niedriges, daß es weder mit unserem Begriff von Religion noch mit unseren sittlichen Vorstellungen irgend etwas gemein hat. Das Ideal des Naturmenschen ist noch ganz und gar ein sinnliches: er wünscht sich ein Leben, das der Freuden die Hülle und Fülle enthalte, und von Schmerzen frei sei, und er wünscht dieses freudenvolle und schmerzlose Dasein womöglich dauernd zu genießen. Aber auch auf den höchsten Stufen der geistigen Kultur bleibt das Ideal immer ein vollkommeneres Bild des wirklichen Lebens. Ob, wenn wir den Begriff des Ideals in diesem weitesten Sinne nehmen, der Mensch jemals obne solche ideale Vorstellungen, und ob er also auf irgend einer Stufe ohne irgend welche Spuren von Religion existiert habe, das ist darum eine Frage, die auf Grund anthropologischer Ermittlungen niemals mit Sicherheit zu entscheiden sein wird. Denn wenn es auch heute wahrscheinlich keine völlig religionslosen Stämme auf der Erde mehr gibt falls wir Religion in dem obigen Sinne verstehen so ist doch auf der anderen Seite auch die Existenz absolut kulturloser Stämme auf der heutigen Erde vielleicht noch zweifelhafter. Aber ein nicht zu bestreitendes Ergebnis der Tatsachen der Völkerkunde bleibt immerhin dies, daß die heutigen Zustände relativ kulturloser Völker nur dürftige Anfänge religiöser Gefühle und Vorstellungen erkennen lassen, und daß sie daher, wenn sie auch selbst noch nicht völlig einem religionslosen Dasein entsprechen, doch auf ein solches zurückweisen. Denn so wenig die mythische Form des Denkens dem Menschen auf irgend einer Stufe zu fehlen scheint, so zweifellos ist es, daß die religiösen Elemente des Mythus um so mehr zurücktreten, auf einer je niedrigeren wir ihn antreffen. Die anthropologische Erfahrung spricht demnach durchaus dafür, daß sich die Religion aus den primitiven mythologischen Vorstellungen, und nicht umgekehrt, wie vielfach geglaubt wird, der Mythus aus religiösen Bedürfnissen entwickelt hat*).

*) Zahlreiche Zeugnisse für die angebliche Religionslosigkeit mancher Völker sind gesammelt von John Lubbock, Die vorgeschichtliche Zeit. Deutsche Ausg. II, S. 273 u. a. a. O. Die Entstehung der Zivilisation. Deutsche Ausg. S. 173 ff. Nicht minder eine große Reihe dem widersprechender Zeugnisse von Gustav Roskoff, Das Religionswesen der rohesten Naturvölker S. 36 ff. Lubbocks Argumente stehen allerdings sehr unter dem Einfluß des Religionsbegriffs der Kulturvölker, der sich auf primitive Religionsstufen natürlich nicht übertragen läßt.

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Die Tatsache, dass jene Idealvorstellungen, die überall den Inhalt dessen bilden, was wir Religion nennen, ein Erzeugnis der Phantasie und des Willens sind, läßt übrigens die Frage, ob und inwieweit dieser Welt der Wünsche und Forderungen neben der ungeheueren subjektiven Wirksamkeit, die sie im menschlichen Bewußtsein ausübt, auch eine objektive Wirklichkeit zukommt, selbstverständlich ganz dahingestellt. Wenn Ludwig Feuerbach seine Ansicht von der Religion in die kurze Formel faßte: Die Götter sind die verwirklicht gedachten Wünsche der Menschen"*), so ist daher nicht zu bestreiten, daß dieser Satz die ursprünglichen psychologischen Quellen der Religion im wesentlichen zutreffend bezeichnet. Doch wenn er damit die Voraussetzung verbindet, daß alle Wünsche aus der menschlichen Selbstliebe stammen, und daß sie, sofern an ihre Wirklichkeit geglaubt wird, zu den phantastischen Illusionen gehören, so sind dies Annahmen, die mit seiner Überzeugung zusammenhängen, die sinnliche Anschauungswelt genüge den Erkenntniswie den Gemütsbedürfnissen des Menschen. Subjektiv betrachtet kann es aber zweifellos Wünsche geben, die nicht aus der Selbstliebe entspringen, und objektiv braucht der Gedanke der Verwirklichung eines Wunsches nicht notwendig Illusion zu sein, auch dann nicht, wenn er außerhalb der Grenzen empirischer Gewißheit oder Wahrscheinlichkeit liegt. Insbesondere aber ist eines unbestreitbar. Wie das Ideal des primitiven Menschen in die engen Schranken sinnlicher Lebensbedürfnisse gebannt ist, so erweitern und vervollkommnen sich auch mit der Entwicklung des Menschen seine Ideale, um schließlich nicht in seinen Vorstellungen, die nun einmal naturgemäß sinnliche sind und bleiben wohl aber in seinem Denken und Streben sich zur Idee des Unbegrenzten und Übersinnlichen zu steigern. Damit ordnen sich dann auch jene Wünsche und Forderungen, in denen die Religion wurzelt, dieser Idee unter. Sie verbinden sich mit ihr zu der Idee der unbedingten Abhängigkeit des einzelnen Seins von einem letzten, übersinnlichen Grund und Zweck der Dinge. Erscheint diese Idee als das letzte, für uns erkennbare Ziel der religiösen Entwicklung, so ist jedoch diese Entwicklung selbst eben dadurch gekennzeichnet, dass dieser Endpunkt des Weges anfänglich von den näherliegenden Zielen der Wünsche und Hoffnungen, die aus dem sinnlichen Lebensdrang des Menschen erwachen, gänzlich verdeckt wird. Auch hat

*) Feuerbach, Ges. Werke, VIII, S. 257, IX, S. 56 ff.

es keine Zeit gegeben und wird wahrscheinlich keine geben, wo jene Wünsche und Hoffnungen aufhören, die Idee des Unendlichen zu verhüllen oder zugleich dem Menschen nahe zu bringen. Hierin, nicht in dem Begriff des Unendlichen selbst, wie die mystische Naturphilosophie der Renaissancezeit behauptete, liegt die „coincidentia oppositorum" der religiösen Ideen.

c. Das Verhältnis des Religiösen zum Sittlichen im Mythus.

Suchen wir, von dem oben festgestellten Begriff ausgehend, aus dem bunten Gemenge mythologischer Anschauungen dasjenige zu isolieren, was mit einigem Recht als ihr religiöser Bestandteil betrachtet werden kann, so werden hierher zunächst diejenigen Vorstellungen zu zählen sein, in denen sich ideale, übermenschlich, aber doch menschlich gedachte Gestalten als Vorbilder menschlichen Strebens verkörpert haben. Sodann gehören hierher als ein nicht minder wichtiger Bestandteil alle jene Vorstellungen, die, von übermenschlichen Mächten ausgehend, den Menschen je nach seinen Handlungen entweder schon in diesem oder in einem anderen, von der Phantasie bald mit allem Zauber des Schönen, bald mit allen Schrecken des Entsetzenerregenden ausgemalten Leben treffen. In doppelter Beziehung sind also in den Göttervorstellungen religiöse Elemente anzuerkennen: einerseits sofern die Götter selbst ideale Vorbilder sind, anderseits sofern sie als die Träger einer idealen, über der sinnlichen erhabenen Weltordnung gedacht werden. Alle anderen Bestandteile des Mythus sind nicht unmittelbar religiöser Art, sondern sie bilden teils Elemente einer primitiven Naturerklärung, teils sind sie von Gefühlen und Wünschen getragen, die der sinnlichen Wirklichkeit, nicht einem bloß vorgestellten idealen Dasein zugewandt sind. Die Schöpfungsmythen, die mythologischen Verkörperungen der Gestirne, der Wolken, des Gewitters und sonstiger Naturerscheinungen sind also an sich nicht religiös, wenn sie auch in der Regel mit religiösen Elementen vermengt sind. Darum hat der Ausdruck Naturreligionen" nur insofern eine Berechtigung, als man in ihm lediglich einen Hinweis auf diese Verbindung des Religiösen mit naturerklärenden Mythenbildungen erblicken will. Nicht minder ist aber zumeist das außerhalb des Begriffs der Religion zu stellen, was man gewöhnlich unter der Bezeichnung des Animismus“ zusammenfaßt. Das psychologische Zentrum desselben bildet der Zauberglaube, der

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