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menschlichen Entwickelungsgeschichte stehen geblieben sind. Wie die Kinder sprechen die brasilianischen Indianer immer im Infinitiv, meist ohne Fürwort oder Substantiv. Der Unzulänglichkeit solcher Sprache müssen dann gewisse Zeichen mit der Hand, dem Munde oder andere Geberden zum verständlichen Ausdruck verhelfen.,,Will der Indianer z. B. sagen: ich will in den Wald gehen, so spricht er «Waldgehen und zeigt dabei mit rüsselartig vorgeschobenem Munde auf die Gegend, die er vermeint." 1,,Die Grönländer, besonders die Weiber, begleiten manche Worte nicht nur mit einem besondern Accent, sondern auch mit Mienen und Augenwinken, sodass, wer dieselben nicht gut wahrnimmt, des Sinnes leicht verfehlt. Wenn sie z. B. etwas mit Wohlgefallen bejahen, schlürfen sie die Luft durch die Kehle hinunter mit einem gewissen Laut. Wenn sie etwas mit Verachtung und Abscheu verneinen, rümpfen sie die Nase und geben einen feinen Laut durch dieselbe von sich, wie sie es auch durch Geberden errathen lassen, wenn sie nicht aufgeräumt sind." 2

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Wie die selbstbewusste Thätigkeit, das Denken im weitern Sinne, den ersten Ausgangspunkt von sinnlichen Eindrücken erhält, so wählt auch die Sprache zunächst solche Laute, die auf das Ohr einen entsprechenden Eindruck hervorbringen. Es sind dies die sogenannten Onomatopoëtica, wie sie jede Sprache hat, so etwa in unserm,, starr" der Eindruck des Widerstandskräftigen, in ,,Wind" das Bewegende, in „Wirr“ das Durcheinandergehende kaum unbemerkt bleiben kann, u. dgl. m.

Solange das Denken nur in sinnlichen Vorstellungen geschieht und die Ideen Gestalten annehmen, kann auch nur das Sinnlichwahrnehmbare seinen Ausdruck finden, wogegen das Begriffliche durch Umschreibung aufgenommen und ausgedrückt wird. Dadurch erhalten diese Sprechweisen einen überfliessenden Pomp und malerischen Glanz, wovon Bastian 4 aus der Sprache der Indianer treffende Beispiele anführt. In dem aller abstracten Begriffe entbehrenden Materia

Spix und Martius bei Bastian, I, 427.

* Ebendas., S. 430.

Vgl. W. v. Humboldt, Ueber die Kawisprache, S. 94 fg. 'I, 426.

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lismus der amerikanischen Indianer wird, Glück" bezeichnet durch ,,Sonnenglanz",,, Friede" durch Waldbaumpflege“ oder eine Streitaxt begraben", „, Leidtragende trösten" durch das Grab der Verstorbenen bedecken". Selbst fremde Wörter kann er nur durch Umschreibungen aufnehmen: Kerze wird übersetzt als Wassa kon-a-cm jegun von wassan (heller Gegenstand), kon-a (Brand), jegun (Werkzeug); Lichtputze durch Kischke-kud-jegun von kischk (abschneiden), ked oder skut (Feuer) und jegun (Werkzeug).

Wie in der Sprache die höhere Lebenspotenz des Selbstbewusstseins offenbar wird, jene aber wieder auf die Entwickelung des Menschen zurückwirkt, so zeigt sich die Herrschaft des selbstbewussten Wesens besonders merklich in der Arbeit. Die Bedeutsamkeit der Arbeit liegt in der umbildenden Einwirkung auf den Gegenstand, zunächst auf die Natur, ferner in der bildenden Rückwirkung auf den Arbeitenden. Der Mensch arbeitet, indem er wirkt und selbst dadurch eine Rückwirkung empfängt, indem er geistig umbildet und dadurch selbst geistig gebildet wird. Arbeiten kann daher nur der Mensch als geistiges, selbstbewusstes Wesen. Wenn er den Gegensatz, in welchem er der Natur gegenüber sich befindet, dadurch überwunden und ausgeglichen hat, dass er ihre Producte vernichtend verzehrt und seiner Leiblichkeit assimilirt, bietet er hiermit ein Analogon zum Thiere, welches auch sein Futter in Fleisch und Blut verwandelt; indem aber der Mensch das Feld bearbeitet, die Thierhaut zur Kleidung verarbeitet, bildet er die Natur um, und die Folge ist eine rückwirkende, sodass mit der Bearbeitung der Natur die Bildung des Menschen Hand in Hand geht. Das Thier arbeitet in diesem Sinne nie, weil es nie zum Selbstbewusstsein kommt, und wenn der Vogel sein Nest baut, die Biene Honig und Wachs sammelt, so ist dies eine emsige Geschäftigkeit, in welcher das rückwirkende Moment der Bildung, das die Arbeit kennzeichnet, mangelt. Ist es doch zum Axiom erhoben,

1 ,, Die Thiere bauen sich bisweilen recht künstliche Wohnungen", sagt treffend Lange (Geschichte des Materialismus, S. 416), „,aber wir haben noch nicht gesehen, dass sie sich zur Herstellung derselben künstlicher Werkzeuge bedienen" -,, eben die Ausdauer, welche auf die Fertigung eines Instruments verwandt wird, das sich nur mässig über die

dass mit dem Ackerbau, also mit der Bearbeitung der Natur, die Cultur der Menschheit ihren Anfang nimmt. ,,Nicht das mythische Paradies oder goldene Zeitalter, sondern die Arbeit ist der Anfang der Culturgeschichte." In der Arbeit selbst liegt daher ein Fortschreiten, denn wenn der rohe Mensch arbeitet, weil ihn die Noth zwingt, weil er muss, so arbeitet der Gebildete aus eigener freier Bestimmung, weil er will. Durch die Arbeit drückt der Mensch dem Gegenstande, den er bearbeitet, das Gepräge seines eigenen geistigen Wesens auf, er stempelt ihn mit seinem Willen und erklärt ihn hiermit für sein Eigenthum. Jäger- und Nomadenstämme bilden sich nicht, weil sie nicht zur Umbildung der Natur, zur Arbeit kommen, und obschon sie nicht gänzlich im reinen Naturzustande leben gleich dem Thiere, da es überhaupt gar keinen Menschenstamm gibt, bei dem nicht z. B. der Gebrauch des Feuers sich vorfände 2, oder der Brauch sich zu schmücken, wenn auch in roher Weise, angetroffen würde, so bringen sie es doch nicht zur ständigen Arbeit, zu keinen festen Sitzen und daher auch nicht zur Totalität eines Volks und Staats.

Da mit der Arbeit die Gesittung und Bildung ihren Anfang nimmt, ist jene die Bedingung der Geschichte. Sprache und Arbeit als Aeusserungen des selbstbewussten Geistes sind nothwendige Voraussetzungen der Geschichte. Es gibt keinen wilden Stamm, der keine Sprache hätte, der seine innern Zustände blos durch unartikulirte Laute oder durch blosse Muskelbewegung als Geberden zu erkennen gäbe; aber ebenso hat kein Volksstamm eine Geschichte, in dessen Leben die Arbeit mit der erforderlichen Sesshaftigkeit fehlte. Der Beduinenaraber steht deshalb auf derselben Stufe, die er zu Abraham's Zeit eingenommen, er hat keine Geschichte, weil sein Leben der bildenden Arbeit ermangelt. Man kann sagen: die Arbeit ist das Bildungsmittel des Menschen und die Sprache

Leistungen eines natürlichen Steins oder Steinsplitters erhebt, zeigt eine Fähigkeit, von den unmittelbaren Bedürfnissen und Genüssen des Lebens zu abstrahiren und die Aufmerksamkeit um des Zweckes willen ganz auf das Mittel zu wenden, welche wir bei Thieren nicht leicht finden werden." 1 Wachsmuth, Allgemeine Culturgeschichte, I, 7.

Wie Linck, Urwelt, I, 341, die widersprechenden Angaben vollstandig widerlegt hat.

das Fortpflanzungsmittel der Bildung. Beide Factoren sind unentbehrlich in der Geschichte der Menschheit, und diese ist undenkbar ohne jene. Was die mündliche Tradition in der Vorhalle der Geschichte durch die Fortpflanzung der Mythenund Sagenkreise bewerkstelligt, das vollzieht mit dem Beginn der wirklichen Geschichte die durch die Schrift oder andere Denkmäler fixirte Sprache. Der einzelne bringt durch das Wort sein inneres Leben zum Ausdruck und zur Mittheilung für den andern, und die Schätze der Bildung eines Volks kommen dem andern mittels der Sprache zugute; die Cultur längstvergangener Reiche, durch die Sprache aufgespeichert, wird von der Gegenwart aufgenommen und die Sprache dient der Zukunft als Hebel, der sie auf die Schultern der Vergangenheit und Gegenwart heben wird. Die Sprache ist das Gebinde, worin die mittels Arbeit erzielten Früchte der Cultur von einem Geschlechte dem andern, von einem Volke dem andern, von einer geschichtlichen Periode der andern überreicht werden. Sprache und Arbeit haben aber ihren Grund im Menschen als bewusstem und selbstbewusstem Wesen, d. h. im menschlichen Geiste, und hierin ist also auch der Grund, dass das Menschengeschlecht eine Geschichte hat. Die Natur und ihre Producte haben diese nicht in dem Sinne, dass ein und dasselbe Geschöpf, wie der Mensch, durch Entwickelung seiner Anlage sich ändert. Der Fliederstrauch treibt dieselben Blüten und bringt dieselben schwarzen Beeren wie vor 3000 Jahren, und die Ameise ist heute noch ebenso geschäftig wie ehedem, der Orang-Utang sieht dem Menschen zwar ähnlich, ist ihm aber noch immer nicht gleich geworden, weil er seiner ursprünglichen Anlage nach verschieden ist; aber der sprechende und arbeitende Mensch von heute fühlt und weiss sich anders, hat andere Bedürfnisse und andere Anschauungen als der vor 3000 Jahren, und obschon das Gesetz, nach dem er sich entwickelt, ein unwandelbares ist, so sind ihm die Culturen längstvergangener Zeiten zugefallen, die er kraft dieses unwandelbaren Gesetzes sich eigen gemacht und in sich verarbeitet hat.

Im Selbstbewusstsein des Menschen liegt aber der Grund nicht nur, dass der Mensch eine Sprache hat, dass er durch Arbeit seiner Bestimmung sich nähert, was schon in der biblischen Schöpfungsgeschichte tiefsinnig angedeutet wird,

dass er ferner eine Geschichte hat, in der er sein Wesen als ein sich entwickelndes darlegt; im selbstbewussten Geiste liegt auch der Grund, dass der Mensch Religion hat. Der Consensus populorum hat zwar als Beweis für das Dasein Gottes nicht mit Unrecht seine Kraft verloren und ist bei den meisten Theologen und Philosophen ausser Geltung gesetzt; er birgt aber dennoch in gewisser Beziehung ein Körnchen Wahrheit in sich: dass es keinen noch so rohen Völkerstamm gibt, bei dem nicht Spuren von religiösen Vorstellungen anzutreffen wären. An Götter im Sinne civilisirter Völker, an höhere Wesen, die, mit übermenschlicher Macht und Einsicht begabt, die Dinge dieser Welt nach ihrem Willen lenken, glauben allerdings durchaus nicht alle Völker; versteht man aber unter religiösem Glauben nur die Ueberzeugung von dem Dasein meist unsichtbarer geheimnissvoller Mächte, deren Wille überall und auf die mannichfachste Weise in den Lauf der Natur einzugreifen vermag, sodass der Mensch und sein Schicksal von ihrer Gunst äusserst abhängig ist, so dürfen wir behaupten, dass jedes Volk eine gewisse Religion besitze. Es ist nicht zu leugnen, dass bei den Völkern der niedrigsten Bildungsstufe diese Religion im Grunde nichts ist als ein meist sehr ausgedehnter Gespensterglaube, aber man wird sich hüten müssen, das religiöse Element, welches unzweifelhaft darin enthalten ist, zu verkennen." 1,,Der Mensch sieht in den natürlichen sinnlichen Dingen durchgängig mehr und etwas anderes als blos sinnliche Eigenschaften und materielle Kräfte, er sieht in ihnen übernatürliche Mächte und einen übernatürlichen Zusammenhang, er vergeistert die Natur." 2 Diese Erscheinung findet ihre Erklärung darin, dass der Mensch selbst auf der niedersten Culturstufe zum Bewusst- und Selbstbewusstsein gelangt, dass er es zu Vorstellungen bringt, dass er Schlüsse zieht, dass er überhaupt als geistiges Wesen eine ideale Seite, religiösen Sinn und Trieb hat, die im religiösen Glauben zum Ausdruck kommen. Man mag Religion als schlechthiniges Abhängigkeitsgefühl von einem höchsten Wesen bezeichnen, als Beziehung des Endlichen zum Unendlichen, als Glaube des Menschen an Gott ansprechen,

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