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lauter, ohne den Mann zu sehen: „Jesu, du Sohn Davids, erbarme dich mein!"

Er muß also schon vorher das Gerücht von Jesu, seiner großen Güte, seiner hilfreichen Macht gehört haben; wie sollte er sonst dazu kommen, eine solche große und dringende Bitte an ihn zu richten? Aus dem, was ihm von Jesu, seiner Lehre und seinen Thaten zu Ohren gekommen ist, hat er nach seiner Bekanntschaft mit den Verheißungen Gottes den richtigen Schluß gezogen, daß dieser Mann und fein anderer der Sohn Davids, der verheißene König und Messias sein muß, und deshalb hat er das gute Zutrauen zu ihm gefaßt, daß er auch ihm in seiner Not helfen könne. Jezt, da der Ersehnte unverhofft, ohne sein Zuthun, ihm ganz nahe gekommen ist, da benugt er mit bebendem Herzen augenblicklich die Gelegenheit, ihn um Rettung anzuflehen. Er fürchtet in seinem innigen Verlangen so sehr, die goldene Gelegenheit zu verpassen, daß er sich durch teine Einreden der gefühllosen Menge von seinem Flehen und Rufen abhalten läßt. Hat er sich in seinem Vertrauen getäuscht? Nein. Jesus steht still, läßt ihn zu sich bringen und fragt ihn mit freundlichen Worten, welche die Gewährung schon mitenthalten: „Was willst du, daß ich dir thun foll?" Mit Thränen in den umnachteten Augen fleht er: „Herr, daß ich sehen möge!" Und Jesus spricht zu ihm vor den Ohren der neugierig herumdrängenden Menge: Sei sehend! Dein Glaube hat dir geholfen!" Da fällt es wie Schuppen von seinen Augen, die Finsternis rollt wie schwarze Wolken vor der Morgensonne von seinem Gesichtssinne, Licht strahlt in die bisher verdunkelten Bälle, und er fann die herrliche Welt Gottes sehen, insonderheit den kann er schauen, der vor ihm steht und ihm durch sein allmächtiges Wort diese Wohlthat auf seine Bitte erzeigt hat. Da bricht er aus in Lob und Preis Gottes, und die hoch erstaunte Menge kann es nicht lassen, mit einzustim men. Hinfort folgt er seinem Wohlthäter in treuer Anhänglichkeit nach.

Wen haben wir hier also vor uns? Wer ist es, der hinaufgeht, um auf Golgatha sein Leben für uns zu lassen? Was bezeugt dieses Werk, diese Wunderthat von dem, der als ein wahrer Mensch leibhaftig vor den Augen des beglückten Bettlers dasteht? Es ist der Allmächtige! Es ist der Kraft-Held, in dessen Hand Blindheit und Gesicht, Krankheit und Gesundheit, Leben und Tod, Himmel und Hölle steht; es ist der Sohn des ewigen Gottes vom Himmel selbst.

Willst du dessen göttlich gewiß werden, mein Zuhörer? Willst du dich selbst davon überzeugen, daß Jesus Christus, der gekreuzigte

und auferstandene nicht bloß ein wahrer Mensch, sondern zugleich der allwissende und allmächtige Gott selbst ist, so laß dir von ihm deine Augen geistlich öffnen. Denn auch du bist von Natur geistlich blind und erkennst aus eigener Vernunft und Kraft weder Gott noch den er gesandt hat, Jesum Christum; ja das Evangelium, das sich doch als göttliche Kraft und göttliche Weisheit bewährt, ist auch in dir dem alten Menschen eine Thorheit. Und weil du im Geistlichen blind bist, so bist du auch ein Bettler vor Gott und mußt ewiglich verderben und verschmachten, wenn dir nicht durch den, der nach Jerusalem in den Tod zieht, geholfen wird. Aber er will dir auch helfen. Darum kommt er zu dir wie zu dem Blinden, obwohl du nicht zu ihm kommst wie Bartimäus; er kommt zu dir durch sein Wort, die Predigt des Evangeliums. O laß dir die Gelegenheit nicht entgehen, sondern rufe aus brünstigem Herzen: O Jesu, du Sohn Davids, du Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt, erbarme dich mein!

Ja, erbarme dich unser aller, o Herr Jesu, und öffne durch dein heiliges Wort unsere Augen, daß wir dich in deinem Leiden recht erkennen! Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünde der Welt, erbarme dich unser und gieb uns deinen Frieden! Amen.

J

Erste Passionsbetrachtung.

Gethsemane.

Lukas 22, 39-46.

Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld

Der Welt und ihrer Kinder.

Es geht und büßet in Geduld

Die Sünden aller Sünder.

Es geht dahin, wird matt und frank,
Ergiebt sich auf die Würgebank,
Verzeiht sich aller Freuden.

Es nimmet an Schmach, Hohn und Spott,
Angst, Wunden, Striemen, Kreuz und Tod
Und spricht: Ich will's gern leiden.

Das Lämmlein ist der große Freund
Und Heiland meiner Seelen.

Denn den hat Gott zum Sündenfeind
Und Sühner wollen wählen.

Geh hin, mein Kind, und nimm dich an
Der Kinder, die ich ausgethan

Zu Straf' und Zornesruten!

Die Straf' ist schwer, der Zorn ist groß.
Du kannst und sollst sie machen los
Durch Sterben und durch Bluten.

Ja, Vater, ja, von Herzensgrund,
Leg auf, ich will dir's tragen.
Mein Wollen hängt an deinem Mund,
Mein Wirten ist dein Sagen.
Wunderlieb', o Liebesmacht!

Du kannst, was nie tein Mensch gedacht,
Gott seinen Sohn abzwingen.
Liebe, Liebe, du bist start,

Du streckest den in Grab und Sarg,
Vor dem die Felsen springen!

n Christo, dem gekreuzigten Lamme Gottes,
geliebte Zuhörer! Zu wiederholten Malen und bei verschie-

denen Gelegenheiten hat es unser Herr und Heiland Jesus Christus mit deutlichen Worten vorausgesagt, daß er leiden und sterben und am dritten Tage wieder auferstehen werde. Warum

wohl? Einmal, um seine Jünger zu stärken und zu trösten, daß sie sich an seinem Leiden und Sterben nicht ärgern und abfallen sollten, und uns allen zu zeigen, daß er freiwillig in den Tod gehe, wie er sagt (Joh. 10, 18): „Niemand nimmt mein Leben von mir, sondern ich lasse es von mir selber. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es wieder zu nehmen. Solches Gebot habe ich empfangen von meinem Vater." Welch ein Trost für uns bis an den jüngsten Tag, zu wissen, keine Macht der Erde noch der Hölle hätte den Sohn Gottes in den Tod zwingen können, sondern mit vollem Bewußtsein von dem, was ihm in Jerusalem bevorstand, ging er hinein in die mörderische Stadt und legte freiwillig sein Leben für uns nieder, um uns das Leben zu gewinnen. Unbeschreibliche Liebe ist es, was ihn für uns in den Tod getrieben hat. So sind wir geliebt, so wert ist unsere Seele in Gottes Augen geachtet! Wohl uns eines solchen Gottes und Heilandes! Sodann sagt unser Heiland sein Leiden mehrmals voraus, um anzuzeigen, daß sein Leiden von unausdenkbarer Wichtigkeit für uns ist. Denn dazu ist er in die Welt gekommen, dazu hat er sich unter das Geset thun lassen, um unsere Schuld auf sich zu nehmen und den gebührenden Fluch dafür zu tragen, damit wir davon ewig. frei würden. Hätte er nicht gelitten, so wären unsere Sünden nicht gebüßt, Gott wäre nicht versöhnt, der Himmel wäre nicht erworben; das Evangelium, die Taufe, das Abendmahl könnten uns nichts geben; unser Glaube könnte nichts nehmen; es gäbe keinen Trost für uns in der Sündenangst, keine Hilfe wider des Satans Gewalt, teine Hoff= nung im Tode, sondern nur ein schreckliches Warten des Gerichtes und des Feuereifers, der uns Widerwärtige verzehren müßte, und vor Todesfurcht und Höllenangst müßten wir im ganzen Leben Knechte fein,

Dieses Leiden und Sterben unseres Erlösers wollen wir nun in unsern Passions betrachtungen etwas ausführlicher an unserm geistigen Auge vorüberziehen lassen. Möge Gott der Heilige Geist uns das Verständnis öffnen, daß wir den entseglichen Greuel unseres sündlichen Verderbens und den Zorn Gottes über dasselbe, aber auch die unermeßliche Tiefe des Erbarmens Gottes und der Liebe unseres Heilandes Jesu Christi erkennen, damit wir dankbaren Herzens den himmlischen Trost und Segen davon empfangen und ewiglich genießen, und Christus in uns allen verklärt werde!

Der erste Abschnitt aus der Leidensgeschichte stellt unsern Heiland uns vor Augen, wie er im Garten Gethsemane vor Gott an unserer

Stelle ins Gericht hintritt und mit dem Tode ringt. Er hatte am Gründonnerstag-Abend zum letzten Mal mit seinen Jüngern in einem Saal auf Zion das Passahlamm gegessen, also das heilige Mahl gefeiert, welches Gott dem Volke Israel zu einer Erinnerung an den Schuh wider den Todesengel und an die Erlösung aus Aegypten geboten hatte. Dieses Passahlamm hatte eine tiefe Bedeutung. Jesus Christus, der es jegt mit seinen Jüngern genoß, war durch dasselbe vorgebildet als das rechte Lamm, das durch seinen Tod und durch sein Blut die ganze Menschheit vor dem ewigen Tode schüßen und aus der höllischen Gefangenschaft des Teufels erlösen und dann dem ganzen Volt Gottes auf Erden zur Seelenspeise dienen sollte. Darauf hatte unser Heiland dieses alttestamentliche Sakrament als erfüllt aufgehoben, indem er das neutestamentliche Sakrament seines eigenen Leibes und Blutes an dessen Stelle sette. Zum Schluffe der ganzen Feier hatten sie den Lobgesang, der aus etlichen Psalmen bestand, gesungen, und Jesus hatte sein wundervolles hohepriesterliches Gebet, wie es uns Johannes (Kap. 17) aufgezeichnet hat, zu seinem himmlischen Vater gethan, worin er mit so kindlichen, ergreifenden Worten seines Herzens Begehr für sich selbst, für seine Jünger und für die ganze Kirche ausschüttet. Dann ging er fest entschlossen der finsteren Stunde seines Todes entgegen und begab sich mit seinen Jüngern etwa um zehn oder elf Uhr abends nach dem Baumgarten am Fuße des Delberges, genannt Gethsemane, wo er sich oft mit seinen Schülern unter dem Schatten der Bäume versammelt und mit ihnen vom Reiche Gottes geredet hatte.

Hier geschah nun etwas so Großes, so Erstaunliches, so Bedeutungsvolles und Entscheidendes, daß Menschengedanken seine Tiefe nimmermehr erreichen und Menschenzunge nur schwach davon lallen kann. In der ganzen Ewigkeit, die vergangen, war so etwas nicht vorgekommen, und in der Ewigkeit, die vor uns liegt, wird es nicht wieder geschehen: Gott hielt Gericht und „verdammte die Sünde der ganzen Welt in dem angenommenen Fleische seines Sohnes Jesu Christi, auf daß, wie durch eines Menschen Ungehorsam viel Sünder geworden sind, also auch durch eines Gehorsam viel Gerechte würden, und auf daß, gleichwie die Sünde geherrscht hat zum Tode, also auch herrsche die Gnade durch die Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesum Christum, unsern Herrn" (Röm. 8, 3. 5, 19. 21). Diese erschütternde Geschichte von dem Seelenkampf des Sohnes Gottes im Garten Gethsemane erzählt uns die Erfüllung des Wortes (Jes.

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