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man nicht erwarten, dem Herrn Jesu wäre der Notschrei des geängsteten Mutterherzens durch Mark und Bein gedrungen, so daß er augenblicklich umgekehrt und mit ihr an das Krantenlager der gequälten Tochter geeilt wäre, um ihr Hilfe zu bringen? Aber er antwortet ihr kein Wort. Warum nicht? Ist sein Herz wirklich so steinhart, so eiskalt, daß ihn weder die Not der Tochter noch das Flehen der Mutter rührt? Das ist wahrlich nicht der Grund. Nirgends in der ganzen evangelischen Geschichte erscheint unser Heiland so hart wie hier diesem Weibe gegenüber, und doch hat niemals auf Erden ein so zartes, warmes, mitleidiges Herz in einer Menschenbrust geschlagen ́ wie das Herz unseres Heilandes, des Sohnes Gottes. Er wollte, wie der Verlauf des Folgenden zeigt, nur ihren Glauben auf die Probe stellen; er wollte ihren Glauben anstrengen, immer härter, ja aufs äußerste anstrengen, um ihn dadurch zu prüfen, zu läutern, zu stärken und ihn zu unserer und seiner Jünger und der Juden Beschämung in seiner Größe, Reinheit und siegenden Macht offenbar zu machen. laßt uns diese merkwürdige Geschichte zu Herzen nehmen und daraus lernen!

Als Jesus, wie es schien, sich um das Weib und sein Bittgeschrei nicht im geringsten kümmerte, da traten seine Jünger an ihn heran und sprachen: Laß sie doch von dir, gieb ihr doch ihre Bitte; du hilfft ja so vielen tausend andern, und es ist dir ein Leichtes zu helfen. Gewähre ihr sehnliches Verlangen, damit sie aufhöre, uns so auf offener Landstraße nachzuschreien. Aber was erwiedert er auf diese Fürbitte der Apostel? Ich bin nicht gesandt, denn nur zu den verlor= nen Schafen vom Hause Israel. Damit will nun der Herr Jesus gewißlich nicht leugnen, daß er der Heiland der ganzen Welt, der Same Abrahams sei, durch welchen alle Völker auf Erden gesegnet werden sollen, sondern nur sagen, daß er nach dem Willen seines himmlischen Vaters sein prophetisches Amt in den Tagen seines Fleisches auf Erden nicht unter Heidenvölkern, sondern nur inmitten des Volkes Israel ausüben soll. Dieses Wort, das ohne Zweifel laut genug gesprochen war, daß die näher kommende Kananiterin es hören. fonnte, hätte leicht bei ihr den Eindruck hervorrufen können, als sei cr mit seinen Wohlthaten für sie einfach nicht da. Das war also ein zweiter furchtbarer Stoß für ihren Glauben. Aber sie überstand auch diesen, und je größer scheinbar der Widerstand Jesu wurde, desto dringlicher, anhaltender, gewaltiger wurde sie in ihrem Glauben. Und Jesus hatte var nicht langer Zeit, wiewohl sie das nicht gehört hatte, gefagt (Matth. 11, 12): „Von den Tagen Johannes des

Täufers bis hierher leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt thun, die reißen es zu sich.“ Dieses Weib that dem Himmelreich eben jegt Gewalt an und riß es zu sich. Denn sie eilt vorwärts, holt Jesum ein, springt vor ihn, wirst sich vor seinen Füßen nieder, so daß er nicht weiter gehen kann ohne auf sie zu treten, und fleht zu ihm empor mit gerungenen Händen und strömenden Augen: Herr, hilf mir! Sie kann vor Heulen und Jammer nicht mehr herausschluchzen als den Stoßseufzer: Herr, hilf mir! Und was thut Jesus jezt? Jezt führt er den furchtbarsten Keulenschlag von allen, der, wie es scheint, ganz gewiß das arme Weib vollständig zu Boden schmettern muß. Es ist nicht sein, sagt er, daß man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde!

Du und ich, mein Zuhörer, wären vielleicht, wenn wir an der Stelle des Weibes gewesen wären, aufgesprungen und vor Zorn und Verzweiflung schreiend davongelaufen. Denn was sagt Jesus ihr mit diesen Worten? Dieses: Du bist eine Kananiterin, und weißt du nicht, was für einen Fluch der allmächtige Gott schon durch Noah über die Abkömmlinge Kanaans ausgesprochen hat? Weißt du nicht, daß er Israel geboten hat, die Kananiter um ihrer Missethaten und Greuel willen auszurotten und ihr Land in Besiß zu nehmen? Du gehörst nicht zu den verlornen Schafen vom Hause Israel, sondern bist eine verfluchte Kananiterin und Sünderin, die wie ein Hund nicht mit den Kindern an den Tisch, sondern aus dem Hause hinaus gehört. Und nun soll ich meine Wohlthaten, die Gott für seine Kinder, sein Volk Israel, bestimmt hat, dir hinwerfen? Wahrlich, schärfer hätte der Herr das Urteil der Verdammnis über dieses heid= nische Weib nicht aussprechen können. Es muß ihr wie ein Messer durchs Herz gegangen sein. Aber sie springt nicht auf und läuft nicht davon, sondern giebt ihm von Herzensgrunde recht in seinem Urteil und sagt: Ja, Herr, du hast recht; ich bin eine arme Sünderin und gehöre wie ein Hund hinaus. Aber welcher reiche Hausherr ist so hartherzig, daß er nicht den Hunden erlaubt, die Brocken aufzuschnappen, die seine fatten Kinder vom Tische fallen lassen? Das ist alles, was ich begehre, nur ein paar Brocken von deinem reichen Tische!

Welch ein erstaunliches Kunststück des wahren Glaubens! Gott läßt seine lieben Kinder oft in der Hiße der Anfechtung schwitzen, um ihren Glauben zu prüfen. So stöhnt z. B. Hiob (30, 20): „Schreie ich zu dir, so antwortest du nicht. Trete ich hervor, so achtest du nicht auf mich!" Der Psalmist klagt (Ps. 13, 2): „Herr, wie lange willst du mein so gar vergessen? Wie lange verbirgst du dein Antlig

vor mir?" Und abermal (Ps. 83, 2): „Gott, schweige doch nicht also, und sei doch nicht so still; Gott, halte doch nicht so inne!" Und Jere= mias jammert (Klagel. 3, 8): „Wenn ich gleich schreie und rufe, so stopft er die Ohren zu vor meinem Gebet." Sind dir, mein Zuhörer, in deinen Nöten nicht schon ähnliche Gedanken auf die Lippen getreten? Aber der wahre Glaube, wie wir an all diesen Kindern Gottes, die von den Bächen Belials fast überwältigt wurden, sehen, giebt nicht auf, läßt nicht nach; er folgt dem Vorbilde Jakobs. Als der Engel Gottes, der künftige Messias, ihn auf seiner Rückkehr von Laban an der Furt des Jabbok in einsamer Nacht angriff, da kämpfte er die ganze Nacht hindurch, er „kämpfte von allen Kräften mit Gott; er fämpfte mit dem Engel und siegte; denn er weinte und bat ihn: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!" Und der Engel Jehovahs erhörte sein Flehen und segnete ihn. So giebt auch das kananäische Weib nicht auf, sondern giebt ihm Recht in seinen Worten und fleht: Herr, hilf mir! Und der Herr half ihr.

III.

V. 28. Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: Weib, dein Glaube ist groß! Dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter ward gesund zu derselbigen Stunde.

Als der Hauptmann von Kapernaum seine tiefe Demut an den Tag legte und sein unbedingtes Vertrauen auf die Kraft des Wortes Christi aussprach, da wandte sich Jesus zu seinen Jüngern und rief voll Verwunderung aus: „Wahrlich, ich sage euch, solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden!" Der Hauptmann war ein Römer. Hingegen bei seinen eigenen Landsleuten in Nazareth muß er sich ihres Unglaubens verwundern. Hier hat er es nun abermal mit einer Heidin zu thun, und er bricht aus in den erstaunten Ausruf: O Weib, dein Glaube ist groß! Da wird es auf einmal offenbar, wovon bei aller scheinbaren Härte doch sein Herz heimlich ganz voll gewesen ist, nämlich voll Erbarmen. Während sein Mund und seine Gebärden auf ihre Bitte lauter nein zu sagen schienen, hat sein Herz längst lauter ja gesagt.

Wozu ist er den weiten Weg nach diesem heidnischen Lande gekommen? Er geht in ein Haus und will verborgen sein. Und unmittelbar nach unserm Terte heißt es, daß er von dannen wieder fürbaß ging an das Galiläische Meer zurück. Was hat er also hier eigentlich gewollt? Was hat ihn hierher getrieben? Er hat in der

Ferne dies seufzende, gequälte Mutterherz gesehen, und sein Mitleid hat ihn hergetrieben, ihr zu helfen. Dein Glaube ist groß, spricht der Herr; dein Glaube ist recht, dein Glaube ist start, dein Glaube gefällt mir wohl. Dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter daheim wird gesund, wird frei, los und ledig von dem höllischen Besizer und Tyrannen, zu derselbigen Stunde. O Heiland, so müssen wir ausrufen, deine Gnade ist groß; dein Erbarmen ist unermeßlich; deine Liebe ist unergründlich! Ja wir haben an ihm einen Gott, der da hilft, und einen Herrn Herrn, der vom Tode errettet. Er züchtigt uns wohl, aber er giebt uns dem Tode nicht, und wenn er uns Demütigt, macht er uns groß. Er verleget, und verbindet; er zerschmeißet, und seine Hand heilet. Aus sechs Trübsalen wird er uns erretten, und in der siebenten wird uns kein Uebel rühren.

Wie wird die genesene Tochter, die plöglich all ihre Glieder von den Banden dés bösen Geistes frei fühlt, ihrer heimkehrenden Mutter entgegen gejauchzt haben! Und was wird die wonnevolle Mutter ihr nicht erzählt haben von dem freundlichen, mächtigen Helfer, welchem Sie ihr Glück zu verdanken haben! Auch unter den von Gott einst verfluchten Kananitern sind hier wenigstens zwei Seelen von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott bekehrt worden und haben Heimatrecht an dem ewigen Kanaan droben gewonnen. Niemand soll verzagen. Vor Gott gilt tein Ansehen der Person. Weder Beschneidung oder Abstammung von den Juden, noch Vorhaut oder Abstammung von den Heiden macht vor Gott etwas aus, sondern vor seinen Augen kommt es an auf eine neue Kreatur durch den Glauben an den erschienenen Messias, der die Versöhnung ist nicht nur für unsere, sondern auch für der ganzen Welt Sünde. Durch den Glauben an Jesum Christum sind wir alle aus Sklaven des Teufels zu freien Kindern Gottes geworden. Und wenn nun unser himmlischer Vater durch Trübsale dieses Lebens und Anfech= tungen des Teufels auch unsern Glauben auf die Probe stellt und unsere Bitte um Erlösung nicht immer gleich, wie wir wünschen, erhört, so laßt uns flehen wie Jakob: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn; laßt uns anhalten wie das kananäische Weib; Herr, hilf mir! Herr, hilf mir!

Ja, himmlischer Vater, komm in deinem Reiche zu uns, erfülle an uns und in uns deinen guten, gnädigen Willen, auf daß dein herrlicher Name bei uns geheiligt werde; so werden auch wir durch Christum, deinen Sohn, heilig wie du und dein genießen in Ewigkeit. Heilig und hehr ist dein Name, Hallelujah. Amen.

Dritte Passionsbetrachtung.

W

Verworfen von den Juden.

Lukas 22, 63–71.

ir preisen dich, o Jesu, du Sohn des lebendigen Gottes, mit Herzen, Mund und Händen. Dir hat der Vater alles Gericht übergeben; aber du hast die Welt in den Tagen deines Fleisches nicht gerichtet, sondern dich selbst für die Welt richten lassen. Wir wollten einst sein wie Gott, und sind in den Tod gefallen. Du aber bist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben, und wurdest wie ein Gotteslästerer zum Tode verdammt. D wie hast du uns so lieb! Welch herrliche, hohe, göttliche Gedanken des Friedens hegst du über uns! Welche Wohlthat, welche Herrlichkeit, welches Leben im Himmel hast du uns zugedacht! O schenk uns deinen Geist, daß wir unsere Sündhaftigkeit und deine unbeschreibliche Liebe erkennen lernen, damit wir auf dich unsere Hoffnung sehen, uns deiner Gnade freuen, dir uns mit Leib und Seele zum ewigen Eigentum ergeben und einst dich, der du um unsertwillen in des Todes Staub erniedrigt worden bist, in deiner Herrlichkeit schauen, die du bei dem Vater hattest, ehe die Welt geschaffen wurde. Jesu, du Sohn Davids, erbarme dich unser! Amen.

In dem wahren Hohenpriester, Jesu Christo, geliebte Zuhörer! Judas von Kerioth hatte im Garten Gethsemane den Schergen der Hohenpriester, die er hierher geführt, durch einen heuchlerischen Kuß ten Mann bezeichnet, welchen sie zu suchen und zu greifen ausgesandt waren; er hatte seinen Herrn und Heiland Jesum Christum, der ihm nichts Böses gethan, in die Hände seiner Feinde verraten. Die häscher nahmen ihn wie einen gemeinen Verbrecher gefangen und führten ihn zu denen, die ihnen den Auftrag gegeben hatten, zu den Hohenpriestern. Das geschah etwa um ein Uhr des Nachts. In derselben Nacht noch wurde er vor das oberste geistliche Gericht des jüdischen Volkes, bestehend aus Hohenpriestern, Priestern, Leviten und Aeltesten, gestellt und zu dreien Malen von ihnen verworfen und verdammt.

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