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entgegen eilte. Aber wie sehr verwundert trat sie zurück, als das weibliche Offizierchen, ohne auf die Liebkosungen zu achten, sich an ihr vorbei drängte, mit ungewöhnlicher Hast und Bewegung in das Zimmer trat, Federhut und Degen auf den Tisch warf, unruhig auf und nieder ging und den feierlich angezündeten Lichtern keinen Blick gönnte.

„Was hast du, Liebchen?" rief die Alte verwundert aus. Ums Himmels willen, Töchterchen, was giebt's? Sieh hier diese Geschenke! Von wem können sie sein, als von deinem zärtlichsten Freunde? Norberg schickt dir das Stück Musselin zum Nachtkleide; bald ist er selbst da; er scheint mir eifriger und freigebiger als jemals."

Die Alte kehrte sich um und wollte die Gaben, womit er auch sie bedacht, vorweisen, als Mariane, sich von den Geschenken wegwendend, mit Leidenschaft ausrief: Fort! fort! Heute will ich nichts von allem Diesem hören; ich habe dir gehorcht, du hast es gewollt, es sei so! Wenn Norberg zurückkehrt, bin ich wieder sein, bin ich dein, mache mit mir, was du willst; aber bis dahin will ich mein sein, und hättest du tausend Zungen, du solltest mir meinen Vorsag nicht ausreden. Dieses ganze Mein will ich Dem geben, der mich liebt und den ich liebe. Keine Gesichter! Ich will mich dieser Leidenschaft überlassen, als wenn sie ewig dauern sollte.“

Der Alten fehlte es nicht an Gegenvorstellungen und Gründen; doch da sie in fernerem Wortwechsel heftig und bitter ward, sprang Mariane auf sie los und faßte sie bei der Brust. Die Alte lachte überlaut. „Ich werde sorgen müssen“, rief sie aus, „daß sie wieder bald in lange Kleider kommt, wenn ich meines Lebens sicher sein will. Fort, zieht euch aus! Ich hoffe, das Mädchen wird mir abbitten, was mir der flüchtige Junker Leids zugefügt hat. Herunter mit dem Rock und immer so fort Alles herunter! es ist eine unbequeme Tracht, und für euch gefährlich, wie ich merke. Die Achselbänder begeistern euch."

Die Alte hatte Hand an sie gelegt. Mariane riß sich los. „Nicht so geschwind!" rief sie aus; „ich habe noch heute Besuch zu erwarten."

"Das ist nicht gut", versezte die Alte. Doch nicht den jungen, zärtlichen, unbefiederten Kaufmannssohn ?“

„Eben Den", verseßte Mariane.

„Es scheint, als wenn die Großmuth eure herrschende Leidenschaft werden wollte“, erwiderte die Alte spottend; „ihr nehmt euch der Unmündigen, der Unvermögenden mit großem Eifer an. muß reizend sein, als uneigennüßige Geberin angebetet zu werden."

,,Spotte, wie du willst. Ich lieb' ihn! ich lieb' ihn! Mit welchem Entzücken sprech' ich zum ersten Mal diese Worte aus! Das ist diese Leidenschaft, die ich so oft vorgestellt habe, von der ich keinen Begriff hatte. Ja, ich will mich ihm um den Hals werfen! ich will ihn fassen, als wenn ich ihn ewig halten wollte. Ich will ihm meine ganze Liebe zeigen, seine Liebe in ihrem ganzen Umfang genießen."

„Mäßigt euch“, sagte die Alte gelassen, „mäßigt euch! Ich muß eure Freude durch Ein Wort unterbrechen: Norberg kommt! in vierzehn Tagen kommt er! Hier ist sein Brief, der die Geschenke begleitet hat."

„Und wenn mir die Morgensonne meinen Freund rauben sollte, will ich mir's verbergen. Vierzehn Tage! Welche Ewigkeit! In vierzehn Tagen, was kann da nicht vorfallen, was kann sich da nicht verändern!"

Wilhelm trat hinein. Mit welcher Lebhaftigkeit flog sie ihm entgegen! Mit welchem Entzücken umschlang er die rothe Uniform, drückte er das weiße Atlaswestchen an seine Brust! Wer wagte hier zu beschreiben, wem geziemt es, die Seligkeit zweier Liebenden auszusprechen! Die Alte ging murrend bei Seite; wir entfernen uns mit ihr und lassen die Glücklichen allein.

Zweites Capitel.

Als Wilhelm seine Mutter des andern Morgens begrüßte, eröffnete sie ihm, daß der Vater sehr verdrießlich sei und ihm den täglichen Besuch des Schauspiels nächstens untersagen werde. „Wenn ich gleich selbst“, fuhr sie fort, „manchmal gern ins Theater gehe, so möchte ich es doch oft verwünschen, da meine häusliche Ruhe durch deine unmäßige Leidenschaft zu diesem Vergnügen gestört wird. Der

Vater wiederholt immer, wozu es nur nüße sei? wie man seine Zeit so verderben könne?“

"Ich habe es auch schon von ihm hören müssen“, verseßte Wilhelm, und habe ihm vielleicht zu hastig geantwortet. Aber ums Himmels willen, Mutter! ist denn Alles unnüß, was uns nicht unmittelbar Geld in den Beutel bringt, was uns nicht den allernächsten Besiz verschafft? Hatten wir in dem alten Hause nicht Raum genug? und war es nöthig, ein neues zu bauen? Verwendet der Vater nicht jährlich einen ansehnlichen Theil seines Handelsgewinnes zur Verschönerung der Zimmer? Diese seidenen Tapeten, diese englischen Mobilien, sind sie nicht auch unnüß? Könnten wir uns nicht mit geringeren begnügen? Wenigstens bekenne ich, daß mir diese gestreiften Wände, die hundert Mal wiederholten Blumen, Schnörkel, Körbchen und Figuren einen durchaus unangenehmen Eindruck machen. Sie kommen mir höchstens vor wie unser Theatervorhang. Aber wie anders ist's, vor diesem zu sizen! Wenn man noch so lange warten muß, so weiß man doch, er wird in die Höhe gehen, und wir werden die mannigfaltigsten Gegenstände sehen, die uns unterhalten, aufklären und erheben.“

„Mach' es nur mäßig!" sagte die Mutter; „der Vater will auch Abends unterhalten sein; und dann glaubt er, es zerstreue dich, und am Ende trag' ich, wenn er verdrießlich wird, die Schuld. Wie oft mußte ich mir das verwünschte Puppenspiel vorwerfen lassen, das ich euch vor zwölf Jahren zum heiligen Christ gab, und das euch zuerst Geschmack am Schauspiel beibrachte!"

„Schelten Sie das Puppenspiel nicht, lassen Sie sich Ihre Liebe und Vorsorge nicht gereuen! Es waren die ersten vergnügten Augenblicke, die ich in dem neuen leeren Hause genoß; ich sehe es diesen Augenblick noch vor mir, ich weiß, wie sonderbar es mir vorkam, als man uns, nach Empfang der gewöhnlichen Christgeschenke, vor einer Thüre niedersißen hieß, die aus einem andern Zimmer herein ging. Sie eröffnete sich; allein nicht wie sonst zum Hin- und Wiederlaufen, der Eingang war durch eine unerwartete Festlichkeit ausgefüllt. Es baute sich ein Portal in die Höhe, das von einem mystischen Vorhang verdeckt war. Erst standen wir Alle von ferne, und wie unsere Neugierde größer ward, um zu sehen, was wohl Blinkendes und Rasselndes sich hinter der halb durchsichtigen Hülle

verbergen möchte, wies man Jedem sein Stühlchen an und gebot uns, in Geduld zu warten.

„So saß nun Alles und war still; eine Pfeife gab das Signal, der Vorhang rollte in die Höhe und zeigte eine hochroth gemalte Aussicht in den Tempel. Der Hohepriester Samuel erschien mit Jonathan, und ihre wechselnden wunderlichen Stimmen kamen mir höchst ehrwürdig vor. Kurz darauf betrat Saul die Scene, in großer Verlegenheit über die Impertinenz des schwerlöthigen Kriegers, der ihn und die Seinigen herausgefordert hatte. Wie wohl ward es mir daher, als der zwerggestaltete Sohn Isai mit Schäferstab, Hirtentasche und Schleuder hervorhüpfte und sprach:, Großmächtigster König und Herr Herr! es entfalle Keinem der Muth um deßwillen; wenn Ihre Majestät mir erlauben wollen, so will ich hingehen und mit dem gewaltigen Riesen in den Streit treten.' Der erste Act war geendet, und die Zuschauer höchst begierig, zu sehen, was nun weiter vorgehen sollte; Jedes wünschte, die Musik möchte nur bald aufhören. Endlich ging der Vorhang wieder in die Höhe. David weihte das Fleisch des Ungeheuers den Vögeln unter dem Himmel und den Thieren auf dem Felde; der Philister sprach Hohn, stampfte viel mit beiden Füßen, fiel endlich wie ein Kloß und gab der ganzen Sache einen herrlichen Ausschlag. Wie dann nachher die Jungfrauen sangen:, Saul hat Tausend geschlagen, David aber Zehntausend!' der Kopf des Riesen vor dem kleinen Ueberwinder hergetragen wurde, und er die schöne Königstochter zur Gemahlin erhielt, verdroß es mich doch bei aller Freude, daß der Glücksprinz so zwergmäßig gebildet sei. Denn nach der Idee des großen Goliath und kleinen David hatte man nicht verfehlt, Beide recht charakteristisch zu machen. Ich bitte Sie, wo sind die Puppen hingekommen? Ich habe versprochen, sie einem Freunde zu zeigen, dem ich viel Vergnügen machte, indem ich ihn neulich von diesem Kinderspiel unterhielt."

„Es wundert mich nicht, daß du dich dieser Dinge so lebhaft erinnerst; denn du nahmst gleich den größten Antheil daran. Ich weiß, wie du mir das Büchlein entwendetest und das ganze Stück auswendig lerntest; ich wurde es erst gewahr, als du eines Abends dir einen Goliath und David aus Wachs machtest, sie Beide gegen einander peroriren ließest, dem Riesen endlich einen Stoß gabst

und sein unförmliches Haupt auf einer großen Stecknadel mit wächsernem Griff dem kleinen David in die Hand klebtest. Ich hatte damals eine so herzliche mütterliche Freude über dein gutes Gedächtniß und deine pathetische Rede, daß ich mir sogleich vornahm, dir die hölzerne Truppe nun selbst zu übergeben. Ich dachte damals nicht, daß es mir so manche verdrießliche Stunde machen sollte."

,,Lassen Sie sich's nicht gereuen", versezte Wilhelm; denn es haben uns diese Scherze manche vergnügte Stunde gemacht."

Und mit Diesem erbat er sich die Schlüssel, eilte, fand die Puppen und war einen Augenblick in jene Zeiten verseßt, wo sie ihm noch belebt schienen, wo er sie durch die Lebhaftigkeit seiner Stimme, durch die Bewegung seiner Hände zu beleben glaubte. Er nahm sie mit auf seine Stube und verwahrte sie sorgfältig.

Drittes Capitel.

Wenn die erste Liebe, wie ich allgemein behaupten höre, das Schönste ist, was ein Herz früher oder später empfinden kann, so müssen wir unsern Helden dreifach glücklich preisen, daß ihm gegönnt ward, die Wonne dieser einzigen Augenblicke in ihrem ganzen Umfange zu genießen. Nur wenig Menschen werden so vorzüglich be= günstigt, indeß die meisten von ihren frühern Empfindungen nur durch eine harte Schule geführt werden, in welcher sie nach einem kümmerlichen Genuß gezwungen sind, ihren besten Wünschen entsagen, und das, was ihnen als höchste Glückseligkeit vorschwebte, für immer entbehren zu lernen.

Auf den Flügeln der Einbildungskraft hatte sich Wilhelms Begierde zu dem reizenden Mädchen erhoben; nach einem kurzen Umgang hatte er ihre Neigung gewonnen, er fand sich im Besiß einer Person, die er so sehr liebte, ja verehrte; denn sie war ihm zuerst in dem günstigen Lichte theatralischer Vorstellung erschienen, und seine Leidenschaft zur Bühne verband sich mit der ersten Liebe zu einem weiblichen Geschöpfe. Seine Jugend ließ ihn reiche Freuden genießen, die von einer lebhaften Dichtung erhöht und erhalten wurden. Auch der Zustand seiner Geliebten gab ihrem Betragen

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