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Christen sind, darum beobachten sie in äußern Dingen Alles, was zum Christen gehört, und wenn es ihnen gelungen ist, die Andern zu täuschen, so glauben sie am Ende selbst, daß sie auf dem rechten Wege seien. Vor solchem bloß äußerlichen Christenthum warnt uns der Apostel in der zweiten Hälfte unsrer Epistel, als ob er sagen wollte, wer das Kleinod ergreifen will, muß anders, muß besser laufen. Er stellt uns das Beispiel des Volkes Israel vor, wie sie in der Wüste wanderten, dem verheißenen Lande zu, und doch so Viele das Land nicht erreichten. Er sagt: „Unfre Väter sind alle unter der Wolke gewesen," d. h. unter dem Schuß und der Führung Gottes, und sind alle durch das Meer gegangen; und sind alle unter Mvse getauft mit der Wolke und mit dem Meer, und haben alle einerlei geistliche Speise gegessen, und haben alle einerlei geistlichen Trank getrunken; sie tranken aber von dem geistlichen Fels, der mitfolgte, welcher war Christus. Aber an ihrer Vielen hatte Gott keinen Wohlgefallen, denn sie sind niedergeschlagen in der Wüste. Das ist aber uns zum Vorbilde geschehen, daß wir uns nicht gelüsten laffen des Bösen, gleichwie jene gelüftet hat." Die Kinder Israel waren in Abraham alle berufen, das verheißene Land zu besigen, sie waren durch große Zeichen und Gnaden von Gott alle bestätigt in diesem Erbtheil, er führte und beschüßte sie durch eine Wolke des Tages und eine Feuersäule des Nachts, er geleitete sie durch das rothe Meer, er tränkte sie von dem Felsen, er speiste sie mit Brodt vom Himmel, und doch schwur er in seinem Zorne, daß fie zu seiner Ruhe nicht kommen sollten. Warum das? Was thaten die Kinder Israel, daß Gott ihnen so zürnte? Die Ursache war ihre Abgötterei, ihr Ungehorsam, ihr Murren und Zweifeln. Und das ist uns zum Vorbilde geschrieben, daß wir uns warnen lassen. Wer das Kleinod, der Seelen Seligkeit, ergreifen will, muß anders, muß besser laufen. Wenn wir das Beispiel Israels nun auf uns anwenden, was lernen wir daraus? Wir sind Alle auf Jesum Christ getauft, wir haben das Wort Gottes unter uns, das ist unsre Wolke und unsre Feuersäule, wir haben alle das rechte Brodt vom Himmel, Christi Leib, gegessen, und sein Blut getrunken im Sakrament des Altars, wir gehen zur Kirche und hören Gottes Wort; aber an unser Vielen hat Gott keinen Wohlgefallen, und werden zu seiner Ruhe nicht kommen, sondern niedergeschlagen und hinuntergestoßen werden, wo Angst und Wehklagen ist. Warum das? Was thun unser Viele, daß Gott ihnen so zürnen sollte? Die Ursache ist ihre Abgötterei und ihr Ungehorsam, ihr Murren und ihr Zweifeln. Es steht jezt etwas anders unter uns, als vielleicht vor Zeiten; die Ursache des göttlichen Zornes über Viele

ist etwas anders, aber der Zorn ist derselbe. Vor Zeiten hielt fich fast Alles zum Worte Gottes, glaubte an die Heiligkeit der Sakramente, ging zur Kirche und zum Abendmahl, aber das Herz war in Vielen fern davon, es war viel todtes, äußerliches Werk, so daß ein bekannter, gottseeliger Prediger seine Zeitgenossen seufzend strafte, indem er sagte, die Christenheit habe sier stumme KirchenGößen, die heißen: Altar, Taufstein, Beichtstuhl und Predigtstuhl. Diese nannte er zu seiner Zeit Gößen, weil die meisten Christen all ihr Vertrauen darauf seßten, nicht aber durch die gründliche Buße und Bekehrung zu Gott, und durch den Glauben an Jesum Christum Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit suchten. Was half es da, daß sie getauft waren, daß sie das Sakrament des Altars und die Absolution empfingen, daß sie das göttliche Wort hörten? diese Dinge sind ohne die Buße und den Glauben tødte Gözen, ja sie werden denen, die sie mißbrauchen, eine Ursache zu noch größerer Verdammniß. Denn wissen und doch nicht thun, glauben und doch nicht leben in dem Glauben, ist ein höchst elender und gefährlicher Zustand. Wie ist es denn nun in unsern Tagen? So ist es nicht, aber daß es besser ist, mögen Andere sagen, ich kann es nicht sehen. Es werden wohl nicht Viele sein, welche von den Sakramenten der Taufe und des Altars, und von der Absolution sich alles Heil versprechen, ohne ihr Herz zu Gott befehrt zu haben; aber desto mehr sind derer, die in ihrem Unglauben die Sakramente ganz verachten, die sich klüger dünken, als ihre Väter, ohne doch besser geworden zu sein. Desto mehr sind derer, die gar nicht zum Sakrament des Altars kommen, oder wenn sie noch kommen, dasselbe doch nicht als ein göttliches Werk und Stiftung, sondern als eine menschliche Einrichtung nach dem Unglauben ihres Herzens halten. Es werden wohl nicht so Viele sein, welche damit alles gethan zu haben meinen, daß sie zur Kirche gehen, und Gottes Wort hören, welche meinen, daß dies äußere Werk sie mit Gott versöhnen werde; aber desto mehr sind derer, die dem Worte Gottes allen Glauben entziehen, sie halten es als ein menschliches Buch mit schönen Sprüchen, darin Gutes und Schlechtes, Wahres und Falsches enthalten sei. Sie meinen flüger geworden zu sein, als ihre Väter, ohne doch besser geworden zu sein. Aus diesem Unglauben kommt es denn, daß viele Kirchen öde stehn, daß man in so wenig Häusern häusliche Andacht und Erbauung findet, daß ein Mensch, der noch fest an Gottes Wort hält und glaubt, fast für einen Narren und Blinden gelten muß, der keinen Verstand hát. Ueber das Alles rühmen sie sich doch, Christi Jünger zu sein, und wollen den Schein äußerlich behalten, während sie die Wahrheit innerlich verachten. Aber siehe, die Früchte des Unglaubens bleiben nicht aus, und an den Früchten muß man erkennen, welcher Art

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der Baum sei. Der fleischliche Sinn, und das arge, verkehrte Herz kann sich wohl eine Zeit lang verbergen, aber unverhofft bricht es heraus, und zeigt sich, welches Geistes Kind es sei. Daher sehen wir denn mitten unter den Namenchristen wuchern und blühen z. B. „den Geiz, der da ist eine Wurzel alles Uebels, welcher hat Etliche gelüftet, und sind vom Glauben irre gegangen, und machen sich selbst viel Schmerzen. Denn die da reich werden wollen, fallen in Versuchung und Stricke, und viel thörichte, schädliche Lüste, welche versenken die Menschen in Verderben und Verdammniß." Da sehen wir wuchern und blühen die Unzucht, Ehebruch und Hurerei; jung und alt, hoch und gering, Eheleute und ledige Leute wollen sich die Schande nicht wehren lassen, und es fehlt nur, daß sie, wie von der Ehebrecherin geschrieben steht, hintreten, und sagen: „Ich habe nichts Uebels gethan." Da sehen wir wuchern und blühen den Hader, Neid, Zank und Zwietracht. Obschon ein Christ nicht Ein Mal die Sonne über seinem Zorne untergehn laffen soll, so lassen sie Jahre verstreichen, ehe die Wellen ihres Haders sich zur Ruhe geben, sondern toben fort und fort, und schäumen ihre eigene Schande aus. Sie genießen auch wohl gar das heilige Sakrament, ohne sich mit ihren Mitchristen von Herzen versöhnt zu haben, so doch Christus ausdrücklich geboten hat: „Gehe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, ehe du deine Gabe auf dem Altar opferst." Da sehen wir in der Christenheit wuchern und blühen den Betrug und die Lüge; die Einen treiben es im Großen, die Andern im Kleinen, fie finnen nur, daß es ihnen gelinge vor den Menschen; den ausgereckten Arm des Allerhöchsten, der Leib und Seele verderben kann in die Hölle, wollen sie nicht fürchten. Nicht zu gedenken an die Heuchelei, Verleumdung, an das Saufen und Schwelgen, an die Eitelkeit und Leppigkeit, und sonstigen Sünden. Auf diesen Wegen läuft man also, daß man das Kleinod, der Seelen Seligkeit, nicht ergreifen, sondern für immer verlieren wird.

Laufet nun also, daß ihr es ergreifet.

Das Kleinod, welches die himmlische Berufung Gottes uns vorhält, ist eine über alle Maaße wichtige Herrlichkeit, "eine ewige Seligkeit. Es ist wahr, es ist gewiß, daß die treuen Jünger Jesu Christi, die im Glauben beharren bis ans Ende, sein werden, wo er ist, denn er spricht: „ Wo_ich_bin, da soll mein Diener auch sein." Es ist wahr, es ist gewiß, daß für alle wahren Christen nach dieser Leidens, nach dieser Pilgrimmszeit eine herrliche, unaussprechliche Freude in Ewigkeit folgt. Da wird Gott abwischen alle Thränen von ihren Augen, da wird keine Angst, kein Leid, kein Geschret, noch Schmerzen mehr sein, da wird ihre Sonne ́nicht mehr untergehn, noch ihr Mond den Schein verlieren, denn der

Herr wird ihr ewiges Licht sein, und ihr Gott wird ihr Preis sein. Es ist wahr, es ist gewiß, daß der Weg zu diesem seligen Ziele schmal, und die Pforte enge ist, die zum Leben einführet, und find ihrer Wenige, die ihn finden, und daß nur Ein Mittler ist, Jesus Christus, durch dessen Erlösung und Gnade wir zum Himmel eingehn können. Es ist wahr, es ist gewiß, daß wer nicht an ihn glaubt, wird verdammet werden, und ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingebornen Sohnes Gottes. Wie sollten wir nun nicht Fleiß thun, daß wir unsern Beruf und Erwählung fest machen, daß wir das Kleinod ergreifen? Gleichwie die Kämpfer in den Wettspielen alle ihre Kraft daran segten, wie sie ihren Leib übten, wie sie sich alles Dinges enthielten, was ihre Kraft hemmen, oder aufhalten konnte, also soll auch unser Herz sich alles Dinges entladen, wodurch es von dem Einen, was noth ist, zurückgehalten werden könnte. Weg mit den fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten! Weg mit der weltlichen Ueppigkeit und ihrem Prangen! Weg mit der Augenlust, Fleischeslust und hoffärtigem Wesen! Weg mit dem Geiz, mit dem Jagen nach irdischen Schäßen! Weg mit der Heuchelei, Schalkheit und Bosheit! Weg mit dem Sorgen und Grämen um zeitliches Gut! Hin zu den Füßen, zu den Fußstapfen Jesu Christi, das ist das Eine, was noth ist, das beste Theil! Wolltest du in einer so großen Sache, von welcher ein ewiges Wohl oder Wehe abhängt, aufs Ungewisse laufen? Siehe, wenn einem Menschen ein zeitliches Vorhaben mißlingt, fehl schlägt, so hat er doch Raum, sich zu trösten, seine Sache anders und aufs Neue anzufangen. Wie aber, wenn der Vorhang der Ewigkeit gefallen ist? Wie Viele würden da umkehren und einen andern Weg einschlagen mögen, aber fie werden es nicht thun können! Wie Viele werden da unter Qualen und Verzweiflung die Tage verfluchen, da sie Gottes Gnade verschmäht haben; aber es wird zu spät sein! Wie, o Christ, wenn dir das mißlingen, fehl schlagen sollte, deine Seele zu erretten vom ewigen Verderben? Denkest du nicht mit Entsehen an die Stimme, welche den Unbußfertigen zurufen wird: „Ich habe euch noch nie erkannt, weichet alle von mir, ihr Uebelthäter?" Zittert nicht dein Innerstes, wenn dein Geist sich erinnert an den Tag der Rache unsers Gottes? Wer will doch den Tag seiner Zukunft ertragen? Wer will bestehen, wenn er erscheinen wird? Laufet nun also, daß ihr das Kleinod ergreifet! Nun, in dieser unsrer Gnadenzeit ist es rechte Zeit, also zu laufen, daß wir dem zukünftigen Zorn entfliehen. Was hülfe es mir armen Sünder, wenn mir Jemand ein Paradies auf diese Erde bauete, und erfüllte Alles, was eines Menschen Herz hier wünschen kann, ließe mir aber die Last der Sünde auf dem Herzen? Was sind Himmel und Erde

ohne den Frieden mit Gott? Und dieser Friede wird uns in Christo Jesu geboten, darum laßt fahren dahin Welt und Freuden, auch Leib und Leben, daß wir nur das Eine gewinnen, das Kleinod in der ewigen Herrlichkeit.

Laufet nun also, daß ihres ergreifet, insbesondere ihr Alle, die ihr von Christo Jesu ergriffen seid; seine Hand hält euch, führt euch, trägt euch, er weiß euren Lauf zum Ziele, euren Kampf zum Siege zu führen. 'Seid ihm getreu bis in den Tod, so wird er euch die Krone des ewigen Lebens geben.

Ihm aber, der uns mit seinem Blute erkauft, von der Sünde erlöst, zum ewigen Leben berufen hat, sei Lob und Preis, Ehre und Anbetung in Ewigkeit! Amen!

Schließe Du unsere Herzen auf, Du Heiliger Geist, der Du uns berufen; gesammelt und so weit erleuchtet hast. Schließe unsere Ohren und Herzen auf, daß wir das Wort des Lebens willig aufnehmen, und im Glauben mit Wachen und Beten zum Himmel dringen. Siehe, wir laufen und kämpfen um das himmlische Kleinod. O, lehre uns recht kämpfen! Wir gebrauchen die theuren Gnadenmittel, das Wort und die heiligen Sacramente. O, lehre fie uns recht gebrauchen, daß wir nicht mitten unter den Schäßen der Gnade um-. kommen und verderben. Du kennest unseres Fleisches Schwachheit und unseres Herzens Trägheit: hilf uns, daß es besser werde, und wir gewisse Tritte thun, Christo nach im Leben und Sterben. Amen!

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