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17.

Am Sonntage Sexagefimae,

Du hast uns berufen, o Vater im Himmel, durch Jesum Christum, daß wir sollen deine Kinder heißen, du hast uns ein köstliches Erbe zum Ziel gesezt, danach wir ringen und laufen sollen in dieser Gnadenzeit; du aber kennest unsers Fleisches Schwachheit, und daß wir mannigfaltig fehlen. Darum bitten wir dich, erfülle uns mit herzlichem Verlangen nach den himmlischen Gütern. Laß deinen Geist uns ziehen und leiten, daß wir täglich und vornehmlich trachten nach dem, was droben ist. Segne, o Herr, auch in dieser Stunde die Predigt deines Wortes. Schenke uns rechte, stille Andacht, festen Glauben, und Herzen, welche begierig sind, das Wort von deiner Gnade zu ergreifen. Amen!

Geliebte Christen! Als der alte Feind des menschlichen Geschlechtes unsre ersten Aeltern verführte, da war das Hauptnek, womit er sie gefangen nahm, der Hochmuth, den er in ihnen durch die Worte erregte: „Gott weiß, daß welches Tages ihr davon effet, so werden eure Augen aufgethan und werdet sein, wie Gott und wissen, was gut und böse ist. Da däuchte ihnen gut und lieblich, von dem Baume zu essen. Schon hieraus können wir lernen, wie der Hochmuth eine sehr gefährliche Wurzel in dem Herzen des Menschen ist; denn was anders konnte den argen Feind bewegen, daß er es gerade von dieser Seite anfing, als weil er wohl wußte, daß hier die gefährlichste Seite des Menschen sei, wo er seinen listigen Anlauf machen könne. Der Hochmuth mit seinen Töchtern, als da find Eitelkeit, Ehrsucht, Ruhmsucht und dergleichen, zeichnet fich wirklich vor den meisten andern Sünden aus als ein unglaublich feines Gift. Die andern Sünden haben ihr Wesen doch nur in bösen Werken und Gedanken, der Hochmuth aber schleicht sich überall auch in die guten Handlungen, welche wir durch Gottes Gnade und nach Gottes Willen vollbringen, mit ein, und vergiftet, was

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uns zum Heil und Segen gereichen sollte. In dieser Rücksicht konnte ein alter Lehrer der christlichen Kirche über die Tugenden der alten Heiden den Ausspruch thun, sie seien glänzende Laster; denn er sah wohl ein, daß der Grund und die Triebfeder ihrer größesten Thaten nichts anderes war, als die Ehr- und Ruhmsucht, welche vor Begierde nach einem unsterblichen Namen brannte. Und wer siehet nicht ein, daß dieselbe arge Triebfeder noch heute Viele von denen entflammt, welche Jesum nicht kennen. Ein unsterblicher Ruhm däucht ihnen das höchste Glück, während sie die Unsterblichkeit selbst, d. h. das ewige Leben nicht suchen noch achten. Können wir es leugnen, daß viel Gutes, was auch unter uns geschehen mag, um des Namens und um der Ehre willen geschieht, daß die Leute darauf sehen, und sagen sollen: „Das ist der ?" Können wir es leugnen, daß wir unsre Ehre vor den Menschen oft viel sorgfältiger bewachen, viel eifriger im Auge haben, als die Unbeflecktheit unsers Herzens vor Gott? Und wie gewaltig und verderblich dringet dieses Gift nicht oftmals in die Herzen ein, welche Gott in seine besondere Zucht genommen hat, und richtet des Satans Stuhl mitten im Tempel Gottes auf. Das soll so viel heißen: „Tempel Gottes" nennen wir die Menschen, welchen Gott Buße und Glauben durch den heiligen Geist gegeben hat, in solchen Menschen stellt sich zuweilen durch die besondere List des Satans der Hochmuth ein, fie rühmen sich des Glaubens, rühmen sich der Erkenntniß, die ihnen zu Theil geworden, rühmen sich des Vorzuges, daß Gott sie erleuchtet und zu Zeugen seiner Wahrheit gemacht habe, werden stolz und sicher in ihrem Glauben, und siehe, dann ist Satans Stuhl aufgerichtet, und Gottes Tempel verderbet. Auch ist das Gift des Hochmuthes ein gar heimliches Gift, und hat so viele Gestalten, daß man nirgend sicher ist. Bald gehet er mit hohen Augen einher, blähet sich auf und ist voll vom Ruhme seiner selbst, bald kleidet er sich in selbsterwählte Geistlichkeit und Demuth der Engel, bald in die Niedrigkeit der Bettler. Bald trägt er seine Tugenden zur Schau, bald seine Fehler und Schwachheit, um den Ruhm eines armen Sünders zu haben. Ja wir müssen es mit Schmerz bekennen, es giebt keine Gestalt, unter welche sich der Hochmuth nicht verbergen könnte, nur die Herzenseinfalt der kleinen Kinder scheint ihm verschlossen zu sein, darum auch unser Heiland zu seinen Jüngern sagte: „Wer sich nun selbst erniedrigt, wie dies Kind, der ist der Größeste im Himmelreich."

Unsre heutige Epistel wird uns Veranlassung geben von der rechten und beständigen Demüthigung eines Christen näher zu reden, und wir wollen uns dazu den Segen Gottes erflehen in einem stillen und andächtigen Gebete.

Epistel: 2. Korinther 11, 19-12, 9.

Denn ihr vertraget gerne die Narren, dieweil ihr klug seid. Ihr vertraget, so euch jemand zu Knechten macht, so euch jemand schindet, so euch jemand nimmt, so euch jemand troßt, so euch jemand in das Angesicht streichet. Das sage ich nach der Unehre, als wären Wir schwach geworden. Worauf nun jemand kühn ist, (ich rede in Thorheit) • darauf bin ich auch kühn. Sie sind Ebräer, ich auch. Sie sind Israeliter, ich auch. Sie sind Abrahams Saame, ich auch. Sie sind Diener Christi; (ich rede thörlich) Ich bin wohl mehr. Ich habe mehr gearbeitet, ich habe mehr Schläge erlitten, ich bin öfter gefangen oft in Todes-Nöthen gewesen. Von den Juden habe ich fünfmal empfangen vierzig Streiche weniger eins. Ich bin dreimal gestäupet, einmal gesteiniget, dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, Tag und Nacht habe ich zugebracht in der Tiefe (des Meers.) Ich habe oft gereiset; ich bin in Gefahr gewesen zu Wasser, in Gefahr unter den Mördern, in Gefahr unter den Juden, in Gefahr unter den Heiden, in Gefahr in den Städten, in Gefahr in der Wüste, in Gefahr auf dem Meer, in Gefahr unter den falschen Brüdern; in Müh und Arbeit, in viel Wachen, in Hunger und Durst, in viel Fasten, in Frost und Blöße; ohne was sich sonst zuträgt, nemlich, daß ich täglich werde angelaufen, und trage Sorge für alle Gemeinen. Wer ist schwach, und ich werde nicht schwach? Wer wird geärgert, und Ich brenne nicht? So ich mich je rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen. Gott und der Vater unsers Herrn Jesu Christi, welcher sei gelobet in Ewigkeit, weiß, daß ich nicht lüge. Zu Damaskus, der Landpfleger des Königs Areta verwahrete die Stadt der Damasker, und wollte mich greifen. Und ich ward in einem Korbe zum Fenster aus durch die Mauer niedergelassen, und entrann aus seinen Händen. Es ist mir ja das Rühmen nichts nüße, doch will ich kommen auf die Gesichte und Offenbarungen des Herrn. Ich kenne einen Menschen in Christo, vor vierzehn Jahren, (ist er in dem Leibe gewesen, so weiß ich es nicht; oder ist er außer dem Leibe gewesen, so weiß ich es auch nicht; Gott weiß es); derselbige ward entzückt bis in den dritten Himmel. Und ich kenne denselbigen Menschen, (ob er in dem Leibe, oder außer dem Leibe gewesen ist, weiß ich nicht; Gott weiß es). Er ward entzückt in das Paradies, und hörete unaussprechliche Worte, welche kein Mensch sagen kann. Davon will ich mich rühmen; von mir selbst aber will ich mir nichts rühmen, ohne meiner Schwachheit. Und so ich mich rühmen wollte, thäte ich darum nicht thörlich; denn ich wollte die Wahrheit sagen. Ich enthalte mich aber deß, auf daß mich Jemand nicht höher achte, denn er an mir siehet, oder von mir höret. Und auf daß ich mich nicht der hohen Offenbarung überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nemlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlage, auf daß ich mich nicht überhebe. Dafür ich dreimal dem Herrn geslehet habe, daß er von mir wiche. Und er hat zu mir gesagt: Laß dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf daß die Kraft Christi bei mir wohne.

Diese Epistel ist uns zu reich an Umfang und Inhalt, als daß wir sie ganz betrachtend und anwendend durchgehen könnten. Wir werden uns daher für heute nur an den lezten Abschnitt derselben halten, und das miteinander zu Herzen nehmen, was der Apostel Paulus von dem Pfahl sagt, der ihm ins Fleisch gegeben sei, und von der Antwort, welche er von dem Herrn auf sein dreimaliges Flehen erhalten habe. Wir wollen in diesen Worten des Apostels die beständige Demüthigung und den beständigen Trost eines Christen zu erkennen suchen.

Der Apostel Paulus hat, wie ihr gehört habt, von den hohen Gnaden und Offenbarungen berichtet, welche ihm von Gott zu Theil geworden sind. Das hat er ungern erzählt, denn seinem Herzen war das Rühmen zuwider; nur etliche thörichte Menschen, welche eitler Ehre geizig waren, und welche ihn in ihrer Thorheit gering achten wollten, hatten ihn gezwungen, an den Tag zu bringen, daß sie gegen ihn allerdings nur anzusehen wären, wie ein Knabe gegen einen alten, in vielen Kämpfen bewährten Krieger. Hatte er es nun jenen eitlen Menschen in Erfahrung, in Kämpfen, in Gefahren, in Leiden um Christi willen weit zuvor gethan, hatte Gott ihn viel größerer Offenbarungen und Gnade gewürdigt; so sollten sie nun erkennen, wie er dessenungeachtet von sich nichts zu rühmen habe, sondern aller Ruhm Dem allein zustehe, der sich der Sünder erbarmt hat. „Auf daß ich mich der hohen Offenbarung nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch." Hier lernen wir zuerst, daß einem Christen die beständige Demüthigung allezeit nöthig ist. Wir müssen uns wundern, daß ein Mann wie Paulus, der so ganz dem Herrn Jesu hingegeben war, solcher Demüthigung bedürftig war. Bedenken wir, welche Tiefen der Erkenntniß diesem Apostel gegeben waren, bedenken wir, wie er besser, als wie Alle, die Gefahren des Hochmuthes, des sich Ueberhebens, kannte, wie er besser, als wir Alle, wußte, daß nur die wahre und klare Herzensdemuth Christo gefällig sei: aber siehe diese Erkenntniß, dieses Wissen schüßte ihn noch nicht hinlänglich, er blieb in Gefahr, sich zu überheben. Bedenken wir ferner, mit welcher Geisteskraft er von Gott ausgerüstet war, wie er geübt und gewohnt war, seine Begierden zu beherrschen, wie er hoch und niedrig, hungrig und satt, in Frost und Blöße, in Banden, in Schmach, in Gefahren, im Angesicht des Todes stehen konnte, und doch fest, unbeweglich, unerschütterlich Den bekannte, der ihn zum ewigen Leben erkauft und berufen hatte: aber siehe, diese Kraft des Willens im heiligen Geiste schüßte ihn noch nicht genug gegen die Gefahr des Hochmuths. Bedenken wir, durch wie viel Demü thigungen die Lebensbahn dieses Apostels ging, wie er in Gefängnissen, unter Geißeln, unter Verfolgungen, gesteinigt, geschmäht,

verspottet, verlästert, nach seinem eigenen Geständniß sein mußte ein Schauspiel der Welt, und den Engeln und den Menschen, ja ein Fluch der Welt, und ein Fegopfer aller Leute: aber dies Alles schüßte ihn vor der Gefahr des Hochmuths noch nicht hinlänglich. Bedenken wir endlich, während jene Verfolgungen und Drangsale ihm meistens nur von Feinden Jesu Christi widerfuhren, wie betrübende Erfahrungen er auch unter seinen Freunden und unter falschen Brüdern machen mußte, wie oft seine eigenen Kinder im Glauben ihn verließen, wie oft die Gemeinden, welche er mit viel Thränen und Kämpfen gesammelt hatte, von falschen Lehrern sich irre leiten, zerrütten, und zerstreuen ließen: aber auch diese niederbeugenden Erfahrungen schüßten ihn nicht genug vor der Gefahr des Hochmuthes. Der rechte Hirte seiner Seele mußte ihm über das Alles noch den Pfahl im Fleische lassen, nämlich des Satans Engel, der ihn mit Fäusten schlage, daß er sich nicht überhebe. Da sehen wir nun wohl Alle ein, wie sehr wir über uns zu wachen haben, daß wir dieses Gift der Seele im Glauben überwinden, denn um stolz oder hochmüthig zu sein, bedarf es keiner großen Gaben, oder Ehren. Ist das Herz einmal gefangen, so weiß es sich aus den nichtigsten, oft aus fündlichen Dingen einen Ruhm zu machen. Wir dürfen nie sicher werden vor dem Hochmuthsteufel, denn ist er heute geschlagen, so ist er morgen wieder bereit, uns anzugreifen. Vor ihm schüßt keine Erkenntniß, keine Niedrigkeit und Ärmuth, keine Schmach, Verachtung oder Verfolgung. Man kann auch auf die Niedrigkeit und Armuth stolz sein, die man tragen muß, man kann auf die Schmach und Verachtung stolz sein, die man erdulden muß; denn der Hochmuth spricht: „du trägst die Schmach Jesu Christi, und bist ein Märtyrer seines Namens; du bist in der Welt verachtet, aber vor dem Herrn und seinen Engeln bist du darum herrlich angesehen."

Sehen wir also, daß uns die beständige Demüthigung nothwendig ist, so laßt uns weiter fragen, wie und worin wir dieselbe finden sollen? Der Apostel Paulus sagt: „mirist gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlage, daß ich mich nicht überhebe." Wir würden hier sehr irren, wenn wir diese Worte so verstehen wollten, als wenn der Apostel von besonders bösen Begierden geplagt worden wäre. Wir haben ja nur am vorigen Sonntage gehört, wie er von sich sagen konnte: „Ich laufe aber also, nicht als aufs Ungewisse, ich fechte also, nicht als der in die Luft streicht, sondern ich betäube meinen Leib und zähme ihn, daß ich nicht den Andern prédige und selbst verwerflich werde. Der Pfahl im Fleisch bedeutet die Sündhaftigkeit, welche ihm, als Menschen, ob er schon wiedergeboren, und ein Kind Gottes geworden

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