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Das ist es, was wir unter dem Kreuze Christi lernen sollen. Das ist der köstliche Weg, auf welchem wir Christo nachfolgen sollen. Wir wollen, indem wir die verlesene Epistel näher betrachten, von der Herrlichkeit der christlichen Liebe reden. Möge der Geist des Herrn, Herrn das hohe, göttliche Wort in unsre Herzen schreiben!

Was sind wir ohne die rechte Christenliebe? „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz und eine klingende Schelle." Der Apostel Paulus nennt hier und in den folgenden Versen die Gaben und Kräfte des heiligen Geistes als das Höchste, was einem fündigen Menschen zu Theil werden kann. Gaben vom Himmel her, welche die Welt nicht kannte, Kräfte aus der Höhe, Zeichen und Wunder zu thun, wurden den Gläubigen gegeben. Aber Niemand sollte den Werth derselben nach dem äußern Erfolge beurtheilen; ohne die Liebe, seßt er hinzu, wäre es nichts. Ob ein Mensch alle Welt an Kunst und Weisheit, an Erkenntniß und Gaben übertreffen, ob er die Welt umwäl zen möchte, wäre der innerste Grund seines Herzens nicht die Liebe, so wäre er nichts. Laßt in euren Gedanken Alles hervortreten, was in der Welt gepriesen wird, Großes und Kleines, daß wir es mit diesem Maaße messen. Gedenket an die großen Kriegshelden, welche sich Nuhm, Ehre und Macht über Länder und Völker auf Erden errungen haben. Ihre Namen find groß vor der Welt, aber die Augen des Herrn sehen nach dem Glauben und nach der Liebe; ohne die Liebe sind sie nichts. Mit diesem Maaße müssen auch Fürsten und Könige fich messen lassen. Was ist irdische Hoheit und Glanz ohne die Liebe? Was ist alle Macht, Würde und Herrschaft auf Erden ohne die Liebe? Von der Erde sind sie, der Erde gehören sie zu, auf dem Wege zum Himmelreich helfen sie feinen Schritt vorwärts. Was ist Reichthum, der Mammon, der uns so oft tm Sinne liegt? Was ist Jugend und Schönheit? Aus dem Staube find sie geboren, in den Staub sinken sie, auf der Wage der Ewigkeit wägen sie nichts. Was sind hohe Augen und stolze Geberden? Was ist die vergängliche Lust der Welt, Augenlust, Fleischeslust und höffährtiges Leben? Aus der Sünde sino sie geboren, zur Hölle fahren sie; im Reiche der Herrlichkeit wird ihre Stätte nicht gefunden. Schön ist das stille, einfache Loos eines Niedrigen und Armen in dieser Welt, der seine Tage verlebt in den Werken seines Berufes, welcher unbekannt auf Erden

seinen Weg wandert. Köstlich ist es, wenn ein stilles und friedliches Familienleben, ein häusliches Glück seine Tage erheitert. Aber wo ist das zu finden auf Erden ohne die Liebe? Und ob es zu finden wäre, ohne die Liebe wäre es nichts. Eine hohe und herrliche Gabe ist die Beredsamkeit; höher und herrlicher ist sie, wenn der Geist Gottes uns die gelehrte Zunge giebt, daß wir in seiner Kraft die Wahrheit Gottes verkündigen, und wissen, mit den Müden zu rechter Zeit zu reden; noch größer und herrlicher möchte es sein, wenn uns gegeben wäre, mit Engelzungen zu reden; aber ohne die Liebe wäre das Alles wie ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Hohe und herrliche Gaben sind Weisheit und Erkenntniß, wenn uns gegeben wäre, alle Schäße der Weisheit und Erkenntniß zu durchforschen, welche in Christo verborgen liegen groß und göttlich wäre es, in Kraft des Glaubens Wunder zu thun, Berge zu versehen, aber ohne die Liebe wäre es nichts. Selig zu preisen sind die Barmherzigen, die ihre Habe den Armen geben; groß und wichtig ist die Kreuzigung des Fleisches und seiner Begierden; „aber wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe, und ließe meinen Leib brennen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nichts nüße." Ob also eines Menschen Werke leuchten möchten, wie die Sonne, ob seine Worte, seine Erkenntniß, sein Glaube Millionen in Erstaunen und Verwunderung seßen, er wäre nichts ohne die Liebe. Wenn du zu dem Herrn an jenem Tage sprechen könntest: „Herr, Herr, habe ich nicht in deinem Namen geweissagt? Habe ich nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben? Habe ich nicht in deinem Namen große Thaten gethan?" hättest aber der Liebe nicht, so würde er dennoch sagen: Weiche von mir, du Uebelthäter!" denn seine Augen sehen nach dem Glauben, der in der Liebe thätig ist.

Auf daß wir uns aber nicht betrügen über die Art und das Wesen der christlichen Liebe, auf das wir unsre eigene Armuth desto klarer erkennen und desto tiefer empfinden, so zeichnet uns der Apostel Paulus die rechte Liebe in den folgenden Worten der Epistel lebendig vor die Augen. Er sagt uns, was die Liebe meidet und was sie thut, und wir stellen uns das Bild unsers Herrn Jesu Christi als eine lebendige Auslegung und Erklärung dieser hohen göttlichen Worte daneben. Die Liebe ist langmüthig und freundlich." So war Jesus gegen Freunde und Feinde. Darum konnte er sagen: „Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir, denn ich bin sanftmüthig und von Herzen demüthig, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen." Die Liebe eifert nicht. Es giebt zwar einen heiligen Eifer um Gott und seine Ehre, den wir

an Jesu Christo erkennen, ja der ihn verzehrte, wie geschrieben steht: „Der Eifer um dein Haus hat mich gefressen;" es giebt aber auch einen fleischlichen, fündlichen Eifer, welchen die Liebe nicht kennt. Dieser Eifer entbrennt in dem sündigen Menschen, wenn seine eigene Ehre angetastet wird, wenn ihm widersprochen oder widerstanden wird. Diesen Eifer kennt die Liebe nicht, ihn kannte Jesus nicht. Da heißt es vielmehr von ihm: „Er schalt nicht, da er gescholten ward, er drohete nicht, da er litte; er stellete es aber dem heim, der da recht richtet." Er war: wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummet vor seinem Scheerer und seinen Mund nicht aufthut." Er bat vom Kreuze herab für seine Beleidiger und Verfolger und sprach! „Vater, vergieb ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun!" Die Liebe treibt nicht Muthwillen, sie blähet sich nicht, fie stellet sich nichtungeberdig." So unser Herr und Meister. Ob es schon in seiner Macht war, alle seine Widersacher zu Schanden zu machen, so wollte er viel lieber ein Spott und verachtet sein, und achtete der Schande nicht, auf daß er seine Widersacher gewinne und errette. Fern war es von ihm Böses mit Bösem, oder Scheltwort mit Scheltwort zu vergelten, sondern arm ist er geworden um unsertwillen, auf daß wir durch seine Armuth reich würden; erniedrigt hat er sich bis zum Tode am Kreuz, auf daß er uns, seine Feinde, zu Gnaden und Ehren erhöhen möchte. Die Liebe suchet nicht das Ihre." Ja, die Liebe ist Selbstverleugnung, fie suchet nicht das Ihre, sondern das des Andern ist. Sehet Jefum an, wie er sich selbst hinopfert für uns. Davon sagt er selbst (Joh. 15, 13): „Niemand hat größere Liebe, denn die, daß er sein Leben läßet für seine Freunde." Darüber schreibt der Jünger, welchen Jesus lieb hatte (1. Joh. 3, 16): "Daran haben wir erkannt die Liebe, daß er sein Leben für uns gelassen hat, und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen." „Die Liebe läßt sich nicht erbittern, sie trachtet nicht nach Schaden, sie freuet sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freuet sich aber der Wahrheit." So leicht und so bald wendet sich unser sündiges Herz von denen weg, die uns bedrängen und beleidigen, eine heimliche aber fündliche Freude regt sich in uns, wenn unsre Widersacher sich in ihre Sünden verstricken und zu nichte werden. Aber Jesus ward nicht müde zu vergeben und zu erretten. Er weinte über Jerusalem, die sein Wort nicht hören, und nicht bedenken wollte, was zu ihrem Frieden diente. Er freute sich im Geiste, daß Gott den Unmündigen seinen Rath und Gnade offenbarte, und daß den Armen das Evangelium gepredigt ward. Die Liebe verträgt Alles, sie glaubet Alles, sie hoffet Alles, sie duldet Alles." Das ist der hohe und köstliche Weg, den wir Christo

nachwandern sollen, in der Liebe voll Langmuth und Geduld, nicht argwöhnisch sondern freundlich, nicht voller Zweifel, nicht richtend über den Nächsten, sondern voll Hoffnung, daß Gott ihm und uns Barmherzigkeit widerfahren lassen, und die Sünde vergeben werde in Christo Jesu.

Je deutlicher wir nun aus den Worten der Epistel und an dem Beispiele unsers Heilandes die rechte Liebe erkannt haben, desto tiefer werden wir uns beugen müssen bei dem Rückblick auf unser eigenes Herz. Wo ist diese Liebe bei uns zu finden? Wo ist diese Flamme des Herrn, deren Gluth feurig ist, die stärker ist als der Lod? Ist es nicht, als ob alle die Worte des Apostels ihren Stachel gegen uns kehrten und uns verklagten vor dem Angesicht Gottes? Die Liebe ist langmüthig, und deine Geduld ist immer so schnell zu Ende? Die Liebe ist freundlich, und du bist oft so unfreundlich und finster? Die Liebe eifert nicht, und dein Herz entbrennt bei so mancher Kleinigkeit? Die Liebe blähet sich nicht, und du bist so oft stolz, und suchst deine eigene Ehre? sie stellt sich nicht ungeberdig, und deine Geberden verstellen und verfinstern sich oft? Die Liebe suchet nicht das Ihre, und du bist so oft nur auf dich bedacht? sie läßt sich nicht erbittern, und dein Herz kann den Hader so schwer überwinden? Die Liebe verträgt Alles, fie duldet Alles, und du willst so oft Böses mit Bösem, Hader mit Hader, Scheltwort mit Scheltwort vergelten? sie glaubet Alles, und du bist argwöhnisch und mißtrauisch gegen deine nächsten Freunde? sie hoffet Alles, und du richtest und verurtheilst deine Mitknechte in deinem Herzen? O meine Liebsten, laßt uns doch streben nach der Liebe, daß wir los werden aus den Stricken der Eigensucht und des fleischlichen Sinnes, daß wir jung werden an der Seele, „neue Kraft kriegen, und auffahren mit Flügeln, wie die Adler, “ wie geschrieben steht; denn die Liebe ist das Band der Vollkommenheit und des Gefeßes Erfüllung.

Die Liebe hört nimmer auf. Sie ist das Geseß in dem Herzen Gottes, und breitet ihre Flügel über die Ewigkeit. In der Liebe sind die Engel und Erzengel, so wie die vollendeten Gerechten selig, denu „Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott in ihm.“ Aufhören werden die Weissagungen, denn es kommt die Zeit, da nichts mehr verborgen sein wird, was offenbaret, und nichts mehr zukünftig,

was verkündigt werden müßte. Aufhören werden die Sprachen, denn es kommt die Zeit, da unter allen Erlöseten und Seligen wird Eine Rede und Zunge sein, droben in der ewigen Herrlichkeit. Aufhören wird das Erkenntniß, denn es ist Stückwerk. Jezt lernen wir Eins nach dem Andern, und lernen es nicht aus; jegt erkennen wir stufenweise mehr und mehr die verborgene Weisheit und die wunderbaren Rathschläge Gottes in Christo Jesu, und ergründen sie doch nicht. Stückwerk bleibt unser Wissen, Stückwerk unser Weissagen. Es kommt aber der Tag der Offenbarung und die Stunde der Vollendung, da wird das Stückwerk aufhören, da wird es vom Glauben zum Schauen gehn.

Gleichwie ein Kind in seiner Kindheit redet, wie ein Kind, klug ist wie ein Kind, und kindische Anschläge hat; wenn es aber ein Mann wird, ablegt, was kindisch war: so sind auch wir jeßt-Kinder für die himmlischen Dinge. In einem dunklen Worte sehen wir, als in einem Spiegel, die Gnade und Wahrheit Gottes; dann aber in der zukünffigen Welt von Angesicht zu Angesicht; jest stückweise, dann aber werden wir es erkennen, gleichwie wie wir erkannt sind, d. h. gleichwie wir vor den Augen Gottes dastehn. Da werden die Träume unsrer Erdentage verschwinden; da werden wir mit andern Augen sehen, mit andern Ohren hören, mit andern Herzen vernehmen, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben. Da werden wir anders urtheilen über die wunderbaren Wege Gottes. Da werden alle Zweifel zerfliegen, und was wir hier mit Zittern und Thränen erflehen, das werden wir dort mit Freude und Wonne ergreifen. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die Größeste unter ihnen. Der Glaube wird nicht aufhören, sondern in Schauen verwandelt werden, die Hoffnung wird nicht aufhören, sondern erfüllt werden; die Liebe wird nicht aufhören, sondern vollendet, mit Gotteskraft ausgerüstet und in unvergängliche Herrlichkeit gekleidet werden.

So strebet denn nach der Liebe! das ist der sicherste Weg, durch Christum mit Gott vereinigt zu werden, denn wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Gott in ihm. Strebet nach der Liebe! das ist die beste Art, Christum zu loben, Christo zu danken für seine Geißel und Schmerzen, für seine Wunden und seinen Tod. Strebet nach der Liebe! das ist die beste Art, Christo nachzufolgen, denn er spricht: „Dabei wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, so ihr euch untereinander liebet. Strebet nach der Liebe! daß ist die beste Art, sich Schäße im

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