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56.

Am 17. Sonntage nach Trinitatis.

Herr, hilf uns fleißig halten

Die Einigkeit im Geist,

Daß über uns mög' walten

Dein Segen allermeist;

Nach Deinem Geist und Sinn

Einander uns vertragen

In Freundschaft, und nachjagen

Dem köstlichen Gewinn. Amen!

Geliebte Christen! Abraham hatte, wie wir 1. Mose 13 lesen, eine Zeit lang in Aegypten gewohnt. Darnach zog er wieder weg aus Aegypten mit seinem Weibe und mit Allem, das er hatte, und Lot zog auch mit ihm. Abraham aber war sehr reich an Vieh, Silber und Gold. Und er zog bis gen Bethel, an die Stätte, da am ersten seine Hütte war, zwischen Bethel und Ai, eben an den Ort, da er vorhin den Altar gemacht hatte. Und er predigte allda den Namen des Herrn. Lot aber, der mit Abraham zog, hatte auch Schaafe und Rinder und Hütten. Und das Land mochte es nicht ertragen, daß sie bei einander wohneten, denn ihre Habe war groß, und war immer Zank zwischen den Hirten, die Abrahams und Lots Vich weideten. Da sprach Abraham zu Lot: „Lieber, laß nicht Zank sein zwischen mir und dir, und zwischen meinen und deinen Hirten, denn wir sind Gebrüder. Stehet dir nicht alles Land offen? Lieber scheide dich von mir. Willst du zur Linken, so will ich zur Rechten; oder willst du zur Rechten, so will ich zur Linken." Da besahe Lot die ganze Gegend am Jordan. Denn ehe der Herr Sodom und Gomorrha verderbete, war die Gegend wasserreich, als ein Garten des Herrn, gleichwie Aegyptenland. Da erwählte Lot die ganze Gegend am Jordan, und zog gegen Morgen. Also schied sich ein Bruder von dem andern.

Das Beispiel des Abraham in dieser Geschichte ist sehr schön und lehrreich. Er war der Aeltere von ihnen Beiden, denn Lot war seines Bruders Sohn; er war der Stärkere und Mächtigere an Habe und Gütern; aber das sah er nicht an, er war auch der Stärkere in der Demuth und Liebe. Er hätte demot befehlen können, wohin er ziehen solle, aber er ließ ihn auswählen, wohin er am liebsten wollte. Und siehe, Lot war nicht so bescheiden, er wählte den besten Landstrich für sich, und Abraham blieb in den mehr öden Gegenden. Freilich hatte Lot nur nach menschlicher Meinung das beste Theil gewählt, eine schöne, fruchtbare Gegend, deren Bewohner aber den Segen Gottes durch ihre Sünden verscherzt hatten. Bald nämlich wurden sie von einem andern Könige mit Krieg überzogen, überwunden und sammt ihrer Habe gefangen geführt. Und wiewohl Abraham sie wieder befreite, so mußte Lot es doch noch erleben, daß Gott der Herr jene ganze Gegend mit Feuer vom Himmel vernichtete, so daß Lot selbst kaum errettet wurde, sein Weib aber ihren Tod fand. Abraham dagegen blieb im Frieden wohnen. Das Beispiel Abrahams, wie man Frieden halten und bewahren müsse, welches hier nur bei einer ganz weltlichen Veranlassung an den Tag kam, ist sehr lehrreich. "Wir find Gebrüder," sprach er, laß nicht Zank unter uns sein." Wie sehr paßt das auf die, welche in Christo Brüder sind. Abrahams Gesinnung und Beispiel möge uns mit zur Anreizung dienen, wenn wir nach der heutigen Epistel von der christlichen Einigkeit reden wollen. Wir wollen uns dazu den Segen Gottes erflehen in einem stillen und andächtigen Gebete.

Epistel: Epheser 4, 1-6.

So ermahne nun euch Ich Gefangener in dem Herrn, daß ihr wandelt, wie fich's gebührt eurem Beruf, darinnen ihr berufen seid, mit aller Demuth und Sanftmuth, mit Geduld, und vertraget einer den andern in der Liebe, und seid fleißig zu halten die Einigkeit im Geist, durch das Band des Friedens. Ein Leib und Ein Geist, wie ihr auch berufen seid, auf einerlei Hoffnung eures Berufs. Ein Herr, Ein Glaube, Eine Taufe, Ein Gott und Vater (unser) aller, der da ist über euch alle, und durch euch alle, und in euch allen.

Dem Apostel Paulus war viel daran gelegen, daß in den Gemeinden, welche er gepflanzt hatte, Einigkeit herrsche. Er ermahnt deßhalb: „Lasset nicht Spaltungen unter euch sein. „Zwar schreibt er einmal an die Korinther (1., 11, 19): „Es müssen Rotten (d. H. Parteiungen) unter euch sein, auf daß die, so rechtschaffen: find, offenbar unter euch werden." Das aber sagt er mit Schmerz, n

nicht als wären die Parteiungen etwas Gutes, sondern als wenn er sagte: Nachdem so viel Aufgeblasene, Hoffährtige unter eud aufgekommen sind, kann es leider nicht anders werden, es müssen Parteiungen eintreten, auf daß nicht die ganze Gemeinde zu Grunde gerichtet werde, sondern die Rechtschaffenen offenbar, und die Auf geblasenen auch offenbar werden. - Auch in unsrer Epistel ermahn er die Christen zu Ephesus zur Einigkeit, und wir wollen, indem wir die Epistel näher betrachten, uns eben diese Ermahnung vor halten: Christen sollen die Einigkeit im Geiste fest halten. Zuerst werden wir hören, durch welche Mittel wir sie fest halten sollen, und zweitens aus welchen Gründen wir sie fest halten sollen.

Es gehört zu dem Fluche, welcher auf den Gottlosen ruht, daß ein Jeglicher nur auf sich bedacht ist. Wie der Prophet Jesaias sagt: „Wir gingen alle in der Frre, wie Schaase, ein Jeglicher sahe auf seinen Weg." Wenn sie Verbindungen eingehen, und zusammenhalten, so thun sie es nicht um des Andern, sondern um ihrer selbst willen, so lange es ihnen vortheilhaft und angenehm ist. In dieser Welt nun, die voll Schalkheit und Bosheit ist, und in welcher ein Jeglicher auf sich bedacht ist, soll das Evangelium vom Kreuze Christi Gemeinden bilden, und die einzelnen Christen sollen sich ansehn und zusammenhalten als Glieder Eines Leibes. Eine Heerde sollen wir sein mit allen Gläubigen. Ein Tempel Gottes mit allen Heiligen. Gleichwie ein einzelner Baustein nur dann zum Tempel gehört, wenn er an seiner Stelle eingemauert ist, aber nicht wenn er losgerissen für sich allein umherliegt; so auch der einzelne Christ. Ein Leib sollen wir sein mit allen Kindern Gottes, deffen Haupt Christus ist. Wie ein einzelnes Glied des Leibes nur dann Leben behält, wenn es mit dem Leibe in lebendiger Verbindung bleibt; aber verwest und vergeht, wenn es abgerissen für sich allein besteht; so auch der einzelne Christ. Es ist ein eitler Wahn, wenn ein Mensch sich mit seinem Christenthume ganz allein in seine Kammer zurückziehen will. Ein einzelner Tropfen Waffers wird bald vertrocknen, ein einzelnes Fünkchen Feuers wird bald erlöschen. Ein einzelner Streiter kann dem Feinde keinen Widerstand thun. Hat der Feind unsre Reihen erst gebrochen, uns erst zerstreut, so hat er uns auch bald überwunden. Also Gemeinschaft muß da sein unter Christen; Verbrüderung muß da sein im Geiste und in der Wahrheit, und diese Gemeinschaft, diese Verbrüderung muß auch an den Tag kommen, nämlich theils hier im Hause und am

Altar Gottes, theils durch den Frieden und die Eintracht, die wir - halten und bewahren, theils durch die Hülfe und den Beistand, den wir uns untereinander leisten in Zeiten der Noth.

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Aber, mag mancher Christ fragen, wie sollen wir es anfangen, - daß wir solche Gemeinschaft halten? Merket auf das Wort des Apostels in unsrer Epistel. So ermahne nun euch ich Gefangener in dem Herrn, daß ihr wandelt, wie sichs gebührt eurem Beruf, darinnen ihr berufen seid, mit aller Demuth und Sanftmuth." Die Hoffahrt, das auf1 geblasene Wesen, der fleischliche Eifer sind es, welche Streit und Zank gebären, Uneinigkeit und Spaltungen anrichten. Es kann nicht ausbleiben, weil wir fündige Menschen sind, daß wir nicht sollten verschiedene Gedanken und Ansichten auch von göttlichen Dingen haben. Selbst wenn wir darin einig sind, daß die heilige Schrift allein die Quelle aller Wahrheit in göttlichen Dingen, und die alleinige Grundlage unsers Glaubens ist; so findet sich doch, weil wir fündige Menschen sind, daß der Eine ein Wort so, der Andre anders versteht. Das thut indessen dem Frieden und der christlichen Einigkeit noch wenig, wenn nicht der Hochmuth und das aufgeblasene Wesen hinzukommt. Dieser aber und der fleischliche Eifer hat nirgend Ruhe, nirgend Frieden. Das Räumlein, welches ihm Gott auf Erden zugemessen hat, ist ihm nicht groß genug, er will höher hinauf sizen, und sich über Viele ausbreiten. Dagegen weiß der Demüthige den Frieden zu bewahren mitten unter mancherlei Verschiedenheit der Gedanken und Meinungen, und die Sanftmüthigen werden das Erdreich besigen. Sprach doch der Herr aller Herren in den Tagen seiner Niedrigkeit: „Ich bin sanftmüthig und von Herzen demüthig." Der demüthige Christ streitet auch für die Wahrheit, er bekennet Jesum, er ist stark und unüberwindlich im Leiden um des Namens Jesu willen; aber er richtet nicht, er verdammet nicht, es ist ihm nicht darum zu thun, daß man ihm Recht gebe und Ehre erweise, er will nicht bewundert, nicht gepriesen sein, sondern er fühlt sich niedrig und gering, als der wenig, oder nichts vermag, und eben darum ist er ein Werkzeug in der Hand Jesu Christi. Der sanftmüthige Christ kann Einigkeit bewahren; er ist nicht, wie ein Rohr im Winde, nicht ein solcher, der es Allen recht machen will, und Alles gut heißt; nein, es kann ein Mensch fest sein in seiner Ueberzeugung, fest im Bekenntniß der Wahrheit, stark von Willenskraft, und doch sanftmüthig, der durch Lindigkeit überwindet. O laßt uns diese erste, christliche Lebensaufgabe recht merken: Demuth und Sanftmuth. Sie find Mittel, die christliche Einigkeit fest zu halten, daß wir uns Einer den Andern höher achten, denn uns selbst. Schwer will es dem Herzen ein, der eitle Sinn weiß sich immer mehr zu rühmen,

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als zu demüthigen, und doch ist es nothwendig, daß wir uns selbst also erniedrigen, auf daß Gott uns erhöhen könne zu seiner Zeit.

Weiter fordert das Wort Gottes in unsrer Epistel von uns Geduld: „vertrage Einer den Andern in der Liebe." So wie ein Jeglicher sich unterordnen, und den Andern höher achten soll als sich selbst; so soll auch ein Jeglicher zur Geduld, zum Ertragen in der Liebe bereit sein. Weil wir als Christen Gemeinschaft haben, und in Einigkeit zusammenhalten sollen, so kann es nicht ausbleiben, daß wir nicht dem Mitchristen mancherlei Last und Beschwerde verursachen sollten, denn wir sind fündige Menschen. Bald nehmen wir Anstoß an einem Andern ohne Ursache, bald giebt uns der Andere Anstoß, und nicht minder umgekehrt; bald nimmt ein Anderer an uns Anstoß ohne Ursache, bald geben wir ihm Anstoß; denn wir fehlen Alle mannigfaltig," wie Jacobus schreibt. Was sollte daraus werden, wenn nun nicht ein Band da wäre, das fester hielte, das manchen Stoß ertragen könnte, ohne zu zerreißen? Dieses Band aber heißt: Geduld in der Liebe. Siehe, du kannst so hoffährtig nicht sein, daß du nicht wissen solltest, wie viel Mängel und Gebrechen du an dir trägst, wie manche Last du deinen Mitchristen verursachst. Gleichwie du nun willst, das man mit deiner Schwachheit Geduld haben, deine Gebrechen in der Liebe ertragen soll; so thue du auch deßgleichen. „Alles, was ihr wollt, das euch die Leute thun sollen, das thut ihr ihnen auch.“ Dadurch läßt sich christliche Einigkeit fest halten.

Das Wort Gottes fagt weiter zu uns: „Und seid fleißig, zu halten die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens." Blicket doch diese Worte recht an. Seid fleißig," spricht er, anzuzeigen, daß es so von selbst nicht geht, es gehört Sorgfalt und Bemühen dazu, daß man die Einigkeit im Geiste festhalte. Und siehe, nicht dadurch sollen wir sie festhalten, daß wir Alles unter Ein Maaß und in Eine Form bringen, sondern durch das Band des Friedens." Es ist etwas sehr Hohes und Herrliches um das Band des Friedens. Das überwindet die Herzen, und gewinnt den Sieg. Was ein blinder Eifer zerreißt, das verbindet das Band des Friedens. Durch dasselbe ist eine Christengemeinde stark, und die Pforten der Hölle mögen sie nicht überwältigen; darum spricht er: Suchet den Frieden, und jaget ihm nach." Im Streit und Eifer weiß sich auch der Irrthum festzusehen, obwohl seine Kraft nur vorübergehend ist und bauet sich Mauern und Tempel; im Frieden aber muß die Wahrheit siegen, - denn ihre Kraft ist ewig.

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