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lieben gestellt wäre, sich rechts oder links zu wenden, der Tugend oder dem Laster die Hand zu reichen. Nein, ehe er eine Wahl treffen kann, ist er schon innerlich bestimmt. Seine fündige Neigung zwingt ihn, der Sünde und dem Laster die Hand zu reichen. Er ist fleischlich unter die Sünde verkauft. Wie das Gefeß der Schwere alle Dinge zur Erde zieht, so wird der Mensch mit unwiderstehlicher Gewalt nach unten gezogen.

Zwar wird der Mensch nie ganz eins mit der Sünde. Er hat Lust an dem Gefeße Gottes nach dem inwendigen Menschen. Versucht er aber seiner sündigen Neigung zu widerstehen, gegen den Strom zu schwimmen, so wird er seiner Ohnmacht gewahr, so findet er ein Geseß in seinen Gliedern, das da widerstreitet dem Gefeße Gottes und nimmt ihn gefangen in der Sünde Geseß. So fühlt sich der Mensch durch die Sünde von Gott geschieden, dem Zorne und dem Gerichte Gottes verfallen, preisgegeben dem Tode und der ewigen Verdammnis, denn der Tod ist der Sünde Sold.

Woher ist dieser Zustand gekommen? Die Sünde kann nicht zur Substanz, zum Wesen des Menschen gehören. Gott kann den Menschen nicht fündig geschaffen haben, sonst wäre eine Erlösung unmöglich, sonst wäre Gott der Urheber des Bösen, sonst wäre er Gott und der Teufel zugleich, sonst hätte der Mensch keine Schuld, sonst könnte Gott den Menschen nicht richten. Die Schrift löst uns das Räthsel. Sie erzählt uns, daß der erste Mensch gefallen sei, von der Schlange verführt und daß er so das sündige Verderben auf seine Nachkommen durch die Geburt vererbt habe. Wenn Engel Kinder hätten, so würden es Engel sein. Wenn Teufel Kinder hätten, so würden es Teufel sein. Und wenn Sünder Kinder haben, so müssen es Sünder sein. Aber fällt nicht dadurch doch wieder der Vorwurf der Grausamkeit auf Gott zurück, daß er um der Schuld eines Menschen willen, das ganze Menschengeschlecht dem Verderben und dem ewigen Tode preisgegeben hat? Nein. Gott hat freilich den Fall des Menschen vorausgesehen. Aber er hat auch von Ewigkeit her den Ratschluß der Erlösung gefaßt. Nur im Zusammenhang mit der Versöhnung gewinnt die Lehre von der Erbsünde ihre richtige Beleuchtung. Deshalb rufen die alten Kirchenväter aus: O felix culpa Adami, quae meruit talem et tantum habere redemptorem.'

Aus der Erbsünde geht nun die Thatsünde hervor, wie aus einer Wurzel der Baum herauswächst, aus dem peccatum habituale das peccatum actuale. Ist der Mensch innerlich fündig bestimmt, so muß das auch äußerlich hervortreten. Ein guter Baum muß gute Früchte bringen. Und ein arger Baum muß arge Früchte bringen. Er kann nicht anders; es ist seine Natur so. Die alten Dogmatiker haben nun mancherlei Einteilungen der Sünde. Rücksichtlich des Gegenstandes an dem man sündigt, giebt es Sünden gegen Gott, gegen den Nächsten und gegen uns selbst. Natürlich ist das nur relativ zu verstehen. Eine Sünde trägt vorwiegend den einen oder den anderen Charakter, ohne

die übrigen Beziehungen auszuschließen. Wer z. B. den Sonntag entheiligt, sündigt in erster Linie gegen Gott. Gleichzeitig sündigt er auch gegen den Nächsten durch das böse Beispiel, das er giebt. Er sündigt fogar eminent gegen sich selbst, denn er beraubt sich mutwillig des einzigen Mittels gläubig zu werden und im Glauben zu beharren, denn es steht geschrieben: So kommt der Glaube aus der Predigt. Umgekehrt ist der Selbstmord in erster Linie eine Sünde gegen sich selbst. Sie ist aber auch eine Sünde gegen Gott, der uns das Leben gegeben. und der uns geboten hat: Du sollst nicht töten. Sie ist endlich auch eine Sünde gegen den Nächsten, denn sie bringt unsere Familie in Schimpf und Schande, stürzt sie oft in Not und Sorge und ermuntert andere zur Nachfolge.

Hinsichtlich des Umfangs werden die Sünden eingeteilt in innere und äußere Sünden oder in Sünden des Herzens, der Zunge und der Werke. Die Zungensünden werden gewöhnlich gering geachtet in der Welt. Und doch warnt uns der Apostel (Jacobus 3, 5-6): „Die Zunge ist ein kleinee Glied und richtet große Dinge an. Sie befleckt den ganzen Leib und zündet an alle unsern Wandel, wenn sie von der Hölle entzündet ist." Er nennt die Zunge ein unruhiges Übel voll tötlichen Giftes. Und doch sagt der Heiland, daß die Menschen müssen Rechenschaft geben von einem jeglichen unnüßen Wort, das sie geredet haben (Matth. 12, 36). Gedanken sind zollfrei, pflegt man zu sagen. Ja, vor den Menschen sind Gedanken zollfrei. Über die Gedanken des Nächsten können und sollen wir nicht richten, denn wir sind keine Herzenskündiger. Vor Gott sind aber Gedanken nicht zollfrei. Er ist der Gott, der in das Verborgene siehet und Herzen und Nieren prüft und der einst an das Licht bringen wird, was im Finstern verborgen war. Wer ein Weib ansiehet ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen, sagt der Heiland. Wer seinen Bruder hasset, der ist ein Totschläger, fügt sein Apostel hinzu, und ihr wisset, daß ein Totschläger nicht hat das ewige Leben bei ihm bleibend. Hier ist nicht von einer äußeren Handlung die Rede, sondern von einer inneren Gesinnung des Herzens.

Hinsichtlich des Gefeßes, welches verlegt wird, werden die Sünden eingeteilt in Begehungs- und Unterlassungsfünden, je nachdem ein göttliches Ge- oder Verbot übertreten wird. Die Räuber, welche den Unglücklichen auf der Straße von Jericho nach Jerusalem überfielen, fündigten gegen das Verbot: „Du sollst nicht töten und du sollst nicht stehlen". Sie machten sich einer Begehungsfünde schuldig. Der Priester und Levit, die an ihm achtlos vorübergingen, sündigten gegen das Gebot: „Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst". Sie bes gingen eine Unterlassungsfünde, weil sie, sei es aus Trägheit, sei es aus Feigheit, in allen Fällen aber aus Selbstsucht sich des Unglücklichen nicht annahmen. Wenn sie auch vor menschlichen Gerichten schuldlos blieben, weil sie nicht etwas Böses gethan, sondern nur etwas Gutes nicht gethan hatten, so waren sie doch nicht schuldlos vor Gott, denn, wer da weiß Gutes zu thun und thut es nicht, dem ist es Sünde!

Hinsichtlich der Schuld werden die Sünden eingetheilt in absolute und relative, in Bosheits- und Schwachheitssünden, in schwere und leichte Sünden. Es giebt Dinge, die an sich und im absoluten Sinne Sünden sind, z. B. ein Mord, wobei natürlich das Töten eines Menschen auf Befehl der Obrigkeit, das Töten in der Notwehr oder das eines Feindes in der Schlacht, nicht als Mord anzusehen ist. Es ist dabei gleichgültig, ob der Mord mit Ueberlegung oder etwa aus Jähzorn, ob er durch eigne oder fremde Hand, ob er mit Gewalt oder mit List ausgeführt wurde. Andere Dinge sind nur relativ angesehen Sünde. Dahin gehören die sogenannten Mitteldinge oder Adiaphora, wie weltliche Luftbarkeiten, Tanz, Kartenspiel und dergleichen. Sie find nicht notwendig Sünde, aber sie führen leicht zur Sünde. Man kann sagen: Im Allgemeinen mag es Adiaphora geben, für den einzelnen Menschen giebt es kein Adiaphoron. Nur können andere nicht darüber urteilen. Der Mensch selber muß es wissen, was er etwa ohne Sünde von weltlichen Vergnügungen mitmachen kann und was ihm zum Fallstrick wird.

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Den Bosheits- und mutwilligen Sünden stehen gegenüber die Schwachheits- oder übereilungssünden. Nicht jede bewußte Sünde ist darum schon eine Bosheitssünde. Als Petrus seinen Herrn verleugnete, war er sich der Sünde bewußt, er hatte ein böses Gewissen dabei, besonders da ihn der Herr gewarnt und ihm seinen Fall voraus gesagt hatte; und doch beging er keine Bosheits- sondern eine Schwachheitsund Uebereilungsfünde. Er hatte sich nicht vorgenommen: Du willst deinen Herrn verleugnen". Im Gegenteil, er wollte ihn retten, er wollte, womöglich, etwas zu seinen Gunsten, zu seiner Befreiung unternehmen. Er hatte es ja soeben durch seine mutige That im Garten Gethsemane bewiesen, daß es ihm ein Ernst war, als er sich vermaß: Ich will mein Leben für dich lassen. Die Sünde war über ihn gekommen, er wußte selbst nicht, wie? Er war in Not, er wußte sich nicht zu helfen, als ihm die Magd auf den Kopf zusagte: „Du warst auch mit dem Jesu von Nazaret." Da verleugnete er, da verschwor er sich: „Ich kenne den Menschen nicht." Judas Sünde aber war eine Bosheitssünde. Er war lange mit dem Plane umgegangen seinen Heiland zu verraten. Er hatte sich selbst den Hohenpriestern als Verräter ange boten. Er war mit ihnen um den Judaslohn der 30 Silberlinge eins geworden. Er suchte Gelegenheit, ihn ohne Rumor zu überantworten. Durch alle treuen Mahnungen und Warnungen seines Heilandes ließ er sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. Er ward nur immer hartnäckiger und verstockter. Der suchenden Heilandsliebe seßte er eine freche Heuchlerstirn entgegen. Schwachheitssünden begeht ein Chrift täglich und stündlich. Denn wir täglich vie! sündigen und wohl eitel Strafe verdienen", sagt der Dr. Luther in seiner Erklärung zur 5. Bitte. Vor Bosheitssünden soll er sich hüten. Der Herr Christus ist zwar für alle Sünden gestorben, auch für die blutroten Sünden, auch für diejenigen, die um Rache gen Himmel schreien, auch für die Bosheits

und mutwilligen Sünden. Wir lehren und müssen lehren, daß wir auch für vorsägliche und mutwillige Sünden Vergebuna finden können im Blute des Lammes. Auch Judas hätte für seine Sünde Vergebung finden können, wenn er sich reumütig seinem gekränkten und verratenen Heiland zu Füßen geworfen und ihn um Gnade angefleht hätte. Aber das wagte er nicht. Dazu fehlte ihm das Herz. Er konnte nicht mehr glauben, daß Gottes Erbarmen größer sei, als seine Schuld. Darin liegt die Schwierigkeit, das Verhängnisvolle der mutwilligen Sünde. Ein mutwilliger Sünder wird selten umkehren, wird selten den Weg zum Vaterhause und zum Vaterherzen finden, weil er nicht mehr glauben fann, daß, wenn ihn sein Herz verdammt, Gott größer ist, als sein Herz. Er kann sich kein Herz mehr zu seinem gekränkten und be leidigten Heiland fassen.

Ein ähnlicher und doch wieder verschiedener Gegensaß ist der von schweren und leichten Sünden. Die schwere Sünde wird in der Schrift auch Todsünde oder eigentlich Sünde zum Tode genannt, weil sie den Tod, den geistlichen und ewigen Tod zur Folge hat. Die einzige Stelle der heiligen Schrift, welche davon handelt, ist 1. Joh. 5, 16 und 17. Um diese Stelle zu verstehen, muß man den Zusammenhang ins Auge fassen. Der Apostel redet zu gläubigen Christen. Dem Christen ist Gott kein ferner Gott mehr, der droben über den Wolken thront und sich um das Thun und Treiben der Menschen nicht fümmert. Rein, er ist ihm in Christo Jesu ein lieber Vater geworden, der mit Bateraugen auf ihn herabblickt und an seiner Vaterhand ihn leitet. Er hat eine Freudigkeit zu Gott im Gebet. Er darf alles vor ihn bringen, ihm sein ganzes Herz ausschütten, sich alle Zeit seiner Nähe, seiner Hilfe, seiner Erhörung getrösten. Ist er nur dessen gewiß, daß sein Gebet dem Willen Gottes gemäß ist und ohne diese Gewißheit, ohne die demütige Beugung unter Gottes Rat und Willen ist überhaupt kein gläubiges Gebet denkbar; so weiß er auch zum Voraus, daß Gott sein Gebet erhört hat, auch dann, wenn es nicht so scheint, wenn, wie der Dr. Luther sagt, das Widerspiel erhellt, weil wir die Erfüllung der Bitte nicht sehen. Da macht es Gott etwa wie Eltern, die ihrem Kinde etwas schenken, aber ihnen das Geld nicht in die Hand geben, sondern es in die Sparbüchse stecken. Wenn dann Gott seiner Zeit die Sparbüchse ausschüttet, worin er ihnen die Erhörung hrer Bitte aufgespart hat, da findet sichs, daß er manchmal einen Thaler eingelegt hat, wo sie nur um einen Pfennig baten.

Der Apostel führt nun ein Beispiel an, wie man beim Gebet allezeit auf den gnädigen Willen Gottes und auf seine Gnadenordnung zu achten habe, damit man allezeit der Erhörung gewiß sein könne: die Fürbitte für andere, für einen Bruder, der fündigt. Er sagt: So jemand seinen Bruder siehet sündigen, eine Sünde nicht zum Tode, der mag bitten, so wird er geben das Leben denen, die da sündigen, nicht zum Tode. Es ist eine Sünde zum Tode, dafür sage ich nicht, daß jemand bitte. Alle Untugend (d. h. alles Vergehen gegen das, was

Pflicht und Gewissen gebieten) ist Sünde und es ist etliche Sünde nicht zum Tode. Es erscheint hier auf den ersten Augenblick befremdlich, daß der Apostel dem Gebet für andere, für den Bruder, der gesündigt hat, eine Schranke zieht, dadurch, daß er sagt, für einen Bruder, der gefündigt habe nicht zum Tode, folle man bitten, für den andern nicht. Ist denn nicht gerade die Bitte um Bekehrung und Seligkeit des Nächsten im eminenten Sinne ein gottwohlgefälliges Gebet? Will Gott nicht, daß allen Menschen geholfen werde? Hat er es nicht beschworen mit einem heiligen Eide, daß er nicht wolle des armen Sünders Tod, sondern daß er sich befehre von seinem Wesen und lebe? Handelt sichs hier nicht um geistliche Güter, bei denen wir kühn bitten sollen, weil Gott verheißen hat, er wolle fie uns geben? Ja, handelt sich's nicht um die höchsten Güter, um Leben und Seligkeit? Jst's nicht ein Gebet um das Wachsen und Kommen des Reiches Gottes auf Erden.

It's nicht ein Gebet für andere, also eine Gebet, zu dem nicht die Selbstfucht, sondern die Liebe uns treibt? Steht nicht geschrieben: Wer einen Bruder befehrt von dem Irrtum seines Weges, der hat einer Seele vom Tode geholfen und wird bedecken die Menge seiner Sünden? Bedarf nicht der Bruder, je tiefer er gefallen, je größer seine Seelennot ist, um so dringender der fürbittenden Liebe? Und sollte es für diese Liebe irgend eine Schranke geben?

Alle solche Erwägungen könnten leicht zu dem Irrtum verleiten, daß jedes Gebet um die Bekehrung des Nächsten erhört werden müsse. Diesem Irrtum will der Apostel vorbeugen. Er verbietet nicht etwa die Fürbitte für einen in Todsünde Gefallenen. Er rät nur nicht da zu. Und zwar darum nicht, damit nicht dem gläubigen Beter die Freudigkeit zum Gebet genommen werde, damit er nicht auf den Gedanken komme, Gott wolle oder könne sein Gebet nicht erhören. Die Bekehrung des Menschen geht nämlich in einer Sphäre vor sich, wo der Wille Gottes zu unsrer Seligkeit mit der persönlichen freien Selbst bestimmung des Menschen zusammentreffen müssen. Gott zwingt niemand seine Gnade auf. Die Gnade zicht wohl den Menschen, aber fie zwingt ihn nicht. Sie ist nicht unwiderstehlich. Der Mensch kann, wenn er will, der Gnade widerstehen, sein Gewissen übertäuben, den heiligen Geist betrüben, sich gegen die bekehrenden Gnadenwirkungen Gottes verstocken. Er kann in dieser Verstockung beharren bis ans Ende. Er kann sich so verhärten, daß Gott ihn nicht mehr retten kann noch will. Gewiß will uns der Apostel die Fürbitte für unsre aus der Gnade gefallenen Brüder nicht verwehren. Sie läßt sich auch nicht verwehren. Sie ist von jeher in der Kirche geübt worden. Sie wird auch geübt werden, so lange es noch lebendige Christen giebt. Fromme Eltern werden es sich nicht nehmen lassen, für ihre irdisch gesinnten, ungläubigen Kinder, treue Seelsorger nicht, für ihre toten Gemeindeglieder zu bitten. Es wird auch nicht behauptet, daß ihre Bitte nicht erhört werden könne. Im Gegenteil, sie wird oft, fie wird vielleicht in den meisten Fällen erhört werden. So tröstete ein Bischof die

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