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Die Wahrheit beruht weder in der traditionellen noch in der radikalen, sondern in der sozialreformatorischen Auffassung. Das Charakteristische dieses Standpunktes liegt darin, daß der Notstand zwar nicht geleugnet, aber an deffen Hebung auf dem geheiligten Boden der überlieferten christlich-sittlichen Weltanschauung auch nicht gezweifelt wird. Nicht die Vernichtung des Ueberkommenen a la tabula rasa“, sondern die neuzeitliche Ausgestaltung und Weiterentwickelung der den alten sozialen Gebilden zu grunde liegenden ewigen Lebensprinzipien, das ist wie auf andern, so auch auf dem speziellen Gebiet der Frauenfrage das Problem. Schwierigkeiten können ohne klare Erkenntnis der Entstehungsursachen nicht wesentlich verringert oder beseitigt werden. Auch in der Sozialpolitik ist die richtige Diagnose der echte und ent scheidendste Akt der Therapie.

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Wie bei allen mißlichen Begleiterscheinungen großer Übergangsstadien, wie bei all den vielen Mißständen, welche uns im Zeichen der Zeit, im Fragezeichen entgegentreten, so ist auch bei der Frauenfrage das Quellgebiet, um dessen genaue Erforschung man nicht herumkommt, ein doppeltes: es ist ökonomischer und philosophischer Natur. Die wirtschaftliche Entwickelung der Neuzeit hat die Stellung der Frau im Innersten und Tiefsten erschüttert. Der Maschinenbetrieb mit seiner massenhaften und schnellen Gütererzeugung besorgt die Arbeit, welche früher tausend und aber tausend häusliche Frauenhände in Bewegung jezte. Unzählige Bedarfsgegenstände, deren selbsteigene Anfertigung chedem zu dem häuslichen Wirkungskreis gehörte, Bekleidungsstoffe und Beleuchtungsgegenstände, Lebensmittel und Schmucksachen werden von der einheimischen und ausländischen Industrie billig und beffer geliefert. Eo wenig jezt noch der Säemann ausgeht" (mit der Hand) zu säen seinen Samen, ebenso selten füllet die „züchtige Hausfrau" mit Schäßen den duftenden Laden und dreht um die schnurrende Spindel den Faden". Dieselbe Maschine, welche im Hause eine Menge bisheriger Arbeitsgelegenheiten vernichtet, hat den Frauen und Mädchen im Fabriksaal neue Arbeit geschaffen. Ein Ersaß von mindestens sehr zweifelhafter Natur wenigstens wie die Verhältnisse gegenwärtig noch liegen. Unter den rund 4, Millionen Industriearbeitern, die es in Deutschland nach der legten Gewerbestatistik giebt, gab es 2 Million weiblicher Personen. In der Textilindustrie überwiegen sogar die Frauen und Mädchen 100,000 an der Zahl um 10 pCt. die in dieser Branche beschäftigten männlichen Arbeiter. Liegen die schweren Notstände der verheirateten und unverheirateten Frauen niederer Volksflaffen in der Art der industriellen Beschäftigung, welche den Mädchen nicht die erforderliche Vorbereitung zur Hausfrau, der Mutter nicht die Zeit zu Wirtschaftsführung und Kinderpflege gewährt, so bei den gebildeten Ständen hauptsächlich in dem Mangel an Arbeit und dem Fehlen der Gelegenheit: überhaupt Frau und Mutter zu werden. Denn wie die im Hause nicht voll beschäftigten Töchter höherer Stände nicht zur Universität strömen können, wie die Töchter des Proletariers

zur Fabrik; so kommen auch die gebildeten Mädchen bei weitem nicht in der Anzahl zum Traualtar als dies in kleinbürgerlichen und namentlich Arbeiterkreisen der Fall ist. Es giebt wirklich keinen aussichtsloseren Versuch, die Frauenfrage zu lösen als der Hinweis auf die Versorgung durch die Ehe. Das lehrt die offizielle Statistik mit unzweideutiger Gewißheit. Werden auch in Deutschland mehr Knaben als Mädchen geboren (das Verhältnis ist 105: 100) so ist doch die Sterblichkeitsziffer bei dem männlichen Geschlechte eine bedeutend größere; so daß es bei uns, wie in allen mittel- und nordeuropäischen Kulturländern, erheblich mehr, in Deutschland über 1 Million mehr, Frauen als Männer giebt. Das will besagen, daß 4 pCt. aller Mädchen von vornherein ehelos bleiben müßten, selbst wenn alle Männer zur Ehe schritten. Nun stellen sich aber thatsächlich die Verhältnisse weit ungünstiger. Ein Drittel aller Mädchen über das Kindesalter hinaus, bleibt unverheiratet; in den höheren Gesellschaftskreisen beträgt die Anzahl der heiratsfähigen aber ehelosen Frauen 35-40 pCt.!

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Mit solchen Thatsachen hat der Sozialreformer zu rechnen. Aber es tritt zu diesem ökonomisch-sozialen das doktrinär-theoretische Moment. Es ist die philosophische Richtung, welche den geistigen Untergrund der sog. Frauenemanzipation abgiebt und der erfolgreichen Lösung des Problems nicht minder große Schwierigkeiten bietet. Emanzipationsbestrebungen, wie all' die nivellierenden Geistesanschauungen unseres Jahrhunderts, gehen in ihren Anfängen zurück auf J. J. Rousseau. Die Hauptidee seines ,,contrat social": die ursprüngliche Gleichheit aller Menschen, welche alle festen Gebilde der historischen Legitimität in willkürliche Vertragsverhältnisse auflöst, bildet auch den beherrschenden Grundsaß des Frauenemanzipationsprogrammes. und man muß zugestehen, daß dies Hauptprinzip folgerichtig und von Stuart Mill in jeiner epochemachenden Schrift: Die Hörigkeit des Weibes" (Subjection of women) mit feiner Beobachtungsgabe und glänzender Diktion durchgeführt ist. Aus der natürlichen Gleichheit folgt die Gleichstellung in Ehe, in sozialer, beruflicher und politischer Hinsicht. Das Subordinationsverhältnis der Ehefrau unter den Ehemann erscheint bei der Gleichheit der Natur als eine schreiende Ungerechtigkeit. Daß die Herrschaft der Männer, die gestüßt auf physische Gewalt dem halben Menschengeschlecht Macht und Annehmlichkeit sichert, bald völlig besiegt wird, hält Mill, namentlich angesichts der Thatsache, daß jede einzelne Frau in besonderer Abhängigkeit gehalten wird, nicht für wahrscheinlich. Gleichwohl müsse man sich wundern, daß überhaupt so viel Angriffe auf dies Eystem der rohen Gewalt erfolgt sind. Die geseßliche Unterordnung der Frau ist der reinen Sklaverei gleich zu achten; ja die Frau ist in gewisser Hinsicht noch schlimmer daran als der Sklave, der doch wenigstens freies Verfügungsrecht über seinen Körper und seine Gefühle hat. Wenn die thatsächlichen Verhältnisse nun besser sind als die geseßlichen Möglichkeiten, so beweist das bloß, wieviel gute Reaktionskraft im Menschen. gegen das Schlechte vorhanden ist. Aus dem gleichheitlichen Grund

prinzip und der in demselben begründeten Selbständigkeit der Frau folgt die Umänderung der Ehe aus einer das ganze Leben hindurch währenden Verbindung in ein Uebereinkommen zweier gleichberechtigter Kontrahenten. Wie dieser Ehevertrag ohne Intervention der bürgerlichen oder kirchlichen Instanzen geschlossen wird, so kann er auch wieder nach Gutdünken ohne Einmischung von Staat und Kirche gelöst werden. - Aus der Gleichheit der natürlichen Gaben und Fähigkeiten fließt die Gleichberechtigung zu privaten Berufen und öffentlichen Aemtern. Übernimmt die Frau mit dem Manne die gleichen beruflichen Pflichten, so müssen ihr auch die gleichen Rechte, das kommunale und politische Stimmrecht, die Wählbarkeit zu staatlichen und städtischen Ehrenämtern und zur parlamentarischen Volksvertretung zu Teil werden. Deutet man darauf hin, daß sich aber doch thatsächlich die Frauen weniger geeignet zu den männlichen Berufszweigen erweisen, so erwidert Mill und seine Anhänger: Diese Unterschiede sind das Ergebnis einer verkehrten, ungleichen Erziehungsmethode. Sollen daher bei dem weiblichen Geschlecht die natürlichen Fähigkeiten nicht wie bisher verkümmert und neue Ungleichheiten sich nicht wieder einschleichen, so muß auch Erziehung und Unterricht, und zwar von der Elementar bis zur Hochschule, für beide Geschlechter gemeinsam sein; und zwar ist der gleiche Unterrichts st off in derselben Unterrichtsmethode in einer Einheitsschule mitzuteilen.

Dies ist in gedrängten Zügen der wesentliche Inhalt dessen, was die Frauenemanzipation will. John Stuart Mill hat in seiner obenerwähnten glänzenden Schrift das Geistesmaterial geliefert; über seine Ideen find die Modernen noch nicht hinaus. Die Sozialdemokratie hat Mill's Ideen popularisiert und - materialisiert. Bebel hat nicht einen neuen Gedanken produziert. Während bei Mill sich ein Pathos doktrinärer Begeisterung findet, so fehlt dies natürlich in der kleinkalibrischen sozialdemokratischen Flugschriften- und Broschürenlitteratur. Zum Teufel ist der Spiritus -die Sinnlichkeit ist geblieben", mit dieser Abänderung eines bekannten Dichterwortes kann man nicht unpassend das Verhält nis von Rousseau und Stuart Mill zu Bebel und Genossen und Genoss innen bezeichnen.

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Mill's System hat den Vorzug der inneren Geschlossenheit; es find alles in abstracto richtige Folgerungen aus einer unrichtigen, sowohl ideel als empirisch unrichtigen Voraussetzung. Es gilt also für die sozialreformerische Behandlung der Frage einen richtigen Ausgangspunkt zu gewinnen. Und dies geschieht, wenn man an die Stelle der falschen Gleichheit des abstrakten Naturrechts die wahre Gleichheit des realen Christentums seßt, eine Gleichheit, welche die mirklichen Rechte und Unterschiede der Natur weder unterdrückt wie die Emanzipation noch fünstlich und krankhaft steigert wie die unchristliche Civilisation, sondern sie auf der von Gott, der Geschichte und dem Leben geseßten Stufe erhält.

Die Bibel betont in den verschiedensten Wendungen die Gleichheit von Mann und Frau in ihrem Verhältnis zu Gott. Es giebt

keine besondere Sünde und keine besondere Seligkeit für die Männer, beide Geschlechter leiden unter demselben Fluch der Sünde und beiden ist auch dieselbe Verheißung der Erlösung gegeben. Durch diese Auffassung erhebt sich die Moral des Christentums himmelhoch über die Ungerechtigkeit im sittlichen Urteil des alten und neuen Heidentums. Die moderne Gesellschaft beurteilt die sittlichen Vergehungen des Mannes und des Weibes mit ungleichem Maßstab. Diese falsche Ungleichheit ist die Kehrseite der falschen Gleichheit. Während ein moralischer Fehltritt die Frau der öffentlichen Verachtung ausseßt, wird die Inmoralität dem Manne in larer Urteilslosigkeit verziehen; höchstens wird ihm als konventioneller Verstoß gegen Standessitte verübelt, was doch ein Zuwiderhandeln gegen Gottes Gebot ist. Die moralische Ebenbürtigkeit und die gleiche Verantwortungsfähigkeit duldet nicht, daß beim Manne gutgeheißen wird, was der Frau zum Falle gereicht. Hiermit ist der Gesichtspunkt gegeben, von wo aus sowohl die Gesellschaftssitte als auch die staatliche Sittengeseßgebung einer gründlichen Reform zu unterziehen, unerläßlich erscheint.

Wie das christliche Prinzip der moralisch-religiösen Gleichheit das Ungerechte einer falschen Unterschiedlichkeit bekämpft, so betont es andererseits das Berechtigte der wahren Verschiedenheit. Und zwar ist die Verschiedenheit zwischen Mann und Frau physisch; das wird wohl auch der kühnste unter den fortgeschrittensten Emanzipationshelden nicht bestreiten; psychisch: eine psychische Differenz können natürlich die Materialisten nicht anerkennen, weil sie ja überhaupt die Existenz einer Psyche leugnen; sozial: die Verschiedenartigkeit eines männlichen und weiblichen Berufes müssen natürlich alle diejenigen bestreiten, denen der eiserne Normalschädel der Inkas das Symbol der Weltbeglückung bedeutet.

Hinsichtlich der psychischen Eigenart der Frauennatur ist die be sonnene Psychologie doch zu Resultaten gelangt, die von Natur, der Geschichte und dem Alltagsleben bestätigt, als unumstößlich gelten dürfen. Die vielerörterte Frage ob die Frauen geistig weniger begabt seien, ist in dieser Form unrichtig gestellt und irreleitend. Das Unterscheidende liegt nicht in dem Umfang und Stärke des Intellekts sondern in der verschiedenen Art der Intelligenz und der Eigentümlichkeit ihrer Entfaltung. Es ist richtig wenn man im Großen und Ganzen die Frauen für das Subjektive empfänglicher hält als für das Objektive; im konkreten Denken begabter als im diskursiven; reicher am ausgestaltenden Talent als an schöpferischem Genie. In diesen Momenten liegt die psychologische Begründung des für den Kulturfortschritt so bedeutungsvollen Prinzips der Arbeitsteilung. Die technische, ge: werbliche Arbeitsteilung hat zur inneren und natürlichen Voraussetzung die Teilung der Arbeit in eine schöpferische, unternehmende, kämpfende: männliche, und eine erhaltende, ausbauende, duldende: weibliche. Wenn es auch nicht nur in der Sage und im Sperewerfen, sondern auch auf dem Kampfplaß der Wissenschaftlichkeit und Erwerbsthätigkeit einzelne Brünhilden giebt, so verstößt das doch nicht gegen die Er

fahrungsthatsache, die man nicht ungestraft vernachlässigt, daß bestimmte Berufsarten und öffentliche Thätigkeiten die Sphäre des Mannes bleiben müssen, wie umgekehrt auch das Weib seine besonderen Wirkungsgebiete hat. Männliche Frauen und weibische Männer sind und bleiben doch soziale Karrikaturen. Wie die geistig-gemütliche Eigenart die Frau dem Manne begehrenswert erscheinen läßt, so besißt ihre besondere Thätigkeit die Ergänzungsfähigkeit des männlichen Schaffens. Die Ungleichartigkeit in der Gleichartigkeit der männlichen und weiblichen Berufsarbeit behauptet die Schrift in unübertrefflicher Kürze und Wahrheit, wenn sie die Frau die Gehilfin des Mannes nennt. Ge hilfin und nicht Konkurrent und nicht Sklave: eine Welt sozialer Weisheit eingeschlossen in einem einzigen Bibelwort!

Die im Vorstehenden mitgeteilten religiösen, moralischen und psychologischen Anschauungen mit ihrem biblischen Grundsaß der wahren Gleichheit und wahren Verschiedenheit, bilden den geistigen Untergrund zu einem sozialen Reformprogramm. In dies Programm fann man dann recht gut Einzelforderungen der Gegner aufnehmen. Denn das muß doch als Gebot praktischer Gerechtigkeit, sowohl politischer als auch sozialer Weisheit gelten, gegnerische Bestrebungen, soweit sie an sich berechtigt sind, in der Weise anzuerkennen, daß man sie von den falschen Grundvoraussetzungen loslöst, sie auf den Boden christlich-sittlicher Weltanschauung verpflanzt und hier zur fruchtbaren Verwirklichung ausreifen läßt. Wenn die Wortführer der Emanzipation die Zulassung der Frauen zu öffentlichen Ämtern fordern, so ist das eine blinde Übertreibung; das Wahrheitsmoment indes, welches sich in der falschen Hülle der Emanzipationsbestrebungen verbirgt, liegt nicht in der Eröffnung aller Berufszweige für die weibliche Erwerbsthätigkeit, sondern in der Betonung der Notwendigkeit der weiblichen Berufsarbeit überhaupt. Christlich gesprochen: die Pflicht des Arbeitens gilt für alle, Männer und Frauen, auch für die unverheirateten unter den letteren und zwar nicht nur in den unteren, sondern in allen Ständen. Die Töchter auch gebildeter und begüterter Familien sind nicht grundjäßlich von der Verpflichtung befreit, ebenso wie die erwachsenen Söhne, sobald sie über die Zeit ihrer Ausbildung hinaus sind, für sich selbst zu sorgen; gänzlich oder doch teilweise. Daß die Vertröstung auf die Heiratsgelegenheit ein leidiger Trost ist, haben wir bereits an der Hand der Statistik nachgewiesen. Nun kann man entgegenhalten: die Aufgabe, den in Haus und Familien nicht voll beschäftigten weiblichen Arbeitskräften eine geordnete, das Leben ausfüllende Thätigkeit, welche nicht bloß Zeitvertreib, eine Form dilettantischer Spielerei, sondern ein ernstes berufsmäßiges Wirken darstellt, ist leichter gefordert als erfüllt. Gewiß, die Schwierigkeit liegt darin, daß man durch Erschließung vieler Arbeitsfelder den Männern eine unerträgliche Konfurrenz bereitet und somit ein Übel verringert, indem man ein anderes steigert. Diese Klippe wird man umgehen, wenn man die weibliche Erwerbsthätigkeit auf solche Thätigkeiten hinweist, wozu die Frauennatur

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