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siebenzehn Jahre später vor der Pastoralkonferenz in Berlin die Augsburgische Konfession als Gesamtbekenntnis unserer evang. Landeskirche dargestellt hat, seine Bedenken wegen seiner Verpflichtung auf dieselbe. Er hält sich an das Quatenus, das auch in der Ordinationsformel ausgedrückt sei. Müllers Buch über die Union (1854) räumt dann, wie er mit jubelnder Dankbarkeit bekennt, in seinem Denken gründlich auf. Der Kardinalpunkt des Buchs ist ihm die Darlegung, daß es wegen der Trübung der Erkenntnis durch die Sünde keinen absolut reinen Lehrcoder giebt und daß der infallible Papst wie die infallible Orthodoxie innerhalb der evang. Kirche auf pelagianischer Abschwächung der Lehre von der Sünde stamme. Ihm tritt das von Neander gehörte Pascalsche Wort bei dieser Gelegenheit in die Erinnerung: „die irdischen Dinge muß man kennen, un sie zu lieben, die himmlischen muß man lieben, um sie zu erkennen" - womit ihm 1. Joh. 4, 8 und Röm. 1, 18 wohl zusammenstimmt. Mit der Unionsfrage hängt die Katechismusfrage, die damals für seine Gemeinde und Synode eine brennende war, unmittelbar zusammen. Auch in ihr kämpft er gegen etwaige Vergewaltigung durch das Luthertum. - Die von Julius Müller seit seiner pastoralen Jugend betonte und auf dem Frankfurter Kirchentage 1854 von der ganzen Kirche zum Ausdruck gebrachte schriftmäßige Auffassung der Ehescheidung machte Schulze bei einzelnen Fällen in seiner Gemeinde und mit den Geistlichen der Synode vor dem Konfistorium geltend. Seine Lust an Wort und Weise des Kirchenliedestreibt ihn bald zur Hervorholung unbekannter Perlen des Melodienschases und zur Einrichtung eines liturgischen Gottesdienstes. Bibelstunden sollen dazu dienen, der Gemeinde für diese Seite des erbaulichen Lebens das Verständnis zu öffnen. Seine kirchliche Stellung zur Klarheit und Festigkeit zu bringen, dazu gaben die in den Gegenden vorhandenen baptistischen und irvingianischen Umtriebe Veranlassung. Als sein nächster und ihm sehr lieber Nachbar Williger in die Brüdergemeinde eintrat und diesen Schritt damit als unbedenklich darzustellen versuchte, daß die Brüdergemeinde zur Kirche nicht das Verhältnis des Extra, sondern das des Intra habe, als ein Focus der Kirche, als ein mit derselben konzentrischer Kreis, in dem sich nur die energischsten Strahlen christlicher Religiosität sammelten, so ward Schulze von den Brüdern beauftragt, die Frage, ob die Stellung eines Geistlichen der evang. Landeskirche mit der erklärten Mitgliedschaft der Brüdergemeinde vereinbar sei, zu beantworten. Das Nein ergab sich ihm mit Klarheit aus dem selbständigen Verfassungsorganismus derselben, aus ihrer geordneten Disziplin, sowie aus ihrer geschlossenen Abendmahlsgemeinschaft. Wahrhaft vorbildlich und für seine ganze spätere Amtsthätigkeit entscheidend - ist die Weise, wie der junge Geistliche jede praktische Frage, die an ihn herantritt, wissenschaftlich vertieft. Das ist der angeborne Trieb seiner auf Tiefe angelegten Natur, aber zugleich der Segen seines Verhältnisses zu seinem geistlichen Vater. Wer gleichen Alters zu derselben Zeit unter ähnlichen

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Verhältnissen mit verwandter Geistesart gelebt hat, der erinnert sich, wie an der Abendmahlslehre damals der konfessionelle Hader sich entzündete, wie das Mahl des Herrn in Gefahr war, zu einem Parteimahle zu werden, die Zubereitung zu seinem Empfang in Gefahr, aus dem Gewissen ins Wissen, aus dem Hunger der Armut am Geiste in die Sattheit der reinen Lehre verlegt zu werden. Da ward denn zu Gunsten einer gesunden Praris das Verlangen nach gesunder Erkenntnis immer wieder rege. Schulze macht sich an eine Übersegung von seines Schwiegervaters lateinischem Programm über Luthers und Calvins gegenseitige Stellung in der Abendmahlslehre, um dieselbe im Kreise der Amtsbrüder vorzulesen. Er begiebt sich auch, um der Frage nach allen Seiten gerecht zu werden, an das Studium von David Schulz's Buch über das Abendmahl. Ein Klang wie aus längst verschollenen Tagen. Und doch ist so ein Stückchen „ehrlicher Rationalismus“ darin. Einem auch wieder ich möchte fast sagen recht wohlthuend in diesen christlich-gläubig echauffierten Zeiten: ein bischen negative Kritik wie ein stärkender Rhabarbertropfen, gegenüber der hierorts beliebten plumpen Verachtung aller Wissenschaftlichkeit." Gegen Hengstenbergs Machtsprüche, meint er gelegentlich, müsse Stiers Losung ,,Hart wider Hart" „Hart am Ende noch zu der Losung Ehrlich wieder Unehrlich" gesteigert werden. Daß er in der Kampfesstellung gegen rechts die Grenze gegen links nicht verliert, beweist die Bitte an den Vater, den Brief, den er einst in Sachen kontra Bunsen an Stahl geschrieben, zu veröffentlichen, damit die positive Union zu Bunsens Auffassung weder schweige noch zustimme, sondern ihren eigenen deutlichen Ton gebe. Der,,Evangelischen Allianz", welche unter des Königs Gunst 1857 in Berlin tagte, wird nach seiner Auffassung von freundlicher wie gegnerischer Seite zu viel Wichtigkeit beigelegt. Doch denkt er auf Müllensiefens Einladung zu der Versammlung zu reisen, in der Hoffnung: „daß es schöne Tage der brüderlichen Gemeinschaft unter Unionsfreunden sein werden". Alsbald nach den schönen Tagen, welche der Christenheit den frommen König inmitten eines Kreises ernster Christen aus allerlei Land und Volk zeigte, brach Friedrich Wilhelms IV. Krankheit aus. Die neue Ära brach an. Die Kundgebung über seine kirchliche Stellung, mit welcher der Prinzregent dieselbe einleitete, erfüllte Schülße mit tiefstem Schmerze. Er bedauert den Gegensay, in welchen der Regent vor allem Volk seine Regierung gegen die seines königlichen Bruders stellt, die Bezeichnung des religiösen Aufschwungs, die doch nicht ohne Kraft des lebendigen Worts geschehen war, nur als politisches Kirchenwesen, Scheinheiligkeit, Heuchelei, die zu entlarven sei. Ein geringer Trost ist ihm dabei die Hoffnung, welche der Regent in seiner nüchternen Denkweise und theologisch nicht geschulten Sprache ausspricht,,,daß, je höher man im Staate steht, man auch das Beispiel des Kirchenbesuchs geben wird." Der Schmerz des jungen Christenherzens und Preußenherzens ist aus der Zeit und Lage verständlich. Es sollte zu seiner Zeit dem Schmerz der Trost nicht aus

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bleiben, daß König und Kaiser Wilhelm, zwar nicht zum Theologen wie sein Bruder, aber mehr und mehr zu einem Christen herangereift ist, der in den Führungen Gottes die Losungen: Christus allein! aus Gnaden allein! Gott allein die Ehre! aus lebendigster Erfahrung sich erwählt hat.

Die Tage in Cöthen verliefen dem Pfarrpaar still durch häusliches Glück und liebliche Ländlichkeit, bewegt durch die Liebe, welche an Freud und Leid der engern und weitern Familie Anteil nahm, und durch den Eifer, welcher in der Gemeinde Gottes Reich baute und auf die Zeichen der Zeit merkte. Ein kleiner Leopold Schulze ward geboren, der elterlichen Liebe zu unaussprechlicher Freude. Der Schlaganfall des Vaters im März 1856 steigerte die Äußerungen der findlichen Liebe und Sorge in den Briefen des Sohnes. In der Gemeinde gings voran. Das tiefe und warme, das schriftmäßige und herzmäßige Wort kam nicht leer zurück. Der Kirchenbesuch nahm zu. Auch die Männer wurden fleißiger im Hören der Predigt. Die Jugend that ihr Herz dem Manne auf, der mit seltener Meisterschaft in seiner Unterweisung Bestimmtheit mit Freundlichkeit verband. In der Seelsorge fehlten nicht ergreifende Beweise von der befreienden Macht des Worts, des Gebets des Heilands über die gebundene Seele. Es war im Laufe der Jahre dem Dorfpfarrer auch vergönnt, in die Weite zu wirken. Wem Gott zur natürlichen Begabung die Gnadengabe des Glaubens giebt, der braucht nicht zu fürchten, daß sein Licht unter dem Scheffel der Dorfpfarrei verborgen bleibe. Schulze brachte Helle ins Herrenhaus und die Synode. Er sollte, vom Kirchenregiment berufen, mehmals auch auf Generalkirchenvisitationen sein Licht leuchten lassen. Aus den Erlebnissen in Pommern berichtet er (27. Juli 1859): Ich habe General Superintendent Jaspis sehr lieb gewonnen. Eine ganz andere Vorstellung hatte ich mir von ihm gemacht. Er ist frisch, gesund, fernig offen für jeden Zug evangelischen innerlichen Lebens-; nichts an ihm von konfessioneller Beschränktheit. Wo ihm der Herr aus einem Herzen auch nur von ferne entgegenstrahlt, da ist seine Liebe mächtig, -da weiß er sich mit einem solchen verbunden, gleichviel welches der kirchliche Standpunkt ist. Jaspis selber ist ja natürlich für fich konfessionell ausgeprägt, aber ich fand ihn persönlich milde und durchaus evangelisch. Nichts von toter Orthodorie, nichts mechanisch

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nichts Formeln oder Stichworte, alles Geist und Leben. Wirklich, ich war erstaunt, ihn so zu finden. Ist er in Pommern erst milder geworden? Haben die konf. Ecken sich abgeschliffen? ich weiß nicht. Aber das ist sein Bild gegenwärtig. Dabei ein gewaltiger, geistvoller Prediger und ein unübertrefflicher Katechet. Die Visitation ist für mich überaus gewinnbringend gewesen, wenngleich die Resultate, die sie ergab, sehr trauriger Natur waren. Von wirklich geistlichem Leben in den Gemeinden kaum die ersten Anfänge; die Amtsbrüder meist in ihren Ackerwirtschaften gebunden, ihre Predigten kühl und ohne praktische Momente, wenngleich im Bekenntnis positiv -die Seelsorge fast überall eingeschlafen. Dagegen bildeten die Schulen einen Licht

punkt, gerade wie in der Prenzlauer Synode, wo ich vor 4 Jahren. war. Doch hoffe ich, daß die Anregung, die namentlich durch Jaspis' Persönlichkeit gegeben ist, für die Gemeinden nicht ohne Frucht bleiben wird." Wie anders die Bevölkerung in Ostpreußen, die Litthauer! Er schreibt aus Tilfit von den Surinkimmerinkern (Versammlungsleuten) und von den Surinkimma's (Versammlungen). In den riesigen Parochien, in denen die Pastorierung zur Befriedigung des starken religiösen Bedürfnisses nicht ausreicht, bildet sich in den Stundehaltern eine Art Diakonat und in den Stunden eine Ergänzung der kirchlichen Gottesdienste. Der Generalsuperintendent Sartorius beauftragte einige Mitglieder der Visitation, die Versammlungen zu bes suchen. Wir verteilten uns demnach in verschiedenen Ortschaften, schreibt Schulze seiner Frau aus Tilsit, und ich habe z. B. in Kalkappen (einem Dorf in der Nähe von hier) und noch an einem anderen Orte das gethan. Du hast keine Ahnung, was diese lieben Leute das dankbar aufgenommen haben! von diesem Händeküssen (alles küßt einem hier die Hände, selbst die Schullehrer thun's zum Teil) von diesem sich zur Erde beugen 2c., von diesen freudestrahlenden Gesichtern hast Du keinen Begriff. Und jedes Wort zündet bei diesen Litthauern, — keins fällt zu Boden. Oft, wenn etwa ein ernstes Wort von mir gesagt ward, da fällt plößlich einer auf die Kniee, und nun die hundert Maldeninker, die versammelt sind, alle mit auf die Kniee ich muß mitich will weiter reden aber da haben sie schon ein geistliches Nationallied angestimmt mit wunderbarer Gewalt und Innigkeit fingen fie's bis es fertig ist — da stehen sie auf und nun heißt's sage weiter, sage weiter das Wort!' -'- So ein

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echter Litthauer ist übrigens unverwüstlich in seinem Hunger nach Gottes Wort. An vielen Orten dauert am Sonntag der Gottesdienst von 9 Uhr Morgens, mit kurzer Unterbrechung, bis die Sonne untergeht. Verläßt der Pastor die Kirche, so fingen sie noch immer weiter. Ein Lied nach dem anderen, in ihren wunderschönen rhythmischen Nationalmelodien, dann fällt einmal alles auf die Kniee und betet still dann geht's wieder in's Singen hinein; bleibt der Pastor zu lange in seinem Hause, so holen sie ihn auch wohl wieder heraus, und er muß auf's Neue Predigt halten 2c. Und das sind zum großen Teil reiche Leute, Bauern, die ungeheure und fruchtbare Ländereien besigen kurzum: man ist wie in einer fremden Welt“. Auch in anderem Sinne fühlte sich Schulze, als er den Brief schrieb, wie in der Fremde. Er hatte sich den Fuß verrenkt, mußte in der Stille und Einsamkeit bleiben. Und in der Ferne, in Halle, wohin die Seinen gereist, ist sein Söhnlein krank. Mir ist unnennbar weh ums Herz, so fährt er nach seinen Erzählungen fort; meinen Fenstern gegenüber ist blauer Montag' da wird nun schon seit 3 Uhr gedudelt und getanzt, - und das macht meine Stimmung noch so viel elender als sie schon war. Herr, schenke Geduld". Da kommt die Post mit guter Botschaft von Weib und Kind. „Ach, ich bin namenlos glücklich, selig, selig. Ich möchte decken

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hoch springen, wenn ich könnte, nun ist aller Schmerz vergessen; nun klingt mir auch die Dudelei da drüben mit einem Male so ganz anders, nun geht's auch mit meinem Fuße gleich besser. Ja, wahrhaftig, es ist merkwürdig, in meiner Freude versuchte ich ein Stück am Stocke herumzuwandern, und es ging schon 12 bis 15 Schritte ganz gut, ohne alle Schmerzen".

Die Zeit, die Schulze in Cöthen zugebracht, bedurfte einer ausführlicheren Darstellung: sie ist grundlegend für seine_ganze_spätere Wirksamkeit. Wie man von dem Menschen überhaupt sagt, daß er in den ersten zehn Jahren mehr lerne als im ganzen folgenden Leben, so darf von dem Geistlichen gesagt werden, wenn er anders nicht in falscher Selbstschäzung als ein Gewordener in das Amt tritt, daß er in den ersten Amtsjahren jenen Elementarunterricht im Dienste des Herrn empfängt, auf dem alles künftige Können und Wissen beruht. Ee waren die gesundesten Elemente des pastoralen Lebens, mit denen Schulze sein Wohnen und Wirken in Cöthen begründete: er hatte jenen Glauben und jene Theologie gewonnen, die von Christo ergriffen, nach dem Kleinod greift, jene Ruhe des Gottesfriedens, die nach einem bekannten Worte den Stoß zur ewigen Bewegung" in sich birgt. Durch die Verbindung mit einer gleichge= sinnten Frau war ein Pfarrhaus hergestellt, das wie ein Charisma dem Gemeindeleben eingefügt, demselben Segen brachte. Auch die ländliche Gemeinde stellte doch das ganze Menschendasein in seiner elementaren Gestalt dar. Da war deswegen Fähigkeit, Lust und Anlaß, jedes menschliche Verfehlen und Bedürfen, das allgemeine und das besondere, mit ganzem Ernst nach Gottes Wort zu behandeln. Die Predigt an alle wirkte Vertrauen. So kam auch der Einzelne mit seiner Not heran. Kein Wechsel in der Person des Predigers hinderte den Zusammenhang geistlicher Fürsorge von Sonntag zu Sonntag. Die eigentümliche Seelenpflege geschah nicht in Gestalt bruchstückartigen Ermahnens, sondern planvoller Erziehung. Der tüchtige Stadtpfarrer, Konsistorialrat, Generalsuperintendent wurzelte in dem Landpfarrer von Cōthen, dem Pfarrpaar erschien in aller Folgezeit Cöthen als seine erste Liebe".

3. Wupperfeld.

Es war während des Kirchentags in Barmen im Herbste 1860, daß die lutherische Gemeinde im Wupperfeld nach dortiger Sitte von dem und jenem Kirchentagsgast eine Predigt hörte, ob er etwa ihr Pastor werden könne. Auch Schulze predigte, wurde am 18. Oktober 1860 gewählt und nahm die Wahl an. Nach Glaube und Bekenntnis uniert auf lutherischem Boden war er für eine Gemeinde wohl geeignet, die mit voller Anerkennung der Gemeinschaft mit den Reformierten am Altar und in der Synode doch einen lutherischen Typus oder Tropus bewahrte. Die Einführung ins Amt fand am 24. März 1861, einem Palmsonntag, statt. Der Superintendent, der

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