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tion, infolge der Nötigung, die darin liegt, ein Neues wird und zu stande kommt", sagt Professor Kaftan in Brauchen wir ein neues Dogma"? Leipzig 1890. Seite 5. Von diesem Gesichtspunkte aus wollen auch die folgenden Erörterungen aufgefaßt sein. Ich habe von jeher über den Brennpunkt des jeßigen Streites, über das Verhältnis von Glauben und Dogma viel nachgedacht, und meine Gedanken schon als Kandidat zu Papier gebracht und sie zehn Jahre später unter dem Titel: Die evangelische Kirche im neuen deutschen Reiche" bei Theoph. Biller in Prenzlau 1880. 194 S. 2 Mk. veröffentlicht. Was ich dort eingehend entwickelt, das möchte ich hier kurz und in Hinblick auf die inzwischen erfolgte Entwicklung erörtern. Als Vorwurf nehme ich mir die beiden Broschüren des Prof. Kaftan: „Glaube und Dogma“ und „Brauchen wir ein neues Dogma?" weil Kaftan ein gläubiger Christ ist, der die Heilsthatsachen als solche anerkennt, und doch zugleich ein ausgesprochener Vertreter der neuen Richtung ist. Andernfalls wäre eine Verständigung von vornherein ausgeschlossen. Dabei aber wollen die folgenden Betrachtungen nicht direkt eine Widerlegung seiner Anschauungen versuchen, sondern sie wollen an diesen Schriften den Unterschied zwischen alter und neuer Theologie aufweisen, das gute Recht der ersteren nachweisen und auf einen neuen Weg hinweisen. Und ich möchte das thun an der Hand der Frage Kaftans: Brauchen wir ein neues Dogma?" weil diese Frage den innersten Nerv des Etreitpunktes trifft.

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Die tiefste Differenz zwischen alter und neuer Theologie scheint mir darin zu liegen, daß die lettere den Gegensaß von Gott und Welt und demzufolge von Glauben und Wissen zu scharf und schroff faßt, daß sie den Glauben zu einseitig auf Gott und die göttlichen Dinge, das Wissen zu einseitig auf die weltlichen Dinge bezieht. Kaftan: Glauben und Dogma S. 54 nennt daher auch zwei Quellen unserer Erkenntnis, den Zwang der Thatsachen, den wir erfahren und die innere Gewißheit." Er sagt S. 52: Meint ihr die Einheit in dem Sinne, daß die Erkenntnis des Glaubens und die der Wissenschaft in ein Ganzes vereinigt werde, . . . . die Einheit, die das alte Dogma uns darstellt, dann gilt einfach: damit ist es vorbei, rettungslos und unwiderruflich vorbei. Gebt euch keinen Täuschungen hin!.... Es fragt fich, was in der wirklichen Wissenschaft lebendig ist. Und eben hier ist jenes, sagen wir, jenes Ideal nicht mehr lebendig . . . Die moderne Wissenschaft würde auch in ihrer idealen Vollendung Gott nicht erreichen." Zwar weiß er auch von einer Einheit des Glaubens und Wissens, von einer Vermittlung des Gegensates, von einer Offenbarung Gottes an die Welt und demzufolge auch von einem Erkennen, das aus dem Glauben folgt, zu reden. Aber das ist doch immer das Abgeleitete, das Zweite, a priori find ihm Gott und die Welt, Glauben und Wissen Gegensäße. So läßt er denn auch in Br. Kap. 1 das Wissen aus dem Zwange der Thatsachen, den Glauben aus der inneren Erfahrung entstehen. S. 8. ,,Der Glaube und auch seine Erkenntnis

bewegen sich auf einem anderen Gebiete, von einem Zwange der Thatsachen ist da keine Rede. Was den ausüben soll, daß muß irgend eine konkrete, sinnliche, sichtbare Wirklichkeit sein, ein Ding, ein Vorgang, ein Ereignis in dieser uns umgebenden sichtbaren Welt. . Dagegen der Glaube hat es mit dem unsichtbaren Gott zu thun. Der Glaube ist eine gewisse Zuversicht des, das man nicht siehet. Und so auch die Erkenntnis des Glaubens. Hier herrscht kein Zwang der Thatsachen. Hier liegen die Bestimmungsgründe des Erkennens nicht in der Wirklichkeit außer uns, die sich uns nötigend aufdrängt. Sie liegen vielmehr in uns, in unserer Freiheit, in der innersten Sphäre unseres persönlichen Lebens.". Zwar redet er auch vom Gehorsam des Glaubens“. „Die Wahrheit ist größer als wir. Sie muß uns haben, wenn wir sie wirklich haben und ihrer wirklich gewiß sein sollen. Wir müssen auch hier, wie in der Erkenntnis der Thatsachen, einem Zwange erliegen, wider den wir nicht können, der uns überwältigt, der uns gewiß macht, daß wir nicht eigenen Phantasien oder Gelüsten unseres Willens folgen, sondern die Wahrheit erkennen. Nur daß der Zwang hier auf dem Gebiete der Freiheit liegt. Dieser Zwang aber heißt Gehorsam. Oder besser noch: er nötigt uns Gehorsam ab. Und darum ist Gehorsam des Glaubens das lösende Wort. Eben dieser Gehorsam, der im Glauben steckt, eben der ist es, auf dem seine Gewißheit ruht. Er giebt dem Glauben seine Stärke, seine ynbeugsame Entschlossenheit, seine männliche Kraft." Aber - so schön und wahr in einer Beziehung das auch gesagt ist es drängt sich) mir, es drängt sich, glaube ich, jedem die Pilatusfrage auf: Was ist Wahrheit, was ist diese mich überwältigende, mich zum Gehorsam zwingende Wahrheit?" Es ist bezeichnend, aber zugleich auch diese ganze Anschauung verurteilend, daß Kaftan, um Apostelgeschichte 4, 20 ,,Wir können es ja nicht lassen zu reden von alle dem, was wir gesehen und gehört haben", für sich anführen zu können, gleich darauf S. 11 mit: fie müssen reden von dem, das sie erfahren und erkannt haben", wiedergiebt.

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Diesem Standpunkte der neuern Theologie gegenüber schaut die alte Gott und die Welt zuerst und vor allem als Einheit an. Und sie thut es mit gutem Rechte. Denn der erste Saß in der Bibel lautet: 3m Anfang schuf Gott Himmel und Erde", und der erste Saz des christlichen Glaubensbekenntnisses ist:,,Ich glaube an Gott den Vater, den allmächtigen Schöpfer Himmels und der Erde“ und alte und neue Theologie sind auch in diesen Säßen einig. Zwar treten. Gott und die Welt in diesen Säßen sofort auseinander, sofern das Schaffen das Herausseßen des Weltgedankens aus Gott ist, und im Sündenfalle treten beide sogar in einen spannenden, feindlichen Gegensat auseinander. Aber ursprünglich und zuerst waren sie doch eins und sind eins. Die Welt ist eben doch die Realisation des Weltgedankens Gottes, und Gott bleibt doch auch mit der abgefallenen, sündigen Welt im Zusammenhange, bleibt in ihr nicht bloß durch den concursus,

die erhaltende Thätigkeit, sondern er greift auch in die Welt und in die Weltgeschichte ein. Der unsichtbare, verborgene Gott offenbart sich der Welt. Darin stimmen alte und neue Theologie wiederum überein. Aber wodurch offenbart er sich? Doch eben durch ein Eingreifen in die Welt und in ihre Geschichte, durch bestimmte Geschehnisse und Ereignisse, durch gewisse Personen und ihre Handlungen. Die Offenbarung Gottes an die Menschen vollzieht sich also, und hat sich vollzogen in bestimmten Thatsachen.

Wenn wir also jene Frage oben wieder aufnehmen: "Was ist diese mich überwältigende, mich zum Gehorsam zwingende Wahrheit?" so antworte nicht ich, sondern die h. Schrift, sämtliche Bekenntnisse aller Kirchen und die ganze bisherige Theologie: es sind bestimmte, in die Geschichte der Menschen fallende, also selbst geschichtliche Thatsachen, die Gott unmittelbar gewirkt hat und in denen er unmittelbar zu den Menschen redet." Apostelgesch. 4, 20. Wir können es ja nicht lassen, daß wir nicht reden sollten, was wir gesehen und gehört haben. 1. Joh. 1, 1-3. Das da von Anfang war, das wir gehört haben, das wir gesehen haben mit unsern Augen, das wir beschauet haben und unsere Hände betastet haben, vom Wort des Lebens. (Und das Leben ist erschienen und wir haben gesehen, und zeugen, und verkün digen auch das Leben, das ewig ist, welches war bei dem Vater und ist uns erschienen.) Was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch, auf daß auch ihr mit uns Gemeinschaft habt und unsere Gemeinschaft sei mit dem Vater und mit seinem Sohne Jesu Christo." Und das apostolische Glaubensbekenntnis, das in die ursprüngliche Taufformel alles das einfügt, was die Christenheit der ersten Jahrhunderte als notwendig für den christlichen Glauben hielt, es zählt in den zwei ersten Artikeln nur geschichtliche Thatsachen auf.

Das geben auch Kaftan und wohl auch viele Vertreter der neuen Richtung zu. Aber sie ignorieren das, und dem subjektivistischen Zuge unserer Zeit folgend seßen sie den Glauben in erster Linie nicht mit diesen Thatsachen, sondern mit Gedanken, Glaubenssäßen, Dogmen in Beziehung. Kaftan sagt: Gl. u. Dg. S. 22. Was das Neue Testament Glauben nennt, ist nicht vor allem Fürwahrhalten, sondern Vertrauen, Vertrauen auf Gott und seine Gnade. Er ist eine innere Haltung, ein inneres Verhalten, an welchem Gemüt und Wille viel wesentlicher beteiligt sind, als der Verstand. Aber er schließt den Gedanken ein, den Gedanken an Gott und sein Verhalten zu mir. Und zwar so, daß ich vorausseße, dieser Gedanke sei wahr, er entspreche der Wirklichkeit. Von dem bestimmteren Inhalte dieses Gedankens hängt mein Glaube, grade sofern er innere Haltung ist, ab. Oder umge kehrt:,,der Glaube kommt in dem Inhalte des Gedankens zum Ausdruck.“ S. 24 sagt er: „Der christliche Glaube erkennt Gott, daß er sei über die Welt erhabener persönlicher Geist. Er, der Glaube ist an diese Erkenntnis gebunden." S. 25. Es ist der Glaube, der so denkt und redet. Es sind nicht Gedanken, die wir uns auf Veranlassung des

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So wenig

Wahrheit, die ewige unverrückbare, von welcher der Glaube lebt Mit diesem Glauben würden wir uns selbst aufgeben. . . ist dies ein Zweites, Abgeleitetes, Sekundäres. So gewiß ist es in und mit dem persönlichen Glauben des Christen gesezt und gegeben." Man kann allen diesen Säßen zustimmen und stimmt ihnen auch zu; aber,,die eine Wahrheit, die ewige, unverrückbare, von welcher der Glaube lebt: daß Gott sei über der Welt erhabener persönlicher Geist“

war nach der bisherigen Theologie nicht das Ursprüngliche und Erste im Glauben, sondern vielmehr etwas Zweites und Abgeleitetes. Das Erste und Ursprüngliche ist doch die Thatsache: Gott hat die Welt geschaffen und erst mit dieser Thatsache, wenn ich sie mir im Glauben angeeignet habe, erkenne, begreife und weiß ich: Gott ist über der Welt erhabener persönlicher Geist." Dieser Sag ist mir also nicht aus innerer Lebenserfahrung, sondern zuerst aus jener Thatsache gewiß; ist er mir das aber auf Grund jener Thatsache geworden, dann bestätigt er sich mir allerdings und erfahre ich ihn auch innerlich als Wahrheit.

Die ganze neuere Theologie macht das eigene Subjekt zum Ausgangspunkt, zur Quelle des Glaubens und kommt erst von diesem subjektiven Standpunkt aus zu dem Schlusse: Diesem meinen Glauben muß etwas Objektives entsprechen. Die ganze bisherige Theologie dagegen läßt den Glauben sich an dem Objektiven, an den großen Thaten Gottes entzünden und läßt ihn dann erst seiner selbst bewußt werden. Daher bringt die neue Theologie die Heilsthatsachen hinten nach, sie dienen zum Verständnis, zur Ausgestaltung und Vollendung des Glaubens. Es sind die festen Züge seines geschichtlichen Lebens, die dem Glauben an seine Gottheit allererst Haltung geben und Gestalt. Wir haben uns den geistigen Inhalt seines verklärten göttlichen Lebens an seinem geschichtlichen Lebensbilde verständlich zu machen.“ Br. S. 56.

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Mit dieser Auffassung der neuern Theologie, daß die innere Gewißheit, die aus dem eigenen Lebensgefühle entspringt, die Quelle des Glaubens sei und darum in erster Linie Gedanken von Gott, abstrakte Wahrheiten, Dogmen zu ihrem Inhalte habe, hängt weiter ihre Unterscheidung vom historischen und dogmatischen Christus zusammen. Mit dem dogmatischen Christus hat sie leichtes Spiel, da sie all die widersprechenden Einzelbestimmungen der alten Dogmatiker zusammennimmt, um die Unmöglichkeit eines so konstruierten Christus vor dem Forum der neuen Wissenschaft darzuthun. Aber was ist ihr der historische Christus? Nicht etwa der, welcher in den vier Evangelien überliefert ist, sondern der, der von dem evangelischen Christusbilde übrig bleibt, nachdem man alles das abgezogen und abgethan hat, was sich der innern Lebenserfahrung nicht als Wahrheit dargestellt hat. Das eigene Subjekt und sein Empfinden zum Quell des Glaubens. gemacht, führt notwendig dazu, daß dasselbe auch Norm des Glaubens

ist. Es tritt hier die innerste Tendenz der modernen Theologie heraus, nämlich, daß sie den Glauben nicht nach den objektiven Thaten Gottes, sondern nach ihrem eigenen subjektiven Empfinden normiert.

Steht nun aber fest, was wir oben gezeigt haben, daß Gott sich den Menschen in geschichtlichen Thatsachen geoffenbart hat und in ihnen, am vollendetsten in der geschichtlichen Person Jesu Christi, die Einheit von Gott und Welt konkret entgegentritt, so fällt sofort auch der schroffe Gegensaß von Glauben und Wissen fort, den die neue Theologie konstruiert. Denn die Form der Offenbarung Gottes an die Menschen bestimmt auch die Form ihrer Aneignung. Hat es Gott gefallen, sich dem Menschen nicht in Form abstrakter Lehren, sondern in Form konkreter Thatsachen zu offenbaren, so hat er damit religiöse und weltliche Thatsachen zunächst auf gleiche Stufe gestellt. Es ist dies der Punkt, auf den alles ankommt. Der Sah, von dem Kaftan ausgeht, enthält nur insofern eine Wahrheit, als der Glaube durch einen innern Akt der Freiheit zu stande kommt; ich muß den Gegenstand nicht bloß erkennen, sondern auch anerkennen, um ihn zu glauben. Im übrigen aber und als prinzipieller Gegensat gefaßt, ist derselbe geradezu falsch und widerspricht aller Erfahrung. Auch der Glaube und grade der Glaube entsteht durch den Zwang der Thaisachen. Wenn Kaftan Recht hätte, so wäre der Weg, den Jesus zu den Herzen. der Menschen einschlug, ein verkehrter gewesen. Er hätte nur die göttliche Wahrheit zu verkündigen brauchen, und dieselbe hätte sich dem inneren Lebensgefühl" der Menschen als Wahrheit bestätigt und ihre Herzen zum Gehorsam des Glaubens überwunden". Niemand unter allen, welche die menschliche Sprache geredet haben, hat gewiß tiefere Wahrheit und auch mit beredterem Munde verkündet, als Jesus Christus. Und doch, wenn wir die biblichen Berichte lesen, wir finden, daß seine Worte wenig nachhaltigen Eindruck gemacht haben. Das Volk läuft ihm tagelang nach, feiert ihn als einen großen Propheten, der nicht redet wie die Schriftgelehrten, aber sie gehen wieder nach Hause und bleiben, was sie sind. Eine kleine Schar nur, die von seiner Persönlichkeit mächtig angezogen war, bildet seinen Freundes- und Jüngerkreis. Nur, wo der Herr neben seinen Reden zugleich handelt, wo er heilt und Wunder thut, da keimt bei einzelnen und vereinzelt bleibenden Personen der Glaube. Aber nach des Herrn trauervollem Tode und seiner siegreichen Auferstehung ist die Sachlage wie mit einem Schlage verändert. Die Jünger, vorher so unverständig und schwach, verkünden, plöglich umgewandelt, in der Kraft des h. Geistes die großen Thaten Gottes. Die Menschen verlassen in Scharen Haus und Hof, um nur Christo, dem Auferstandenen, nachzufolgen. Seine Worte, bisher so unverstanden und unbeachtet, haben mit einem Male Leben, Kraft, unwiderstehliche Kraft gewonnen. Und was brachte diesen welterschütternden Umschlag hervor? Die Thatsache seines Todes und seiner Auferstehung; dies, daß er sich durch Tod und Auferstehung that

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