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Zu den Kirchenwahlen.

Es wird nicht lange mehr währen, dann beginnen wieder die Vorbereitungen zu den Kirchenwahlen. Denn obwohl der Termin der selben erst Oktober über 1 Jahr ist, so pflegen doch, in Berlin wenigstens, die ersten Vorbereitungen schon im Winter vorher gemacht zu werden. Sind doch bei der einerseits sich so stark vermehrenden Bevölkerung der Vorstadtsgemeinden, andererseits auch in Folge des starken Wechsels, der durch Umzug geschieht, immer wieder soviel Arbeiten erforderlich, daß man bei Zeiten anfangen muß, wenn sie alle rechtzeitig erledigt werden sollen.

Daher wird es nicht unangemessen erscheinen, wenn wir schon jest auf allerlei Schäden, die in den lezten Jahren bei der Wahlbewegung und bei dem Wahlakt zu Tage getreten sind, hinweisen und Mittel angeben, wie sie beseitigt werden können, damit die Sache, die doch so wichtig und bedeutsam für das kirchliche Leben ist, nicht von vornherein wieder in Bahnen gelenkt wird, die nachher zum Nachteil ausschlagen, und auch von Seiten der Behörden solche Maßnahmen beraten und später getroffen werden, durch die dem Wahlakt selbst die Würde wiedergegeben wird, die ihm als einem kirchlichen zukommt.

Nach den früheren Vorgängen in Berlin erscheint es wohl nicht so unbegreiflich, daß manchem vor diesem Zeitpunkt der kirchlichen Wahlbewegung graut. Und wahrlich diejenigen, die mit einer gewissen Augst und Sorge der Wahlbewegung, namentlich in Berlin entgegenjehen, stehen in der Liebe und Sorge um die Kirche niemandem nach. Traten doch in den Wahlagitationen Auswüchse zu Tage, die auf jeden Fall verderblich und nachteilig auf das kirchliche Leben wirken müssen. Die Leidenschaften werden dabei, so zeigt die Erfahrung der lezten Jahre, in einer Weise erregt, daß die ruhige Überlegung schwindet, und das heiße Verlangen, den Gegner auf jeden Fall zu schlagen und für die eigene Partei den Sieg zu gewinnen, beherrscht Herz und Sinn so sehr, daß die einfachsten Gebote des christlichen Sittengesetes dabei vielfach außer Acht gelassen werden. Der Gegner muß auf jeden Fall schlecht gemacht werden, um ihn in den Augen der Wähler zu diskreditieren, und daß man dabei, vielleicht zunächst ohne zu wollen, übertreibt und auch Zusäße macht, das liegt sehr nahe.

Wenn aber dabei nach dem Worte des Herrn das Salz sich als dumm erweist, dann geht es leicht auf dieser schiefen Ebene weiter. Je länger der einzelne in der Bewegung steht, desto mehr ist er in Gefahr, die Fähigkeit, dem Gegner Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, zu verlieren; Schonung, Milde, Freundlichkeit, Liebe, wie sie uns doch fait auf jeder Seite der Schrift anbefohlen werden, werden in diesen Zeiten, ich möchte sagen, außer Kurs geseßt. Und die Gefahr liegt nahe, daß sie bei manchem auch nach den Wahlkämpfen den alten Kurs überhaupt nicht vollkommen wiedergewinnen.

Wir sehen darin durchaus nicht schwarz, wie mancher vielleicht denken möchte. Wir haben mitten in der Bewegung gestanden, haben mit tiefem Schmerz und großer Bekümmernis mit angesehen, wie Haß und Erbitterung hell aufloderten und auch erlebt, wie selbst nach dem Kampf die Flammen nicht verlöschen wollten, sondern immer wieder aufflackerten.

Nun höre ich rufen: „Ja daran sind die Liberalen schuld, die haben einen solchen Ton der Gehässigkeit und Unlauterkeit in die Kirchenwahlen hineingetragen.“ Ich will und kann das nicht leugnen, und wenn die Liberalen ehrlich sind, müssen sie das auch eingestehen. Schreiber dieses hat auch die ersten Zeiten der Wahlkämpfe nach Er lassung des Kirchengeseßes in Berlin mitgemacht und spricht also auch nach dieser Seite hin aus Erfahrung.

Die Liberalen sahen Berlin vor allem als ihr Dominium an, was sie auf jeden Fall gewinnen und behaupten mußten. Sie behandelten die Positiven, oder besser die Bibelgläubigen in ihren Reden mit großer Geringschägung, meinten, die Metropole der Bildung dürfe kirchliche Vertreter solcher Richtung durchaus nicht dulden. Als ob Bibelgläubigkeit und wahre Bildung unvereinbare Gegensäße wären. Und so wurde denn auch, als sie die Herrschaft gewonnen hatten, mit verlegender Härte und Intoleranz das Regiment ausgenust. Die Dinge, die da vor sich gingen, sind jedermann bekannt, sind auch so oft schon und, ich möchte sagen, zum Überdruß von den Positiven zu Wahlzwecken ausgenußt, daß es uns widersteht, darauf hier genauer einzugehen. Die verständigen und ehrlichen Liberalen, und ich bin überzeugt, daß es deren nicht wenige giebt, haben das, so glauben wir gewiß, längst eingesehen.

Es war natürlich, daß die Bibelgläubigen, wenn ihnen auch im großen und ganzen jedes laute Hinaustreten, jeder Kampf und Streit zuwider war, dagegen Front machen mußten. Der Kampf war ihnen aufgenötigt, und sie würden fahnenflüchtig erschienen sein, oder feige und überzeugungsschwach, wenn sie ohne Kampf den Liberalen das Feld geräumt und sich nicht gegen die Ausübung einer, ich möchte sagen, Gewaltherrschaft gewehrt hätten.

Sie traten also in den Kampf ein, aber mit einem berechtigten Bangen und Zagen, nicht vor einer eventuellen Niederlage, Mut und Überzeugungsfreudigkeit war genug vorhanden, aber man scheute sich vor den Gefahren für das eigene sittliche Leben, eingedenk des Wortes von dem Schaden an der Seele. Aus dieser gewiß begreiflichen Scheu ist es zu erklären, daß vielfach der Anfang der Agitation auf positiver Seite von Leuten gemacht ist, die fittlich und geistig nicht genügend qualifiziert waren und somit durch ihr Gebahren und Verhalten die gute Sache nach manchen Seiten hin kompromittiert haben. Wäre da von Anfang an überall von geistig und sittlich tüchtigen Persönlichkeiten mit Hand angelegt, dann wäre vielleicht manches vermieden, was wir jezt aufs tiefste bedauern, weil es dem Gegner eine nur allzu

bereite Handhabe des Angriffes bietet. Schreiber dieses war von 75 bis 84 abwesend von Berlin, hat in dieser Zeit aus der Ferne mit großem Interesse die Entwicklung der kirchlichen Verhältnisse beobachtet und fand bei seiner Rückkehr die oben angedeuteten Zustände vor.

Schon daß meistens die konservativen Bürgervereine auch die Sache der Kirchenwahlen in die Hand nahmen, war an und für sich für die kirchliche Sache nicht günstig, wie erfreulich es sein mag, daß sie überhaupt in Ermangelung von andern, in die Schanzen traten. Aber diese Identifizierung von kirchlicher und politischer Partei ist schon an und für sich nicht heilsam, weil sie verwirrt und die Gefahr der Unlauterfeit hervorruft; auch werden so ganz von selbst die politischen Agitationsmittel auf das kirchliche Gebiet übertragen, wahrlich nicht zum Segen des legteren.

So kam es denn, daß auch auf positiver Seite allmählich Mittel bei der Wahlagitation angewendet wurden, die denen der Liberalen aufs Haar ähnlich sahen und die man vorher bei diesen so gerügt und beklagt hatte. Wäre da nun gleich von vornherein eingegriffen von den Seiten aus, die es vermochten und einen Einfluß hatten, dann hätte noch größerer Schade verhütet werden können. Das ist aber leider nicht geschehen oder nur ungenügend geschehen; man ließ Leute, die die Sache kompromittiert hatten, einfach weiter wirtschaften unter der Motivierung, es seien geschikte, pfiffige Leute, die die Agitation verständen und sonderte andererseits nicht politische und kirchliche Sache klar und deutlich, wie es für die lettere wenigstens durchaus notwendig war.

So sind wir denn zu unsern jezigen Zuständen auf kirchlichem Gebiete gekommen, wo im Kampfe der Parteien, fast möchten wir sagen, alle Mittel erlaubt erscheinen und im Kampfestoben die Stimme der Gerechtigkeit, Versöhnlichkeit und Friedfertigkeit nur allzusehr überhört wird. Sie sind demnach nach manchen Seiten hin unhaltbar.

Der kirchliche Anzeiger hatte vor 2 Jahren nach den leßten Wahlen eine Darstellung gegeben von den Wellen der Bewegung in einer großen Vorstadtgemeinde und dargelegt, wieviel Trübes da leider auch von positiver Seite aufgewühlt sei. Der betreffende Artikel wurde damals von manchen Seiten heftig angegriffen. Die Thatsachen konnte man nicht leugnen; aber man behauptete, sie seien unberechtigter Weise verallgemeinert. Aber man übersah, daß auch in andern Gemeinden Berlins dieselben oder ähnliche Symptome zu Tage traten. Wir haben Wahlaufrufe von pofitiver Seite auch aus andern Gemeinden gelesen, die von einem Tone der Gehässigkeit sich durchaus nicht frei hielten, und in den kirchlichen Vereinen positiver Richtung ist vielfach eine Verquidung mit weltlichen Momenten zu spüren, die auf die Dauer verderblich und nachteilig wirken muß. Nach allem, was man darüber hört und gelesen hat, ist doch auch in der leßten Wahl der Zionsgemeinde manches Trübe und Betrübende zu Tage getreten.

Wir sind fern davon, zu leugnen, daß es vielen, sehr vielen auf pofitiver Seite eine ernste heilige Sache mit der Wahl ist, aber

um der Wahrheit willen muß es doch gesagt werden wir vermissen es, daß sie kräftig gegen die unlautern Elemente, die sich hier und da einschleichen, auftreten und selbst thätig mit eingreifen, daß jene nicht das Übergewicht erhalten und die Sache kompromittieren und schädigen. Thun sie das nicht, dann, wir sprechen uns offen aus und hoffen auf freundliche Aufnahme der Worte, begehen sie eine Unterlassungssünde, fie tragen ihren Anteil von Schuld an der verkehrten, trüben Entwicklung der Dinge und dürfen sich nicht wundern. wenn man sie mit dafür verantwortlich macht. Daß in der Hiße des Kampfes es trop des besten Willens auch einmal menschlich zugehen kann, ist am Ende verständlich und verzeihlich, nur mußte sofort immer wieder die nötige fittliche Reaktion eintreten, das Konto revidiert und der ernstliche Vorsaß gefaßt werden, in Zukunft Ärgernis erregende Vorkommnisse zu meiden. Denn jedenfalls ist die Motivierung, die wir hier und da gehört haben, die Gegner gebrauchten doch die Mittel, also müsse man sie auch, um sich jener zu erwehren, anwenden, durchaus zu verwerfen. Eine solche Motivierung zeugt schon von einer Trübung des sittlichen Gefühls, auch von sehr geringem Vertrauen auf die gute Sache. Sauber und blank muß der Schild sein und auf jeden Fall bleiben, daran wollen wir festhalten, und wenn er durch eigene Schuld einmal eine Trübung erfahren hat, so muß es heilige Ge wissenssache sein, ihn so schnell als möglich wieder zu säubern. Ich glaube auch, daß ein Eingestehen der Schuld und Fehler nicht schändet und erniedrigt, sondern im Gegentheil sittlich) lebt, auch in den Augen des ehrlichen Gegners, und was der unehrliche über uns denkt, kann uns vollkommen gleichgültig sein.

Jedenfalls ist es unser dringender Wunsch und nicht bloß unser, sondern auch mancher anderer, die das Wohl der teuren evangelischen Kirche auf betendem Herzen tragen, daß bei der künftigen Wahl es nach jeder Seite hin sauber und lauter hergehen möge, daß alle ernst denkenden Männer mit Energie darauf hinwirken, daß der Kampf sich hält in den Grenzen, die der Anstand vor allem zieht, aber auch in denen, die durch die sittlichen Gebote der Bibel gezogen werden, daß unser Herr und Meister auch hier Meister sei. Wie kann man sich auch sonst wirklich eines Sieges über die Gegner von Herzen freuen, ja in ein Lob- und Danklied einstimmen, wie es wohl geschehen, wenn so viel Sündiges daran hängt und nach ehrlichem Geständnis man sich nicht ernstlich bemüht hat, alles Sündige fern zu halten, alle eigene Ehre preiszugeben, wenn man sich nicht bewußt ist, daß auch an der Parteibestrebung troß alles ehrlichen Wollens und Strebens manches Irrtümliche und Verkehrte ist, daß es eine unfehlbare Partei auf keinem Gebiete, auch dem kirchlichen nicht giebt, und wenn man nicht ernstlich bemüht ist und das sich vor allem von seinem Gott erfleht, daß man aus allem Irrtum auch in bezug auf die kirchliche Parteibestrebung immer mehr zur Wahrheit, zur vollen, ganzen Wahrheit vordringe?

Uns thut es so sehr leid, daß so viele ernst denkende, wahrhaft gläubige Leute, die ihre Kirche sehr lieb haben und in ihrem Schatten leben und sterben wollen, sich von den kirchlichen Parteibestrebungen und speziell von den Wahlen vollkommen fern halten. Begreifen können wir es, wenn wir die Männer ansehen, die da vielfach die große Rolle spielen und auf die Art und Weise sehen, wie agitiert und gearbeitet wird, angeblich zur Ehre Gottes und seiner Kirche, und wenn wir die Anklagen und Vorwürfe hören, die öffentlich gegen solche Christen ausgesprochen werden, die sich von dem Parteigetriebe fern halten. Man hat da unter anderm von weiblichem Christentum und zwar in tadelnder, vorwurfsvoller Weise gesprochen.

So etwas sollte man vermeiden. Es kann ja nur dazu dienen, die Zertlüftung zu mehren, das gegenseitige Vertrauen zu untergraben, und doch gebietet die Zeit so ernstlich und nachdrücklich, zusammenzu stehen, gemeinschaftlich den Kampf gegen die Mächte des Unglaubens zu führen. Dazu ist aber vor allem ein Anerkennen der gegenseitigen Richtung und Tendenz nötig bei allen denen, die ernstlich am Bau des Reiches Gottes arbeiten wollen in der Stellung und Beruf, in dem sie sind, vor allem in der Kirche, als der Anstalt, die die Verwalterin der himmlischen Gnadengüter ist, die wir so nötig zum Leben und zum Sterben bedürfen.

Die Hauptsache meinen wir also, müssen wir alle thun, jeder an jeinem Teile, daß die kirchliche Wahlagitation den gehässigen Charakter verliert, den sie leider immer mehr in den lezten Jahren angenommen hat, vornehmlich liegt aber auf den Parteileitern eine große Verantwortung.

Wer sich dazu aufwirft und berufen glaubt, bestimmend auf andere einzuwirken, soll sich durch seine ganze Persönlichkeit auch dazu legitimiert zeigen, muß in Gesinnung und Wandel nach gewisser Seite hin ein Vorbild sein, auch durch Vertrautheit auf kirchlichem Gebiet nicht allein, sondern auch durch ein gewisses Maß von allgemeiner Bildung ausgezeichnet sein. In Berlin ist auch dies entschieden ein Erfordernis, damit grobe Verstöße nach der Richtung hin fern gehalten werden. Und neben dem Führer muß ein Generalstab stehen, der dieselben Eigenschaften in ähnlicher Weise besißt. Nur so ist einigermaßen garantiert, daß die Agitation in einer Weise geschieht, daß auch ernster denkende und durch Erfahrung im christlichen Leben sich auszeichnende Männer mit Vertrauen der Leitung folgen und sich an der ganzen Sache mit Bloßstellung ihrer Persönlichkeit und Hergabe ihres Namens beteiligen können, oder überhaupt an der Abstimmung teilnehmen.

Hoffen wir, daß nach dieser Seite hin in den kirchlichen Verhältnissen Berlins Wandel geschaffen wird, namentlich bei den demnächst bevorstehenden Wahlen.

Aber auch nach anderer Seite hin haben wir Wünsche, die wir ebenfalls der Erwägung anheimgeben möchten. Es erscheint zunächst nicht ratsam und wünschenswert, daß Geistliche so viel an Wahl

Kirchl. Monatsschrift. Jahrg. XIII. Heft I.

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