ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

zeiten der Universität zurückreichende Tradition zusammen, daß hier zahlreichere eregetische Vorlesungen als anderwärts vielfach gehalten werden, und daß gerade hier die Frage einer Revision der Bibelübersehung das regste Interesse gefunden hat. Während in der pietistischen Zeit das praktisch-kirchliche Interesse einseitig im Vordergrund stand, in der rationalistischen dagegen zurückgedrängt wurde, hat das neunzehnte Jahrhundert in Halle ein geradezu vorbildliches Gleichgewicht zwischen den Ansprüchen der Theologie und denen des kirchlichen Lebens erzeugt. Auf der einen Seite wurde in den Tagen von Gesenius und Wegscheider (1830) wie zur Zeit Hupfelds und Riehms (1865) den Angriffen auf die Lehrfreiheit kräftig gewehrt, auf der anderen Seite aber auch den Fragen der jeweiligen kirchlichen Gegenwart thatkräftiges Interesse bewiesen. Blickt man auf die Entwickelung der Kirchenverfassung in Preußen oder auf die Generalfynode zu Berlin 1846, auf die Werke der inneren und äußeren Mission, oder den Gustav-Adolf-Verein, wir begegnen überall den Spuren Halles. Diese doppelte Dienstleistung, an die Theologie und an die Kirche, ist Halles Ruhm, zugleich auch der Grund des weiten Vertrauens, dem es seine äußere Blüte verdankt. Es ist kein Zufall, daß die theologische Fakultät der Friedrichsuniversität auch in diesem Jahrhundert auf alle Teile Deutschlands eine wunderbare Anziehungskraft ausgeübt hat; ist diese Hochschule doch schon durch Thomasius und Francke über das Niveau einer Provinzialuniversität erhoben worden. Manche Gabe wird der Halle'schen Universität zu ihrem Ehrentage gespendet werden; die wertvollste ist ihr bereits von Wilhelm Schrader dargebracht worden, indem er die Geschichte ihrer äußeren und inneren Entwickelung gezeichnet hat.

Die Sünde gegen den heiligen Geist.

Rede in der Berliner Pastoral-Konferenz

[ocr errors][merged small]

Es läßt sich leicht verstehen, daß es zum Beruf Jesu auf Erden gehört hat, alles Böse ohne Ausnahme verdammlich zu heißen. Worte wie das: wer seinem Bruder zürnt, wird dem Gericht verfallen, oder das andere, welches die den Reichtum begleitenden Sünden mißt: eher geht ein Kamel durch das Nadelloch, als ein Reicher ins Himmelreich, gehören, so sehr sie uns jede Entschuldigung entziehn und uns unsre Rechts fertigung aus der Hand nehmen, notwendig zum Evangelium. Jesus wäre nicht der Bringer der Gnade, wäre er nicht zugleich der Richter des Bösen. Um uns die vollkommene Gnade zu bringen, muß er alles Böse verwerfen. Deshalb steht dicht neben jenen richtenden Worten, so ernst sie sind, seine gnädige Zusage. Erklärt er uns: wer dem Bruder zürnt, wird dem Gericht verfallen, so sagt er uns auch: wer vergiebt, dem wird vergeben. Schilt er uns, weil das Geld uns allen

übermächtig wird, und uns hindert in das Himmelreich zu gehn, so fügt er bei: bei den Menschen ist es unmöglich; bei Gott aber ist es möglich, weil Gott vergiebt.

Von diesen Worten unterscheidet sich Jesu Urteil über die, welche den Geist lästern, Matth. 12, 31. 32. Es ist Gericht ohne Gnade, und hat darum die Aufmerksamkeit der Kirche mit gutem Grunde stets erregt.

Wenn Jesus sagt: es wird ihm weder in dieser noch in jener Zeit vergeben werden, so schließt er den Lästernden von der Versöhnung aus. Jesus übt sein Strafamt gegen ihn auch in seiner königlichen Herrlichkeit. Und doch hat dieses Wort nicht hierin seine besondere Schwere, als wäre denen, die den Geist lästern, ein besonders strenges Gericht gedroht. Das Urteil über sie enthält doch nur den Gedanken der Verlorenheit, mit seiner für uns unerträglichen Furchtbarkeit, hier aber nicht anders, als er in zahlreichen Worten der Schrift vorliegt. Wenn Jesus denen, die zu ihm sagen: Herr, Herr! und dennoch den Willen seines Vaters nicht thun, antwortet: ich habe nie etwas von euch gewußt, so spricht er über sie dasselbe Urteil, wie über die, welche den Geist lästern. Auch jenen hat er in dieser Zeit nicht verziehen, noch wird er ihnen verzeihen in jener Zeit. Er verurteilt das dumm gewordene Salz oder den eigensüchtigen Knecht, der das Talent vers charrt, damit sein Herr nicht ernte, was er säe, oder den Mann, der sich frech zum Feste des Königs drängt, oder die Thörinnen, welche die Hoffnung nicht klug zu machen vermag, ebenso streng. Alle diese Worte enthalten dasselbe Geheimnis eines definitiven Urteils, das dem Menschen Gottes Güte versagt; dasselbe ist hier nicht größer als dort.

Auch darin liegt nicht die besondre Schwere dieses Worts, daß es uns bloß den zürnenden, und nicht zugleich den freundlichen und gnädigen Herrn zeigte. Es beginnt vielmehr mit der Zusage Christi, daß jede Sünde und Lästerung den Menschen verziehen werden, womit der ganze Reichtum des göttlichen Vergebens vor uns ausgebreitet ist. Derselbe hat darin seine Vollendung, daß Jesus ausdrücklich seine eigne Person nicht unter den Schuß dieses Wortes gestellt hat. Widersprecht mir, erniedrigt mich, lästert mich! ich werde es verzeihn. Er macht sich zum Anwalt des Geistes und schirmt des Geistes Heiligkeit, macht fich aber nicht zu seinem eignen Anwalt, sondern bot sich der Versündigung der Menschen dar und trug fie und trägt sie heute noch. Das ist Gnade. Darum ist's auch lediglich ein Mißbrauch dieses Worts, wenn wir es zur Verhinderung des Glaubens und zur Stüße der Verzweiflung verwenden. Wir hören es dann nur halb und nicht ganz. Es gilt auch von dieser Stelle, was von jedem Schriftgebrauch zu sagen ist, mit welchem wir uns selbst verwunden, daß sein Schaden in seiner Halbheit steht. Die halbe Bibel wird gefährlich, nicht die ganze, jener Gebrauch der Bibel, der nicht hört: wiederum steht geschrieben. Wem dieses Wort Jesu zur Anfechtung wird, die ihm den Glauben töten will, dem ist zu sagen: glaube mit demselben Ernst beide Teile des Wortes Jesu; glaube nicht nur seinen zweiten, sondern auch

seinen ersten Teil; glaube, daß dir jede Sünde und Lästerung vergeben ist; stelle dich unter Christi Kreuz und glaube, daß der Herr das alles, was er hier gelitten hat, rund und rein vergeben hat; fieh seiner Gnade zu, und dann laß dich erschrecken von Christi Urteil. So werden wir allerdings Furcht aus demselben ziehn, aber, weil wir auch der Gnade in's Auge schauten, diejenige Furcht, die wir nicht missen wollen noch können, weil sie zum Grund, nicht zur Hinderung unsers Glaubens wird, und ihn rein erhält.

Das Besondre an diesem Worte Jesu kommt daher, daß es mit dem absoluten Urteil, welches auch die künftige Welt umfaßt, ein bestimmtes Verhalten des Menschen trifft, etwas was vor unsern Ohren geschieht und als eine einzelne Äußerung des menschlichen Lebens an's Licht hervortritt. Damit bricht das ewige Geheimnis in unserm gegenwärtigen Lebenslauf hervor. Der Abgrund öffnet sich auf dem Wege, auf dem wir gegenwärtig gehn. Das ist bei den andern Strafworten des Herrn, so ernst sie sind, nicht im selben Maß der Fall. Ob wir den Thörinnen gleichen oder den klugen Jungfrauen, ob wir aus unsrer Hoffnung einen Scherz machen, oder ob sie uns zur Kraft wird, die uns erneuert, ob wir dummes oder salzendes Salz sind, ob wir das Vermögen haben, andern zum ewigen Leben zu dienen, oder ob unser Reden und Wirken mit stumpfen Waffen ficht und nicht in die Scheibe trifft, das sind Fragen, die uns zum Wort des Apostels führen: ich richte mich selber nicht, und wenn ich mich selbst rechtfertigte, so wäre ich nicht gerechtfertigt; der Herr ist es, der mich richtet. Sicherlich haben wir auch jezt schon für solche Fragen einen Schluß; dieser besteht aber darin, daß wir glauben, d. h. nicht darin, daß wir unsern eignen Lebensstand messen und berechnen, sondern darin, daß wir sehen, was Christus für uns ist.

Das Wort Jesu, das uns beschäftigt, geht einen Schritt weiter und fällt an einem bestimmten Punkt eine Entscheidung. Es wird dadurch zum Zeugen, wie nahe uns das Ewige ist, daß das Ewige dem Zeitlichen nicht in der Form der Succession folgt, sondern auch das Zeitliche durchdringt. Jesus bleibt sich in seiner Gnade und in seinem Gericht gleich. Auch seine Gnade hat entscheidende Worte gesprochen, die mit dem, was jezt den Augenblick füllt, das Ewige verbinden. Sie spricht zum Glaubenden: du hast das ewige Leben. Wenn wir dankbar mit dem Apostel sagen: wir sind aus dem Tode ins Leben hinübergeschritten, so dürfen wir uns auch nicht verwundern, wenn Jesus an anderer Stelle jagt: du hast den ewigen Tod, und wirst ihn nicht nur haben; die Entscheidung ist da, welche die Entwicklung in ihrem Resultat firiert.

Wir thäten freilich dem Worte Jesu nicht Genüge, wenn wir sagten: er richte hier bloß eine einzelne Zungenfünde. Gewiß hat das Wort, daß Jesus ein Diener des Teufels sei, den Anlaß zum Urteil Christi gegeben, und um Worte, die wir gegen den Geist reden mögen, handelt es sich. Aber Jesus hat ausdrücklich erklärt, daß er das Wort nicht von dem isoliere, was dasselbe erzeugt. Seßt den Baum gut,

dann ist die Frucht gut; seßt den Baum faul, so ist die Frucht faul. Wovon das Herz voll ist, daraus redet der Mund. Jesus hat die Lästerung des Geistes ausdrücklich eine Herzensfünde genannt, und hat gesagt, daß er sie deswegen in dieser Weise richte, weil sie enthüllt, was das Herz begehrt. Aber er fügt zu dem, was unser Herz bewegt, das, was der Mund sagt, und richtet nicht, was still im Herzen beschlossen bleibt, nicht das inwendige Widerstreben gegen den Geist, sondern den in Worte ergoffenen Haß.

Die herkömmliche Behandlung der Stelle beachtet ausschließlich die Gestaltung des Herzens, und hält das an andre gerichtete Wort mehr für nebensächlich. Diese Auffassung des Wortes Jesu ist nicht Zufall, sondern entspricht der Grundstimmung der reformatorischen Bußpredigt. Sie ging ins Ganze und leitete uns nicht an, uns mit den Einzelheiten unsres Lebens zu beschäftigen. Sie heißt uns nicht dies und jenes an unserem Leben bereuen, wodurch wir ein Stückwerk treiben, mit dem wir nicht fertig werden, und welches stets an andern Stellen aller Verkehrtheit die Thüre offen läßt, sondern sie heißt uns unser ganzes Wesen als schuldig verneinen. Echte Reue soll bekennen, daß wir in Sünde und Schuld empfangen und geboren sind, worin der totale Verzicht auf unsere ganze Kraft liegt, und unsere Verurteilung alles, was wir sind, umfaßt. Darin liegt aber auch eine Versuchung, die nicht immer überwunden worden ist, daß wir nun mit den einzelnen Außerungen unseres Lebens ziemlich leichtfertig umgehen. Die Generalbuße erledigt sie ja! Jesu Anleitung steht über beiden Abwegen, auf welche sich die Reue verirren kann. Er mißt die einzelnen, bestimmten Thatsachen, die unser Leben bilden; aber er schaut sie zusammen mit ihrem verborgenen Grund. Er sagt uns nicht, daß er uns nach unserem Herzen richten werde, sondern: aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt und aus deinen Worten verdammt werden, und in strengem Parallelismus damit: aus deinen Werken; aber er wird uns nach unsern Worten und Werken deswegen richten, weil dieselben die Gebilde unseres Willens find.

Wir stehen somit vor der Frage: warum heißt Jesus diejenige Bewegung unseres Willens, deren Produkt Lästerworte gegen den Geist find, verderblich, so daß er dann, wenn dieselbe zu ihrem Ziel kommt und das Lästerwort hervorgestoßen hat, Gottes Reich dem Menschen verschließt? Wir thun der Gerechtigkeit Christi wenig Ehre, wenn wir uns stellen, als sei das ein unergründliches Geheimnis. Was ist Gottes Gabe? Geist. Wie werden wir erlöst? Durch den Geist. Wie werden wir geheiligt? Durch den Geist. Wie werden wir lebendig und Gottes Kinder? Durch den Geist. Und wie gehen wir verloren? Dadurch, daß wir den Geist hassen. Auch dieses Urteil Jesu wendet lediglich die allgemeingültige Regel an, nach der die ganze Lehre der Bibel vom göttlichen Zorn gestaltet ist: daß der Zorn an der entweihten Gnade entsteht. Der Geist ist die Gnadengabe; darum ergiebt sich hier die Stelle, wo wir jenen Zorn entzünden, der nie vergiebt.

Kirchl. Monatsschrift. Jahrg. XIII. Heft X.

45

Und warum ist es das lästernde Wort, das Jesus straft? Es waltet hier genau derselbe Grund, weshalb es das glaubende Wort_ist, das uns errettet. Was ist unsere Rechtfertigung? Das Wort des bittenden Glaubens, das den Herrn anruft, und das Wort des dankenden Glaubens, das ihn bekennt. Und was ist unsere Verdammung? Das Scheltwort des Widerwillens, das Gottes Gabe wegweist, und das Leben tötend, die Heiligkeit närrisch, die Gnade boshaft und das Göttliche teuflisch heißt. Die Lästerung ist ein verkehrtes Gebet, und das giebt ihr ihre Bedeutung. Wie im gläubigen Gebete das menschliche Ich zum göttlichen Du sich wendet, so bestimmt auch der Lästernde sein persönliches Verhältnis zu Gott. Diejenigen, die von Jesus sagten: er sei ein Teufelsdiener, erklärten: der Geist, der ihn erfüllt, bleibe uns ewig fern!

Die Gerechtigkeit Christi hat ihre einfache Größe auch hier darin, daß sie dem Menschen lediglich seinen Willen läßt. Das gilt von der Gnade wie vom Zorn. Die Gnade thut uns unsern Willen, erfüllt uns unser Bitten und läßt uns Gott so finden, wie wir ihn für uns begehren. Möchten wir, daß er uns gut sei, so ist er uns gut. Ebenso besteht auch die Vergeltung Christi darin, daß der Mensch seinen bösen Willen haben muß. Wer sich den Geist verbittet, erhält ihn nicht. Darin behält unser menschliches Wort eine gewisse Ähnlichkeit mit dem göttlichen Wort. Es gilt auch von ihm, daß es Gestalt gewinnt. Gott giebt sein Amen dazu und dadurch wird unser eigenes Wort zum Gesez, nach dem unser Leben verläuft.

Es ist eine wichtige Sache, daß Jesus auch das Werk des Geistes unter die Regel der göttlichen Gerechtigkeit stellt, wonach der Mensch seinen Willen haben soll. Er hat anders vom Geiste gedacht, als diejenigen, die sich den Geist nur oder doch zuerst als Macht vorstellen. Dieselbe fehlt ihm nicht; auch in unsrer Erzählung wird sie an ihm offenbar. Jesu Rede hat ihren Anlaß darin, daß er einen satanisch gebundenen frei gemacht hat. Das war Macht, und Jesus heißt diefelbe eine Wirkung des Geists. Aber nun sagt er denen, die daran zu Fall kommen, nicht: wartet nur! jest hat euch der heilige Geist noch nicht gefaßt; aber wenn er euch dann faßt, trägt er euch mit Sturmessausen her zu mir. Vielmehr fann alles, was der Geist macht, von uns verlästert werden; so wenig ist er bloß Macht, die uns überwältigte. Wir werden vergebens auf den Zauber warten, der uns den lästernden Mund schließen soll. Es giebt keine vom Geist uns gegebene Er kenntnis, von der wir nicht sagen könnten: sie sei Thorheit, keinen vom Geist uns gegebenen Impuls, den wir nicht verkehrt zu nennen die Macht haben, keine vom Geist uns verliehne Kraft, die wir nicht unbenügt lassen können. Weil uns Geist als Gottes Gabe ver kündigt wird, wird uns Gott als Person bezeugt, und weil sein schöpferisches Wirken im Geist geschieht, bildet es Personen. Daß Gott Geist giebt, heißt, daß er unsre Persönlichkeit gestaltet, so daß unser Denken und Wollen aus einer göttlichen Wurzel kommt. Damit

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »