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Fall ist. Es ist also gerade die moderne Naturwissenschaft", indem fie so viel bestimmter und klarer das Gefeßliche der Naturordnung verstehen läßt, welche dadurch die Wunderthaten Gottes um so deutlicher hervortreten macht.

Also: Gott regiert seine Schöpfung nach einer bestimmten Ordnung. Nur dadurch kann der Mensch seine Bestimmung, die Natur zu beherrschen, erfüllen. Die Aufgabe der Naturwissenschaft ist nicht nur, philosophisch dem Erkenntnistrieb zu dienen, sondern diese von Gott gesezte Ordnung so zu ergründen, daß sich die Herrschaft des Menschen über die Natur immer mehr erweitert. Die sogen. Naturgeseße sind unsre menschliche Abstraktion, aus dem was wir von der Naturordnung kennen gelernt haben; sie sind also nicht die wirkenden Ursachen (causae efficientes). Leßtere, wenigstens die Endursachen, entziehen sich unsrer Kenntnis d. h. wir wissen nicht, durch welche Machtmittel Gott jein Weltregiment ausübt, obgleich wir in vielen Fällen die bestehende Ordnung erkennen und diese Kenntnis immer weiter ausdehnen können und sollen.

Das ist der christliche, überhaupt der Standpunkt des Gottesgläubigen, des Theisten. Der Atheist, Materialist oder Monist steht hierin anders. Die Materie, für ihn ohne die ihr innewohnenden Kräfte nicht denkbar, ist ihrer selbst leßte Ursache. Die Ordnung der Welt ist danach eine starre, unveränderliche, auf die Eigenschaften der Materie begründete, und Alles was in ihr vorgeht, folgt mit absoluter Notwendigkeit den auf diesen Eigenschaften begründeten Gesezen. Daß danach Wunder unmöglich sein müßten, ist selbstverständlich. Wie aber derjenige, welcher an einen allmächtigen Gott, Schöpfer und Regierer der Welt glaubt, bestreiten kann, daß dieser Gott die Macht habe, von dieser von ihm zu bestimmten Zwecken gesezten Ordnung da abzuweichen, wo dieses nach seiner Weisheit für andere - für besondere Zwecke dienlich ist, das ist allerdings dem gefunden Menschenverstand unfaßbar.

Woran liegt es nun, daß so viele, die sich doch zum Glauben an einen allmächtigen persönlichen Gott bekennen, den Wundern gegenüber einen zweifelhaften ich möchte sagen zaghaften Standpunkt einnehmen? Etwas wirkt wohl mit, daß bezüglich der Naturwissenschaften ein Aberglaube besteht: Der weitverbreiteten Unkenntnis imponieren die dreisten Phrasen der Atheisten. Es muß vorbehalten bleiben, dieser abergläubischen Betrachtung der Wissenschaft mit einer Erläuterung dessen, was diese wirklich ist und leisten kann, auf den Leib zu rücken. Zunächst genüge die Bemerkung, daß, wie schon gesagt, die Aufgabe der empirischen Wissenschaften die ist, die natürliche, regelmäßige Ördnung der irdischen Dinge zu erkennen, daß sie aber ihrem Wesen nach zur Beantwortung der Frage: ob außerhalb, oder über dieser natürlichen Ordnung Wunder geschehen können, gar nicht befugt ist.

Dann aber handelt es sich vielfach um eine falsche Auffassung dessen, was „Glauben" ist: eine Verwechslung mit dem was häufig

„Begreifen“ genannt wird. Die sogenannte philosophische Nichtung beschäftigte sich mit selbstgemachten Begriffen, nicht mit Wirklichkeiten. Aus diesen Begriffen wurde deduziert und geschah dies in logischen Formen, so meinte das „Subjekt“ etwas zu begreifen". Die wesentlich durch Baco von Verulam begründete Wissenschaft will nichts machen, sondern objektiv Gegebenes erkennen und weiß zwei Quellen dieser Erkenntnis. Die eine von Oben — göttliche Offenbarung: die andere von Unten Induktion aus sinnlicher Erfahrung (Empiric). Nur wo beide Quellen zusammenfließen, kann von wirklicher Philosophie die Rede sein. Daß göttliche Offenbarungen nicht in dem Sinn begreiflich sein können, wie der After-Philosoph seine eigenen Geisteskapriolen zu begreifen meint, ist selbstverständlich. Bacos Wesen ist, zumal in Deutschland, so wenig bekannt, daß er nur als der Erschließer der unteren Quelle betrachtet wird, aber auch hier ist ein philosophisches“ Begreifen ausgeschlossen. Die alltäglichsten Erfahrungen aus der uns umgebenden Natur können wir nur in sofern begreifen, daß wir sie mit andern Erfahrungen in Beziehung und Harmonie bringen, so ihre Gejeßlichkeit verstehen und ganze Gruppen von Geschehnissen geistig umfassen, auch wenn wir an ihre Endursachen nicht heranreichen können.

Im Wesen des Wunders liegt es, daß es aus dieser täglichen, sinnlichen Erfahrung heraustritt und heraustreten soll, also nicht begreiflich sein kann, wenigstens nur in seinen Beziehungen zum Transzendenten zu Gott. Die Anerkennung der Allmacht Gottes ist Sache des Glaubens: für unser Denken ist sie ja mit der menschlichen Freiheit unvereinbar; wer sie aber glaubt, für den müßte das Geschehen von Wundern begreiflich sein wenn er logischen Denkens fähig ist. Zum Glauben gehört immer auch ein Wollen, und wer nicht glauben will -wer zu wissen verlangt, warum Gott die Wunder gethan hat – wie Gott sie bewirkt, und wenn ihm dieses unvernünftige Verlangen nicht gewährt wird, behauptet, er könne sie nicht begreifen", der irrt. Man sollte denken, daß ein solcher Irrtum in einem gläubigen Gemüt nur aus ungewöhnlich schwachen Verstandes-Gaben hervorgehen könnte. Dies legt die Vermuthung nah, daß wenn auch unausgesprochen, ein Widerstreben gegen den Glauben an den lebendigen Gott vorhanden ist; indessen wir können nicht in die Herzen sehen, und schlechte Erzie hung, schlechter Unterricht die Unwissenheit auch solcher die fich für hochgebildet halten in den einfachsten Lehren der christlichen Religion ist wahrhaft erstaunlich mögen große geistige Konfusion anrichten. Wie dem auch sei, so scheidet derjenige, der die Wirklichkeit der Wunder bestreitet, sich selbst von der geistigen Atmosphäredes Christentums. Die christlichen Bekenntnisse und die h. Schrift können für ihn nicht mehr Wahrheit sein. Dieses ist nicht so gemeint, als ob solche Ungläubige aus dem äußern Verband der Kirche zu entfernen seien. Auch in ihrer geistigen Konfusion und troß derselben mögen

und das gilt besonders für Frauen auch für aufrichtig fromines Gefühl Anknüpfungen im Christentum finden, die ihnen herzlich zu

Wie ist der wissenschaftliche Sinn im evangelischen Pfarrerstande zu wecken und zu fördern? 683

gönnen sind; aber ausgesprochen muß doch auch hier die einfache Wahrheit werden und ohne Scheu der Finger auf diese offene Wunde gelegt werden. Es handelt sich doch auch nicht nur um die Mitgliedschaft der Gemeinde, um Hörer, sondern um Lehrer sei es von der Kanzel, sei es vom Katheder, und namentlich den letzteren könnte doch die Entschuldigung der Unwissenheit, der Konfusion der Begriffe und der Unfähigkeit logischen Denkens kaum zu Gute kommen. Mir scheint, daß bei den jeßigen Angriffen auf das Apostolikum es sich im Grunde um das Widerstreben gegen die Wirklichkeit von Wundern handelt.

Wenn manche sogen. Ritschlianer auf das persönliche Verhältnis zum Herrn und auf die Bedeutung seiner Persönlichkeit Wert zu legen erklären, und ihm doch seine Ehre als Sohn Gottes, als auferstandenen. wunderthätigen Heiland rauben, und damit die Wahrhaftigkeit der Evangelien verneinen, dann möchte man doch nicht kurzweg Heuchelei annehmen, sondern einen großen Teil dieser traurigen Stellung lieber auf intellektuelle Verirrung zurückführen. Daß bei dieser die Selbstüberhebung, diese große Versuchung des schwachen Menschenkindes, mit ins Spiel kommt, wird allerdings nicht zu vergessen sein.

Diesem Subjektivismus immer wieder vorzuhalten, was wirklich objektive Wissenschaft ist, scheint geboten, eignet sich indes wohl besser für eine besondere Betrachtung.

Wie ist der wissenschaftliche Sinn im evangelischen Pfarrerstande zu wecken und zu fördern?

Von

† Wilhelm Wiesener, Pastor zu Brandshagen in Pommern.

Für den Druck bearbeitet von Diakonus Mielke zu Grimmen i. Pom.

Vorbemerkung: Nachstehender Aufsatz ist die lezte für ein größeres Publikum bestimmte Arbeit des im Oktober 1893 verstorbenen Verfassers. Dieser, durch seine für die pommersche Kirchengeschichtsforschung maßgebende „Geschichte der christlichen Kirche in Pommern zur Wendenzeit" in weiteren Kreisen bekannt, gehörte zu den durch wissenschaftliche Tüchtigkeit hervorragendsten Geistlichen unserer Provinzialfirche; an der bereits durch umfangreiche Vorarbeiten vorbereiteten Fortsetzung des erwähnten Werkes wurde er durch einen plößlichen Tod verhindert. Die mit Genehmigung der Witwe erfolgende Veröffentlichung des vorliegenden Auffages ist einesteils ein Att der Pietät gegen den Verstorbenen und geschieht andererseits in der Meinung, daß der

Auffaß Anregungen enthält, welche auch für die größere Öffentlichkeit nicht bedeutungslos sein dürften. In mehreren Punkten ist eine Überarbeitung notwendig geworden, insbesondere wurden einige Stellen der ursprünglichen Arbeit fortgelassen. Mielke.

Die evangelische Kirche ist angewiesen auf die Wissenschaft, insonderheit auf die Theologie. Wie ihre Entstehung nur ermöglicht wurde durch das vorangegangene Erwachen des Humanismus, so kann fie auch nur fortbestehen im Bunde mit der Wissenschaft. Das Christentum an sich ist unabhängig von irgend welcher irdischen Potenz, die Form aber, welche das Christentum sich in der evangelischen Kirche gegeben hat, ist absolut unhaltbar ohne die Wissenschaft.

Die evangelische Kirche ist die Kirche des Wortes Gottes. Das Wort hat sie zu ihrem alleinigen Fundamente gemacht und in den Mittelpunkt ihres Kultus gestellt. Sie mutet ihren Dienern daher die enorme Aufgabe zu, wöchentlich mindestens einmal das Wort, das Evangelium, durch die Predigt zu verkündigen. Kein Stand der Welt hat eine so hohe, so geistige Aufgabe zu erfüllen. Eine solche aber einem ganzen Stande, ohne Rücksicht auf die persönliche Begabung, zuzuweisen, ist überhaupt nur möglich einmal bei dem unbedingten Verfrauen zu den unerschöpflichen Geistesströmen, welche der Schrift ent quellen, sodann aber in der Vorausseßung, daß jeder Diener am Wort auch im Stande sei, den ursprünglichen Sinn der heiligen Urkunden sich selber klar zu machen und das auf dem nur dem wissenschaftlich gebildeten, dem Theologen, möglichen Wege gefundene der Gemeinde zuzuführen. Ein evangelischer Pfarrer muß dazu wissenschaftlich gebildeter Ereget sein und hat die stete Fortarbeit auf diesem Gebiete als seine heilige Berufspflicht zu betrachten.

Der evangelische Geistliche muß aber auch wissenschaftlich gebildeter Homilet sein. Jene eigentümliche Geistesarbeit, durch welche es gilt, das mit den Mitteln der Wissenschaft in den Tiefen der Schrift gefundene den Herzen in gemeinverständlicher Rede nahezubringen, ist eine vielseitige Kunst, die gelernt sein will. Nicht Jeder ist von Natur ein Künstler, ein Genie, und überdies, ohne redliche Arbeit das ist auf allen Gebieten der Kunst nicht anders giebt es nur verbummelte Genies. Wo aber lernen die Künstler ihre Kunst? Ich denke, in den Ateliers der Meister, in den Gallerieen. Wir aber haben in der homiletischen Kunst eine Reihe von Meistern, eine Fülle von Gallerieen, um welche jede andere Kunst uns beneiden kann. Jeder evangelische Pfarrer hat die Aufgabe, diese zu umfassenden Studien zu benugen. Sonst versäumt er einfach seine Pflicht.

Die evangelische Kirche ist die Kirche des Wortes Gottes, nicht also die Kirche schlechthin, sondern nur eine Spezies derselben. Sie ist entstanden, als die Kirche schon eine 11, tausendjährige Entwickelung hinter sich hatte. Daß sie nicht früher entstehen konnte, aber gerade zu der Zeit in die Erscheinung treten mußte, hat geschichtliche Gründe.

Nur aus der Geschichte läßt sich das Wesen der evangelischen Kirche erkennen. Auch die ganze Entwickelung unserer Kirche bis zu ihrem heutigen Zustande ist eine geschichtlich bedingte. Man kann weder die Lichtseiten und die hohe Mission unserer Kirche, noch ihre Schattenseiten und die Mittel zur Überwindung derselben recht erkennen, ohne das Studium ihrer Geschichte. Das gilt von unserer Kirche im Ganzen sowohl wie von den lokalen kirchlichen Verhältnissen im Besonderen. Die Wurzeln der Gegenwart liegen in der Vergangenheit. Geht man dieser nicht nach, so kommt man notwendig zu schiefen Urteilen über die Gegenwart und wird vielfach in seinen Mitteln fehlgreifen. Viel edle Kraft wird darum heute vergeblich eingeseßt. Ich muß mich, so groß mein Interesse gerade für diesen Punkt ist, dennoch auf diese wenigen Säße beschränken, um das Urteil zu motivieren: wer der Kirche dienen will, also vor allem der Diener am Wort, muß auch das Studium ihrer Geschichte als heilige Pflicht ansehen."

Die evangelische Kirche ist die Kirche des Wortes Gottes. Sie glaubt, in der Bibel und in ihr allein, die Wahrheit zu besißen. Nicht zwar, als ob sie die heilige Schrift für einen Lehrkoder hielte, in dem man nur nachzuschlagen brauchte, um mühelos auf jede Glaubensfrage oder für jede fittliche Lebensfrage den genügenden Aufschluß zu finden. Das wäre recht sehr bequem, aber sicher nicht gut. Nein, der Schat der Wahrheit kann nur durch die rastlose, unbeeinflußte Arbeit der Wissenschaft aus dem unergründlichen Schacht der Schrift gehoben werden. Davon ist wohl niemand mehr überzeugt gewesen, als die Begründer unserer Kirche. Welche Riesenarbeit hat in dieser Hinsicht ein Luther vollbracht! Nicht aber, als ob diese Arbeit sogleich im Anfang, schon von den Reformatoren für alle nachfolgenden Geschlechter erfüllt wäre; als ob z. B. in den Bekenntnisschriften unserer Kirche die vollständig erschlossene Wahrheit vor uns läge, über welche weder hinausgegangen werden könnte noch dürfte. Nein, der Weg zur Wahrheit ist lang er mündet erst in der Ewigkeit. Ein jedes Geschlecht hat die Pflicht, an der Erforschung der Wahrheit weiter zu arbeiten, und hat es nicht ohne Genugthuung können wir es sagen - auch gethan, ist damit aber auch immer in etwas über das vergangene Geschlecht hinausgegangen. Selbst daß die sogenannte lutherische Orthodoxie in allen Punkten mit den Bekenntnisschriften übereingestimmt hätte, ist ein geschichtlicher Irrtum. Es kann ja auch nicht anders sein, so lange wir nicht auch eine autoritative Auslegung der Schrift acceptieren. Dann aber hätte unsere Kirche aufgehört, die Kirche des Wortes Gottes zu sein. Die Disziplinen aber, welche die hier in Rede stehende Arbeit zu vollziehen haben, sind die Dogmatik, die Ethik und nicht zum wenigsten die immer mehr an Bedeutung gewinnende Dogmengeschichte. Müssen die hier von mir ausgesprochenen Säße aber als richtig anerkannt werden, wie kann dann der Diener am Wort, der die Aufgabe hat, der Gemeinde die Wahrheit in Predigt und Unterricht zu vermitteln, dieser Arbeit fernbleiben?

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Kirchl. Monatsschrift. Jahrg. XII. Heft X.

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