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„Nur etwas Erde außerhalb der Erde,“

Sprach jener weise Mann, „und staunen werdet ihr,

Wie leicht ich sie bewegen werde."

Da eben liegts, ihr Herrn. Vergönnet mir,
Nur einen Augenblick aus mir herauszutreten,
Gleich will ich euren Gott anbeten.

Die Proselytenmacher verlangen, daß wir uns selbst verleugnen, die tiefsten Forderungen unseres Ichs zum Schweigen bringen, um ihrer Lehre, ihrem System zu huldigen. Der Dichter verspricht ihnen, wenn sie es möglich machen können (wofür es in beiden Formen. nicht ganz passend vergönnen heißt), daß er sich einen Augenblick aus sich selbst, aus den Schranken seiner Individualität herausverseze, so wolle er sich selbst einen Anstoß geben, ihren Bahnen zu folgen, ähnlich wie Archimedes die Erde zu bewegen versprach, wenn man ihn auf einen Plaß außerhalb stelle, von wo er auf sie wirken könne.

33. Metaphysiker.

Dieses satirische Gedicht erschien zuerst im Musenalmanach für 1796. Hoffmeister vermutet, es beziehe sich auf Fichte; doch spricht sich in dem Stücke selbst nur Verhöhnung und Verachtung der Transcendental-Philosophen aus, die, ohne die Erfahrung um Rat zu fragen, sich ein Luftgebäude fonstruieren, von dem sie stolz auf die andern Menschenkinder hinabschauen. Ein neuerer Interpret sagt: „Der Dichter vergleicht einen solchen Philosophen mit einem Dachdecker, der nur so hoch gekommen, weil andere den Turm gebaut, den er hinaufgestiegen ist; der Metaphysiker hat nicht selbst sein Gebäude errichtet, ein anderer hat es gebaut." Davon sagt der Dichter nichts; sein Spott gilt nicht etwa bloß den Nachbetern metaphysischer Systeme, sondern auch ihren Gründern. Der drittlezte Vers (Wovon ist er, worauf ist er erbauet?") sagt nur: Das Material, wovon dein Turm gebaut, und der Grund, worauf er errichtet ist, sind beide gleich unsolid; nur eine Leiter luftiger Schlüffe, heißt es dann weiter, führte dich hinauf, und dein ganzes Scheingebäude dient zu nichts, als deinen Stolz zu nähren.

34. Der Spaziergang.

1795.

Wir kommen nun zu einer Produktion, die nicht bloß unter den Erzeugnissen des ertragreichen Jahres 1795, sondern überhaupt

unter Schillers Gedichten eine der ersten Stellen einnimmt. Es gehört in das Gebiet der kulturhistorischen Poesie, welches er schon in der zweiten Periode auf eine glänzende Weise durch seine Künstler, seitdem auch durch einige Epigramme angebaut hatte, und später noch durch einige andere vortreffliche Dichtungen bereichern sollte. Der Spaziergang entstand um die Mitte Septembers. Am 21. September übersandte Schiller an Körner eine Abschrift mit der Bemerkung: Die Elegie macht mir viel Freude. Unter allen meinen Sachen halte ich sie für diejenige, welche die meiste poetische Bewegung hat und dabei dennoch nach strenger Zweckmäßigkeit fortschreitet." Die Bezeichnung Elegie, wie auch ursprünglich die Überschrift in den Horen 1795 lautete, sollte andeuten, daß das Gedicht als ein Beispiel zu Schillers Theorie der Dichtungsarten zu betrachten sei, wornach die Natur, als Gegenstand unsrer sittlichen Trauer und reinmenschlichen Sehnsucht dargestellt, die Elegie giebt. Aus einem Briefe an Humboldt vom 29. November 1795 geht hervor, daß er auch eine Idylle zu schreiben gedachte, welche in ähnlicher Weise ihre Gattung vertreten sollte. Vielleicht bloß, weil dieses Gegenstück unausgeführt blieb, änderte er später die Überschrift unseres Gedichtes, deren Zweck in ihrer Isoliertheit allerdings nicht deutlich genug hervortrat.

Forscht man nach, mit welcher sonstigen Produktion das Gedicht seiner Entstehung nach zusammenhängen möge, so tritt uns vor Allem die Abhandlung über naive und sentimentalische Dichtung entgegen, womit Schiller zu der Zeit, wo das Gedicht entstand, beschäftigt war. Indem er hiebei viel über den Gegensay von Natur und Kultur nachdachte, lag der Gedanke an eine poetische Darstellung, welche die verschiedenen möglichen Beziehungen zwischen beiden in großen und kräftigen Zügen kulturhistorisch verfolge, nicht ferne. Zudem hatte der Bericht, den er über den Gartenkalen= der vom J. 1795 zu schreiben veranlaßt worden war, ihn lebhaft an einen Spaziergang durch die Gartenanlagen zu Hohenheim erinnert, der sich ihm mun als eine erwünschte sinnliche Unterlage eines solchen kulturhistorischen Gedichtes darbieten mochte. Weg von Stuttgart nach Hohenheim," heißt es in dem Bericht, „ist gewissermaßen eine versinnlichte Geschichte der Gartenkunst. In den Fruchtfeldern, Weinbergen und wirtschaftlichen Gärten längs der Landstraße zeigt sich dem Betrachter der erste physische Anfang der Gartenkunst, entblößt von aller ästhetischen Verzierung. Nun aber empfängt ihn die französische Gartenkunst mit stolzer Gravität unter

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den langen und schroffen Pappelwänden, welche die freie Landschaft mit Hohenheim in Verbindung setzen und durch ihre kunstmäßige Gestalt schon Erwartung erregen. Dieser feierliche Eindruck steigt bis zu einer fast peinlichen Spannung, wenn man die Gemächer des herzoglichen Schlosses durchwandert. Durch den Glanz, der hier von allen Seiten das Auge drückt, wird das Bedürfnis nach Simplicität bis zum höchsten Grade getrieben, und der ländlichen Natur, die den Reisenden auf einmal in dem sogenannten englischen Dorf empfängt, der feierlichste Triumph bereitet. Aber die Natur, die wir hier finden, ist diejenige nicht mehr, von der wir ausgegangen waren. Es ist eine mit Geist beseelte und durch Kunst exaltierte Natur, die nun nicht bloß den einfachen, sondern selbst den durch Kultur verwöhnten Menschen befriedigt." Eine verwandte Ideenfolge, an eine ähnliche Bilderreihe geknüpft, finden wir in dem Gedichte. Auch hier wandert der Dichter durch die verschiedenen Kulturstände, ländliche Einfachheit und Stille, städtische Regsamkeit und Regelmäßigkeit, fürstliche Pracht hindurch, bis er nach der Auflösung und dem. Verfall menschlicher Herrlichkeit sich an dem Herzen der Natur wiederfindet.

So wird uns hier die ganze Entwicklungsgeschichte der Menschheit bis zu deren Verirrung und Rückkehr zur Wahrheit vorgeführt. Nachdem der Mensch den Gipfel der Kultur erreicht, schlägt dieselbe in das Gegenteil um. Diese sittliche Depravation führt zur Vernichtung der ganzen staatlichen Ordnung, aus welcher der Mensch zu der stets unveränderten Natur flüchtet, an deren Herzen er sich wohl fühlt. Ein Gegenstück bildet das eleusische Fest, in welchem der Ackerbau als Ausgangspunkt der menschlichen Kultur geschildert wird.

Der Dichter hat unstreitig bei dieser herrlichen Produktion seine ganze Kraft aufgeboten, und auch auf die äußere Form, namentlich auf den Versbau, ungemeinen Fleiß verwandt. Er sagt darüber in einem Briefe an Humboldt (vom 5. Oft. 1795): „In Ansehung der Versifikation bin ich auf Ihre Warnung strenger gegen mich gewesen, und ich denke nicht, daß Sie einen erheblichen Fehler finden werden." In einem etwas späteren Briefe an ihn gesteht er, daß er sich auf dieses Stück am meisten zu gut thue, vorzüglich in Rücksicht auf einige Erfahrungen, die er über dasselbe gemacht. „Mir deucht," schreibt er, „das sicherste empirische Kriterium von der wahren poetischen Güte eines Produkts dieses zu sein, daß es die Stimmung, worin es gefällt, nicht erst abwartet, sondern hervorbringt, also in

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jeder Gemütslage gefällt. Und das ist mir noch mit keinem meiner Stücke begegnet, außer mit diesem. Ich muß oft den Gedanken an das Reich der Schatten, die Götter Griechenlands u. s. w. fliehen; auf die Elegie besinne ich mich immer mit Vergnügen, und mit keinem müßigen, sondern wirklich schöpferischen; denn sie bewegt meine Seele zum Hervorbringen und Bilden." Als zweiten Beweis für den Wert des Gedichtes hebt er den ziemlich allgemeinen guten Eindruck desselben auf die ungleichsten Gemüter hervor, auf seine Schwiegermutter, Herder, Goethe, Meyer, die Kalb, Hederich in Jena, Körner, Humboldt und dessen Frau, und spricht die Überzeugung aus, daß sich sein Dichtertalent in dieser Produktion erweitert habe; noch in feiner sei der Gedanke selbst so poetisch gewesen und ge= blieben, in keiner habe das Gemüt so sehr als eine Kraft gewirkt.

V. 1-18. Die Elegie beginnt mit einem lieblichen Landschaftsgemälde voll abwechselnder Bilder, die aber durch die gemeinsame Beziehung auf den Lustwandelnden Einheit gewinnen. Noch begegnet ihm keine Spur vom Dasein des Menschen; nur leblose Naturgegenstände und friedliche Wesen der Tierwelt umringen ihn. Gößinger macht bei diesem Abschnitt auf zwei Schönheiten aufmerksam, erstens auf das sanfte, unmerkliche übergehen des einen ins andere, die Stetigkeit der aneinander gereihten Szenen, zweitens auf das völlig leidende und empfangende Verhalten des Wanderers gegenüber der Natur: nicht er atmet die balsamische Luft, nicht er betritt die Wiese, nicht er kommt ins Gebüsch u. s. w., sondern ihn durchrinnt der Lüfte Balsamstrom, ihn empfängt die Wiese u. s. w. Dabei ist jedoch, wie Hoffmeister hinzubemerkt, diese überall thätige Natur allenthalben in ihrer eigentümlichen Sphäre gelassen und nirgends personifiziert; denn hierdurch wäre sie, nach hellenischer Betrachtungsweise, in den Kreis des Menschlichen gezogen, und der Wanderer fände nicht mehr bei ihr, was er einzig sucht, den wohlthuenden Eindruck, den der Anblick ihres stille schaffenden Lebens, ihres ruhigen Wirkens aus sich selbst, ihrer ewigen Einheit mit sich selbst auf den in sich entzweiten Kulturmenschen macht. In V. 4 drückt schon die metrische Bewegung die fröhliche Lebendigkeit der Vögel aus; der Ausdruck Chor" giebt, wie Gözinger treffend bemerkt, das doppelte Bild der Menge und des Gesanges, und in dem „wiegt“ ist mit der Bewegung des Baumes und der Vögel zugleich das Wohlbehagliche ihres Daseins angedeutet. Auch in V. 5 ist die Versbewegung namentlich am Schluß („die unermeßlich sich ausgießt") sehr ausdrucksvoll. Das „enge Gespräch“ (V. 8)

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ist nicht, wie man es neuerdings interpretiert hat, ein Gespräch mit wenigen Personen, sondern ein in engem Kreise sich bewegendes, um Alltags-Interessen sich drehendes Gespräch. In verwandtem, wenn auch nicht ganz gleichem Sinne sagt Goethe in der zweiten römischen. Elegie:

Und dem gebundnen Gespräch folge das traurige Spiel.

Str. 19-36. Auch hier finden wir noch überall die unentstellte Natur; erst mit dem lezten Verse des Abschnittes tritt uns eine Spur der einwirkenden Menschenhand entgegen. Der Spaziergänger ist von der Wiese (V. 13) den Berg hinangestiegen, dessen vom Morgenstrahl geröteten Gipfel er in V. 1 als sein Ziel vor allen andern Gegenständen begrüßte, und hat nun die Stelle erreicht, wo auf dem Bergabhang das Gebüsch beginnt. Hier auf der freiern Höhe treffen ihn Luftströmungen, welche die tiefere Ebene nicht be= rühren (V. 19 f.). Daß hier kein Sturm gemeint sei (wie ein paar Interpreten annehmen), der sich an dem schönen, heitern Sommermorgen plötzlich erhoben habe, zeigt manches Spätere, z. B. „des grünlichten Stroms fließender Spiegel" (V. 32). Jest läßt der Dichter den Weg des Spaziergängers durch den Wald gehen. Warum geschicht dieses? Erstens wollte er wohl die folgende erhabene Scene nicht unvermittelt an die vorhergehende schöne reihen; die Waldstille sollte für das Erhabene vorbereiten. Dann stimmt sie auch das Gemüt zu der bald nachher eintretenden Reflexion. Endlich hebt auch das Walddüster durch Kontrast den blendenden Glanz des Tages und das ganze folgende Bild nach der von Jean Paul gegebenen Kunstregel, daß man der Phantasie, um ihr ein Bild recht lebhaft zu vergegenwärtigen, vorher die Hülle desselben vorhalten müsse. Bei der Schilderung der nun folgenden großartigen Fernsicht hat der Dichter wieder das Metrum wirkungsvoll gehandhabt. über den V. 33 („Endlos unter mir seh' ich den Äther, über mir endlos“) schrieb er an Humboldt: „Daß der ganze Hexameter zwischen den beiden Endlos eingeschlossen wird, macht hier, wo das Unendliche vorgestellt wird, keine üble Wirkung. Es ist selbst etwas Ewiges, da es in seinen Anfang zurückläuft.“ Für solche antithetische oder parallellaufende Ideen, wie sie der nächstfolgende Vers („Blicke mit Schwindeln hinauf, blicke mit Schaudern hinab") enthält, bewährt sich der Pentameter mit seiner vershalbierenden Cäsur als höchst geeignet; kein Wunder daher, daß Schiller, der das Kontrastieren und Pas

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