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Waffe entblößt, meine gnädige Schutzgottheit, die meine Regierung liebt, möge in ihrem zornigen Herzen, in ihrem großen Grimm sein Königtum verfluchen, seine guten Taten zu bösen verdrehen, in Schlacht und Kampf seine Waffe zerbrechen, Wirren und Revolution ihm bereiten, seine Krieger zu Boden werfen, mit ihrem Blut die Erde tränken, haufenweis die Leichen seiner Kriegsvölker aufs Schlachtfeld werfen, seinem Heere kein Erbarmen verschaffen, ihn selbst der Hand seines Feindes über antworten und ihn in Feindesland gefesselt fortführen!

Nergal, der Starke unter den Göttern, der unwiderstehliche Kämpfer, der meinen Triumph herbeikommen läßt, möge in seiner Kraft wie ein grimmiger Röhrichtbrand sein Volk verbrennen, mit seiner starken Waffe ihn selbst zerspalten und seine Gliedmaßen wie ein tönernes Bildnis zerschmeißen!

Nintu', die erhabene Fürstin der Länder, die Mutter, die mich geschaffen, möge ihm den Erben nehmen und so ihm keinen (bleibenden) Namen verschaffen! Inmitten seines Volkes möge sie keinen Menschensamen schaffen!

Ninkarranâ, die Tochter Anus, die mein Wohl gebietet, möge in Ekur schweren Schmerz, böse Krankheit, schmerzhafte Verletzung, die nicht heilt, deren Wesen der Arzt nicht kennt, die man mit Verbänden nicht zur Ruhe bringt, die wie der Biß des Todes nicht herausgerissen werden kann, aus seinen Gliedmaßen ihm hervorgehen lassen, daß er, bis sein Leben erlischt, über seine (verlorene) Manneskraft jammere!

Die großen Götter von Himmel und Erde, die Anunnaki allzumal, der Schutzgeist des Tempels und der Mauern von Ebarra, mögen ihn selbst, seinen Samen, sein Land, sein Heer, seine Leute und sein Kriegsvolk mit unheilvollem Fluche verfluchen! Mit lauten Flüchen möge Enlil durch den Ausspruch seines Mundes, der unabänderlich ist, ihn verfluchen, und (diese Flüche) mögen ihn eilends erreichen!

1 Die Göttin der Geburt (= Ninmach). " Göttin der Heilkunst, galt als Gemahlin des Kriegsgottes Nimurta.

2*

Die religiösen Texte, die uns die Trümmerhügel Babyloniens und Assyriens beschert haben, gewähren uns nur einen beschränkten Einblick in den Geist jener alten Kulturwelt. Namentlich kommt der Volksglaube in den kärglichen Resten religiöser Literatur, die uns erhalten sind, nur wenig zur Geltung. Denn man muß berücksichtigen, daß diese Reste doch im wesentlichen nur die offizielle Religion wiederspiegeln, während man es schwerlich der Mühe wert gehalten haben dürfte, die Auswüchse, die diese Religion in den niederen Volksschichten gezeitigt hat, in den Tempelarchiven oder Königsbibliotheken zu verewigen. Auch die offiziellen Urkunden können leicht ein schiefes Bild wiedergeben, namentlich dann, wenn man sie aus ihrem organischen Zusammenhange herausreißt. So erwecken, um nur ein Beispiel zu nennen, manche Gebete den Anschein, als ob wir es hier mit Erzeugnissen einer ethischen Hochkultur zu tun hätten, wie wir sie erst in den spätesten Psalmen des Alten Testaments wiederfinden. Betrachten wir aber ein solches Gebet im Zusammenhange seiner Überlieferung, so werden wir meist erkennen können, daß die sittliche Größe, die aus ihm spricht, nur eine scheinbare ist. Nicht die Erkenntnis menschlicher Sündhaftigkeit und sittlicher Unvollkommenheit ist es, die dem Dichter bewegte Worte verleiht, sondern Unglück und Krankheit, die ihn befallen, lassen ihn ahnen, daß er sich versündigt, d. h. eins der unzähligen rituellen Gebote mißachtet habe, deren Befolgung die Götter von den Sterblichen verlangen, ohne daß diese sich darüber Rechenschaft geben können, warum es gerade so und nicht anders von ihnen gefordert wird. Eine Verfehlung ist unter solchen Umständen nur allzu leicht möglich, und schwere Unglücksfälle und Krankheiten aller Art sind die Strafen, die die erzürnten Himmlischen über die elenden Menschen verhängen. Die Götter wieder zu versöhnen, ist eine der wesentlichsten Aufgaben der Priesterschaft, und zahlreiche Beschwörungstexte zeigen uns, wie der Priester nicht nur die göttliche Gnade dem „Sünder" wieder zuzuwenden sucht, sondern wie er zugleich als Arzt die Folgen der Sünde

zu beseitigen und den vom göttlichen Fluch getroffenen Kranken zu heilen trachtet. Wäre uns das ganze Beschwörungsritual noch vollständig erhalten, so würden wir besser als es jetzt der Fall ist erkennen, wie Hymnen, Bußpsalmen, Beschwörungen und medizinische Texte ein engverbundenes Ganzes bilden und wie die einzelnen Teile dieses Ganzen eigentlich nur am Ganzen selbst richtig erkannt und beurteilt werden können.

Eine weitere Aufgabe der Priesterschaft war es zu verhindern, daß der Mensch durch verkehrtes Handeln gegen die göttliche Vorbestimmung verstoße und somit in schwere Gefahren gerate. Hier betreten wir das Gebiet des Wahrsagepriesters, der mit ängstlicher Sorgfalt alle Erscheinungen am Himmel und auf Erden beobachtete1, um den Willen der Götter zu erkun den. In dem Glauben, daß alles Geschehen nach festen göttlichen Gesetzen vor sich gehe, daß ferner zeitliche Folge zweier Erscheinungen kausalen Zusammenhang offenbare, haben die Priesterschulen ungeheure Mengen von Omen aller Art zusammengetragen und bearbeitet, um aus diesen Kompendien die für den jeweiligen Fall gegebene Deutung sofort bei der Hand zu haben. Namentlich waren es Himmelsbeobachtung und Leberschau, die in Verbindung mit umständlichen Ritualen den Willen der Götter dartun sollten.

Auch die mythologischen Texte, die wir kennen, wie z. B. das Weltschöpfungsgedicht und das Gilgameschepos sind uns gewiß nur deshalb erhalten geblieben, weil sie Teile des großen Rituals darstellten, das für jeden Tag des Jahres festgelegt war. Wie bei den Juden das Estherbuch am Purimfest verlesen wurde und noch heutigen Tages verlesen wird, so werden auch die babylonischen Mythen an bestimmten Tagen dem Volke von den Priestern vorgetragen worden sein, wenn wir das auch im einzelnen nicht näher verfolgen können.

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I

MYTHEN UND EPEN

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