ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

5

10

15

3. KLAGELIEDER AN DIE GÖTTIN ISCHTAR1

a

Ich flehe dich an, Herrin der Herrinnen,

Göttin der
Göttinnen,

Ischtar, Königin aller Lande, Lenkerin der Menschen!
Irnini, du bist gebenedeit, größte der Igigi3,
Stark bist du, eine Herrscherin: dein Name ist erhaben!

Du bist die Erleuchterin von Himmel und Erde, starke
Tochter Sins;

Du leitest die Waffen, setzt den Kampf ins Werk!
Du hältst alle Geheiße, mit Herrscherdiadem geschmückt.
Herrin, herrlich ist deine Größe, über alle Götter er-

haben!

Du Stern des Kampfgeschreis, die einträchtige Brüder in
Streit bringt,

Die preisgibt Freund und Freundin,

Herrin des Schlachtfeldes, die niederstößt die Berge,
Guschêa, die mit Kampf bedeckt, mit Schrecken beklei-

det ist!

Du vollziehst Gericht und Entscheidung, die Satzung von Erde und Himmel, Heiligtümer, Tempel, Göttersitze und Kapellen harren

dein!

Wo ist nicht dein Name, wo nicht deine Gebote,
Wo sind deine Bildnisse nicht dargestellt, wo deine Hei-
ligtümer nicht gegründet?

Wo bist du nicht groß, wo nicht erhaben?

Anu, Enlil und Ea haben dich erhöht, haben groß gemacht deine Herrschaft unter den Göttern, Haben dich erhoben unter allen Igigi, haben gewaltig gemacht deinen Rang!

1 Text a ist eine spätbabylonische, b eine assyrische Abschrift. Die himmlischen Geister.

20

25

30

35

Beim Nennen deines Namens vergehen Himmel und Erde,
Die Götter beugen sich, es erstarren die Annunaki1.
Deinen furchtbaren Namen erheben die Menschen:
Du bist groß, bist erhaben!

Alle Schwarzköpfigen, die wimmelnden Menschen, preisen deine Stärke; Das Recht der Menschen richtest du in Gerechtigkeit und Wahrheit.

Du schaust den Unterdrückten und Niedergeschlagenen leitest ihn richtig Tag für Tag.

an,

Wie lange säumst du noch, Herrin von Himmel und Erde,
Hirtin der umdunkelten Menschen?

Wie lange säumst du noch, Herrin des heiligen Eanna",
des reinen Schlosses?

Wie lange säumst du noch, Herrin, deren Füße nicht ermatten, deren Knie dahineilen? Wie lange säumst du noch, Herrin der Schlacht und aller Kämpfe?

Du Herrlichste, Löwin der Igigi, die niederbeugt die er
zürnten Götter,

Du Stärkste aller Herrscher, die Könige am Zügel führt,
Die da öffnet den verschlossenen Leib aller Frauen:
Erhaben und fest gegründet bist du, starke Ischtar, groß
ist deine Kraft!

Du leuchtende Fackel von Himmel und Erde, du Glanz
aller Lande,

Wütend im unwiderstehlichen Angriff, obsiegend im
Kampfe!

Feuerbrand, der gegen die Feinde aufleuchtet, der die
Vernichtung der Mächtigen ins Werk setzt,
Bleich machende Ischtar, die die Schar sammelt!

2

1 Götter der Tiefe (Unterwelt). Tempel der Ischtar in der Stadt Uruk.

40

45

50

55

Göttin der Männer, Ischtar der Frauen, deren Ratschluß

niemand erfährt,

Wo du hinblickst, wird der Tote lebendig, erhebt sich
der Kranke,

Kommt auf den rechten Weg der Verirrte, indem er dein
Antlitz schaut!

Ich rufe zu dir, elend und jämmerlich, von Schmerz ge-
quält, dein Knecht,
Sieh mich an, meine Herrin, nimm an mein Flehen,
Schau mich in Gnaden an und höre mein Gebet!

Meine Begnadigung spricht aus, und dein Gemüt möge sich besänftigen! Die Begnadigung meines elenden Leibes, der voller Verwirrung und Unordnung ist,

Die Begnadigung meines schmerzgequälten Herzens, das voller Tränen und Seufzer ist, Die Begnadigung meines elenden Innern, das voller Verwirrung und Unordnung ist, Die Begnadigung meines bedrängten Hauses, das sich in Klagen erschöpft, Die Begnadigung meines Gemütes, das erfüllt von Tränen und Seufzern ist.

Irnini, Erhabene, grimmiger Leu, möge dein Herz sich
beruhigen!

Wütender Wildstier, möge dein Gemüt sich besänftigen!
Gnädig mögen deine Augen auf mir ruhen;
In deiner strahlenden Erscheinung schau mich gnädig an!
Verjage die böse Verzauberung meines Leibes; dein glän-
des Licht laß mich sehen!
Wie lange noch, meine Herrin, sollen meine Widersacher
nach mir trachten
Und in Falschheit und Unwahrheit Böses gegen mich
planen?

65

70

Wie lange noch sollen meine Verfolger, meine Nachsteller

gegen mich wüten?

Wie lange noch, meine Herrin, soll der Blöde, der Jäm liche über mich herfallen?..

....

Die Schwachen sind stark geworden, ich aber ward schwach!

Ich wanke wie eine Flut, die ein böser Wind aufwühlt,
Es fliegt und flattert mein Herz wie ein Vogel des Him-
mels.

Ich klage wie eine Taube bei Tag und Nacht,
Ich bin niedergedrückt und weine jämmerlich,
Von Ach und Weh ist mein Gemüt gequält!

Was habe ich getan, mein Gott und meine Göttin, ich? Als ob ich meinen Gott und meine Göttin nicht fürchtete, so ergeht es mir!

Zuteil geworden sind mir Schmerz, Krankheit, Untergang und Verderben, Zuteil geworden sind mir Drangsal, Abwendung des göttlichen Antlitzes und Fülle des Zorns, Grimm, Wut, Groll von Göttern und Menschen!

Ich sehe, meine Herrin, finstere Tage, dunkle Monate,
Jahre des Kummers,

Ich sehe, meine Herrin, Gericht, Verwirrung und Aufruhr,
Aufgerieben hat mich Tod und Not!

75 Verkümmert ist meine Kapelle, verkümmert mein Heilig

tum,

Über mein Haus, Tür und Fluren hat sich Trauer er

gossen!

Meines Gottes Antlitz hat sich anderswohin gewandt,
Aufgelöst ist meine Sippe, mein Obdach zerbrochen!

80

Ich harre, meine Herrin, auf dich; mein Sinn ist auf dich
gerichtet.

Ich flehe dich an: löse meinen Bann!
Löse meine Schuld, meinen Frevel, meine Missetat und
meine Sünde,

Vergiß meine Missetaten, nimm an mein Flehen!

Löse meine Fesseln und schaffe mir Befreiung,
Lenke meinen Schritt, daß ich froh und frei mit den Le
benden meine Straße ziehe!

[blocks in formation]

90

der zürnende Gott wieder gut werde,

Daß die Göttin, die sich zürnend abgewandt, wieder zurückkehre!

Mein Kohlenbecken möge wieder leuchten, das finstere,
rauchende,
Meine verlöschte Fackel möge wieder entfacht werden!
Meine aufgelöste Sippe möge sich wieder sammeln,
Mein Hof möge weit werden, geräumig meine Hürde!

Nimm an meine Demütigung, höre meine Bitte,
Schau mich gnädig an und höre mein Gebet!

Wie lange, meine Herrin, zürnst du und ist abgewandt dein Antlitz?

Wie lange, meine Herrin, grollst du und ist voll Grimm. dein Gemüt?

95 Wende zurück deinen Nacken, den du abgewendet, ein Gnadenwort nimm dir vor!

Wie das beruhigte Wasser eines Stromes, möge dein
Gemüt sich beruhigen!

Auf meine Feinde laß mich treten wie auf den Erdboden,
Meine Widersacher unterwirf, laß sie unter mir zu Boden

sinken!

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »