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Löse meine Sünden, so will ich dich huldigend preisen! Dein Herz möge dem Herzen der Mutter gleich, die mich geboren, sich beruhigen! Der Mutter gleich, die mich geboren, dem Vater gleich, der mich erzeugte, möge es sich beruhigen!

6. UNSCHULDSPSALM1

Ich gelangte zu langem Leben, schritt über die bestimmte
Zeit hinaus,

so ist es böse, ja böse! mein Recht finde ich nicht. doch er zeigte mir sein Antlitz

Und wende ich mich umher,
Meine Verwirrung mehrt sich,
Meinen Gott rief ich an,

nicht: Zu meiner Göttin betete ich, doch erhebt sich ihr Haupt

nicht. Der Wahrsager bei der Opferschau gab keine Deutung; Bei der Opferspende konnte der Orakelbefrager kein

Urteil für mich erwirken.

Ich wandte mich an den Totenbeschwörer, doch ließ er mich keine Antwort hören;

Der Beschwörer konnte durch Zauber meinen Bann nicht

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Was für sonderbare Dinge allenthalben!
Schaute ich zurück, so verfolgte mich Mühsal,

lösen.

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Wie einen, der die Opferspende dem Gotte nicht be

reitete,

Und der beim Mahle der Göttin nicht gedachte!
Als ob mein Antlitz sich nicht gebeugt hätte, meine Demut
nicht gesehen worden wäre!
Wie einer, aus dessen Munde nie hervorging Gebet und

Flehen,

Von dem der Gottestag vernachlässigt, der Opfertag nicht beachtet worden,

1 Hauptsächlich aus Assurbanipals Bibliothek bekannt.

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Der nachlässig war, der Götter Sprüche mißachtete,
Der Gottesfurcht und Verehrung seine Leute nicht lehrte,
Der seines Gottes nicht gedachte und dessen Speise aß,
Der seine Göttin verließ und keine Opfergabe darbrachte,
Der seinen hochgeehrten Herrn vergaß,

Der leichtfertig bei seinem ehrwürdigen Gotte schwur,
einem solchen ward ich gleich!

an Gebet und Flehen,

Ich dachte selbst nur
Flehen war meine Regel, Opfer mein Gebot.
Der Tag der Verehrung der Götter

Der Tag der Nachfolge der Göttin

war meine Herzensfreude,

war mein Reichtum und Glück.

Die Huldigung des Königs war meine Freude,
Und seine Lust war mir etwas Schönes.

Ich lehrte mein Land, Gottes Namen zu achten,
Der Göttin Namen zu ehren,
Die Verehrung des Königs
Und Ehrfurcht vor dem Hofe

unterwies ich meine Leute. machte ich göttergleich, lehrte ich das Volk.

Fürwahr, ich meinte, daß Gott dies angenehm sei:
Aber was einem selbst schön erscheint, ist Gott ein Greuel;
Was dem eignen Herzen verwerflich ist, das gilt Gott
schön!

Wer lernt den Willen der Götter im Himmel kennen,
Den Ratschluß der Unterwelt, wer kann ihn begreifen?
Wo sollten auch kennen lernen Gottes Weg die blöden
Menschen!

Wer abends noch lebte, ist morgens tot,
Eilends ist er in Finsternis geraten, flugs ist er zerschlagen.
Im Augenblick singt er noch fröhlich,

Und urplötzlich stöhnt er wie ein Klagemann!

Jeden Augenblick ändert sich der Leute Sinn:
Geraten sie in Mangel, so sind sie wie eine Leiche,

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Sind sie satt, so stellen sie sich ihrem Gotte gleich.

Im Glück reden sie davon, zum Himmel emporzusteigen,
Im Unglück sprechen sie davon, zur Hölle hinabzufahren!

*

Ein böser Geist ist aus seinem Schlupfwinkel hervor
gekommen:

Es entbrannte der Schmerz, schlimm ward die Krankheit.
Sie1 brachen mein Genick, lösten meinen Nacken,
Meine hohe Gestalt legten sie zu Boden wie ein Schilf-
rohr .

Zu meinem Gefängnis ward das Haus;

In die Kette meines Fleisches waren meine Arme gelegt, In die Fesseln meines eignen Leibes waren meine Füße gestürzt! Die Verheerung an mir ist schmerzlich, der Schlag gewaltig: Mit einer Peitsche hat er mich geschlagen, die voller Stacheln war;

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Mit einem Stock hat er mich durchbohrt, dessen Spitze

gewaltig war.

Den ganzen Tag verfolgt mich der Verfolger;
Kommt die Nacht, so läßt er mich nicht einen Augen-
blick aufatmen!

Durch Überanstrengung sind aufgelöst meine Gelenke,
Meine Glieder sind zergangen, sind zur Seite geworfen.
Auf meiner Lagerstätte hauste ich wie ein Rind,
Beschmutzte mich wie ein Schaf mit meinem Unrat.

Meine Gliederschmerzen haben den Beschwörer in Verlegenheit gesetzt,

Und meine Vorzeichen hat der Wahrsager nicht deuten

können.

1 Schmerz und Krankheit. Der böse Geist.

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Der Wahrsager hat nicht aufgeklärt das Wesen meiner
Krankheit,
Und die Dauer meines Gebrechens konnte der Wahr-
sager nicht angeben.
Mein Gott half mir nicht, noch ergriff er mich bei der

Hand, Meine Göttin erbarmte sich meiner nicht, noch trat sie mir zur Seite.

Geöffnet war der Sarg, man nahm schon meine Kostbar-
keiten an sich,

Ehe ich noch tot war, war die Totenklage schon fertig!
Mein ganzes Land sagte: „Wie ist er zuschanden ge-

worden!"

Mein Feind hörte es, und es strahlte sein Antlitz,
Die Freudenbotschaft verkündete man meiner Feindin,
und ihr Herz ward froh.

Ich aber kannte eine Zeit, wo meiner ganzen Familie
Inmitten der Schutzgeister die Götter Gnade erwiesen!1

1 In einem weiteren Gedicht, das sich sehr lückenhaft an das mitgeteilte an= schließt, wurde geschildert, wie der fromme Dulder doch schließlich Heilung fand.

D. LEICHENLIEDER

Lieder, wie sie die Babylonier bei der Bestattung ihrer Toten sangen, sind uns nicht überliefert. Dagegen gibt es eine größere Anzahl ,,mythischer" Leichenlieder, in denen das Dahinsterben der Natur beklagt wird. Während die Göttin Ischtar das weibliche Prinzip in der Natur darstellte, galt als das männliche der Geliebte der Ischtar, Tammuz, der in der Blüte der Jugend zur Unterwelt hinabfahren mußte, allem Blühen und Gedeihen auf Erden ein Ende bes reitend. Die Texte sind altsumerisch (3. Jahrtausend), wurden aber auch später noch abgeschrieben und ins Akkadische übersetzt.

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Über den Fernen1 erhebt sich Wehklage,

Ach, über meinen Sohn, den Fernen, erhebt sich Weh

klage, Über meinen Damu1, den Fernen, erhebt sich Wehklage, Über meinen Hohenpriester, den Fernen, erhebt sich

Wehklage,

Über die glänzende Zeder, wo seine Mutter ihn gebar,
In Eanna oben und unten erhebt sich Wehklage!

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Wehklage um des Mannes Haus erhebt sich, Wehklage

erhebt sich!

Wehklage um des Mannes Stadt erhebt sich, Wehklage erhebt sich!

Die Wehklage gilt den Kräutern, die Früchte nicht hervorbringen,

Die Wehklage gilt dem Getreide, das Ähren nicht hervorbringt.

Die Vorratskammer ist ein Besitz, der Besitz nicht her

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vorbringt,

1 D. i. Tammuz, der fern in der Unterwelt weilt. Eanna ist der Tempel der Ischtar. Alles irdische Gedeihen hört mit Tammuz' Tode auf.

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