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geweiht: in Uruk verehrte man den Himmelsgott, in Ur den Mond, in Kesch und Adab die große Göttermutter usw. Dazu kamen noch einige Orte, die in ältester Zeit keine rein politische Bedeutung gespielt zu haben scheinen. Vor allem gilt dieses von Nippur, der Kultstätte des Gottes Enlil, des Herrn der Länder. Nie war Nippur der Sitz eines Königs, dennoch nahm es eine hervorragende Stelle in der älteren babylonischen Geschichte ein als religiöser Mittelpunkt: Enlil, der Herr der Länder, der zwar neben sich keinen irdischen Machthaber duldete, verlieh aber doch dem jeweiligen Könige die Patesiwürde oder die Stellvertretung seiner göttlichen Herrschaft auf Erden. So war Nippur das babylonische Rom, dessen „Papst" dem irdischen Herrscher erst die göttlichen Weihen verlieh, und deshalb führte es auch den stolzen Beinamen „,das Verbindungsglied zwischen Himmel und Erde". Andre Orte, die im wesentlichen nur kulturelle aber keine politische Bedeutung gehabt haben, waren Eridu, die Stadt des Wassergottes Enki oder Ea, und Larsa, wo sich ein Heiligtum des Sonnengottes befand; letzteres wurde erst um 2000 v. Chr. der Sitz eines selbständigen Staates.

Wenn es im fünften und vierten Jahrtausend auch einzelnen Städten gelang, die Herrschaft über ganz Babylonien an sich zu reißen, so blieb diese doch wohl auf das eigentliche Baby lonien, d. h. das Land am Unterlauf des Euphrat und Tigris, beschränkt. Das wurde anders als (um 2900 v. Chr.) ein semitischer Fürst Scharrukîn oder Sargon in Nordbabylonien ein Reich mit der Hauptstadt Akkad1 gründete. Ihm gelang es, nicht nur Babylonien seiner Herrschaft untertan zu machen, sondern er eroberte auch die umliegenden Länder, nämlich Elam (Südwestpersien) im Osten, Subartu (Nordmesopotamien) im Norden und Amurru (Palästina und Westsyrien) im Westen. So wurde Babylonien, das nunmehr auch den Namen Akkad führt, eine Weltmacht.

Fast 200 Jahre bestand dieses Reich. Schließlich zerfiel es

1 Siehe o. S. 3.

mehr und mehr; ja Babylonien wurde die Beute eines fremden Volkes, der Gutäer, die über ein Jahrhundert lang das Land unterjochten. Erst allmählich erholte es sich wieder, bis es unter einer mächtigen in Ur regierenden Fürstenfamilie eine zweite Blütezeit erlebte. Unter König Schulgi (um 2400 v. Chr.) stand die Macht Babyloniens der unter Scharrukîn gewonnenen wohl nur wenig nach.

Wieder folgte der Blütezeit ein Verfall; diesmal war es der östliche Nachbar, Elam, der Babyloniens Einheit zersprengte: das Land zerbröckelte wieder in einzelne Staatengebilde, die sich mehr oder weniger feindlich gegenüber standen. In dieser Zeit gelang es einem semitischen Nomadenhäuptling, ein Reich mit der Hauptstadt Bâbili (Babylon) zu gründen; eine Reihe kluger Fürsten aus seinem Geschlecht verstanden es, die Macht des neuen Staates zu mehren, bis es endlich (um 2000 v. Chr.) dem begabtesten unter ihnen glückte, ganz Babylonien wieder unter einer Hand zu vereinigen, ja sogar das alte Weltreich Scharrukîns und Schulgis wieder aufzurichten. Dies war Hammurapi, dessen bewundernswürdige Gesetzgebung seinen Ruhm bis in unsere Tage erhalten hat.

Für die Religionsgeschichte ist die Errichtung dieses Reiches mit der Hauptstadt Bâbili noch besonders wichtig: der Stadtgott von Bâbili, Marduk, der bisher keine besondere Bedeutung gehabt hatte, war nunmehr der Gott der politischen Hauptstadt. Während man bisher die religiöse Stellung Enlils, des Gottes von Nippur, niemals zugunsten des Gottes einer poli tischen Hauptstadt anzugreifen versucht hatte, wagten es jene Herrscher der Dynastie Hammurapis-hauptsächlich wohl dieser letztere selbst, - Enlil durch Marduk zu ersetzen und somit Bâbili auch zum religiösen Mittelpunkt des Landes zu machen. Zu dieser Zeit entstand das große Weltschöpfungsgedicht1, das die Ansprüche der neu erkorenen Hauptgottheit sozusagen religionsgeschichtlich begründen sollte. Alle Ansprüche Enlils wurden auf Marduk übertragen oder mit andern Worten: Mar= 1 Siehe S. 25 ff.

duk wurde mit Enlil identifiziert. Dieser Sieg Marduks über Enlil bezeichnet gleichzeitig auch den endgültigen Sieg des Semitentums über das ältere Sumerertum.

Zur Zeit Hammurapis erlosch die sumerische Sprache, um nur noch als Kultsprache weiter zu leben; die Sprache des Volkes war künftighin das semitische Akkadisch. Dieser Wechsel betrifft aber lediglich die sprachliche Form, während der Inhalt der Kultur keine merkliche Veränderung erlitt.

Unter den Herrschern der Hammurapi-Dynastie erlebte Babylonien seine dritte und, man kann wohl sagen, letzte Blütezeit. Neue Völkerwogen stürmten drohend vom Westen herein, die Hethiter, die nicht nur Babyloniens Herrschaft über den Westen, das Land Amurru, endgültig brachen, sondern (um 1900 v. Chr.) bis vor die Tore der Hauptstadt vordrangen. Wiederum zerfiel das Land, und wurde bald darauf eine leichte Beute der von Osten vordringenden Kassiten, die über ein halbes Jahrtausend eine, wenn auch milde Fremdherrschaft über Babylonien ausübten. Sie gingen ganz in der Kultur des Lan des auf und erkannten auch Marduk als höchsten Landesgott an.

Nicht nur im Westen hatte der Zerfall des babylonischen Weltreichs starke politische Umwälzungen zur Folge, die vor allem den ägyptischen Pharaonen den Weg nach Palästina und Syrien ebneten; auch im Norden konnten die babylonischen Könige ihre Macht nicht mehr aufrecht erhalten. Die semitischen Fürsten von Assur, die bisher fast stets von Babylon abhängig gewesen waren, machten sich selbständig und schufen damit einen politischen Dualismus, der für die Folgezeit verhängnisvoll werden sollte. Mit der Erhebung Assyriens zum selbständigen Königreich (um 1700 v. Chr.) war die politische Einheitlichkeit des Euphrat- und Tigrisgebietes zerstört; kulturell blieb Assyrien stets von Babylonien abhängig, und wenn es auch nicht an Versuchen gefehlt hat, den assyrischen Stammesgott Assur über Marduk von Bâbili zu erheben, so haben sich doch selbst zur Zeit der höchsten Blüte des assyrischen Welt

reichs dessen Herrscher vor Marduk und seiner Priesterschaft gebeugt.

Grenzstreitigkeiten zwischen Babylonien und Assyrien führ ten bald zu Kriegen zwischen den beiden Bruderreichen, die unter Tukulti-Nimurta von Assyrien (um 1250 v. Chr.) zum ersten Male die assyrischen Heerscharen siegreich in Bâbili einziehen ließen. War diese Herrschaft auch nur von kurzer Dauer, so konnten die babylonischen Könige es doch nicht verhindern, daß Assyrien in steten Eroberungszügen seine Macht weiter und weiter ausdehnte. Tiglatpilesar I. (um 1100) konnte seine Herrschaft schon bis ans Mittelmeer ausbreiten, also über Gebiete, die in Zeiten der babylonischen Weltherrschaft von Bâbili aus regiert worden waren. Babylonien aber wurde immer mehr ein Vasallenstaat der Assyrerkönige, die schließlich nur noch ihre eignen Kreaturen auf dem einst so stolzen Thron duldeten. Die Blütezeit des Assyrerreiches bezeichnet die Dynastie der Sargoniden (722-606 v. Chr.), in der Bâbili zum ersten Male völlig zerstört wurde, als es dem jähzornigen Despoten Sanherib den Gehorsam verweigerte (689 v. Chr.). Nun blieb es eine Zeit lang in Personalunion mit Assyrien, das unter Assar= haddon (680-669 v. Chr.) seine größte Machtentfaltung zeigte und sich selbst Ägypten unterwarf. Noch unter Assarhaddons Sohn Assurbanipal (Sardanapal) dauerte diese Blütezeit an, obwohl dieser Herrscher durch Übertragung der babylonischen Krone an seinen Bruder den Zerfall des Reiches beschleunigte. Für die babylonische Kulturgeschichte hat Assurbanipal (668 bis 626 v. Chr.) dadurch die größte Bedeutung erlangt, daß er die literarischen Schätze des Landes sammeln und abschreiben ließ, um sie seiner großartigen Bibliothek zu Niniveh einzuverleiben. Aber schon zu seiner Zeit nahte das Verhängnis in Gestalt einer indogermanischen Völkerbewegung. Assurbanipals schwache Nachfolger konnten es nicht verhindern, daß Baby lonien sich unter chaldäischen Fürsten wieder selbständig machte. Im Verein mit den Medern überfielen diese Assyrien und vernichteten es nach Einnahme von Niniveh i. J. 606 v. Chr. voll

kommen: Meder und Chaldäer teilten sich in die Überbleibsel des einst so mächtigen Reiches.

Das neubabylonische oder chaldäische Reich brachte Babylonien noch einmal eine kurze Nachblüte. Unter Nebukadrezar (605-562 v. Chr.), dem Eroberer Jerusalems, konnte es seine Grenzen bis an den ägyptischen Machtbereich ausdehnen, und Handel und Wandel lebten auf wie einst zu Zeiten Hammurapis. Aber die indogermanische Flut ließ sich nicht mehr zurückdämmen, und die schwachen Nachfolger Nebukadrezars sahen dem Verhängnis untätig zu. Unter Nabonid und dessen Sohn Belsazar verfiel auch das Chaldäerreich dem Untergange: im Herbst 539 v. Chr. konnte Kyros, der Achamanide, siegreich in Bâbili einziehen und sich die alte Königskrone aufs Haupt setzen.

Babyloniens politische Selbständigkeit war damit vorüber: seine künftigen Geschicke sind nur Reflexe der großen politischen Ereignisse Vorderasiens. Perser (539-331 v. Chr.), Grie= chen (331-130 v. Chr.) und Parther (141 v. Chr. bis 226 n. Chr.) lösen sich in der Herrschaft über das Land ab, ohne jedoch die babylonischen Gelehrten in ihren wissenschaftlich-religiösen Bestrebungen wesentlich zu hindern. Noch hundert Jahre vor unserer Zeitrechnung beschäftigt man sich mit dem Studium altsumerischer Kultlieder und übersetzt sie aus der längst er storbenen Sprache in das semitische Babylonisch, das aber auch seinerseits schon etliche Jahrhunderte zu den toten Sprachen rechnete. Gegen Christi Geburt hin vergehen auch die letzten Spuren babylonischer Gelehrsamkeit: eine große Kultur ist da mit erloschen - oder richtiger gesagt, in der neueren Kultur aufgegangen. Durch fast zwei Jahrtausende hindurch vergessen, ist sie erst vor noch nicht hundert Jahren durch den Spaten der Altertumsforscher zu neuem Leben erweckt worden und hat der Nachwelt ungeahnte und unerwartete Kunde von sich gegeben.

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