75 80 85 Er hat nicht seinesgleichen im ganzen Lande! Nicht läßt Gilgamesch den Sohn zum Vater, Er ist der Hirt des umfriedigten Uruk, Er ist der Hirt und Schützer des Volkes, Stark und herrlich, kundig der Weisheit! Nicht läßt Gilgamesch die Jungfrau zum Geliebten, Ihr Wehklagen hörte der erhabene Anu: Man rief Aruru1, die große Göttin: ,,Du, Aruru, schufst manchen Helden, Jetzt schaffe einen, der jenem gleich ist! Sie mögen miteinander wetteifern, daß Uruk zur Ruhe Als Aruru dieses vernahm, Schuf sie in ihrem Herzen ein Ebenbild Anus; Aruru wusch ihre Hände, Lehm kniff sie ab und spie darauf. Sie bildete Engidu, schuf einen Helden, kommt!" Einen herrlichen Sproß, einen Kämpen Nimurtas 2. Bedeckt war mit Haar sein ganzer Körper, Er trug das Haupthaar wie ein Weib; Das Gebilde seines Haupthaars sproßte wie Nisaba3. An Kleidung gleichend dem Gott der Herden! Mit den Gazellen ißt er Kräuter, Mit dem Gewimmel des Wassers ist froh sein Herz. 8 1 Aruru ist die schaffende Muttergöttin. Der Gott des Krieges. Die Göttin = Getreide. des Getreides; auch 95 100 105 110 Einem Jäger, einem Fänger, Stellte er sich entgegen vor der Tränke. Stellte er sich ihm entgegen vor der Tränke. Es sah ihn der Jäger, da ward sein Antlitz entsetzt: Er ward betrübt, entsetzt, er schrie; Sein Herz ward voll Furcht, sein Antlitz verstört, Einem Wandrer ferner Wege glich er an Aussehen. Der Jäger tat seinen Mund auf, spricht und sagt zu seinem Vater: „Mein Vater, ein Mann, der vom Gebirge gekommen, Zeigt sich gar mächtig hier im Lande, Einem Kämpen Anus an Kräften gleichend. Er geht beständig einher im Gebirge, Beständig weilt er beim Vieh, Beständig streift er umher vor der Tränke! Von Furcht ergriffen, kann ich ihm nicht nahen; Er ließ mir entkommen das Vieh, das Gewimmel des Er erlaubt mir nicht, der Jagd zu obliegen!" Feldes, Sein Vater tat seinen Mund auf, spricht und sagt zum ,,Geh hin zum Herrscher von Uruk, Gilgamesch; Jäger: Er wird dir eine Dirne1 geben, führe sie mit dir! 120 Wenn dann das Vieh dahinzieht zur Tränke, 1 Gemeint ist eine Priesterin der Liebesgöttin Ischtar. Soll sie sich enthüllen, auf daß er sich ergötze. Dann wird ihn sein Vieh nicht mehr kennen, das auf 125 Auf den Rat seines Vaters 130 135 140 145 hörte der Jäger; Der Jäger ging davon und machte sich auf, Zog seines Weges, trat ein in Uruk. Zu Gilgamesch gehend, spricht er die Worte: Einem Kämpen Anus an Kräften gleichend. Beständig streift er umher vor der Tränke! Von Furcht ergriffen, kann ich ihm nicht nahen; Er ließ mir entkommen das Vieh, das Gewimmel des Er erlaubt mir nicht, der Jagd zu obliegen!" Gilgamesch sagt zu ihm, zum Jäger: ,,Geh, mein Jäger, eine Dirne nimm mit dir! Wenn dann das Vieh Soll sie sich enthüllen, dahinzieht zur Tränke, auf daß er sich ergötze, Wenn er sie sieht, wird er sich ihr nahen: Feldes, Dann wird ihn sein Vieh nicht mehr kennen, das auf seinem Der Jäger ging und führte mit sich eine Dirne; setzten sich nieder. 150 Einen Tag, einen zweiten Tag saßen sie vor der Tränke: Auch er, Engidu, kommt herbei: 160 165 Mit dem Gewimmel des Wassers ist froh sein Herz. 1 Es sah ihn die Dirne, den kraftvollen Menschen, daß er deiner sich freue! . . . . daß er auf dich sich lege; Voll Liebe wird er sich an dich drücken.“ 175 180 Sechs Tage und sieben Nächte erhob sich Engidu, mit der Dirne der Liebe pflegend. Als er sich an ihren Reizen gesättigt, richtete er die Blicke Kaum sahen sie Engidu, da flüchten die Gazellen dahin, Da stutzte Engidu, wie gebannt war sein Leib; Gelähmt waren seine Knie, weil sein Vieh davonging. nicht war wie früher sein Un Er, ja er hört hin, er öffnet sein Ohr; gestüm: Er kehrte um und setzte sich zu Füßen der Dirne, 1 Der Jäger spricht. 185 190 Der Dirne ins Angesicht blickend; Und während die Dirne spricht, lauschen seine Ohren. Die Dirne sagt zu ihm, zu Engidu: ,,Schön bist du, Engidu, wie ein Gott bist du! Was willst du mit dem Gewimmel dahineilen über das mächtig waltet über das Volk!" Sie redet zu ihm, bis ihre Worte ihm gefallen; ,,Wohlan, Dirne, nimm mich mit Zu dem reinen heiligen Hause, der Wohnung Anus und 195 Wo Gilgamesch weilt, einzig an Kraft, Und wie ein Wildstier 200 205 Ischtars, mächtig waltet über das Volk. Ich selbst will ihn fordern, will den Mächtigen herbeirufen; Ich will ausrufen in Uruk: ich bin fürwahr ein Gewaltiger; Ich allein ändere das Schicksal, Auf dem Felde geboren, mächtig an Kraft! O Gilgamesch, möge ich schauen dein Angesicht! Alles, was sein wird, weiß ich fürwahr!" Da gelangten Engidu und die Dirne nach dem umfrie digten Uruk; Sie fanden die Leute geschmückt mit Bändern: 1 Ischtar, die Liebesgöttin, gilt als Tochter Anus, des Himmelsgottes. Die Dirne spricht. |