5 10 15 SECHSTE TAFEL Er1 wusch seine Sachen, reinigte seine Sachen, Da hob auf Gilgameschs Schönheit das Auge die hehre ,,Wohlan, Gilgamesch, mein Gatte sollst du sein! Ich will dich anschirren lassen einen Wagen aus Lapisla Wenn du eintrittst in unser Haus, Sollen die, so auf Thronen sitzen, deine Füße küssen; bringen! Deine Ziegen sollen Drillinge, deine Schafe sollen Zwil linge werfen Dein Esel soll an Gewicht einem Maultier gleichkommen! sollen gewaltig dahinstürmen; Dein Maultier im Joch soll nicht seinesgleichen haben!" 20 Deine Rosse am Wagen Gilgamesch tat seinen Mund auf und spricht, Sagt zur hehren Ischtar: 25 35 40 ,,O Herrin, behalte für dich deine Reichtümer! Mir genügt mein Gewand und mein Hemd; Mir genügt meine Kost und meine Nahrung! Esse ich doch göttliche Speisen, Trinke ich doch königlichen Wein!.... Einer Hintertür gleichst du, die nicht zurückhält Wind Einem Palaste, der die Helden zerschmettert, Welchen deiner Gatten liebtest du ewig, Welcher deiner Schäfer vermochte dich zu fesseln? 45 50 55 Wohlan, ich will aufzählen all deine Buhlen, Du schlugst ihn, zerbrachst ihm die Flügel, Du liebtest den Löwen, den kraftgewaltigen: Sieben und abermals sieben grubst du ihm Fanggruben. Peitsche, Sporn und Geißel bestimmtest du ihm, Sieben Meilen zu jagen bestimmtest du ihm, 1 Adonis. Ein Vogel, dessen Ruf wie „kappi“ (d. i „mein Flügel“) klingt. Aufgewühltes Wasser zu trinken bestimmtest du ihm, Du liebtest den Hirten, den Hüter, Der ständig dir Asche streute, Täglich dir Zicklein schlachtete: Du schlugst ihn, in einen Wolf verwandeltest du ihn; Du liebtest Ischullanu, den Gärtner deines Vaters, Täglich deinen Tisch schmückte; Die Augen erhobst du zu ihm, ihn verlockend: Ischullanu spricht zu dir: Was verlangst du von mir? Hat meine Mutter nicht gebacken, habe ich nicht gegessen, 80 85 bringen!'... Du schlugst ihn, verwandeltest ihn in eine Fledermaus... Als Ischtar dieses vernahm, Ergrimmte Ischtar und stieg zum Himmel empor. Es ging Ischtar vor Anu, ihren Vater, Vor Antu, ihre Mutter, ging sie und sprach: ,,Mein Vater, Gilgamesch hat mich verwünscht, 1 Sonst unbekannt. 6 Ungnad, Babylonien 90 95 Anu tat seinen Mund auf und spricht, ,,Gewiß hast du selbst seinen Zorn herausgefordert; So hat Gilgamesch hergezählt deine Bosheiten, Ischtar tat ihren Mund auf und spricht, Sagt zu Anu, ihrem Vater: „Mein Vater, einen Himmelsstier schaffe, Gilgamesch soll er vernichten, Mit Feuer sollst du füllen seinen ganzen Leib; Werde ich hinaufführen die Toten, daß sie die Lebenden 100 Daß mehr als Lebendige der Toten es gebe!“ essen, 105 110 Anu tat seinen Mund auf und spricht, Sagt zur hehren Ischtar: ,,Meine Tochter, was verlangst du von mir? Der Himmelsstier bringt sieben Jahre leeren Stroh's1; Hast du für das Vieh Kraut wachsen lassen?" Ischtar tat ihren Mund auf und spricht, ,,Mein Vater, Getreide häufte ich an, Reiche Ernten habe ich werden lassen. Mögen auch kommen sieben Jahre leeren Stroh's: 1 Hungerjahre. Er ließ den Himmelsstier hinabsteigen und sandte ihn nach Uruk. Das Folgende ist stark beschädigt. Der Himmelsstier richtet großes Unheil in der Stadt an: viele Hunderte fallen seinem feurigen Schnauben zum Opfer. Schließlich gelingt es Engidu, das Untier am Schwanz festzuhalten, so daß Gilgamesch ihm den Todesstoß geben kann. 170 1725 180 Nachdem sie den Himmelsstier erschlagen, beruhigte sich Da stieg Ischtar empor auf die Mauer des umfriedigten Uruk, Sprang auf die Zinne und erhob ein Geschrei: Da hörte Engidu diese Rede der Ischtar; 185 warf sie ihr ins Gesicht: ,,Könnte ich auch dich kriegen, wie ihm täte ich dir dann! Seine Därme bände ich an deinen Arm!" Da versammelte Ischtar die Tempelmädchen, die Dirnen und Geweihten, Über der Keule des Himmelsstiers veranstaltete sie eine Klage. |