190 195 200 210 Gilgamesch rief die Meister, die Handwerker allzumal: Je dreißig Pfund Lapislazuli war ihre Masse, Sechs Eimer Öl, soviel beide Hörner faßten, Schenkte er als Salböl seinem Gotte Lugalmarada1, Brachte sie in den Tempel und hängte sie auf an seinem Herrscherlager. Im Euphratflusse wuschen sie sich die Hände, Auf der Marktstraße von Uruk fahrend. Es sammelten sich die Leute von Uruk, ihr Antlitz zu schauen. Gilgamesch, zu den Dienerinnen seines Palastes sagt er das ,,Wer ist der schönste unter den Helden, Wort: Ein Freudenfest machte Gilgamesch in seinem Palaste: Engidu erhob sich, die Träume darlegend, Sagt zu seinem Freunde: ,,Mein Freund, warum haben sich nur beraten die großen 1 Gilgameschs Familiengott. Götter?" SIEBENTE TAFEL In den Träumen, die Engidu erblickt hat, scheint ihm Kunde von seinem nahe bevorstehenden Ende geworden zu sein; den Todes keim hat er bei der Berührung der Zaubertür am Zedernhain des Humbaba in sich aufgenommen, was ihm vielleicht erst jetzt im Traum offenbart wird. Er beklagt sein Schicksal und verwünscht die unglückbringende Tür. Aber auch die Dirne verflucht er, die ihn nach Uruk gelockt und dadurch den Grund zu seinem Unglück gelegt hat. (125),,Dein Schicksal, o Dirne, will ich dir bestimmen, Das im Lande sich nicht ändern soll für alle Ewigkeit! Für immerdar sei die Straße deine Wohnung, (140) Müde und matt sollen deine Füße werden, Trunkene und Durstige sollen dich auf die Backe schlagen! ... meinem Feldel', Hast du mir doch Leid gebracht, mich hinweglockend von Schamasch1 hörte die Rede seines Mundes, Die dir zu trinken verschaffte königlichen Wein, Jetzt ist ja Gilgamesch dein Freund und Bruder: 1 Der Sonnengott. Er läßt für dich weinen die Leute von Uruk, läßt sie für dich jammern, Die zahlreichen Leute läßt er dir dienen." Da hörte Engidu das Wort des Helden Schamasch: Wie es scheint, nimmt Engidu den Fluch gegen die Dirne zurück und ersetzt ihn durch einen Segen. - In der folgenden Nacht wird er wiederum von schrecklichen Todesträumen geplagt, die er am Morgen seinem Freunde erzählt: (180),,Gilgamesch, mein Freund, Träume schaute ich in dieser Es schrie der Himmel, die Erde antwortete. Einen Mann sehe ich von düsterem Antlitz, . . Nacht: (185) Schrecklich ist sein Aussehen, Adlerkrallen sind seine Nägel... Er versah mit Flügeln einem Vogel gleich meine Arme: (200),Folge mir1, ja, folge mir in das Haus der Finsternis, die Wohnung Irkallas', In das Haus, das nicht wieder verlassen, die es betreten, (205) Bekleidet sind sie wie ein Vogel mit Flügelkleide, sind niedergebeugt die Kronen, Dort wohnen die Machthaber, die seit der Vorzeit Tagen In dem Hause des Staubes, das ich betrat, 1 Worte des Unterweltsboten. & Gott der Unterwelt. Wohnen Beschwörer und Verzückter, (215) Wohnen die Oberpriester der großen Götter, Wohnt Etana1, wohnt Sakkan2, Wohnt die Königin der Unterwelt, Ereschkigal; Auf ein Buch blickend, liest sie ihr vor. (220) Sie erhob ihr Haupt und erblickte mich, vor ihr, Sie stand auf und nahm diesen Menschen zu sich!" Bald geht der Traum in Erfüllung: Engidu wird von schwerer Krankheit befallen. Tiefbekümmert klagt Gilgamesch: (300),,Mein Freund, der du mit mir durchwandertest alle Fähr nisse, .. Mein Freund, es erfüllt sich der Traum, der Böses ahnen ließ!" Am Tage, da er den Traum sah, war erfüllt seine Lebens Danieder liegt Engidu, einen Tag, einen zweiten, zeit. Engidus Schmerz wird schlimmer und schlimmer. (310) Einen elften und zwölften Tag liegt er danieder: Auf seinem Lager liegt Engidu, einem Toten gleichend. Er rief Gilgamesch herbei und sagt zu ihm: (315) Ich fürchtete den Kampf, so muß ich ruhmlos enden. 1 2 Vgl. den Mythus von Etanas Himmelfahrt (S. 128 ff.). Der Gott der Wildnis und der wilden Tiere. Er meint sich selbst. Mein Freund, wer im Kampfe fällt, ist glücklich: Ich aber muß auf dem Lager mein Leben beschließen!“ Hiermit bricht der Text dieser Tafel ab. ACHTE TAFEL Der Anfang der Tafel ist größtenteils zerstört. Wo der Text wieder einsetzt, finden wir Gilgamesch am Lager des toten Freundes klagend: (65),,Engidu, mein lieber Freund, du Panter des Feldes, Nachdem wir alles erreicht, Den Himmelsstier packten den Berg erstiegen, und dann erschlugen, Humbaba niederwarfen, der im Zedernwalde wohnte, Was ist das nur für ein Schlaf, der dich jetzt packte? (70) Finster siehst du aus und hörst nicht meine Stimme!" Doch der erhebt nicht mehr sein Auge. Er berührte sein Herz, doch es schlägt nicht mehr! Einem Löwen gleich brüllt er laut, (75) Einer Löwin gleich, Er wendet sich hin die ihrer Jungen beraubt ist. dem Toten zu, Er rauft sich die Haare . Neben der Trauer um den Toten erhebt sich jetzt in Gilgamesch die Furcht vor dem eignen Schicksal. Um zu erfahren, wie er dem Tode entgehen kann, beschließt er, seinen Ahn Ut-napischti aufzusuchen, der, wie er weiß, den Tod nicht geschaut hat. NEUNTE TAFEL Um Engidu, seinen Freund, Weint Gilgamesch bitterlich, über die Steppe eilend: gehen? |