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ihm vorliegenden Urkunde etwas von dessen Leben und Meinungen mit, um sich zu rechtfertigen, wenn er ihn für einen Mann halte, mit dem er sich hoffentlich nicht schämen dürfe, ein paar gedruckte Bogen zu wechseln.

Nachdem er einige absonderliche Ansichten des außerordentlichen Religionslehrers kurz berührt hat, macht er die Bemerkung, daß unter allen unbegreiflichen, sich einander widersprechenden und unfruchtbaren Betrachtungen über seine Menschenreligion die seltene Erscheinung eines orthographischen Kanons ein wahrer Gott ex machina sei und diesem seien seine gegenwärtigen Betrachtungen eigentlich gewidmet.

Er begiebt sich nun an die Untersuchung, ob sich ein_zureichender Grund für den Saß, daß der Buchstabe H. weder in der Mitte noch am Ende einer Sylbe geschrieben werden müsse, absehen lasse.

Weil der außerordentliche Religionslehrer es nicht für gut gefunden hat, selbst zureichende Gründe für seine Behauptungen anzuführen, so ist sein Gegner genöthigt, der Gründlichkeit wegen, ihm solche zu fuppeditiren.

Er untersucht daher zunächst, ob der Buchstabe H. unter den angegebenen Bedingungen nicht geschrieben werden müsse, weil er nicht ausgesprochen wird, und weist die Unausführbarkeit eines solchen Grundsatzes, gegen welchen der außerordentliche Religionslehrer sich selbst die augenscheinlichsten Verstöße erlaube, nach.

In einem Punkte ist jedoch unser, der Jugend wahres Beste suchender Schullehrer geneigt, seinem Gegner Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

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Es ist allerdings nicht ohne, daß das kleine H. ein großer Stein des Anstoßes ist, und daß überhaupt das mühselige Joch des Buchstabirens durch den Kanon der Auslassung aller Buchstaben, die nicht ausgesprochen werden, besonders aber des kleinen, unbedeutenden H. unsäglich erleichtert werden." Er macht daher den Vorschlag, eine neue Ausgabe der Betrachtungen über Hamann, Leben II.

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die Religion durch C. T. D. im strengsten Geiste des neuen orthographischen Kanons und mit gänzlicher Auslassung aller nicht ausgesprochenen Buchstaben zum allgemeinen Schulbuche auszuarbeiten.

Es würde dadurch verhütet werden, daß „der erste Saame des verderblichen Glaubens ohne Einsicht des zureichenden Grundes beim Buchstabiren ausgestreut werde u. s. w. Kurz, eine solche neue Ausgabe der Betrachtungen würde bald alle Nationen Deutschlands über den wahren Namen und Character des außerordentlichen Religionslehrers vereinigen.

Er hält es indessen für vergebliche Mühe, länger mit einem Gegner sich zu überwerfen, der nicht einmal fähig ist, einzusehen, daß eine allgemeine, gesunde, praktische Menschensprache und Menschenvernunft und Menschenreligion ohne willkürliche Grundsäße in das Reich der leeren und unmöglichen Einbildungen gehöre.

Der zweite von dem außerordentlichen Religionslehrer wirklich geltend gemachte Grund für die Auslassung des Buchstaben H. ist kurz dieser: „Der Buchstabe H. ist von unachtsamen und undenkenden Brodschreibern zwischen die Sylben eingeschoben worden.“

Dies giebt dem ehrlichen Schulmeister Veranlassung, einen kurzen Bericht über seine Erfahrungen in diesem Fache zu geben. Er erzählt, daß es ihm nicht gelungen sei, in seinem Vaterlande ein ehrlicher Thorschreiber zu werden vor überlegener Concurrenz invalider Schuhpußer und Broddiebe, wobei er indessen etwas aus der Rolle fällt, indem er sich Erlebnisse zuschreibt, die seinem Souffleur Hamann selbst begegnet sind.

Nachdem die Unwahrscheinlichkeit der von dem außerordentlichen Religionslehrer aufgestellten Hypothese ausführlich dargethan ist, kommt unser tapferer Kämpfer mit gerührter Feder zur legten, bloß wahrscheinlichen Beantwortung der Frage, wie der außerordentliche Religionslehrer auf die orthographische Keßerei verfallen.

Ein so außerordentlicher Verfolgungsgeist in Ansehung eines

unschuldigen Buchstabens kann nur eine Wirkung der gröbsten Unwissenheit und possirlichsten Eitelkeit sein. Das Thema wird dann weiter ausgeführt, worauf der gute Schulmeister von dem Leser Abschied nimmt, ihm seinen Zunamen durch eine Bibelstelle offenbart und dem Buchstaben H. seiner weitern Apologie selbst überläßt.

Dieser ergreift dann das Wort und läßt sich in der Neuen Apologie des Buchstaben H. von ihm selbst, gleich dem stummen lastbaren Thiere vernehmen, um der Thorheit des Propheten zu wehren, den es trug, und das er schlug im Affect seines Unglaubens und seiner noch übertriebeneren Leichtgläubigkeit.

Der kleine Apologist, welcher nicht bloß den außerordentlichen Religionslehrer, sondern alle seine Brüder im Geist, die er unter dem Namen kleine Propheten von Bömisch-Breda 1) befaßt, im Auge hat, schließt seine geist- und feuersprühende Standrede mit den Worten gerechten Selbstgefühls: „Einem so kleinen Buchstaben, wie ich bin, eine so neue Apologie als meine einzuhauchen, ist wahrlich gar nicht euer Ding, ihr großen Propheten von Bömisch-Breda!"

Kant, der später in seiner Kritik der reinen Vernunft gegen die sogenannte Menschenreligion und alle Systeme der speculativen Theologie überhaupt einen so vernichtenden Krieg führte, hatte an dieser Schrift Hamann's ein ganz besonderes Gefallen. Dieser schreibt daher an Jacobi: "Kant war mit der Apologie des Buchstaben H. so zufrieden, daß er mir wünschte, diesen Ton zum Muster zu adoptiren.“

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Nicht so günstig wurde in einem Kieler Blatt darüber geurtheilt. Hartknoch," schreibt er ein Jahr später an Herder, „hat mir die Kieler Recension des Buchstaben H. mitgebracht, die ich wegen ihrer Kürze und Naivität abschreiben will:

1) Diese Benennung ist einer kleinen satyrischen Schrift, welche der Baron Grimm, der Freund Diderot's, unter dem Titel: Le petit prophète de Bemisch-Breda, herausgab, entnommen.

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Erst ein Streit gegen einen sogenannten außerordentlichen Religionslehrer, über den Gebrauch des Buchstaben H. in der Mitte und am Ende der Wörter. Dann eine Apologie desselben Buchstaben von ihm selbst. Der erste voll von seichtem und übel zusammenhängendem Geschwäß. Der andre wahrer Unsinn.“

Tod des Kirchenrath Buchholk. Herder's Verlöbnik. Plato and Cicero. Studium des Horaz. Klinker's Reisen. Diderot. Michaelis Mos. Recht. Herder's älteste Urkunde. An de Lattre über Raynal's Geschichte beider Indien. Guischard. (Quintus Icilius.) Here zu Kadmonbor. Micolai's M. Coelius Serotinus.

Ein wichtiges Ereigniß für Hamann war der am 4. Jan. 1773 erfolgte plögliche Tod des Kirchenraths Buchholz. Sein Freund Lindner erhielt die dadurch erledigte Predigerstelle und wurde nun von Hamann zum Beichtvater erwählt.

Ein Ereigniß freilich ganz anderer Art nahm Hamann's innigste Theilnahme in Anspruch. Herder hatte seine Neugierde mit den leicht hingeworfenen Worten: "Noch ein paar Menschen und meine Mädchen sind meine einzige Ausbeute von meinen Reisen", auf's Höchste gespannt. Er schreibt ihm daher: „Mein lieber Herder, Sie beleidigen die Freundschaft durch nichts so sehr in meinen Augen, als durch das Geheimniß, daß Sie mir von dem Namen und dem Bilde Ihrer Liebe machen. Wie heißt das poetische Mädchen, das Sie gefesselt? Ist ihr Name ein Geheimniß? und ihr Stand und ihr Auge, und die Farbe ihrer Haare, und alle die tausend Kleinigkeiten, die den Himmel auf Erden im Herzen eines glücklichen Liebhabers schaffen ?“

Herder antwortet am 21. Juli darauf: „Ich bin Ihnen, liebster Hamann, einen Brief schuldig, der aber jezt nichts ent

halten soll, als daß ich lebe, gesund und froh, und Selbander bin. Caroline Flachsland, jezt mit Ehren zu melden Herder, ist der Name meines Weibchens; und was übriges Erkundigen betrifft, können Sie, mein alter, lieber Pan, leicht denken, daß das alles nicht so leicht zu sagen.

Blauäugig wie das Himmelszelt,

Ein schwebender Engel auf dieser Welt.

und wie das weiter heißen müßte; aber Sie wissen, hinternach macht man keine Verse; da singt man die vorigen ab; und also lebe ich, wie wenn alles um uns ect. wäre, wie es sein sollte, engelfroh und fröhlich. Haben auch von Anfang unserer Bekanntschaft so viel liebes Kreuz gleich beide gemeinschaftlich erduldet, daß, wie ich glaube und hoffe, der liebe Gott uns herzlich lieb haben wird.“

,,Liebster Consistorialrath und Freund Herder," erwiderte ihm Hamann am 19. August, „ich bin Ihnen auf Ihre Hans—säch— sischen Knittelverse und ihr leßtes einseitiges Quartblättchen Antworten schuldig, die ich heute verbitten muß, weil es mir an Zeit und Kopf dazu fehlt. Ihr Entschluß zu heirathen und Ihre Zufriedenheit mit der Ausführung hat mir viel Freude gemacht." Hamann hatte in den Philolog. Einfällen und Zweifeln seinem Freunde ein eigenthümliches Vermächtniß hinterlassen. „Geseßt also,“ heißt es da, „daß der Magus heut oder morgen stirbt: so wisset Leser, daß er als ein Magus, der Gott, seinen König und sein Vaterland geliebt — und über ihr ähnliches Schicksal ergrimmt stirbt Non omnis 1)- weil er ein Männ, lein und ein Fräulein seinem Freunde Herder zu erziehen nach-. läßt.“ Er fährt daher scherzend fort: „Freilich werde ich wohl nunmehr an ein ander Testament denken müssen und mein kleiner Hans Michel wird sich auf seinen, ihm zugedachten Pflegvater wenig Rechnung mehr machen. Unterdessen, was will diese fehl=

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1) Diese Worte aus Hor. Od. III. 30, 6 hatte sich Algarotti auf sein Grabmonument zu Pisa seßen lassen.

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