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philosophischen und politischen Jahrhunderts ihr Pulver und Blei ein wenig werden verschossen haben. „Jemand sagte hier," schreibt er an Herder, „daß auf Ihrem Titel verhüllte statt enthüllte stehen solle." Dies gab Hamann Veranlassung, die Herdersche Schrift sehr sinnreich einen Schleier über den Schleier Gottes zu nennen. (2. Cor. 3, 15.)

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Ueber die Ernennung Starc's zum Oberhofprediger bemerkt er: Daß aber die Sorbonne U. L. Fr. einem römisch-apostolischkatholischen Kezer und Krypto-Jesuiten eine Macht des Hauptes und eine Stätte der Profeffion ertheilt hat. und daß er in der alten Apologie des cleutheroteichopoetischen Geheimnisses ↳) und dem neuesten Semilibello famoso 2), dessen ganzer theologischhistorisch-antiquarischer Wust in verbis tralatitiis praetereaque Nihil besteht, auf Einsichten in der Disciplina arcana des Heidenthums Ansprüche machen, und unserer römisch-apostolischkatholischen Mutterkirche tacite die Ammenmilch der Augsburgschen Confession verzeihen darf; alles dies sticht mir in meinen Nieren."

Vae! meum

Ferveus difficili bile tumet jecur Horat. 1 Od. 13, 3.

Kant ließ auch diesmal nicht auf seine Antwort warten. Sie erfolgte schon am folgenden Tage am 8. April. Er schreibt: „Das Thema des Verfassers ist zu beweisen, daß Gott die ersten Menschen in Sprache und Schrift und vermittelst derselben, in den Anfängen aller Erkenntniß oder Wissenschaft selbst unterwiesen habe. Dieses will er nicht aus Vernunftgründen darthun, zum wenigsten besteht darin nicht das characteristische Verdienst seines Buches; er will es auch nicht aus den Zeugnissen der Bibel, denn darin ist nichts davon erwähnt; sondern aus einem uralten Denkmal fast aller gesitteten Völker beweisen, von welchem er behauptet, daß der Aufschluß desselben im ersten

1) Apologie des Freimaurerordens.

2) Tralatitia ex Gentilismo.

Capitel Mose ganz eigentlich und deutlich enthalten und dadurch das Geheimniß so vieler Jahrhunderte entsiegelt sei."

Nachdem er versucht hat, diese Ansicht als die Herder'sche noch ausführlicher zu begründen, stellt er folgende zwei Punkte auf, als welche hier lediglich in Frage kommen:,,1) Was der Sinn dieser Urkunde sei; 2) worin der Beweis bestehe, der aus den ältesten Archivnachrichten aller Völker genommen worden, daß dieses Dokument das unverdächtigste und reinste sei.“

Ueber beide Fragen läßt er sich noch weiter aus und ist dann der Meinung, daß Hamann's Auffassung mit der Herderschen nicht übereinstimme.

Dann fährt er fort:,,Einige Bogen von Ihrer Hand zu lesen zu bekommen, sind mir Antrieb genug, um alles Ansehen, was ich bei unserm selbst critisirenden Verleger haben möchte, zu deren Beförderung anzuwenden." Doch bemerkt er, daß er „das Amt eines Hauscensors nicht übernehmen möchte.“

Was Starck betrifft, so schreibt er: „In der neuen Academischen Erscheinung ist für mich nichts Befremdendes. Wenn eine Religion einmal so gestellet ist, daß critische Kenntniß alter Sprachen, philologische und antiquarische Gelehrsamkeit die Grundveste ausmacht, auf die sie durch alle Zeitalter und in allen Völkern erbaut sein muß, so schleppt der, welcher im Griechischen, Hebräischen, Syrischen, Arabischen ect. ingleichen in den Archiven des Alterthums am besten bewandert ist, alle Orthodoren, sie mögen so sauer sehen, wie sie wollen, als Kinder, wohin er will; sie dürfen nicht muchsen.“ u. s. w.

,,In Erwägung dessen fürchte ich sehr vor die lange Dauer des Triumphs ohne Sieg des Wiederherstellers der Urkunde. Denn es steht gegen ihn ein dichtgeschlossener Phalanx der Meister orientalischer Gelehrsamkeit“ u. s. w.

Da das zweite Antwortschreiben Hamann's sich viel be= stimmter auf Kant's Briefe bezieht, so schien vorstehender, die betreffenden Punkte berührender Auszug nothwendig.

Er gesteht ihm, daß er der freundschaftlichen Mittheilung

seiner Gedanken unendlich viel zur Entwicklung seiner impliciten Begriffe und Ideen zu verdanken habe. Es läßt sich auch nicht verkennen, daß Kant's Briefe mit gutem Humor und einer ge= wissen heitern Ironie geschrieben sind, die von seinem Standpunkte sehr erklärlich sein dürfte. Daß die Herder'sche Schrift außerdem ihre schwachen Seiten haben mochte, war Hamann weit entfernt, in Abrede zu stellen. Aber um ihres tiefern Kernes willen nahm er ein besonders lebhaftes Interesse daran, das durch seine Freundschaft zu Herder noch gesteigert wurde. Auch hielt er es noch nicht an der Zeit, die ganze Absicht des Autors, der, wie er selbst sagte,,,mit dem lieben Büchlein noch nicht fertig“ war, schon übersehen zu können. Alles dieses verseßte ihn in die glücklichste Stimmung, um dem großen Philosophen und scharfsinnigen Denker mit der ganzen Energie seiner großen Persönlichkeit, die unter der angenommenen Maske des kleinen Zacchäus sich zu verstecken suchte, entgegen zu treten und seinen tiefsinnigen Wig in leuchtenden Strahlen gegen ihn zu ergießen.

Goldene Worte über die Einfalt und Evidenz der ältesten Urkunde, über Orthodoxie, Wahrheit u. s. w. giebt er uns aus dem reichen Schaße seines Herzens. Am reißendsten strömt indeffen sein Humor über Kant's Befürchtung vor dem dichtgeschlossenen Phalanx orientalischer Gelehrsamkeit. Hamann, der bei seiner ungeheuren Belesenheit, namentlich in diesem Fache, nicht nur sie, sondern auch die Quellen, woraus sie geschöpft, größtentheils durch Autopsie kannte, und diese gefürchteten Herren gewiß mehr als einmal mit der sceptischen Frage im Herzen: "sind dies die Knaben alle?" hatte die Revüe passiren lassen, war wohl nicht von gleicher Bewunderung gegen sie erfüllt, wie Kant, der sie ohne Zweifel nur mehr von Hörensagen kannte. "Theuerster Apolloni!" ruft er ihm daher zu, „Du siehst die Schatten der Berge für einen dichtgeschlossenen Phalanx an.“ Für alle diejenigen, welche von dieser Seite Gefahr für ihren Glauben befürchten, mögen die erhabenen Worte aus dem Munde eines

solchen Meisters in Israel, wie Hamann war, einen reichen Trost gewähren: „Unter allen Secten, die für Wege zur Glückseligkeit, zum Himmel und zur Gemeinschaft mit dem Ente Entium oder dem allein weisen Encyclopädisten des menschlichen Geschlechts ausgegeben werden, wären wir die elendesten unter allen Menschen, wenn die Grundveste unsers Glaubens in dem Triebsande kritischer Modegelehrsamkeit bestände. Nein, die Theorie der wahren Religion ist nicht nur jedem Menschenkinde angemessen und seiner Seele eingewebt, oder kann darin wieder hergestellt werden, sondern eben so unersteiglich dem kühnsten Riesen und Himmelsstürmer als unergründlich dem tiefsinnigsten Grübler und Bergmännchen."

Bode, Verleger der Prolegomena. Königsberger und Wandsbecker Recension der Urkunde. Herder's häusliches Glück. Frankfurter Zeitung. Starck's Disputation. Kermes du Nord. Hartknoch's Verheirathung. Sibylle über die Ehe. Correctur-Bogen des Bacchäus. Brief von Claudius. Ueber die Prolegomena Herder, Claudius, Goethe. Geburt der zweiten Tochter. Herder's Briefe an Spalding. Stockmar.

Der in der Schrift ausgesprochene Wunsch Hamann's, daß Kanter dieselbe verlegen möchte, ging nicht in Erfüllung. Hamann wandte sich damit an Bode in Hamburg, der, wahrscheinlich durch Claudius veranlaßt, den Verlag übernahm. Indessen verzögerte sich die Herausgabe zu Hamann's großem Aerger durch Bode's Nachlässigkeit, der wahrscheinlich seinen eigenen schriftstellerischen Arbeiten den Vorzug gab, auf eine ungebührliche Weise. Doch hievon später.

Herder war auf Hamann's Urtheil sehr gespannt. Er schreibt ihm: Wie ich nach Ihren Originibus des menschlichen Geschlechts

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begierig bin! Dazu soll Sie der Silenus einladen, den ich Ihrem Exemplar der Urkunde eingeschrieben. Sie sollten hievon fingen, und nicht ich. Aber zuerst theilen Sie mir doch ja in einem reichen, treuen Briefe mit, was Ihr Herz und Geist dabei empfunden und begehret."

Hamann erwiderte: „Meine erste Aufwallung bei Lesung der ältesten Urkunde habe ich Ihnen ausgeschüttet und Sie werden vielleicht bald das lesen, was ich mit meiner Feder oder Muse darüber colloquirt habe. Es sind die ersten Stamina vielleicht eines Embryons. Ich habe Ihr Buch seit dem Charfreitage fast nicht zu sehen bekommen, und den ersten Tag, da ich das geweihte Exemplar empfing, 16 Seiten darin gelesen, mit ganz verschiedenen Aussichten Ihrem Wink zufolge, über den ersten Theil. Ich will theils noch kälter sein, theils fehlt es mir an der rechten Muße, diese Arbeit gegenwärtig fortzusetzen. Sobald ich dazu komme, will ich Ihnen meine aufrichtigen Gesinnungen als Freund, Bruder-Autor und Bruder-Kunstrichter aus der Fülle meines Herzens und Sinnes mittheilen. Sie wissen, wie das ganze Publicum vom Beifalle Ihrer Preisschrift rohreifte, war mein Fell allein trocken 1). Wenn gegenwärtig das ganze Publicum dürr sein sollte, so möchte jezt mein Beifall für Sie träufeln. Alles Blendende der Preisschrift schreckte mich nicht ab, selbige zu verdammen, und alle Mißverhältnisse, wenn ich selbige auch in Ihrer neuesten Enthüllung einmal finden sollte, werden mich eben so wenig abschrecken, Ihnen zuzujauchzen: Dein sind wir, und mit Dir halten wir's 2).

Darum glaubt er auch sich Herder's Beifall versprechen zu können. Ich schmeichle mir," schreibt er ihm,,,daß Ihnen die Königsberg'sche Recension mehr Genüge thun wird, als die Wandsbeck'sche 3). Ich habe mehr pro patria als für den Bückeburgischen Consistorial-Rath geredet, der mir eine ganz fremde Person in dieser ganzen Sache sein sollte.“

1) Richter 6, 37.

2) 1. Chron. 13, 18.

3) S. Asmus I. 36.

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