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Bis spät in den Herbst hinein mußte Hamann dem Unfuge zusehen, der von den Blom'schen Erben mit der Plünderung seines Gartens getrieben wurde. Am 5. October schreibt er an Mendelssohn: Vorige Woche ist der Gräuel der Verwüstung an meinem Garten vollzogen worden, wie der Psalmist sagt LXXX, 14: „Es haben ihn zerwühlet die wilden Säue und die wilden Thiere haben ihn verderbt." Des Grabens und Ausreißens ist noch kein Ende."

"An allen diesen Schäßen ist mir im Grunde nichts gelegen; daß ich aber als königlicher Freywohner dem Unfuge so gleichgültig zusehen muß, fostet mir mehr als das Lumpengeld, das man von mir hat erpressen wollen. Erst am 29. October wurde der öffentliche Verkauf en bal masqué von Damen und chapeaux vollzogen. „Die Witterung," fügt er hinzu, war schöner als der schändliche actus verdiente. Ich habe mich um nichts bekümmert und mich getröstet mit einem Fiat voluntas Tua!"

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Daß unter solchen Umständen seine Stimmung bei seinem Hang zur Hypochondrie eine wechselnde sein mußte, läßt sich leicht denken. Wenn er das eine Mal schreibt: „je älter ich werde, desto mehr nimmt meine Lust und Freude, auf Gottes Erdboden zu wallen, zu, allen Aergernissen zum Troß u. s. w.,“ so heißt es das andre Mal: „Sie können sich meine Gemüthslage kaum denken. Ich bin nicht im Stande das Geringste zu schreiben. Mendelssohn's Hiersein gab mir Anfangs eine angenehme Zerstreuung, die aber nicht lange währte. Nun bin ich tiefer als jemals in eine Unthätigkeit versunken, die ich nicht zu überwinden im Stande bin. Bei diesem aussaugenden feigen Gram ist an keine Autorschaft zu denken. Ich habe keinen Muth nach Berlin zu schreiben, und mich über meine Vorgesetzten, denn dies ist eintrauriges Geschäft, zu beschweren.“

Endlich entschloß er sich zu diesem Schritt. „Wider all mein Erwarten," schreibt er an Reichardt, „wurde ich vorigen Mittwochen am Namenstage meiner ältesten Tochter Lieschen in der Göttersprache heißt sie Elisa wider all mein Vermu

then sage ich, und troß mancherlei Zerstreuungen am 19. d. M. (November) von einem Briefe an den Herrn Geheimen Finanzrath von Morinval entbunden, der mir seit dem April wie ein Nierenstein alle meine Eingeweide wund gemacht, daß mir Lust und Muth zu leben darüber verging.“ Er erhielt zwar am 4. Decbr. von demselben eine sehr höfliche Antwort, indessen erhielt er am 27. December eine am 19. December erlassene Entscheidung von der Gr. Administration, die ihn, der seit dem 12. December an einem durch den Fall über ein Kindertisch verlegten Schienbein laborirte, ganz darniederschlug. Er schreibt darüber an Reichardt: ,,Den 27. v. M. erhielt ich eine förmliche Entscheidung, die alle meine Klagen und Beschwerden vernichtete, und mir prétentions ridicules et inconséquentes (welche man zu solchen qui paraissent nullement fondées gemildert hatte) in meinen grauen Bart warf."

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Ich hätte gern länger mit meinem Schreiben gewartet, mußte aber eilen. Mein Zaudern war zugleich ein Wink zur Nachfolge. Stockmar verdient mein ganzes Mitleiden; ich bin der glücklichste Mensch im Vergleich seiner und schaudre dafür, mich an seiner Stelle zu denken. So wenig ein Mann, wie er, auch wahrer Freundschaft fähig ist, so hat er doch den guten Willen gehabt mein Freund zu sein, und dies ist in meinen Augen ein Character in delebilis. Aber mein Nachbar zur Linken (Marvillier) ist ein coquin parvenu und von der Race, die nicht Gott nicht Menschen treu ist, der nichts wie Chikane versteht, und dessen Chikane nichts wie Betise ist, ein Schandfleck sowohl als Pest des Dienstes." Wie tief ihn dieser Erfolg seiner Mühe und Sorgen geschmerzt habe, zeigt folgende Stelle aus einem Briefe an Jacobi von Juni 1785: „77 bekam ich diesen Dienst durch Freund Reichardt. Man machte mir das Leben so sauer, weil der eine Nachbar seinen Schwiegervater dazu haben wollte und der andere Nachbar ein Darlehen eines Capitals brauchte. Ich ging deshalb nach Berlin; man trug die Unter16*

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suchung den beiden Angeklagten auf und meine Resolution bestand in Drohungen die mir noch auf dem Herzen liegen.“

Am Schlusse des letzten Briefes an Herder aus diesem Jahre zieht Hamann folgendes Resumé: „Und hiemit endige ich den Knoten dieses Jahres. Bunt, verdrießlich, langweilig ist es gewesen; die Morgenröthe schön, aber nach dem Sprüchwort gefallen in den Koth. Vielleicht besucht mich noch ein Abendroth vorm Untergang und mein nächster Brief sei ein Schwamm des gegenwärtigen."

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Beginn des Jahres 1778. Eindruck seines Schreibens auf Stockmar. Lavater's Physiognomik über Hamann. Verschiedenheit Hamann's und Lavater's. Dieses lektern Gedicht „Durßt nach Chrisßtus-Erfahrung.“ Lavater's Brief vom 27. Dec. 1777. Hamann's Apostrophe an Lavater. Kaufmann's Hochzeit. Penzel und Hamann. Des erßern Desertion. Tod des Bruders. Apologie eines Cretinen. Geburt der jängsten Tochter Marianne Sophie. Verhältniß zu seinen Vorgesezten. Erbschaft des Bruders. Erziehung und Unterricht des Sohnes. Umgang und Freunde. Kraus. Madame Courtan.

So ein ruhiges Jahr," schrieb er am 2. Januar 1778 an Reichardt,,,habe ich noch nicht erlebt als dieses. Das Omen dieser feierlichen Stille ist mir noch ein Räthsel, dessen Deutung ich von der Zeit (denn sie versteht die Kunst) erwarte."

Sein Schreiben an die Gen. Administration nach erhaltener Resolution in Betreff seiner Beschwerde in der Blom'schen Angelegenheit war nicht ohne Eindruck geblieben.

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„Meine lezte Arbeit (im vorigen Jahr),“ schreibt er an Herder, war ein sehr politisches Danksagungsschreiben für diese gnädige Resolution, die wider ihren Dank und Willen alle meine Absichten erfüllte. Daß die Wendung einigen Eindruck

gemacht, war an dem Neujahrs-Compliment abzumerken, das mir unser Chef förmlich abstattete. Folglich eben so viel an Gegenwärtigen verloren als für die Zukunft gewonnen; nur immer Schade für uns sinnliche Menschen, daß diese so dunkel und jenes so hell ist."

Schon am 14. Juli 1776 hatte Hamann durch seinen Freund, den Kriegsrath Henning, die beiden ersten Theile von Lavater's Physiognomik zur Ansicht bekommen. In dem zweiten Theile findet sich das mehr besprochene Bild Hamann's, dessen Original aus Kanter's Buchladen in die Hände des Herrn von Moser gekommen war, mit folgender geistvoller Herzensergießung Lavater's:

"Siehe den hochstaunenden Satragen. Die Welt ist seinem Blicke Wunder und Zeichen voll Sinns, voll Gottheit! ... Rücke den Kopfbund, der ißt das Neß eines frisirten Kopfes zu sein scheint, zum Krankentuche der schmerzvollen gedankenschwangern Stirn hinunter. Lege sodann auf die mittlere, igt so helle, platte, gespannte Fläche zwischen den Augenbraunen, die dem Urbilde, auch in Zeiten großer Mühe, nur selten ist, eine dunkle elastische Wolke, einen Knoten voll Kampfes, und Du hast, dünkt mich, eine kleine Schattengestalt seines Wesens."

Im Auge gediegener Lichtstrahl. Was es sieht, sieht's durch 1), ohne mühsame Meditation und Ideenreihung. Ift es Dir nicht beim Blicke und Buge des Augenbrauns als ob es seitwärts oder von unten herschaue und sich seinen eignen Anblick gebe? Ist's nicht, als kreuzten sich seine Strahlen? oder der Brennpunkt liege tief hin? Kann ein Blick mehr tiefer Seherblick sein? Prophetenblick zur Zermalmung mit dem Blize des Wizes! Siehe wie das abstehende fast bewegliche Ohr horcht? Die Wange, wie einfach, ruhig, gedrängt, geschlossen! Nichts spises, nichts hervorfühlendes in der Nase. Nichts von

1) Shakespeare sagt von Caffius: He looks quite through the deeds of man.

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dem feinen müßigen Scharfsinn, der in Subtilität und fremdem Geschäfte wühlet; was sie aber anweht, nahe, stark weht sie's an; siehst Du nicht in ihr den gehaltenen regen Athen, zu dem sie gebildet ist? und im Munde?... wie kann ich aussprechen die Vielbedeutsamkeit dieses Mundes, der spricht und inne hält im Sprechen spräche Areopagiten Urtheil Weisheit, Licht, Dunkel diese Mittellinie des Mundes! Noch hab ich keinen Menschen gesehen mit diesem schweigenden und sprechenden, weisen und sanften, treffenden, spottenden und . edlen Munde! Mir ist, ihm schweben die Worte auf der Lippe: ,,den einen Theil verbrennet er mit Feuer, mit dem andern bratet er das Fleisch, daß er gebratenes esse und satt werde. Er wärmt sich, daß er spricht: ha! ha! Ich bin wohl erwärmet; ich habe das Feuer gesehen. Den übrigen Theil desselben machet er zu einem Gotte und spricht: Erlöse mich, denn Du bist mein Gott!"

,,Dieser Prophetenblick! dieses durchschauende Ehrfürcht erregende Staunen! voll wirksamer, treffender, gebührender Urkraft! dieses stille, kräftige Geben weniger, gewogener Goldworte diese Verlegenheit keine Scheidemünze für den Empfänger und Warter an der Hand zu haben Hieroglyphensäule! Ein lebendiges:

Quos ego

sed motos praestat componere fluctus."

Hamann schreibt an Lavater darüber: „Jeder Band ist ein Fest für mich gewesen und der 14. Julius 1776 einer der merkwürdigsten meines Lebens, weil ich mich den Tag vorher für einen verlorenen Menschen hielt, der keines gesunden Begriffs mehr fähig wäre ein Wurm und kein Mensch."

Wenn man die Persönlichkeit dieser beiden bedeutenden Menschen in's Auge faßt, so ist eine große Verschiedenheit zwischen ihnen nicht zu verkennen. Lavater fühlte einen unwiderstehlichen Drang, sein reiches inneres Leben sich auch in äußerer Wirksamkeit entfalten zu sehen und oft trat diese hervor, ehe jenes zu

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