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deres, als diejenige Liebe und Pietät, welche ich glaube, einem Bruder schuldig zu sein, und die gehörige Sicherheit gegen eigennüßige und unverschämte captiones bonorum alienorum zum Grunde gehabt, auszuschließen, weil meine Feinde niemals ermangelt haben, sich die Schwäche meines Bruders zu Nuße zu machen, oder meine etwaige Bemühungen zu seiner Wiederherstellung, die vielleicht ihren Einsichten und Vorurtheilen widersprochen und selbige beschämt hätten, zu verlästern, verdächtig zu machen und gänzlich zu vereiteln."

Daß der Magistrat einen offenbaren Mißgriff in der Wahl des neuen Curators begangen habe, war mithin einleuchtend. Hamann läßt sich darüber so aus: Außer der natürlichen Liebe, die ich für meinen leiblichen Bruder hege und der zu Gefallen ich mehr als einmal mein besseres Glück theils wirklich aufgeopfert, theils dazu willig und bereit gewesen bin, werden Ew. Kgl. Maj. nach Höchstdero Ihnen beiwohnender Weisheit und Gerechtigkeit mir eine gründlichere und tiefere Kenntniß eines über 10 Jahre lang eingewurzelten Uebels, dessen Ursprung und Wachsthum in der Nähe und Ferne beobachtet, leichter einräumen können, als dem vom Magistrat ex abrupto und blos zu meiner Kränkung aufgedrungenen Curator Advocat Gunthel, der vermuthlich selbst so bescheiden sein wird, weder sich oder einem andern Fremden die Sorgfalt und unendliche Aufmerksamkeit zuzutrauen, womit ich mein eigen Wohl mit meines Bruders seinem Hand in Hand zu verknüpfen und meine so viel möglich brüderliche Harmonie, Einigkeit und Hausfrieden bisher zu erhalten gesucht, den gewissenhafte Obrigkeiten sich eben so sehr entblöden sollten zu unserm gemeinschaftlichen offenbaren Schaden muthwillig zu beeinträchtigen, als vor Ew. Kgl. Maj. Stuhl anstatt in wahren factis und in den Gesezen gegründeten Berichten mit kahlen Ausflüchten und Winkelzügen zu erscheinen, wie aus dem beiliegenden Facto mit mehreren erhellet."

Zugleich macht Hamann darauf aufmerksam, daß der Magistrat seinem Bruder, dessen wahres Alter ihm wegen der schon

vor längerer Zeit gemachten traurigen Erfahrungen, nicht unbekannt sein konnte, einen jungen Menschen nannte, der durch die Vormundschaft des Advokat Gunthel und dessen Vorschlägen zum vernünftigen und geselligen Umgange vielleicht noch einmal erzogen und zurecht gebracht werden könnte."

Hamann ist gewiß nicht der erste und einzige gewesen, der unter dem guten Rath sogenannter guter Freunde in solchen Verhältnissen zu leiden gehabt hat. Es lehrt vielmehr die Erfahrung, daß die guten Rathgeber da, wo sie am zurückhaltendsten und bescheidensten sein sollten, weil die Umstände ihnen ein gerechtes Mißtrauen in ihre Urtheilsfähigkeit zu sehen gebieten, sich am meisten vordrängen und den Angehörigen ein schweres Leiden nur noch schwerer machen. Was Hamann indeß hier das Empfindlichste sein mußte, war die offenbar böse Absicht der vorgeblichen Freunde seines Bruders. Seine kräftige und gründliche Vertheidigung hatte übrigens den gewünschten Erfolg, die Vormundschaftsernennung seines Gegners wurde aufgehoben und er fortan zum Curator feines Bruders ernannt.

Geburt des Sohnes Hans Michel. Correspondenz zwischen Lavater und Moses Mendelssohn. Uebersehung der Warner'schen Schrift über die Gicht. Herder in Paris. Dieser macht Goethe in Straßburg mit Hamann's Schriften bekannt. Goethe über Hamann. Hamann über Goethe. Hamann bezieht nach zweijährigem Aufenthalt bei Tribanal-Rath Bondeli sein Haus am alten Graben Uro. 758. Inoculation des Sohnes. Auszug aus der Schrift Baretti's, die welsche Schaubühne betreffend. Goldoni und Gozzi. Ueber Friedrich d. Gr.

Während Hamann mit diesen sein Gemüth so tief erregenden Widerwärtigkeiten zu kämpfen hatte, trat ein Ereigniß ein, das, so erfreulich es ihm von der einen Seite auch sein mochte, Hamann, Leben II.

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ihn doch wegen der damals über ihn verhängten Trübsale gewiß mit schwerer Sorge erfüllte. Ihm wurde am 27. Sept. 1769 ein Sohn geboren, welcher am Michaelistage den 29. Sept. in der Garnisonskirche Johann Michael Hamann getauft wurde, indem er den legten Vornamen des Tauftages wegen erhielt. 1) Seine Mutter, welche bei einer Hebamme in der Weißgerbergasse ihre Niederkunft abgewartet hatte, zog schon am 6. October zu ihrer armen Schwester, der Hamann in der Nähe eine Stube gemiethet, und am 16. December erst in die Wohnung des Tribunal - Raths Bondeli auf dem mittelsten Tragheim in das Eckhaus am Königsgarten, nachdem bereits am 16. Oct. das Söhnchen dem Vater daselbst seinen ersten Besuch gemacht hatte. 2)

Ehe wir uns zu den beiden nächstfolgenden Jahren wenden, aus denen uns so spärliche Nachrichten zugeflossen sind, empfiehlt es sich, auf die literarischen Erscheinungen jener Zeit und Hamann's Theilnahme daran einen Blick zu werfen. Durch die Reise Herder's während dieser beiden Jahre hörte dessen Correspondenz gänzlich auf und nur wenige andere Briefe sind auf uns gekommen. Auch seine schriftstellerische Thätigkeit ruhte fast gänzlich. Beides läßt sich wohl nur durch die vielen Amtsgeschäfte erklären, von denen er in Anspruch genommen wurde.

In die Königsberger Zeitung hat er außer den beiden angeführten nur noch eine Anzeige geliefert. Sie ist vom 28. April 1769 über Recueil d'Opuscules litéraires avec un discours de Louis XIV. à Mgr. le Dauphin tirés d'un Cabinet d'Orléans et publiés par Mr. l'Abbé d'O***** 1767.

Ueber den discours sagt Hamann: „Herr Pelisson ist der Verfasser dieses lesenswerthen Meisterstücks, das mit aller Würde und Klugheit des Geschmacks geschrieben ist, der solchen Schriftstellern zum Muster dienen kann, welche im Namen großer Mo

1) S. Schulhandlungen H. M. Hamann's von Baczko S. 259.

2) Diese nähern Data sind aus einem von Hamann für seinen Sohn ausgeschriebenen Kalender genommen, welcher mir von der Familie gütigst mitge= theilt ist.

narchen Instructionen entwerfen, und sich in ihrem Ton ebenso sehr vom Catheder- als Toilettenwig entfernen müssen. Wenigstens muß das systematische Scelett, das ein solcher Schriftsteller von seinen Begriffen und Ideen anbringen will, dem größern Endzweck aufgeopfert werden, die Empfindungen einer monarchifchen Seele zu zergliedern, und in einer Majestät nachzuahmen, welche, wie die Kunst der Natur, bescheiden und rührend bei ihrer Ueberlegenheit sein muß." Das Uebrige ist mehrentheils Inhaltsangabe.

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In diesem Jahre entspann sich zwischen Lavater und Mendelssohn der besonders in seinen Folgen so merkwürdige Schriftwechsel, indem jener diesen aufforderte, entweder Bonnets Gründe für die Wahrheit des Christenthums zu widerlegen oder selbst zum Christenthum überzutreten, oder wie Lavater selbst es ausdrückt zu thun, was Socrates gethan hätte, wenn er diese Schrift gelesen und unwiderleglich gefunden hätte, d. i. die Religion seiner Väter verlassen und sich zu derjenigen zu bekennen, die Herr von Bonnet vertheidigt." Es läßt sich wohl nicht bezweifeln, daß dieser Schritt Lavaters, so unüberlegt er auch sein mochte, aus den reinsten und edelsten Absichten hervorgegangen ist. Er hatte eine aufrichtige Zuneigung zu Mendelssohn gefaßt und wünschte von Herzen, ihn des Glückes theilhaftig werden zu lassen, das für Lavater das höchste war, nämlich ein Christ zu sein. Acht Jahre später, als Mendelssohn Hamann in Königsberg besucht hatte, schreibt dieser an Lavater:

„Auf unseren lieben Moses Mephiboseth zu kommen, so ist sein Besuch die einzige Freude dieses legten Sommers für mich gewesen. Ich hatte mir ein Geseß gemacht, ihn alle Tage zu besuchen, und habe mehr als eine füße Stunde mit ihm zugebracht; auch seine philosophischen Schriften bin ich während seines Hierseins durchgegangen und mit erneuertem Vergnügen Ihren beiderseitigen platonischen Briefwechsel. Es war meiner Neugierde daran gelegen, seine Denkungsart gegen Sie auszuholen. Er lobte mir sehr, daß Sie sich um Ihn durch Ihre Vermittelung für

seine Brüderschaft in Ihrer Heimath verdient gemacht hätten, vermuthete aber, daß ein leichtsinniger Einfall, womit er ein gewisses Gerücht beantwortet hätte, und der Ihnen vielleicht wieder hinterbracht worden, Sie kaltsinnig gemacht haben möchte."

„Da Ihnen meine Bestrafungen nicht unangenehm find, liebster Lavater, so hat der Erfolg gezeigt, daß ein Mann, der Mosen und die Propheten 1) hatte, Ihrem Bonnet überlegen sein mußte; und es war daher ziemlich abzusehen, daß Sie aus dem ganzen Handel nicht so rein abkommen konnten als Ihr Widersacher."

„Aber hiervon ist nicht die Rede mehr, sondern nur davon, daß dieser Mann wirklich ein Salz und Licht unter seinem Geschlecht 2) ist und all sein Verdienst und Würdigkeit verloren haben würde, wenn er unser einer 3) geworden wäre wie Moses.“

Die Jahre 1770 und 1771 sind ungeachtet seiner verminderten schriftstellerischen Thätigkeit dennoch durch die vermehrten literarischen Beziehungen und die erweiterte Sphäre seines geistigen Einflusses, wie wir später sehen werden, von den wichtigsten Folgen für ihn.

Hamann überseßte im Anfang dieses Jahres Fernando Warners vollständige und deutliche Beschreibung der Gicht aus dem Englischen auf den Wunsch Greens 4). Die Zueignung an denselben lautet:,,Ihnen, dem Freunde unsers Kant widme ich diese Uebersetzung zu keinem weitern Gebrauch noch mit einiger Absicht sondern statt eines Merkmals, wie gern ich jeden gemeinnüßigen Wunsch eines rechtschaffenen Mannes erfüllt sehen, und das meinige dazu beitragen möchte. Vielleicht kam Epicur auf den Einfall, die müßige Ruhe der Götter zu bekennen, weil seine Zeit an gemeinnüßigen Wünschen und an rechtschaffenen Männern unfruchtbar gewesen."

In der Vorrede sieht er sich veranlaßt, sich über seine da

1) Luc. 16, 29. 2) Matth. 5, 13. 14. 4) Da dieser ein Engländer war, so konnte die Wunsch, nicht aber zu seinem Gebrauch geschehen.

*) 1. Mos. 3, 22. Ueberseßung wohl auf seinen

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