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Herodot VI 36 gemacht hat. Denn sie biegt an der Südostecke des Burghügels nach aussen um. Aber Altmilet, auch das griechische, ist nicht immer so gross gewesen, wie die erhaltenen archaischen Reste vermuten lassen. Bewohnt war zunächst nur der Streif von Kalabaktepe bis zur Theaterbucht, sodass schon die ganze Situation aufs deutlichste zeigt, wie die Löwenbucht erst in den reichsten Zeiten der Stadt hat als Hafen verwendet werden können. Aber nicht als einziger Hafen, dazu ist sie zu klein. Endlich zeigt die Benennung des Burghügels bei Strabo als Altmilet, dass dort nicht bloss ein Vorwerk gelegen hat, das man später aufgab, sondern dass dort das eigentliche Zentrum der alten ionischen Stadt zu suchen ist. Doch das Delphinion lag schon immer dort, wo es heute liegt, also ausserhalb der Stadt.

Bis zur Zerstörung hat diese gewaltig an Umfang zugenommen. Man wird den grossen Vorteil, den die Löwenbucht zumal als Schlechtwetterhafen bot, allmählich erkannt haben; zum mindesten eine Vorstadt nach Art des Athenischen Piräus können wir dort vermuten. Dann kam die Zerstörung und mit ihr die Aufgabe, die Stadt neu zu gründen. Da zeigt sich nun gerade im Gegensatz zu Athen die Natur des unternehmenden Ioniers. Auch Athen ist zerstört und zwar zu einer Zeit, als es bereits eine Flotte besass, und nichts hätte wohl näher gelegen, als die Stadt nach dem Piräus zu verlegen, der in der Höhe von Munychia eine verteidigungsfähige Burg besass und Athen erst zu einer richtigen Seestadt gemacht hätte. Ich weiss nicht, ob man so etwas damals gedacht hat; E. Meyer nimmt es, wie ich nachträglich sehe, an. Aber es wäre undenkbar gewesen, dass die gottesfürchtigste Stadt von Hellas die Götter der Heimat so im Stich liess. Mag diese Erwägung auch noch so unpolitisch klingen, für das Athen der Perserkriege war sie ausschlaggebend; und noch zu Nikias' Zeiten würde man sich nicht anders entschieden haben. In Milet hat man anders gedacht. Eine Stadt, die so ausschliesslich auf das Wasser angewiesen war wie Milet, musste sich den Hafen, der in Kriegszeiten leicht zu sperren war, sichern. Und so wanderte der Markt an den Kai der Löwenbucht, so richtete sich das ganze neue Stadtbild nach einem neuen Zentrum. Eine kürzere Mauer schnitt die Halbinsel ab1), und die alte Burg mit ihren Tempelruinen liess man liegen.

So ist das Delphinion in den Mittelpunkt der Stadt gerückt, nachdem es Jahrhunderte lang ausserhalb gelegen hatte. Eine fast unnötige Bestätigung ist es, dass das südwestlich benachbarte Asklepieion, das wie viele Heilorte des Altertums im Freien 2) angelegt war, noch in römischer Zeit

1) Die erhaltene Mauer ist hellenistisch. 2) Vgl. nicht bloss Epidauros, sondern vor allem die beiden Asklepien des kretischen Gortyn, im Süden das Seebad von Leben, im Norden der Luftkurort auf der Höhe, der in der Grenzbeschreibung gegen Knosos C. B. 5016. 6 genannt ist: κἐπὶ τὴν πύλαν τὰν ἐπὶ [τον] 'Ασκλαπιὸν ayovoav. Mit dem Tor ist vermutlich die Stadt Arkades gemeint.

das Vor der Stadt genannt wird 1).

Ich kehre nun endlich zum Delphinion zurück, dessen Lage fern von der alten Ansiedelung und dem damaligen Hafen wohl nicht mit dem Schlagwort Delphinsgott wird erklärt werden können. Noch weniger wird das möglich sein, wenn man die athenischen Verhältnisse zum Vergleich heranzieht, dessen Delphinion südöstlich der Burg ganz am Rande, wenn nicht ausserhalb der Themistokleischen Stadt, erst recht also ausserhalb der Pisistratischen Stadt gelegen hat.

II.

Unabhängig von diesen Tatsachen, die durch keine Interpretation aus der Welt geschafft werden können, lässt die Beschaffenheit des Temenos Schlüsse auf die Eigenart des Gottes zu, die zwar an Zuverlässigkeit mit den Ergebnissen der Grabung nicht wetteifern können, denen aber trotzdem innere Wahrscheinlichkeit nicht fehlt, wenn ich nur den Leser bitten darf, den folgenden Gedankengängen ohne Vorurteil zu folgen.

Das Heiligtum hat keinen Tempel2).

Die Frage, was das Fehlen eines Tempels für den betreffenden Gott bedeute, kann vollständig nur an der Hand einer Entstehungsgeschichte des Tempels überhaupt beantwortet werden; ich muss mich hier auf Andeutungen beschränken 3). Bereits E. Reisch weist in seinem Vortrag: Entstehung und Wandel griechischer Göttergestalten darauf hin, dass der Tempel ein Götterbild voraussetzt, so dass wir aus dem Vorhandensein eines Agalma zum Mindesten auf das Vorhandensein einer Kapelle, aus dem Fehlen eines solchen Raumes auf Bildlosigkeit des Kultes schliessen können. Diese letztere Art der Verehrung ist ehemals allgemein verbreitet gewesen und hat sich in einer bestimmten Gruppe göttlicher Wesen auch in Hellas dauernd gehalten.

Das typische Bild der mykenischen Ansiedelung hat sich von dem einer griechischen Stadt wesentlich dadurch unterschieden, dass im griechischen Stadtbild der eine oder andere Tempel kaum weniger in die Augen fiel, als in einem deutschen Dorfe die Kirche, während für die

1) Wenn das milesische Asklepieion bis in die Zeit vor der Zerstörung zurückreicht, so hat Asklepios einen älteren Inhaber verdrängt, vgl. S. 24 Anm. 1.

2) Im Gegensatz dazu erwähnt Pausanias 1. 19. 1 im Delphinion zu Athen einen ναός. Da er aber daneben nur ein ἄγαλμα 'Απόλλωνος Πυθίου kennt, während wir aus Hesych ἐν Πυθίῳ χέσαι hören: Πεισίστρατος ᾠκοδόμει τὸν ἐν Πυθίῳ ναόν, ο möchte ich beide Tempel für identisch halten und den Neubau mit der Gründung des Pythions durch Peisistratos in Verbindung bringen. Vgl. Judeich 344. 4, der die Pausaniasstelle unrichtig verwertet.

3) Man darf nach den Andeutungen Ath. Mitt. 1908 hoffen, dass uns die Arbeiten von Frickenhaus über Tiryns und den argivischen Herakult in diesen jetzt oft diskutierten Fragen fördern werden. Ich kann hier nur skizzieren, was sich mir im Laufe mündlicher und schriftlicher Diskussion ergeben hat.

Epoche vor der grossen Wanderung ein grosses Gotteshaus überhaupt noch nicht nachgewiesen ist. Daran ist nicht etwa der schlechte Erhaltungszustand schuld, da auch Tempel, deren vergängliches Material fast ganz verschwunden ist, wie etwa der des diktäischen Zeus, haben nachgewiesen werden können. Der Schluss ist nicht zu umgehen, dass entweder Räume zu gottesdienstlichen Zwecken gedient haben, deren Bestimmung wir bisher verkennen, oder dass man überhaupt keine geschlossenen Räume dazu benutzt hat; wahrscheinlich war beides der Fall. Das letztere ist altindogermanische Sitte; so sagt Tacitus Germ. 9 ausdrücklich, dass die Germanen weder Götterbilder noch Tempel kennten. Von den Kelten bezeugt es u. a. schol. Lucan. 33 ed. Usener 1), und dass die Italiker es ursprünglich nicht anders gehalten haben, beweist nicht bloss die gestaltlose Begrifflichkeit der altrömischen Götter, sondern auch die zahlreichen Gründungsgeschichten der Tempel, die sich so und so oft an heilige Haine anschliessen.

Dem entspricht es vollkommen, dass wir in dem Griechenland vor der Wanderung auch von Götterbildern so gut wie nichts hören. Denn der Paladionraub in der Ilias ist junge Zutat, die nackte weibliche Göttin, die uns das Bleiidol aus Troia ebenso wie das Goldblech aus Mykene zeigen, sicher kleinasiatischer Import; und auch die Schlangendame von Knosos ist, falls wirklich eine Göttin, nicht für Griechen gemacht. Noch erheblich später begnügen sich die letzteren mit formlosen, fetischartigen Symbolen und primitiven Schnitzbildern, als bereits die Poesie dank ihrer Ueberlegenheit über das technische Unvermögen der Bildschnitzer eher und vollkommener einen Ausdruck für die neuen Göttermenschen gefunden hat, als die Plastik.

Einen Versuch, dem Gott ein Haus zu geben, treffen wir auf Kreta an, wenn wenigstens die von Evans gefundene und wieder aufgebaute Hauskapelle Anspruch auf Realität machen darf, was ich keinen Grund sehe zu bezweifeln, zumal da die Hauskapelle des Palastes uns einen Ausblick eröffnet, die Entstehung des griechischen Monumentaltempels zu begreifen. Denn setzen wir einmal voraus, die Hauskapelle, die in der Geschlossenheit des kretischen Vielzimmerhauses zu keinem Monumentalbau erwachsen konnte, sei etwa in das grosse Megaron von Tiryns übertragen, so bedurfte es nur des kleinen Schrittes, den ganzen Raum 2) für den Kultus zu beanspruchen, und der mit den übrigen Gemächern nicht im

1) Tac. Germ. 9 ceterum nec cohibere parietibus deos neque in ullam humani oris speciem adsimulare ex magnitudine caelestium arbitrantur: lucos ac nemora consecrant deorumque nominibus appellant secretum illud, quod sola reverentia vident. Schol. Lucan. 33 U. zu Lucan. I 453 von den Druiden: sine templis colebant deos in silvis, vgl. P. W. V 1730.

2) Man denkt unwillkürlich an die römische aedes, die eigentlich „Zimmer" bedeutet. Nicht viel anders ist vaòs „Wohnung“ zu verstehen. Der jüdische Tempel ist aus einem Zelt hervorgegangen.

Verbande stehende monumentale Tempel war da. So treten denn in Tiryns, Athen, Phaistos Tempel als Fortsetzung der Hauskapelle anstelle von Palästen, ohne dass darum das grosse Megaron von Tiryns von vornherein für einen Kultbau gehalten werden müsste. Diese Entwicklung ist aus einer Einwirkung der kretisch-minoischen Kultur auf die mykenische zu begreifen, obgleich die kretischen Götter weder immer noch alle in Tempeln oder Kapellen verehrt worden sind. Das Gegenteil lässt sich geradezu beweisen.

1. Von den zahlreichen Höhlenkulten gehen wenigstens einige wie die Höhle von Psychro in vorgriechische Zeit zurück.

2. Auch der berühmte Sarkophag von Hagia Triada zeigt nur einen umfriedigten Raum, innerhalb dessen vor einem Altar, dem religiöse Symbole zur Seite stehen, geopfert wird. Die Gestalt rechts vor dem Naiskos und dieser selbst haben mit dieser Handlung offenbar nichts zu tun; ich möchte mit andern glauben, dass dort der Tote steht, der entweder durch Beerdigung im Temenos heroisiert ist oder, da ja der Sarkophag nicht in einem solchen Temenos gefunden wurde, nur bei dieser dauernden Opferhandlung mit samt seinem Grabe anwesend gedacht ist. Ich komme auf die Szene noch zurück.

3. Die Herkunft des eigentlichen Tempelgedankens von auswärts wird dadurch bestätigt, dass auch das altsemitische Heiligtum, wie die Urform der Moschee, der umfriedigte Hof, ein Altar unter einem Baum, ohne. überdachten Raum gewesen ist1); ob Babylon oder Aegypten hier eingewirkt haben, oder ob hier eine spontane Entwicklung vorliegt, wage ich nicht zu entscheiden. Jedenfalls ist die Idee des griechischen Tempels nicht urgriechisch, aber ebensowenig bei den Kleinasiaten und Semiten original; wir können daher aus der Tempellosigkeit des Delphinions nur auf sein Alter, nicht auf die ethnologische Zugehörigkeit seiner Gründer schliessen. Aber etwas uraltes muss es sein, älter als die eigentliche ionische Kultur, die den Tempel bereits aus dem Mutterlande mitbringt, wenn sie auch unter ägyptischem Einfluss einen nicht bloss ornamental selbständigen Stil geschaffen hat.

Aber noch eins ist sicher. Die Eigenart des Gottes hat es mit sich gebracht, dass er auch späterhin keinen Tempel erhalten hat. Unter den grossen Heiligtümern gibt es dafür nur wenige Parallelen, ich nenne das Lykaion, das Eleusinion in Athen und die Zeushöhle auf dem kretischen Ida. Einige andere Heiligtümer wie das zu Eleusis 2), zu Dodona, und das des Trophonios in Lebadeia muss ich bei Seite lassen, da sie zwar ihrer Eigenart nach ebenfalls hierhergehören, aber im Laufe der Entwickelung nach bekannten Mustern ebenfalls, wenn auch spät erst, Tempel bekommen haben. Diese erweisen sich als fremdartige Zutat dadurch, dass sie im Kult

1) S. J. Curtiss, ursemitische Religion im Volksleben des heutigen Orients, deutsch von Wolf Wilh. Grafen Baudissin, Leipzig 1903, Kap. 14 und 15, besonders S. 149. 2) Das Telesterion ist kein Tempel, sondern eine Kirche.

keine Rolle spielen. Die genannten Götter sind sämtlich von derart, wie ich sie bereits im kretischen Apollon S. 34 näher charakterisiert habe. Am deutlichsten ist das bei Trophonios, der in seiner Höhle wohnt und bei den eleusinischen Göttinnen, deren eine in der Erde gedacht wird, wenn nicht geradezu in dem Heiligtum des Pluton in Eleusis mit seiner Höhle eine Pforte der Hölle erblickt werden muss. Auch der Gott vom Ida, dessen eigenartige Physiognomie hier nur angedeutet werden kann, da sie andern Orts ausführlich besprochen werden soll, besitzt eine Höhle und wird in ihr wenigstens zeitweise anwesend gedacht. Das zeigt das Lichtwunder, von dem Antoninus Liberalis 191) erzählt, und das nach dem Stande der Sonne möglicherweise wirklich um die Zeit der Frühlingstagundnachtgleiche eingetreten ist, indem minutenlang die sonst dunkle Höhle bis in den tiefsten Winkel von der Sonne beleuchtet ward 2). Es mutet uns seltsam an, uns einen Lichtgott an die Erde, selbst wenn es hoch auf einem Berge ist, gebunden zu denken, und doch hat der kretische Zeus sogar ein Grab gehabt. Dass aber ein Lichtgott auch ohne Höhle an einen bestimmten Erdfleck gebunden sein kann, zeigt das Lykaion, der Ort, wo kein Wesen Schatten wirft 3). Das kann kein Platz unter der Sonne sein, denn selbst in den Tropen ist ein wenn auch minimaler Schatten bemerkbar. Nur da wo das Licht selbst zu Hause ist, das von allen Seiten leuchtet, da, wo der strahlende Gott selbst sich aufhält, nur da kann es keinen Schatten geben, weil das eine Verneinung, eine Unvollständigkeit des göttlichen Lichtkörpers bedeuten würde.

So glaube ich, dass alle die genannten Götter trotz ihrer verschiedenen Eigenart den einen verwandten Zug gemeinsam haben, an einer bestimmten Stelle in freier Natur anwesend zu sein. Suchen wir in primitiven Verhältnissen den Gegensatz dazu, so kann Karneios als Beispiel dienen, der ebenfalls entsprechend der Altertümlichkeit seines Kultes wenn überhaupt, erst spät einen Tempel in Sparta bekommen haben kann. Als Gott eines wandernden Volkes ist er wie dieses selbst vom Orte losgelöst, und dadurch, ähnlich dem Jahve der wandernden Israeliten, der sich vom Sinai loslöst, einem natürlichen Vergeistigungsprozess unterworfen. So kann ich mir auch die 12 Olympier Homers nicht ohne die grosse Wanderung denken, die vergeistigend, verschmelzend und vereinheitlichend gewirkt hat. Vor allem für die Entwicklung des delphischen Apollon) muss eine solche 1) Εν χρόνῳ ἀφωρισμένῳ ὁρᾶται καθ ̓ ἕκαστον ἔτος πλεῖστον ἐκλάμπον ἐκ τοῦ σπη λαίου πῦρ.

2) Ich verdanke diese Feststellung Herrn Professor Georg Meyer in Freiburg. Sie ist nach der italienischen Aufnahme im Museo ital. II 689 ff. gemacht und beruht, solange nicht an Ort und Stelle nachgeprüft wird, auf der Zuverlässigkeit der dortigen Angaben.

3) Vgl. Immerwahr, Arkadische Kulte, Leipzig 1891, S. 8 f.

4) Hier sei noch einmal mit aller Deutlichkeit ausgesprochen, dass Apollon deshalb, weil sein Name ausnahmslos den Gesetzen der griechischen Dialekte gefolgt

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