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Wie man mir sagt, soll er seinen Tod selbst verschuldet haben, durch Eigensinn, indem er sich lange weigerte seinen Arzt den vortrefflichen Dr. Sichel, rufen zu lassen. Dieser nicht bloss berühmte, sondern auch sehr gewissenhafte Arzt, der ihn wahrscheinlich gerettet hätte, kam zu spät, als der Kranke bereits eine terroristische Selbstkur an sich vorgenommen und seinen ganzen Körper ruinirt hatte.

Börne hatte früher etwas Medizin studirt und wusste von dieser Wissenschaft grade so viel, als man eben braucht, um zu tödten. In der Politik, womit er sich später abgab, waren seine Kenntnisse wahrlich nicht viel bedeutender.

Ich habe seinem Begräbnisse nicht beygewohnt, was unsere hiesigen Correspondenzler nicht ermangelten nach Deutschland zu berichten und was zu bösen

Auslegungen Gelegenheit gab. Nichts ist aber thörichter als in jenem Umstande, der rein zufällig sein konnte, eine feindselige Härte zu erblicken. Die Thoren, sie wissen nicht, dass es kein angenehmeres Geschäft giebt als dem Leichenbegängnisse eines Feindes zu folgen!

Ich war nie Börne's Freund, und ich war auch nie sein Feind. Der Unmuth, den er manchmal in mir erregen konnte, war nie bedeutend, und er büsste dafür hinlänglich durch das kalte Schweigen, das ich allen seinen Verketzerungen und Nücken e tgegensetzte. Ich habe während er lebte auch keine Zeile

gegen ihn geschrieben, ich gedachte seiner nie, ich ignorirte ihn komplet und das ärgerte ihn über alle Maassen.

Wenn ich jetzt von ihm rede, geschieht es wahrlich weder aus Enthusiasmus noch aus Misstrauen; ich bin mir wenigsteus der kältesten Unpartheilichkeit bewusst. Ich schreibe hier weder e ne Apologie noch eine Critik, und indem ich nur von der eignen Anschauung ausgehe bey der Schilderung des Mannes, dürfte das Standbild, das ich von ihm iefere, vielleicht als ein ikonisches zu betrachten seyn. Und es gebührt ihm ein solches Standbild, ihm dem grossen Ringer, der in der Arena unserer politischen Spiele so muthig rang, und wo nicht den Lorbeer, doch gewiss den Kranz von Eichenlaub ersiegte.

Wir geben sein Standbili mit seinen wahren Zügen, ohne Idealisirung, je ähnlicher desto ehrender für sein Andenken. Er war ja weder ein Genie noch ein Heros; er war kein Gott des Olymps. Er war ein Mensch, ein Bürger der Erde, er war ein guter Schriftsteller und ein grosser Patriot.

Indem ich Ludwig Börne einen guten Schriftsteller genannt, und ihm nur das schlichte Beywort „gut" zuerkenne, möch.e ich seine ästhetischen Werth weder vergrössern noch verkleinern. Ich gebe überhaupt hier, wie ich bereits erwähnt, keine Critik eben so wenig wie eine Apologie seiner Schriften; nur mein unmassgebliches Dafürhalten darf in diesen Blättern seine Stelle finden. Ich suche dieses Privaturtheil so kurz

als möglich abzufassen; daher nur wenige Worte über Börne in rein literarischer Beziehung.

Soll ich in der Literatur einen verwandten Charakter aufsuchen. so böte sich zuerst Gotthold Ephraim Lessing, mit welchem Börne sehr oft verglichen wor. den. Aber diese Verwandtschaft beruht nur auf der inneren Tüchtigkeit, den edlen Willen. die patriotische Passion und den Enthusiasmus für Humanität Auch die Verstan lesrichtung war in beiden dieselbe. Hier aber hört der Vergleich auf. Lessing war gross durch jenen offenen Sinn für Kunst und philosophische Spekulation, wel her dem armen Börne gänzlich abging. Es giebt in der ausländischen Literatur zwey Männer, die mit ihm eine weit grössere Aehnlichkeit haben: die e Männer sind William Hazlitt und Paul Courrièr. Beide sind vielleicht die nächsten literarischen Verwandte Börne's, nur dass Hazlitt ihn ebenfalls an Kunstsinn überflügelt und Courrier sich keinesweges zum Börne'schen Humor erheben kann. Ein gewisser Esprit ist allen dreyen gemeinsam, obgleich er bey jedem eine verschiedene Färbung trägt: er ist trübsinnig bey Hazlitt, dem Britten, wo er wie Sonnenstrahlen aus dicken englischen Nebelwolken hervorblitzt; er ist fast muthwillig heiter bey dem Franzosen Courrier, wo er wie der junge Wein der Tourraine im Kelter braust und spru lelt und manchmal übermüthig emporzischt; bey Börne, dem Deutschen, ist er beides, trübsinnig und heiter, wie der säuerlich ernste Rheinwein und das närrische Mondlicht der deutschen Heimath . . . Sein Esprit wird manchmal zum Humor.

Dieses ist nicht so sehr in den früheren Schriften Börne's, als vielmehr in seinen Pariser Briefen der Fall. Zeit, Ort und Stoff haben hier den Humor nicht bloss begünstigt, sondern ganz eigenlich hervorgebracht. Ich will damit sagen, den Humor in den Pariser Briefen verdanken wir weitmehr den Zeitumständen, als dem Talent ihres Verfassers Die Juliusrevoluzi n, dieses politische Erdbeben, hatte dergestalt in allen Sphären des Lebens die Verhältnisse auseinander gesprengt, und so buntscheckig die vers hiedenartigsten Erscheinungen zu-ammengeschmissen, dass der Pari-er Revoluzionskorrespondent nur tren zu berichten brauchte, was er sah und hörte, und er erreichte von selbst die höchsten Effekte des Humors. Wie die Leidenschaft manchmal die Poesie ersetzt und z B. die Liebe oler die Todesangst in begeisterte Worte ausbricht, die der wahre Dichter nicht besser und schöner zu erfinden weiss: SO ersetzen die Zeitumstände manchmal den angebornen Humor, und ein ganz prosaisch begabter. sinnreicher Autor liefert wahrhaft humoristische Werke, indem sein Geist die spasshaften und kummervollen, schmutzigen und heiligen, grandiosen und winzigen Combinazionen einer unges ülpten Weltordnung treu abspiegelt. Ist der Geist eines solchen Autors noch obendrein selbst in bewegtem Zustand, ist dieser Spiegel verschoben oder grellgefärbt von eigner Le denschaft, daun werden tolle Bilder zum Vorschein kommen, die selb-t alle Geburten des humoristischen Genius überbieten . . . Hier ist das Gitter, welches den Hamor vom Irrenhause trennt . . .

Nicht selten, in den Börneschen Briefen, zeigen sich Spuren eines wirklichen Wahnsinns, und Gefühle und Gedanken grinsen uns entgegen, die man in die Zwangsjacke stecken müsste, denen man die Dousche geben sollte..

In stylistischer Hinsicht sind die Pariser Briefe weit schätzbarer als die früheren Schriften Börnes, worin die kurzen Sätze, der kleine Hundetrab, eine unerträgliche Monotonie hervorbringen und eine fast kindische Unbeholfenheit verrathen. Diese kurzen Sätze verlieren sich immer mehr und mehr in den Pariser Briefen, wo die entzügel e Leidenschaft nothgedrungen in weitere, vollere Rythmen überströmt, und kolossale, gewitters hwangere Perioden dahinrollen, deren Bau schön und vollendet ist, wie durch die höchste Kunst.

Die Pariser Briefe können in Beziehung auf Börnes Styl lennoch nur als eine Uebergangsstufe betrachtet werden, wenn man sie mit seiner letzten Schrift,,Menzel der Franzosenfresser" vergleicht. Hier erreicht sein Styl de höchste Ausbildung, und wie in den Worten so auch in den Ge anken herrscht hier eine Harmonie, die von schmerzlicher aber erhabener Beruhigung Kunde giebt. Diese Schrift ist ein klarer See, worin der Himmel mit allen Sternen sich spiegelt, und Börnes Geist taucht hier auf und unter, wie ein schöner Schwan, die Schmähungen, womit der Po el sein reines Gefie ler besudelte ruhig von sich ab-pülend. Auch hat man diese Schrift mit Recht Bör es Schwanengegesang genannt. Sie ist in Deutschland wenig bekannt

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