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würden eine Taube in der Hand für eine Lerche auf dem Dache fliegen lassen dafür müssen Sie uns Rede stehen, Herr Jarke. Wie! Wenn wir das deutsche Volk hassten, würden wir mit aller unserer Kraft dafür streiten, es von der schmachvollsten Erniedrigung, in der es versunken, es von der bleiernen Tyrannei, die auf ihm lastet, es von dem Uebermuthe seiner Aristokraten, dem Hochmuthe seiner Fürsten, von dem Spotte aller Hofnarren, den Verläumdungen aller gedungenen Schriftsteller befreien zu helfen, um es den kleinen, bald vorübergehenden und so ehrenvollen Gefahren der Freyheit Preis zu geben? Hassten wir die Deutschen, dann schrieben wir wie Sie, Herr Jarke. Aber bezahlen liessen wir uns nicht dadenn auch noch die sündevolle Rache hat etwas, das entheiligt werden kann."

für;

Die Verdächtigung seines Patriotismus erregte bey Börne, in der angeführten Stelle, eine Misslaune, die der blosse Vorwurf jüdischer Abstammung niemals in ihm hervorzurufen vermochte. Es amüsirte ihn sogar, wenn die Feinde, bey der Fleckenlosigkeit seines Wandels, ihm nichts Schlimmeres nachzusagen wussten, als dass er der Sprössling eines Stammes, der einst die Welt mit seinem Ruhm erfüllte und trotz aller Herabwürdigung noch immer die uralt heilige Weihe nicht ganz eingebüsst hat. Er rühmte sich sogar oft dieses Ursprungs, freylich in seiner humoristischen Weise, und den Mirabeau parodirend, sagte er einst zu einem Franzosen: „Jesus Christ qui en parenthese était mon cousin a prêché l'égalité u. s. w." In HEINE, Börne.

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der That, die Juden sind aus jenem Teige, woraus man Götter knetet; tritt man sie heute mit Füssen, fällt man morgen vor ihnen auf die Kniee; während die Einen sich im schäbigsten Kothe des Schachers herumwühlen, ersteigen die Anderen den höchsten Gipfel der Menschheit. und Golgatha ist nicht der einzige Berg, wo ein jüdischer Gott für das Heil der Welt geblutet. Die Juden sind das Volk des Geistes, und jedesmal, wenn sie zu ihrem Prinzipe zurückkehren, sind sie gross und herrlich, und beschämen und überwinden ihre plumpen Dränger. Der tiefsinnige Rosenkranz vergleicht sie mit dem Riesen Anteus, nur dass dieser jedesmal erstarkte, wenn er die Erde berührte, jene aber, die Juden, neue Kräfte gewinnen, sobald sie wieder mit dem Himmel in Berührung kommen. Merkwürdige Erscheinung der grellsten Extreme! während unter diesen Menschen alle möglichen Fratzenbilder der Gemeinheit gefunden werden, findet man unter ihnen auch die Ideale des reinsten Menschenthums, und wie sie einst die Welt in neue Bahnen des Fortschrittes geleitet, so hat die Welt vielleicht noch weitere Iniziazionen von ihnen zu erwarten . .

Die Natur, sagte mir einst Hegel, ist sehr wunderlich; dieselben Werkzeuge, die sie zu den erhabensten Zwecken gebraucht, benutzt sie auch zu den niedrigsten Verrichtungen, z. B. jenes Glied, welchem die höchste Mission, die Fortpflanzung der Menschheit, anvertraut ist, dient auch zum

Diejenigen, welche über die Dunkelheit Hegel's

klagen, werden ihn hier verstehen, und wenn er auch obige Worte nicht eben in Beziehung auf Israel aussprach, so lassen sie sich doch darauf anwenden.

Wie dem auch sey, es ist leicht möglich, dass die Sendung dieses Stammes noch nicht ganz erfüllt, und namentlich mag dieses in Beziehung auf Deutschland der Fall seyn. Auch letzteres erwartet einen Befreyer, einen irdischen Messias mit einem himmlischen

haben uns die Juden schon gesegnet einen König der Erde, einen Retter mit Scepter und Schwert, und dieser deutsche Befreyer ist vielleicht derselbe, dessen auch Israel harret . .

O theurer, sehnsüchtig erwarteter Messias!

Wo ist er jetzt, wo weilt er? Ist er noch ungeboren oder liegt er schon seit einem Jahrtausend irgendwo versteckt, erwartend die grosse rechte Stunde der Erlösung? Ist es der alte Barbarossa, der im Kiffhäuser schlummernd sitzt auf dem steinernen Stuhle und schon so lange schläft, dass sein weisser Bart durch den steinernen Tisch dur hgewachsen . . . nur manchmal schlaftrunken schü.telt er das Haupt und blinzelt mit den halbgeschlossenen Augen, greift auch wohl träumend nach dem Schwert . . . und nickt wieder ein, in den schweren Jahrtausendschlaf!

...

Nein, es ist nicht der Kaiser Rothbart, welcher Deutschland befreyen wird, wie das Volk glaubt, das deutsche Volk, das schlummersüchtige, träumende Volk, welches sich auch seinen Messias nur in der Gestalt eines alten Schläfers denken kann!

Da machen doch die Juden sich eine weit bessere Vorstellung von ihrem Messias, und vor vielen Jahren, als ich in Polen war und mit dem grossen Rabbi Manasse ben Naphtali zu Krakau verkehrte, horchte ich immer mit freudig offenem Herzen, wenn er von dem Messias sprach . . . Ich weiss nicht mehr, in welchem Buche des Talmuds die Details zu lesen sind, die mir der grosse Rabbi ganz treu mittheilte, und überhaupt nur in den Grundzügen schwebt mir seine Beschreibung des Messias noch im Gedächtnisse. Der Messias, sagte er mir, sey an dem Tage geboren, wo Jerusalem durch den Bösewicht, Titus Vespasian, zerstört worden, und seitdem wohne er im schönsten Palaste des Himmels, umgeben von Glanz und Freude, auch eine Krone, auf dem Haupte tragend, ganz wie ein König. aber seine Hände seyen gefesselt mit

goldenen Ketten!

Was, frug ich verwundert, was bedeuten diese goldenen Ketten?

,,Die sind nothwendig,"

erwiederte der grosse Rabbi, mit einem schlauen Blick und einem tiefen Seufzer ,,ohne diese Fessel würde der Messias, wenn er manchmal die Geduld verliert, plötzlich herabeilen und zu frühe, zur unrechten Stunde, das Erlösungswerk unternehmen. Er ist eben keine ruhige Schlafmütze. Er ist ein schöner, sehr schlanker, aber doch ungeheuer kräftiger Mann; blühend wie die Jugend. Das Leben, das er führt, ist übrigens sehr einförmig. Den grössten Theil des Morgens verbringt er mit den üblichen Gebeten oder lacht und scherzt mit seinen Dienern, welche verkleidete Engel sind,

und hübsch singen und die Flöte blasen. Dann lässt er sein langes Haupthaar kämmen und man salbt ihn mit Narden, und bekleidet ihn mit seinem fürstlichen Purpurgewande. Den ganzen Nachmittag studirt er die Cabala. Gegen Abend lässt er seinen alten Kanzler kommen, der ein verkleideter Engel ist, eben so wie die vier starken Staatsräthe, die ihn begleiten, verkleidete Engel sind. Aus einem grossen Buche muss alsdann der Kanzler seinem Herrn vorlesen, was jeden Tag passirte ... Da kommen allerley Geschichten vor, worüber der Messias vergnügt lächelt, oder auch missmüthig den Kopf schüttelt... Wenn er aber hört, wie man unten sein Volk misshandelt, dann geräth er in den furchtbarsten Zorn und heult, dass die Himmel erzittern . . . Die vier starken Staatsräthe müssen dann den Ergrimmten zurückhalten, dass er nicht herabeile auf die Erde, und sie würden ihn wahrlich nicht bewältigen, wären seine Hände nicht gefesselt mit den goldenen Ketten . . . Man beschwichtigt ihn auch mit sanften Reden, dass jetzt die Zeit noch nicht gekommen sey, die rechte Rettungsstunde, und er sinkt am Ende aufs Lager und verhüllt sein Antlitz und weint . . ."

...

So ungefähr berichtete mir Manasse ben Naphtali zu Krakau, seine Glaubwürdigkeit mit Hinweisung auf den Talmud verbürgend. Ich habe oft an seine Erzählungen denken müssen, besonders in den jüngsten Zeiten, nach der Juliusrevoluzion. Ja, in schlimmen Tagen, glaubt ich manchmal mit eignen Ohren ein Gerassel zu hören, wie von goldenen Ketten, und dann ein verzweifelndes Schluchzen

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