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Bezeichnung dessen, was wir jetzt Sittlichkeit nennen. Wir könnten sonst verleitet werden, die Sittlichkeit als ein Produkt der Sitte zu betrachten. Die romanischen Völker sind in demselben Falle, indem ihr morale von mores abgeleitet worden. Aber wahre Sittlichkeit ist, wie von Dogma und Legislazion, so auch von den Sitten eines Volks unabhängig. Letztere sind Erzeugnisse des Klimas, der Geschichte, und aus solchen Faktoren entstandenen Legislazion und Dogmatik. Es giebt daher eine indische, eine chinesische, eine christliche Sitte, aber es giebt nur eine einzige, nemlich eine menschliche Sittlichkeit. Diese lässt sich vielleicht nicht im Begriff erfassen, und das Gesetz der Sittlichkeit, das wir Moral nennen, ist nur eine dialektische Spielerei. Die Sittlichkeit offenbart sich in Handlungen, und nur in den Motiven derselben, nicht in ihrer Form und Farbe, liegt die sittliche Bedeutung. Auf dem Titelblatt von Golowins Reise nach Japan stehen als Motto die schönen Worte, welche der russische Reisende von einem vornehmen Japanesen vernommen: ,,Die Sitten der Völker sind verschieden, aber gute Handlungen werden überall als solche anerkannt werden."

So lange ich denke, habe ich über diesen Gegenstand, die Sittlichkeit, nachgedacht. Das Problem über die Natur des Guten und Bösen, das seit anderthalb Jahrtausend alle grosse Gemüther in quälende Bewegung gesetzt, hat sich bei mir nur in der Frage von der Sittlichkeit geltend gemacht

Aus dem alten Testament springe ich manchmal ins neue, und auch hier überschauert mich die Allmacht des grossen Buches. Welchen heiligen Boden betritt hier Dein Fuss! Bei dieser Lektüre sollte man die Schuhe ausziehen, wie in der Nähe von Heiligthümern.

Die merkwürdigsten Worte des neuen Testaments sind für mich die Stelle im Evangelium Johannis, Cap. 16, V. 12. 13. „Ich habe euch noch viel zu sagen, aber ihr könnet es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten. Denn er wird nicht von sich selbst reden, sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen." Das letzte Wort ist also nicht gesagt worden, und hier ist vielleicht der Ring, woran sich eine neue Offenbarung knüpfen lässt. Sie beginnt mit der Erlösung vom Worte, macht dem Märtyrthum ein Ende und stiftet das Reich der ewigen Freude: das Millennium. Alle Verheissungen finden zuletzt die reichste Erfüllung.

Eine gewisse mystische Doppelsinnigkeit ist vorherrschend im neuen Testamente. Eine kluge Abschweifung, nicht ein System sind die Worte: gieb Cäsarn was des Cäsars, und Gott was Gottes ist. So auch, wenn man Christum frägt: bist du König der Juden? ist die Antwort ausweichend. Ebenfalls auf die Frage, ob er Gottes Sohn sey? Mahomet zeigt sich weit offener, bestimmter. Als man ihn mit einer ähnlichen

Frage anging, nemlich, ob er Gottes Sohn sey, antwortete er: Gott hat keine Kinder.

Welch ein grosses Drama ist die Passion! Und wie tief ist es motivirt durch die Prophezeihungen des alten Testamentes! Sie konnte nicht umgangen werden, sie war das rothe Siegel der Beglaubniss. Gleich den Wundern, so hat auch die Passion als Annonce gedient... Wenn jetzt ein Heiland aufsteht, braucht er sich nicht mehr kreuzigen zu lassen, um seine Lehre eindrücklich zu veröffentlichen er lässt sie ruhig drucken, und annunzirt das Büchlein in der Allg. Ztg. mit sechs Kreuzern die Zeile Inserationsgebühr.

Welche süsse Gestalt dieser Gottmensch! Wie bornirt erscheint in Vergleichung mit ihm der Heros des alten Testaments! Moses liebt sein Volk mit einer rührenden Innigkeit; wie eine Mutter sorgt er für die Zukunft dieses Volks. Christus liebt die Menschheit, jene Sonne umflammte die ganze Erde mit den wärmenden Strahlen seiner Liebe. Welch ein lindernder Balsam für alle Wunden dieser Welt sind seine Worte! Welch ein Heilquell für alle Leidende war das Blut, welches auf Golgatha floss! . . . Die weissen marmornen Griechengötter wurden bespritzt von diesem Blute, und erkrankten vor innerem Grauen, und konnten nimmermehr genesen! Die meisten freilich trugen schon längst in sich das verzehrende Siechthum und nur der Schreck beschleunigte ihren Tod. Zuerst starb Pan. Kennst Du die Sage, wie Plutarch sie erzählt?

Diese Schiffersage des Altherthums ist höchst merkwürdig. Sie lautet folgendermassen:

Zur Zeit des Tiberius fuhr ein Schiff nahe an den Insel Parä, welche an der Küste von Aetolien liegen, des Abends vorüber. Die Leute, die sich darauf befanden, waren noch nicht schlafen gegangen, und viele sassen nach dem Nachtessen beim Trinken, 3ls man auf einmal von der Küste her eine Stimme vernahm, welche den Namen des Thamus, (so hiess nemlich der Steuermann) so laut rief, dass Alle in die grösste Verwunderung geriethen. Beim ersten und zweiten Rufe schwieg Thamus, beim dritten antwortete er; worauf dann die Stimme mit noch verstärktem Tone diese Worte zu ihm sagte:,,Wenn Du auf die Höhe von Palodes anlangst, so verkündige, dass der grosse Pan gestorben ist!" Als er nun diese Höhe erreichte, vollzog Thamus den Auftrag, und rief vom Hintertheil des Schiffes nach dem Lande hin: „Der grosse Pan ist todt!" Auf diesen Ruf erfolgten von dort her die sonderbarsten Klagetöne, ein Gemisch von Seufzen und Geschrey der Verwunderung, und wie von vielen zugleich erhoben. Die Augenzeugen erzählten dies Ereigniss in Rom, wo man die wunderlichsten Meinungen darüber äusserte. Tiberius liess die Sache näher untersuchen und zweifelte nicht an der Wahrheit.

Helgoland, den 29. Julius.

Ich habe wieder im alten Testamente gelesen. Welch ein grosses Buch! Merkwürdiger noch als der Inhalt ist für mich diese Darstellung, wo das Wort gleichsam ein Naturprodukt ist, wie ein Baum, wie eine Blume, wie das Meer, wie die Sterne, wie der Mensch selbst. Das sprosst, das fliesst, das funkelt, das lächelt, man weiss nicht wie, man weiss nicht warum, man findet alles ganz natürlich. Das ist wirklich das Wort Gottes, statt dass andere Bücher nur von Menschenwitz zeugen. Im Homer, dem anderen grossen Buche, ist die Darstellung ein Produkt der Kunst, und wenn auch der Stoff immer, eben so wie in der Bibel, aus der Realität aufgegriffen ist, so gestaltet er sich doch zu einem poetischen Gebilde, gleichsam umgeschmolzen im Tiegel des menschlichen Geistes; er wird geläutert durch einen geistigen Prozess, welchen wir die Kunst nennen. In der Bibel erscheint auch keine Spur von Kunst; das ist der Styl eines Notizenbuchs, worin der absolute Geist, gleichsam ohne alle individuelle menschliche Beyhülfe, die Tagesvorfälle eingezeichnet, ungefähr mit derselben thatsächlichen Trene, womit wir unsere Waschzettel schreiben. Ueber diesen Styl lässt sich gar kein Urtheil aussprechen, man kann nur seine Wirkung auf unser Gemüth konstatiren, und nicht wenig mussten die griechischen Grammatiker in Verlegenheit gerathen, als sie manche frappante Schönheiten in de

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