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Cuxhafen, den 19. August.

Unangenehme Ueberfahrt, in einem offenen Kahn, gegen Wind und Wetter; so dass ich, wie immer in solchen Fällen, von der Seekrankheit zu leiden hatte. Auch das Meer, wie andre Personen, lohnt meine Liebe mit Ungemach und Quälnissen. Anfangs geht es gut, da lass ich mir das neckende Schaukeln gern gefallen. Aber allmählig schwindelt es mir im Kopfe, und allerley fabelhafte Gesichte umschwirren mich. Aus den dunkeln Meerstrudeln steigen die alten Dämonen hervor, in scheusslicher Nacktheit bis an die Hüften, und sie heulen schlechte unverständliche Verse, und spritzen mir den weissen Wellenschaum ins Antlitz. Zu noch weit fataleren Fratzenbildern gestalten sich droben die Wolken, die so tief herabhängen, dass sie fast mein Haupt berühren und mir mit ihren dummen Fistelstimmchen die unheimlichsten Narretheyen ins Ohr pfeifen. Solche Seekrankheit, ohne gefärhlich zu seyn, gewährt sie dennoch die entsetzlichsten Missempfindungen, unleidlich bis zum Wahnsinn. Am Ende, im fieberhaften Katzenjammer, bildete ich mir ein, ich sey ein Wallfisch und ich trüge im Bauche den Propheten Jonas.

Der Prophet Jonas aber rumorte und wüthete in meinem Bauche und schrie beständig.

O Ninive! O Ninive! Du wirst untergehen! In Deinen Palästen werden Bettler sich lausen, und in Deinen Tempeln werden die babilonischen Kürassiere ihre Stuten füttern. Aber Euch, Ihr Priester Baals, Euch wird man bey den Ohren fassen, und Eure Ohren festnageln an die Pforte der Tempel! Ja, an die Thüren Eurer Läden wird man Euch mit den Ohren annageln, Ihr Leibbäcker Gottes! Denn Ihr habt falsches Gewicht gegeben, Ihr habt leichte betrügerische Brode dem Volke verkauft! O Ihr geschorenen Schlauköpfe! wenn das Volk hungerte, reichtet Ihr ihm eine dünne homöopathische Scheinspeise, und wenn es dürstete, tranket Ihr statt seiner; höchstens der Königen reichtet Ihr den vollen Kelch. Ihr aber, Ihr assyrischen Spiessbürger und Grobiane, Ihr werdet Schläge bekommen mit Stöcken und Ruthen, und auch Fusstritte werdet Ihr bekommen, und Ohrfeigen, und ich kann es Euch voraussagen mit Bestimmtheit, denn erstens werde ich alles mögliche thun, damit Ihr sie bekommt, und zweitens bin ich Prophet, der Prophet Jonas, Sohn Amithai . . O Ninive, O Ninive, Du wirst untergehn !"

So ungefähr predigte mein Bauchredner, und er schien dabey so stark zu gestikuliren und sich in meinen Gedärmen zu verwickeln, dass sich mir alles kullernd im Leibe herumdrehte... bis ich es endlich nicht länger ertragen konnte und den Propheten Jonas ausspuckte.

Solcherweise ward ich erleichtert und genas endlich

ganz und gar, als ich landete und im Gasthofe eine gute Tasse Thee bekam.

Hier wimmelts von Hamburgern und ihren Gemahlinnen, die das Seebad gebrauchen. Auch Schiffskapitäne aus allen Ländern, die auf guten Fahrwind warten, spatzieren hier hin und her, auf den hohen Dämmen, oder sie liegen in den Kneipen und trinken sehr starken Grog und jubeln über die drey Julitage. In allen Sprachen bringt man den Franzosen ihr wohlverdientes Vivat, und der sonst so wortkarge Britte preist sie eben so redselig, wie jener geschwätzige Portugiese, der es bedauerte, dass er seine Ladung Orangen nicht direkt nach Paris bringen könne, um das Volk zu erfrischen nach der Hitze des Kampfes. Sogar in Hamburg, wie man mir erzählt, in jenem Hamburg, wo der Franzosenhass am tiefsten wurzelte, herrscht jetzt nichts als Enthusiasmus für Frankreich ... Alles ist vergessen, Davoust, die beraubte Bank, die füsilirten Bürger, die altdeutschen Röcke, die schlechten Befreyungsverse, Vater Blücher, Heil Dir im Siegerkranze, alles ist vergessen In Hamburg flattert die Trikolore, überall erklingt dort die Marseillaise, sogar die Damen erscheinen im Theater mit dreyfarbigen Bandschleifen auf der Brust, und sie lächeln mit ihren blauen Augen, rothen Mündlein und weissen Näschen... Sogar die reichen Banquièrs, welche in Folge der revoluzionären Bewegung an ihren Staatspapieren sehr viel Geld verlieren, theilen grossmüthig die allgemeine Freude, und jedesmal, wenn ihnen der Makler meldet, dass die Course noch tiefer gefal

len, schauen sie desto vergnügter und antworten:

,,Es ist schon gut, es thut nichts, es thut nichts!"

Ja, überall, in allen Landen, werden die Menschen die Bedeutung dieser drey Julitage sehr leicht begreifen und darin einen Triumph der eigenen Interessen erkennen und feyern. Die grosse That der Franzosen spricht so deutlich zu allen Völkern und allen Intelligenzen, den höchsten und den niedrigsten, und in den Steppen der Baschkiren werden die Gemüther eben so tief erschüttert werden, wie auf den Höhen Andalousiens. . . Ich sehe schon, wie dem Neapolitaner der Makaroni und dem Irländer seine Kartoffel im Munde stecken bleibt, wenn die Nachricht bey ihnen anlangt... Pulischinell ist kapabel, zum Schwert zu greifen, und Paddy wird vielleicht einen Bull machen, worüber den Engländern das Lachen vergeht.

Und Deutschland? Ich weiss nicht. Werden wir endlich von unseren Eichenwäldern den rechten Gebrauch machen, nemlich zu Barikaden für die Befreyung der Welt? Werden wir, denen die Natur so viel Tiefsinn, so viel Kraft, so viel Muth ertheilt hat, endlich unsere Gottesgaben benutzen und das Wort des grossen Meisters, die Lehre von den Rechten der Menschheit, begreifen, proklamiren und in Erfüllung bringen?

Es sind jetzt sechs Jahre, dass ich, zu Fuss das Vaterland durchwandernd, auf die Wartburg ankam und die Zelle besuchte, wo Doktor Luther gehaust.

Ein braver Mann, auf den ich keinen Tadel kommen lasse er vollbrachte ein Riesenwerk, und wir wollen ihm immer dankbar die Hände küssen für das, was er that. Wir wollen nicht mit ihm schmollen, dass er unsere Freunde allzu unhöflich anliess, als sie in der Exegese des göttlichen Wortes etwas weiter gehen wollten als er selber, als sie auch die irdische Gleichheit der Menschen in Vorschlag brachten . . . Ein solcher Vorschlag war freylich damals noch unzeitgemäss, und Meister Hemling der Dir Dein Haupt abschlug, armer Thomas Münzer, er war in gewisser Hinsicht wohl berechtigt zu solchem Verfahren: denn er hatte das Schwert in Händen, und sein Arm war stark!

Auf der Wartburg besuchte ich auch die Rüstkammer, wo die alten Harnische hängen, die alten Pickelhauben, Tartschen, Hellebarden, Flammberge, die eiserne Garderobe des Mittelalters. Ich wandelte nachsinnend im Saale herum mit einem Universitätsfreunde, einem jungen Herrn vom Adel, dessen Vater damals einer der mächtigsten Viertelfürsten in unserer Heimath war, und das ganze zitternde Ländchen beherrschte. Auch seine Vorfahren sind mächtige Barone gewesen, und der junge Mann schwelgte in heraldischen Erinnerungen bei Anblick der Rüstungen und der Waffen, die, wie ein angehefteter Zettel, meldete, irgend einem Ritter seiner Sippschaft angehört hatte. Als er das lange Schwert des Anherrn von dem Haken herablangte und aus Neugier versuchte, ob er es wohl handhaben könnte, gestand er, dass es ihm doch etwas HEINE, Börne.

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